In einem meiner letzten Beiträge habe ich euch bereits erzählt, dass vor allem durch den Klimawandel und unsere Vorliebe für Reisen in ferne Länder, der Kontakt zwischen Mensch und sogenannten Reservoirwirten, die Infektionskrankheiten auf den Menschen übertragen, wesentlich erhöht wurde. Etwa 75% aller “Emerging Infectious Diseases” (neue, sich ausbreitende Infektionskrankheiten) des Menschen sind Zoonosen, werden also von Tieren auf den Menschen übertragen. Fledertiere nehmen dabei einen größeren Anteil ein als jede andere Säugetierordnung. In den letzten zwei Jahrzehnten wurden einige virale Ausbrüche mit Fledertieren in Verbindung gebracht, vor allem durch Coronaviren (SARS, MERS) und Filoviren (Ebola, Marburg). Auch Tollwut kann durch Fledermäuse übertragen werden.

Stellt sich die Frage, warum ausgerechnet Fledertiere so gute “Übertragungsvektoren” für alle Arten von Viren sind? Mit Vampirismus hat das, wie oben schon erwähnt, wenig zu tun. Unser Wissen über die Grundlagen der Fledertierbiologie und -immunologie ist jedoch noch sehr begrenzt, weswegen ich euch die Frage nicht beantworten kann. Eine große Rolle spielt dabei sicherlich die große Artenvielfalt der Fledertiere, und damit einhergehend die großen Unterschiede hinsichtlich ihrer geografischen Lage, ihrer Ernährungsgewohnheiten, und ihrer Physiologie. Dieses Unwissen macht es uns auch schwer, das Risiko eines viralen Übersprungs von Fledertier auf Mensch vorherzusagen. Aber aufgrund der großen genetischen Vielfalt und der großen geografischen Verbreitung der verschiedenen bisher entdeckten Fledertierviren ist es fast sicher, dass immer mehr Krankheitsausbrüche durch Fledertierviren auftreten werden.

Der Nilflughund (Rousettus aegyptiacus) überträgt das Ebola-Virus, wird davon aber nicht (in Form von Krankheiten) beeinträchtigt. (“Egyptian fruit bat baby” by Mickey Samuni-Blank – Own work. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Commons)

Die zweite Frage, die sich stellt, ist, warum viele der von Fledertieren übertragenen zoonotischen Viren für den Menschen (sowie für andere Säugetiere) so tödlich sind, während sie bei den Fledertieren keine Krankheiten auslösen. Auch hier ist unser Wissen noch sehr begrenzt. Durch bioinformatische Genomuntersuchungen hat man zumindest schon Anhaltspunkte gefunden, dass Fledertiere ein erhöhtes Maß an bestimmten Abwehrgenen und Abwehrwegen besitzen. Die Erforschung des Immunsystems der Fledertiere ist vor allem deshalb so interessant, weil dort auch der Schlüssel zu einem Medikament oder Impfstoff gegen die Viren liegen könnte.

Und was sagt ihr? Konnte ich euch mit meiner Fledertierliebe mitreißen? Oder habe ich euch eher Angst gemacht? Kennt ihr vielleicht auch noch ein paar außergewöhnliche Fakten über Fledermäuse?

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Kommentare (10)

  1. #1 MG
    21. Juli 2019

    Sehr guter Artikel, danke dafür!
    Folgende Fragen habe ich noch:
    1) “Fledertiere sind die zweitgrößte Säugetiergruppe”, meinst du damit die Anzahl von Individuen oder Anzahl der Unterarten? Was ist denn die größte Säugetiergruppe (und wo liegt der homo sapiens sapiens)?
    2) “Gleichgeschlechtliche Liebe ist keine Seltenheit im Tierreich. Affen, Libellen, Fische, Elefanten, Giraffen — nachweislich gibt es über 1500 Tierarten, bei denen Homosexualität ausgelebt wird.” Wird hier nicht ein menschl. Begriff auf das Tierreich übertragen? Wenn sich zwei gleichgeschl. Individuen um sich kümmern und die meiste Zeit gemeinsam verbringen könnte man ja auch den Begriff Freundschaft oder Kameradschaft benutzen (wenn man denn unbedingt menschl. Begriffe verwenden will). Oder hat man auch die Befriedigung des sexuellen Geschlechtstriebs beobachtet? Dann würde ich deiner Wortwahl zustimmen…
    Danke im voraus!

    • #2 Franziska Hufsky
      22. Juli 2019

      1) Also auf jeden Fall gilt es für die Anzahl der Arten. Die größte Gruppe sind die Nager. Ob es auf die Anzahl der Individuen auch zu trifft, weiß ich nicht genau. Auf die einzelnen Arten bezogen (also Anzahl Individuen) ist der Mensch das häufigste Säugetier.

      2) Es geht hier tatsächlich um Sexualität und nicht nur um Freundschaft.

  2. #3 Aginor
    22. Juli 2019

    Sehr interessanter Artikel!

    Kleine Tangente um wegen der Zoonosen nachzuhaken:
    Wirklich so viele?
    Ich erinnere mich düster mal gelernt zu haben dass Zoonosen eher selten sind.
    Aber evtl. bezog sich das auf Haustiere, evtl sogar spezifisch auf Hund oder Katze?
    Und natürlich gibt es eine Menge Krankheiten, die dann entweder beim Tier oder beim Menschen nicht richtig (also mit merklichen Symptomen) ausbrechen, evtl. vermische ich da etwas…

    Die meisten Listen die ich so auf Anhieb im Netz gefunden habe sind vergleichsweise kurz, was auch noch etwas zu meiner Verwirrung beiträgt.

    Da wäre eine kurze Erklärung nett. Hast Du da was gutes parat? 🙂

    Gruß
    Aginor

    • #4 Franziska Hufsky
      23. Juli 2019

      Sorry, das war ein Übersetzungsfehler. Die 75% beziehen sich nicht auf alle Infektionskrankheiten, sondern auf sogenannte “Emerging Infectious Diseases” (neue, sich ausbreitende Infektionskrankheiten). Dazu zählt man im Prinzip alle Infektionskrankheiten, die in den letzten 20 Jahren vermehrt aufgetreten sind und in naher Zukunft noch weiter zunehmen könnten (zum Beispiel Ebola, SARS,…). Und von denen werden sehr viele von Tier auf Mensch übertragen.

  3. #5 Aginor
    23. Juli 2019

    Ah, OK!
    Danke für die Erklärung!

    Gruß
    Aginor

  4. #6 Laie
    23. Juli 2019

    Ja, spannende Darstellung. Die Zeichnungen auf der 1.Seite gefallen mir auch gut, sehr schön. Habe keine Angst bekommen….
    Insekten und Spinnen sind auch sehr schöne Tiere, wenn man sie sich vergrössert ansieht.

    • #7 Franziska Hufsky
      24. Juli 2019

      Ernst Haeckel hat wunderbare Zeichnungen von allen möglichen Tierarten gemacht. Besonders schön finde ich auch die Quallen. Die Bilder sind in der Regel sogar gemeinfrei, weil sie schon so alt sind.

  5. #8 Spritkopf
    27. Juli 2019

    Da kann ich was Frisches zu beitragen. Habe gerade auf dem Balkon gesessen, die kühle Abendluft genossen und den Fledermäusen bei der Insektenjagd zugeschaut – abends kurven die ganz gern um unser Haus herum und gegen den Dämmerhimmel kann man sie gut ausmachen. Eine ist doch tatsächlich bis in unsere Balkonnische hinein und höchstens einen Meter entfernt an mir vorbeigeschossen.

  6. #9 RPGNo1
    30. Juli 2019

    Ist zwar ein Flughund und keine Fledermaus.

    https://www.youtube.com/watch?time_continue=37&v=WVz8rvIl_vY

    Aber trotzdem ist das Video zu niedlich, es nicht zu bringen. 🙂

  7. #10 Stephan
    15. November 2019

    in der Tat, beeindruckend!