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Passfoto von Alan Turing im Alter von 16 Jahren.
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Alan Turing gehört zweifelsohne zu den interessantesten Persönlichkeiten der Geschichte der Informatik. Er entwickelte das Konzept der Turing-Maschine, ein abstraktes Modell eines Computers, mit dem man testen kann, ob ein Problem überhaupt berechenbar (also von einem Computer lösbar) ist. Turing-Maschinen sind bis heute einer der Schwerpunkte der Theoretischen Informatik. Während des Zweiten Weltkriegs war Turing einer der herausragendsten Wissenschaftler im Bereich der Kryptoanalyse. Er half dabei, sowohl die Codes der Enigma als auch der Lorenz-Schlüsselmaschine zu brechen und damit die verschlüsselten deutschen Funksprüche zu entziffern. Zudem beschäftigte er sich schon früh mit der Problematik der künstlichen Intelligenz und formulierte den Turing-Test, um festzustellen, ob ein Computer ein dem Menschen gleichwertiges Denkvermögen hätte. Und als wäre das alles nicht schon cool genug, beschäftigte sich dieser Pionier der Informatik in seinen letzten beiden Lebensjahren doch tatsächlich auch noch mit mathematischer Biologie. Alan Turing — einer der ersten Bioinformatiker!

Biologische Ästhetik

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Habt ihr euch auch schon einmal gefragt, wie diese tolle Fellmusterung bei Zebra, Tiger, Giraffe, Dalmatiner und Co eigentlich zustande kommt? Um das zu verstehen, müssen wir an den Anfang zurückspulen, bis zur Morphogenese der kleinen Tierbabies. Der Begriff Morphogenese kommt aus dem Griechischen, bedeutet „Entstehung der Form“ und beinhaltet alle Entwicklungsprozesse, die irgendwie an der Ausbildung der charakteristischen Form beziehungsweise Gestalt eines Organismus beteiligt sind, von der Organentwicklung bis hin zur Herausbildung bestimmter Strukturen oder Muster. Wie das Fell des Zebras später einmal aussehen wird, wird bereits im Zebraembryo festgelegt. Dabei stellt sich die Frage, ob die Streifen eines Zebras genetisch vorbestimmt sind? Haben Zebrazwillinge das gleiche Muster? Nein. Die Fellmuster sind von Zebra zu Zebra unterschiedlich, ähnlich zu den Fingerabdrücken beim Menschen. Die Morphogenese wird nicht nur durch das Erbgut bestimmt, sondern auch in unterschiedlichem Maße von Umweltfaktoren beeinflusst.

Wie erhält ein Haar seine Farbe?

Wie wird ein Haar denn überhaupt schwarz, weiß, oder auch blond oder braun? Ein Haar entsteht im Haarfollikel, gewissermaßen die Produktionsstätte und gleichzeitig der Anker eine Haares. Am unteren Ende des Follikels wird das Haar in der Haarwurzel gebildet. Rund um diesen Bildungsbereich lagern im Follikel zahlreiche Melanozyten. Melanozyten sind Zellen, die Melanine enthalten, die die Färbung der Haut, Haare, Federn und Augen bewirken. Diese Farbpigmente können dunkelbraun bis schwarz oder gelblich bis rötlich sein. Die Melanozyten geben die Melanine an das entstehende Haar ab und sorgen damit für dessen Färbung. Werden keine Farbpigmente an das Haar abgegeben, bleibt es weiß.

Melanozyten bestimmen auch die Farbe der Haut, wobei unterschiedliche Melanozyten für Haut- und Haarfarbe verantwortlich sind. Soll heißen: Die Haut des Zebras ist nicht gestreift, sondern schwarz. Bei manchen Großkatzen spiegelt die Haut das Muster des Fells wieder. Das liegt vermutlich jedoch daran, dass die farbigen Haarfollikel in der Haut sichtbar sind, ähnlich wie ein Bartschatten beim Mann.

Wie kommt das Zebra zu seinen Streifen?

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Oder anders gesagt, wie kommt es zur unterschiedlichen Verteilung des Melanins? Mit dieser Frage beschäftigte sich Alan Turing Anfang der 1950er Jahre. Selbst kein Biologe, betrachtet er die Frage aus mathematischer Sicht und versucht nachzuvollziehen, wie sich ein Embryo Schritt für Schritt entwickelt. Er schlug einen Reaktions-Diffusions-Mechanismus vor, in dem zwei chemische Substanzen miteinander reagieren und diffundieren. Diffusion, das kennt ihr vielleicht noch aus der Schule, ist der ohne äußere Einwirkung eintretende Ausgleich von Konzentrationsunterschieden. Turing vereint mit seiner Theorie also nicht nur Biologie und Mathematik, sondern auch noch Chemie und Physik. Multidisziplinär sozusagen: eine biologische Fragestellung mit chemischen und physikalischen Konzepten erklärt und mathematisch bewiesen.

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Kommentare (3)

  1. #1 Engywuck
    14. September 2019

    wie ist das zeitlich relativ zu (nichtlinearen) chemischen Oszillatoren wie der Belousov-Zhabotinsky-Reaktion? Die oszillierende Iod-Uhr (Briggs-Rauscher-Reaktion) war ja schon in den 1920ern bekannt, eine räumliche Anordnung ist mir aber erst von der BZR bekannt – die wiederum in den 1950ern in der Sowjetunion gefunden aber erst in den 1960ern breit im Westen bekannt wurde.

    Hat Turing das mit den Zebrastreifen unabhängig entwickelt oder war die BZR ein Anstoß?

  2. #2 Engywuck
    14. September 2019

    ähh… muss unabhängig sein. Turing ist ja schon 1954 gestorben. Dennoch ein interessantes zeitliches Zusammentreffen.

  3. #3 rolak
    15. September 2019

    unabhängig (..↑..) schon in den 1920ern

    Dein ‘unabhängig’ ist in weiten Grenzen zu teilen, Engywuck, insoweit nicht auszuschließen ist, daß BRR/BZR zu den anregenden oder recherchierten Reaktionen gehört haben mögen, die bei seinem Versuch einer allgemeinen Modellierung irgendwie beteiligt gewesen sein mögen. Doch weder sind das die ersten bekannten chemischen Oszillatoren, noch ist Turings Ansatz der erste Versuch einer Modellierung mit Ergebnissen. Dafür erwies sich seine Variante als funktional bei im Weltgeschehen überraschend breit gestreuten Phänomenen – was ihrem Nimbus gewiß nicht abträglich gewesen sein dürfte.