Am Dienstag hat Craig Stephen Hicks in Chapel Hill, North Carolina, drei Menschen erschossen. Der Täter hat sich bereits der Polizei gestellt. Die Opfer waren Deah Barakat (23), Yusor Mohamad (21) und deren Schwester Razan Mohamad Abu-Salha (19), alle drei waren Moslems.

Diese Tat war ein abscheuliches Verbrechen und mein ganzes, aufrichtiges Mitgefühl gilt den hinterbliebenen Angehörigen der Opfer.

Die Motive für die Tat sind indes noch unklar. Vieles spricht aber für eine Eskalation eines schon länger schwelenden Nachbarschaftsstreit über einen Parkplatz als Auslöser. Andere, man könnte meinen opportunistische Kommentatoren schreiben vorhersehbar die Tat Hicks’ offen gelebtem Atheismus zu und aus der Analyse seiner Internetaktivitäten, z.B. bei Facebook, läßt sich in der Tat eine atheistische Weltanschauung und eine starke Abneigung gegenüber Religionen ableiten. Hicks selbst bezeichnete sich jedoch als Anti-Theisten, was nicht synonym mit Atheist ist, und war zudem ein Waffennarr, der auch Bilder seiner Schußwaffen online stellte.

Angesichts der sich überschlagenen Meldungen, dem erwartbaren Sturm der Schuldzuweisungen,Dementis und Retourkutschen über einer noch von den Charlie-Hebdo-Morden aufgepeitschten Stimmung, will ich nur kurz ein paar Feststellungen machen:

1. Atheismus ist die Annahme, daß es keinen vernünftigen  Grund gibt, an einen Gott zu glauben und es deshalb nicht zu tun. Mehr nicht. Atheisten sind Menschen, die diese Annahme teilen. Mehr nicht. Es ergibt daher genauso wenig Sinn, allgemeine Aussagen über die Atheisten zu machen, wie z.B. über die Personen, die keine Briefmarken sammeln.

2. Der Atheismus hat kein „heiliges“ Buch, keine Propheten, keine unverhandelbaren Dogmen, keine Ge- und Verbote, keine Organisation, keine Versammlungsstätten, keinen Dschihad und keine Kreuzzüge. Atheismus ist nicht „auch nur eine Religion“, so wie Gesundheit nicht auch nur eine Krankheit ist. Viele Atheisten sind durch gemeinsamen Besitz humanistischer, skeptizistischer und/oder freidenkerischer Ideen und Ideale verbunden. Es gibt aber auch Arschlöcher, Sexisten, Rassisten, Verbrecher und Mörder, die Atheisten sind: Atheismus macht niemanden zu einem besseren Menschen, er bewahrt nur davor, durch Religion zu einem schlechten Menschen zu werden.

3. Die Behauptung, daß ein Atheist einen anderen Menschen ermordet, weil er Atheist ist, ist absurd, war schon immer absurd und ist es auch in Bezug auf „historische“ Atheisten, die zugleich Mörder waren, wie Stalin oder Pol Pot. Niemand mordet aus/für/durch Atheismus, genausowenig, wie jemand mordet, weil er nicht an Feen, Drachen oder Werwölfe glaubt. Hass, Ressentiments und Rassismus lassen sich nicht aus einem atheistischen Weltbild ableiten.

4. Ich glaube nicht, daß Craig Hicks die drei Menschen ermordet hat, weil er Atheist und sie Moslems waren, selbst wenn er ihre (und jede andere) Religion abgelehnt, gar gehasst hat. Er selbst hat gesagt, es sei wegen des Parkplatzstreits gewesen. Die Attentäter aus Paris hingegen haben eindeutig einen religiösen Grund für ihre Taten (Rache für ihren Propheten) genannt und sich im übrigen aus Sicht einer fanatischen Islamauslegung korankonform und logisch und ethisch völlig konsistent verhalten. Jedes Menschenleben ist gleich viel wert und die Taten von Paris und Chapel Hill sind gleich schlimm. Dennoch sind sie nicht vergleichbar.

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Kommentare (139)

  1. #1 Frank Nicolai
    Berlin
    12/02/2015

    Dank, Cornelius, für Deinen Artikel.
    Das deckt sich mit meinen Überlegungen zu dem Dreifachmord: https://hpd.de/artikel/11204

  2. #2 Cornelius Courts
    12/02/2015

    @Frank: danke für den Link

  3. #3 Hans
    12/02/2015

    “Atheismus ist die Annahme, daß es keinen Gott gibt.”
    Falsch, Atheismus ist der Glaube, daß es keinen Gott gibt, denn es gibt keine naturwissenschaftliche Möglichkeit den Glauben zu falsifizieren oder zu verifizieren (auch wenn Stephen Hawking da mittlerweile anderer Ansicht zu sein schein, ich denke, er irrt sich in diesem Punkt).
    Daher ziehe ich es vor, mich als starken Agnostiker zu bezeichnen, d.h., ich weiß nicht, ob Gott existiert, nehme aber an, die Atheisten haben mit ihrem Glauben recht.
    (siehe C.M.Wieland »Peregrinus Proteus«)

    “Ich glaube nicht, daß …”,
    ,gleiches Problem, was Sie glauben ist irrelevant, relevant ist, was sich beweisen läßt.
    Ihre Anname jedenfalls, es gäbe zwar fehlgeleitete Christen, Moslems oder Buddhisten, aber keinesfalls fehlgeleitete Atheisten ist doch absurd, sie beweist aber, daß der Glaube an was auch immer, den Blick für die Realität vernebelt.

  4. #4 Wolfgang
    12/02/2015

    @Hans #3: “Atheismus ist der Glaube, daß es keinen Gott gibt”
    Das ist nicht korrekt. Wenn es keinen Beleg für etwas gibt, muss ich nicht glauben, dass es das nicht gibt. Die Annahme, dass es keinen Gott gibt ist weiters sehr wohl falsifizierbar. Es muss nur ein Beweis für einen Gott erbracht werden. Der kann zwar durch die Definition eines Gottes nicht erbracht werden, aber das macht dann nur die Annahme, dass es einen Gott gibt nicht falsifizierbar.

  5. #5 Gefbo
    12/02/2015

    @ Hans

    Ähm… wo genau ist der Unterschied zwischen der Aussage “Ich nehme an, dass es keinen Gott gibt” und der Aussage “Ich nehme an, Atheisten haben Recht in ihrer Annahme”?

  6. #6 Alisier
    12/02/2015

    @Hans
    Bitte erst mal durchatmen, versuchen zu verstehen, was Cornelius Courts geschrieben hat, und bitte nicht gleich sämtliche Vorurteile durch die Gegend schleudern, die man immer schon hatte. Danke.

  7. #7 Cornelius Courts
    12/02/2015

    @Hans: “Atheismus ist der Glaube, daß es keinen Gott gibt, […] Daher ziehe ich es vor, mich als starken Agnostiker zu bezeichnen, d.h., ich weiß nicht, ob Gott existiert, nehme aber an, die Atheisten haben mit ihrem Glauben recht.”

    Kleinliche Wortklauberei. Erstens ist eine Annahme kein Wissen, also Glauben. Zweitens weiß ich, daß ich “technisch” gesehen Agnostiker bin (ich WEISS eben nichts), aber dieser Begriff ist mir zu eierlos, hängeschultrig und vorausseilend defensiv. Als Wissenschaftler ist es nicht zu gewagt, sich zu einer guten, starken Hypothese (= there is no god!) zu bekennen und sie mit Überzeugung zu vertreten. Und genau das (und mehr nicht) sagt der Begriff “Atheist” aus. Wie in einem Zitat von McCarthy* schon angedeutet, reicht es aus, anzuerkennen, daß keine gegenteilige Evidenz vorliegt, um von der Richtigkeit einer Hypothese auszugehen und damit zu “arbeiten”.
    Und da ich, was meine Anschauung angeht, nicht g’schamig bin, nenne ich sie beim Namen: Atheismus. Wenn Sie dazu zu schlapp sind, Ihr Problem

    “aber keinesfalls fehlgeleitete Atheisten ist doch absurd, sie beweist aber, daß der Glaube an was auch immer, den Blick für die Realität vernebelt.”

    absurd ist diese Unterstellung. “Fehlgeleitete Atheisten” kann es erst dann geben, wenn ihre Annahme (es gibt keinen Gott) widerlegt ist. Daß es Menschen gibt, die zufällig gleichzeitig Atheist und Mörder sind, habe ich eingeräumt. Die sind aber in ihrer Eigenschaft als Mörder ebensowenig fehlgeleitete Atheisten, wie fehlgeleitete Brotesser, Bartträger etc. da diese Eigenschaften NICHTS miteinander zu tun haben.

    ____
    *”Ein Atheist muß nicht der Meinung sein, er könne beweisen, daß es keinen Gott geben kann. Es reicht, wenn er meint, daß die Belege in der Gottesfrage ähnlich überzeugend sind, wie in der Werwolffrage.”
    J. McCarthy

  8. #8 noch'n Flo
    Schoggiland
    12/02/2015

    @ Hans:

    “Atheismus ist die Annahme, daß es keinen Gott gibt.”

    Falsch, Atheismus ist der Glaube, daß es keinen Gott gibt

    Selber falsch! Glaube ist nur nötig, wo ein Beweis fehlt. Die Nichtexistenz Gottes ergibt sich aber nicht aus einem Beweis dafür, sondern aus Mangel eines Beweises für das Gegenteil. Daher ist kein Glaube vonnöten – solchen braucht man nur, um sich selber von etwas zu überzeugen, was nicht der gemessenen Realität entspricht.

    Ihre Anname jedenfalls, es gäbe zwar fehlgeleitete Christen, Moslems oder Buddhisten, aber keinesfalls fehlgeleitete Atheisten ist doch absurd, sie beweist aber, daß der Glaube an was auch immer, den Blick für die Realität vernebelt.

    Da Atheismus nichts mit Glauben zu tun hat (s.o.) kann da auch nichts vernebelt sein.

    Daher ziehe ich es vor, mich als starken Agnostiker zu bezeichnen

    Ich glaube nicht an Agnostizismus.

  9. #9 Cornelius Courts
    12/02/2015

    @Wolfgang, Gefbo, Alisier: wow, Ihr wart schnell 🙂

  10. #10 ali
    12/02/2015

    Es gibt aber auch Arschlöcher, Sexisten, Rassisten, Verbrecher und Mörder, die Atheisten sind: Atheismus macht niemanden zu einem besseren Menschen, er bewahrt nur davor, durch Religion zu einem schlechten Menschen zu werden.

    Genau. Warum also die Distanzierung? Das gilt doch für jede Gruppe. Ähnliches behaupten Menschen auch von ihrer Religion. Wenn Leute ihre Xenophobie mit Anti-Theismus Rationalisieren ist das nicht besser. Statt darauf zu beharren, dass wir nicht-Golfspieler sind, müsste man halt anfangen positiv zu formulieren was das heisst, ausser dass wir “nicht Golf” spielen. Der um sich greifenden tribalistischen Rhetorik ein Ende setzen wäre ein guter Anfang. Man könnte damit beginnen Leuten wie Harris oder Condell (und leider immer öfters auch Dawkins) nicht zu applaudieren nur weil sie auch “nicht Golf spielen”, wenn sie einen Golfschläger benutzen um alles klein zu schlagen.

    Die präventive Distanzierung (ich sage präventiv, denn wir wissen eigentlich noch wenig über den Hergang) riecht ein bisschen nach “kein wahrer Schotte” und folgt dem Argumentationsmuster “die Greultat Y hat nichts mit Religion X zu tun”.

    Die Selbstdeklaration des Motivs als Nennwert zu nehmen ist meines Erachtens übrigens naiv. Wie viele behaupten von sich keine Rassisten/Antisemiten/usw zu sein, sind es aber trotzdem? Wenn Khamenei sagt das Nuklearwaffen “un-islamisch” seien, glauben wir es ihm einfach? Oder nimmt man die Leute nur beim Wort wenn es gerade passt?

  11. #11 DasKleineTeilchen
    12/02/2015

    ich hab das schon bei georg geschrieben; demnächst wird hicks als “beweis” herhalten müssen, daß atheisten nicht nur gottlos, sondern wahrhafte, inhumane und mörderische nihilisten sind. ich wart nur drauf.

  12. #12 eh i
    12/02/2015

    ein bisschen histerisch der artikel !

    bist du Religiöser Atheist ?!

    https://de.wikipedia.org/wiki/Atheismus#Religi.C3.B6ser_Atheismus

  13. #13 Hans
    12/02/2015

    Oh, Entschuldigung, mein Fehler, ich dachte, dies sei ein naturwissenschaftliches Diskussionsforum!

    Wenn man sich gern mit “Argumenten” wie: “Kleinliche Wortklauberei … eierlos, hängeschultrig und vorausseilend defensiv.” auseinandersetzt, mag das hier sicher ein schönes, warmes Plätzchen sein, aber für mich ist das nichts, daher, viel Spaß noch.

  14. #14 Gefbo
    12/02/2015

    @ Ali
    Ähnliche Gedanken gingen mir auch durch den Kopf.
    Die wahren Motive sind natürlich noch nicht restlos geklärt, aber wenn der Typ so fanatisch drauf war, dann war sein Atheismus höchst wahrscheinlich zumindest nicht geeignet, streitschlichtend zu wirken, um es mal vorsichtig auszudrücken.
    Ich bin Atheist und ich stimme Cornelius in sehr vielen Punkten zu, aber ich kann mir auch vorstellen, dass es Leute gibt, die Atheismus irgendwie mit nur einer weiteren Ideologie von vielen verwechseln. Und das klingt natürlich nach einem typischen falschen Schotten, so wie religiöse Leute eben sagen, extreme Auslegungen ihrer Religion hätten nichts mit ihrer Religion zu tun.
    Was ist also der Unterschied, wenn es einen gibt? Ich denke schon, dass es einen Unterschied gibt und der wurde ja von Cornelius auch angesprochen. Atheismus hat eben keine Agenda, keine offiziellen Anweisungen, kein heiliges Buch. Wenn man auf die selten dämliche Idee kommt, im Namen des Atheismus Scheiße zu bauen, dann schafft man das im Grunde nur durch eigene Blödheit. Wenn man als religiöser Mensch im Namen seiner Religion Scheiße baut, dann kann man das sehr oft sehr gut mit seiner heiligen Schrift o.ä. begründen. Man findet einfach sehr viel leichter Rechtfertigungen für das eigene Verhalten, weil – guck, an der und der Stelle steht, wenn ich ein guter Gläubiger sein will, muss ich dieses oder jenes tun.

  15. #15 earonn
    12/02/2015

    Dass der Täter Atheist ist, schwächt doch eher die Annahme, der Glaube der Opfer habe etwas mit der Tat zu tun.
    Immerhin fehlt einem Atheisten ja das “Konkurrenzmotiv”, das man dem Anhänger einer Religion unterstellen könnte.

  16. #16 ali
    12/02/2015

    @Gefbo

    Atheismus hat eben keine Agenda, keine offiziellen Anweisungen

    Also kann man sich in dessen Namen auch nicht für Menschenrechte, Laizismus, Gleichberechtigung, Meinungsfreiheit etc. einsetzen. Etwas das wir regelmässig mit Religionskritik tun. Ansonsten muss man auch akzeptieren, dass andere Leute andere Schlüsse ziehen können (wie das in der Religion auch geschieht).

    Man kann meines Erachtens nicht auf eine minimalistische Wörterbuchdefinition pochen, diese aber bei der nächstbesten Gelegenheit ignorieren, wenn es darum geht, sich moralisch zu positionieren.

    [Klarstellung: Dies ist ein abstraktes Argument, da wir wie gesagt wenig über die Motive im spezifischen Fall wissen.]

  17. #17 Claudia
    https://cloudpharming.blogspot.de
    12/02/2015

    Sehr, sehr guter Artikel. Dankeschön. 🙂

  18. #18 Cornelius Courts
    12/02/2015

    @ali:
    “Die präventive Distanzierung (ich sage präventiv, denn wir wissen eigentlich noch wenig über den Hergang) riecht ein bisschen nach “kein wahrer Schotte” und folgt dem Argumentationsmuster “die Greultat Y hat nichts mit Religion X zu tun”.”

    Eben gerade nicht. Und gerade weil genau das unterstellt wird, daß nämlich Hicks WEGEN seines Atheismus getötet habe, und zwar bereits jetzt und zwar obwohl, wie Du sagst, noch gar nicht genug über den Hergang bekannt ist, ist es nötig, darauf hinzuweisen, nicht, daß Hicks “kein wahrer” Atheist ist, sondern daß sein Atheismus gar kein Motiv für seine Tat gewesen sein KANN. Das ist ein zentraler Unterschied zu den religiös motivierten Morden in Paris.

    “Die Selbstdeklaration des Motivs als Nennwert zu nehmen ist meines Erachtens übrigens naiv. Wie viele behaupten von sich keine Rassisten/Antisemiten/usw zu sein, sind es aber trotzdem?”

    Das hatten wir schon mal in einer anderen Diskussion. Du hast offenbar ein Problem mit dem, was Leute über sich selbst aussagen. Ich finde es im Gegenzug simplizistisch, grundsätzlich davon auszugehen, daß die Leute nicht das meinen, was sie sagen. Warum sollte Hicks lügen? Was soll ihm das einbringen? Etwa Milde vor Gericht? Und die Pariser Mörder? Haben die auch gelogen? Und darüber, was Rassismus ist, wer ein Rassist ist und wer das aufgrund wessen zu entscheiden hat, haben wir uns ja im oben erwähnten Thread schon umfangreich gestritten, was hier nicht wiederholt werden muß.

    @”eh i”
    “ein bisschen histerisch der artikel !”

    ein bißchen trashig, der Kommentar. Bist Du Troll?

    @Hans “, mag das hier sicher ein schönes, warmes Plätzchen sein, aber für mich ist das nichts, daher, viel Spaß noch.”

    Gerne. Und bleib bitte weg!

  19. #19 Gefbo
    12/02/2015

    @ Ali
    Hm, ich bin mir nicht sicher, verstanden zu haben, was du meinst. Setze ich mich denn im Namen des Atheismus für Menschenrechte ein, wenn ich Religionen kritisiere? Irgendwie habe ich Probleme, mir das vorzustellen. Ich bin Atheist, weil ich die Existenz eines oder mehrer Götter für sehr unwahrscheinlich halte. Ich kritisiere Religionen, wenn sie gegen Menschenrechte verstoßen, heuchlerisch und dogmatisch sind, usw., warum sollte es notwendig sein, dies “im Namen” meines Atheismus zu tun?
    Ich würde Einsatz für Menschenrechte eher mit Humanismus begründen, nicht mit Atheismus.

  20. #20 Cornelius Courts
    12/02/2015

    @ali: “Man kann meines Erachtens nicht auf eine minimalistische Wörterbuchdefinition pochen, diese aber bei der nächstbesten Gelegenheit ignorieren, wenn es darum geht, sich moralisch zu positionieren.”

    Doch, das muß man sogar. Atheismus ist lediglich die Annahme, daß kein Gott existiert. Diese Annahme haben wir mit Leuten wie Hicks gemeinsam und mehr nicht. All die anderen Implikationen folgen nicht logisch aus dem Atheismus, sind in der Erfahrung nur sehr häufig mit ihm vergesellschaftet. Um genau das kenntlich zu machen und sich zugleich von Arschloch-Atheisten (z.B. den ganzen Misogynisten) zu distanzieren, wurden Begriffe wie “Atheism+” (https://rationalwiki.org/wiki/Atheism_Plus) oder “ethischer Atheismus” geschöpft.

    Diese überwinden dann in der Tat die lexikalische Einengung des Begriffs und fassen ihn nicht mehr als bloße Beschreibung eines einen Gott negierenden Weltbilds oder gar als „Ausschlußdiagnose” auf, sondern vielmehr als eine positive, bejahende Einstellung, die viele Werte und Einstellungen umfasst, deren Konsequenz und nicht Voraussetzung es ist, unter anderem die Vorstellung irgend einer (also jeder) Gottfigur abzulehnen und für absurd zu halten.
    Und genau gemäß diesem Selbstverständnis sind Atheisten, wie wir, sage ich jetzt mal, untereinander auch nicht lediglich durch eine gemeinschaftliche Negation in Gestalt der Ablehnung einer Vorstellung(sart), sondern häufig durch eben gemeinsamen Besitz ähnlicher humanistischer, skeptizistischer, freidenkerischer oder von mir aus agnostizistischer Werte und Ziele verbunden.

  21. #21 Alisier
    12/02/2015

    @ali @Cornelius
    Macht mal weiter, ich lese interessiert mit und befinde mich gerade irgendwo zwischen euch beiden, momentan ohne die Zeit mitzumischen.
    Und ich hatte auch den Reflex, was zu schreiben, um erwarteten Stereotypen was Atheisten sind und was nicht den Wind aus den Segeln zu nehmen. Ist aber nicht so einfach und ich denke abwarten ist erstmal gar nicht schlecht.

  22. #22 Dr. Webbaer
    12/02/2015

    Atheismus ist lediglich die Annahme, daß kein Gott existiert.

    Es missfällt natürlich dem Schreiber dieser Zeilen, der Agnostiker ist, dem werten hiesigen Inhaltegeber in diesem Punkt zu widersprechen, aber es ist sprachlich-logisch wohl so, dass atheisches Verhalten Einzelner von atheistischem Verhalten unterschieden werden kann bis soll.

    Ismen meinen Glaubens- oder Lehrsysteme und wer Atheist ist, glaubt und lehrt sozusagen, dass es keinen Gott gibt.

    MFG
    Dr. W

  23. #23 Cornelius Courts
    12/02/2015

    @Webbaer:
    wie genau soll das hier:
    “aber es ist sprachlich-logisch wohl so, dass atheisches Verhalten Einzelner von atheistischem Verhalten unterschieden werden kann bis soll.”

    ein Widerspruch hierzu sein: Atheismus ist lediglich die Annahme, daß kein Gott existiert ?? (was auch immer “atheistisches Verhalten” sein mag)

    Btw: “Ismen meinen Glaubens- oder Lehrsysteme”
    Was dann wohl der Agnostizismus so glaubt?

  24. #24 Dr. Webbaer
    12/02/2015

    @ Cornelius :
    Der Agnostizismus meint im Sinne des epistemologischen Skeptizismus sozusagen das Wissen um das letztliche Unwissen, dieses Wissen um das Unwissen ausgenommen, lol, also der Agnostizismus ist als metaphysische Einstellung oder Glaube nicht falsifizierbar.

    Der Atheismus ist insofern erkenntnistheoretisch nicht unproblematisch, der Schreiber dieser Zeilen hat aber mittlerweile keine besonderen Probleme derart eingestuft zu werden, auch wenn es beim Atheismus „ein wenig“ in die Richtung geht, dass daran geglaubt wird, dass der Götterglaube anderer falsch ist.


    Insgesamt aber schon bemerkenswert, wie von interessierter Seite versucht wird das Chapel Hill Shooting gegen die Religionskritik zu instrumentalisieren, gell?

    MFG
    Dr. W

  25. #25 noch'n Flo
    Schoggiland
    12/02/2015

    @ CC:

    Btw: “Ismen meinen Glaubens- oder Lehrsysteme”
    Was dann wohl der Agnostizismus so glaubt?

    Gegenfrage: gibt es eigentlich so etwas wie “Agnostizismus” Ich behaupte mal: nein. Es mag Agnostiker geben, auch als Adjektiv taugt agnostisch noch ganz gut, aber Agnostizismus signalisiert eine Art von gedanklicher (oder gar ideologischer) Strömung, die sich über ein Minimum an Gemeinsamkeiten definiert. Ob dafür das Fehlen eines Glaubens ausreicht, wage ich mal zu bezweifeln.

    Kleine Analogie aus aktuellem Anlass: heute geht ja wieder in vielen Städten, vor allem entlang des Rheins, der Karneval los. Würdes Du alle diejenigen Menschen, die damit nichts anfangen können oder schlichtweg in Gegenden wohnen, wo der Karneval keine Tradition hat, zusammenfassend als “Akarnevalisten” bezeichnen? Wenn man sich dieses Wort allein nur anschaut, kommt es einem doch schon wie ein Jeck daher- sieht irgendwie komisch aus…

  26. #26 noch'n Flo
    Schoggiland
    12/02/2015

    Nachtrag zu #25:

    Oder gibt es sogar so etwas wie “Akarnevalismus”? “Antikarneval”? Würdest Du so die aktuelle Lage in Städten wie Hamburg oder Hannover bezeichnen?

  27. #27 ali
    12/02/2015

    @Gefbo @Coornelius

    Ganz theoretisch mag das so sein. Wenn sich die Religionskritik auf die fehlende Plausibilität diverser Glaubensbekenntnisse beschränkt, stimmt das sogar in der Praxis. Wenn wir aber anfangen Patriachalismus, Gewaltbereitschaft, Strafmethoden, Positionen im Menschenrechtsrat organisierter Religionen, etc. zu kritisieren (was du Cornelius auch tust), dann ist das eben wie korrekt bemerkt mehr. Ich glaube nicht, dass irgendjemand in den einschlägigen Diskussionen im Netz konsequent klar trennt. Ich schliesse mich da mit ein und ein Klick auf die Tags “Atheismus” oder “Religionskritik” hier zeigen in eine ähnliche Richtung. Und auch Hicks posts machen diese Trennung nicht (wenn es denn sein FB Profil ist).

    Wenn Atheismus eine rein amoralische Position beschreibt, die ausschliesslich meinen Nichtglaube an eine höhere Macht definiert, dann verzichte ich in Zukunft auf dieses Label, weil es besitzt praktisch keine Aussagekraft.

    @Cornelius

    Und gerade weil genau das unterstellt wird, daß nämlich Hicks WEGEN seines Atheismus getötet habe

    Dieses “Argument” wurde gemacht und ist natürlich plump. Ich würde es so formulieren: Als Teil eines tribalistischen/ausgrenzenden/dehumanisierenden/xenophoben Diskurses der in einschlägigen atheistischen Foren/Diskussionen geführt haben die Tat mitermöglicht/ waren Teil seines Motivs. (wiederum im Abstrakten, da es im Moment schwer zu beurteilen ist)

    Du hast offenbar ein Problem mit dem, was Leute über sich selbst aussagen. Ich finde es im Gegenzug simplizistisch, grundsätzlich davon auszugehen, daß die Leute nicht das meinen, was sie sagen. Warum sollte Hicks lügen.

    Seufz.

    Ich habe kein grundsätzliches Problem mit dem was Leute über sich sagen. Ich sage nur ich nehme es nicht zu 100% für bare Münze. Das ist Qualitative Methode 101. Das dies zu tun zumindest problematisch ist, ist bei jenen die Sozialforschung betreiben nicht umstritten. Wenn du da andere Meinung sein willst, ist das dein gutes Recht. Tue aber nicht so, wie dies die rationalere-faktenbasiert Sicht wäre.

    Wenn du meinst, ich hätte gesagt Hicks “lüge” dann befürchte ich du verstehst nicht einmal ansatzweise was ich sagen will.

    Und ja ich habe im besagten Thread aufgegeben, nachdem diese Logik dazu geführt hat, dass nicht nur Condell unproblematisch bejubelt wurde, sondern ich auch noch ernsthaft darüber diskutieren musste ob die EDL xenophob ist oder nicht. Wenn dies ist, wie wir die Welt sehen, dann erstaunt es mich auch nicht wenn die Bewegung jemanden wie Hicks produzieren würde.

  28. #28 Alisier
    12/02/2015

    “Oder nimmt man die Leute nur beim Wort, wenn es gerade passt?”
    Die Gefahr ist in der Tat groß, und nicht nur wenn es um Religion geht. Es wäre natürlich schön, wenn es immer argumentativ sauber zuginge, nur sind wir leider auch gezwungen uns mit unseren jeweiligen Emotionen herumzuplagen, und das ist ja auch kein Beinbruch.
    Die größere Gefahr sehe ich aber in der Tendenz vieler grundsätzlich Recht haben zu wollen und zu behalten, ganz egal wie die Faktenlage aussieht. Und da sehe ich Idelogieanhänger in einer sehr zweifelhaften, und auch in einer verzweifelten Position, weil sie glauben an einem bestimmten Weltbild, an einer bestimmten Interpretation festhalten zu müssen.
    Wenn Atheisten das tun, verlieren sie aus meiner Sicht ihre Glaubwürdigkeit. Wenn Gläubige das tun, machen sie einfach, was man von ihnen erwartet, und was sie auch von sich selbst erwarten.
    Und ja, dies streift einen echten Schotten, aber es ist aus meiner Sicht ein wichtiger Grund weshalb Gläubige scheitern müssen, wenn Sie in eine Diskussion einsteigen, die den Glauben selbst betrifft. Atheisten können gar nicht erst in dieses Dilemma geraten. Etwas ot, aber dennoch ein wichtiger Punkt, denke ich.
    Und was auch immer die Motive des Mörders gewesen sein mögen: er wird sich, und da stimme ich Cornelius zu, nicht auf eine Ideologie des Atheismus stützen können, die ihm den Rücken stärkt und das Ganze rechtfertigt. Ganz einfach deswegen, weil es sowas nicht gibt und auch gar nicht geben kann.

  29. #29 ali
    12/02/2015

    @Alisier

    er wird sich, und da stimme ich Cornelius zu, nicht auf eine Ideologie des Atheismus stützen können, die ihm den Rücken stärkt und das Ganze rechtfertigt. Ganz einfach deswegen, weil es sowas nicht gibt und auch gar nicht geben kann.

    Ich glaube auch nicht dass er es tun wird. Bei könnte bin ich mir weniger sicher. Wie leicht könnten die dehumanisierungs Tiraden eines Condell oder die nur ein bisschen weniger gut versteckten Botschaften in den PI Kommentaren als Erklärung hinhalten, dass man sich der Gefahr entgegenstellen muss? Wenn Harris meint wir seien “im Krieg mit dem Islam” oder HItchens’ seinem Enthusiamsus für Streubomben gegen Muslime Ausdruck verlieh, ist es so schwer sich vorzustellen, wie sich jemand einmal darauf beruft und meint mit einem Morde eine gute Tat für die Menschheit getan zu haben?

  30. #30 Christian Reinboth
    12/02/2015

    Hicks Bluttat auf den Atheismus in simpler Definition als Nicht-Glauben an die Existenz eines Gottes zu schieben, halte ich in der Tat ebenfalls für eine sinnlose Übung, da allein der Nicht-Glaube an etwas kaum eine sinnvolle Motivation darstellt. Hicks hat sich ja aber selbst offenbar (wenn das Profil denn echt sein sollte) nicht nur als Atheisten, sondern vielmehr als Anti-Theisten im Sinne der grundsätzlichen Ablehnung organisierter Religion sowie als Religions- und insbesondere als Islam- und Evangelikalenkritiker verstanden. Und da stellt sich meines Erachtens nach die Frage durchaus, inwiefern das Gefühl der geistigen und moralischen Überlegenheit, mit dem die “schärferen” Religionskritiker gerne mal den Anhängern religiöser Glaubensrichtungen und insbesondere Muslimen begegnen, nicht doch dazu beigetragen haben könnte, Hicks Gewalt-Hemmschwelle in diesem Fall zu senken, wiewohl auch der konkrete Anlass durchaus der Streit über einen Parkplatz gewesen sein mag.

    Wenn schließlich jemand wegen etwas so Banalem wie einem Parkplatzdisput drei Menschen per Kopfschuss hinrichtet, die zufällig einer Religion angehören, die vom Täter massiv kritisiert und abgelehnt wird, so scheint mir die Frage durchaus berechtigt zu sein, ob diese Einstellung die Tat nicht zumindest begünstigt hat. Ich würde auch einem evangelikalen Aktivisten, der einen Abtreibungsarzt niederschießt kaum abnehmen, dass dies ausschließlich aus der Wut über einen zugeparkten Abstellplatz heraus passiert ist – und dass die grundsätzliche Einstellung des Täters dem Opfer gegenüber für die Entscheidung zur Waffe zu greifen so gar keine Rolle gespielt hat.

    Hicks war immerhin als Rechtsanwaltsgehilfe tätig – da darf man annehmen, dass er sich grundsätzlich schon soweit unter Kontrolle hat, nicht jeden niederzuschießen, der ihn beim Einparken behindert. Die Annahme, dass die bei den drei Opfern offenbar sehr sichtbar gelebte Religionszugehörigkeit zur Tat beigetragen hat, scheint mir insofern nicht sehr weit hergeholt.

  31. #31 Wolfgang
    12/02/2015

    Wortklaubereien. Ja, in Atheismus steckt “ismus” was für Glauben steht. Aber “A” bedeutet eben, dass man *nicht* glaubt / *keinen* Glauben an Gott hat. Deshalb ist Ahteismus auch keine Glaubensrichtung wie Cornelius im Artikel richtig folgert. Auch wenn “ismus” drinnen steckt.

    Den Rest kann man drehen und wenden wie man es will. Wenn ich sage: “Ich glaube nicht, dass es einen Gott gibt.” Kann wer sagen: “Dann glaubst du ja auch.” wenn er das “glauben” als religiöses glauben interpretiert. Alltagssprachlich heißt das aber nichts Anderes als: “Ich sehe keinen Grund anzunehmen, dass es einen Gott gibt.” und das ist etwas völlig anderes.

    Ich bin kein Sprachwissenschaftler und möchte das auch nicht sein, aber denke man sollte schon erkennen wie das von Cornelius gemeint war… daher halte ich das wie gesagt auch für Wortklauberei die hier betrieben wird.

  32. #32 Alisier
    12/02/2015

    Nein, es ist natürlich nicht schwer sich das vorzustellen, und deine Beispiele sind ja auch konkret genug.
    Aber wenn jemand wirklich glaubt mit einem solchen Mord eine gute Tat vollbracht zu haben, dann muss er sehr vieles ignorieren UND in diesem hier aufgegriffenen Falle wird er nicht zusätzlich mit einer heiligen Schrift/Ideologie zuschlagen können, falls er sein Motiv als “aktiven Atheismus” bezeichnen sollte.
    Und wer immer und immer wieder mit heiligen Texten abgewatscht wird, von Menschen, die nicht diskutieren wollen und auch oft nicht können, dem kann ich dann auch nicht verdenken, wenn er sich im Krieg mit dem Islam/Christentum/andere beliebige Ideologie wähnt.
    Die Ideologien sind ja auch durch die Bank bekämpfenswert. Dass es sehr viele Menschen gibt, deren Persönlichkeit an eine Ideologie geknüpft ist, ist unstrittig. Aus lauter Rücksicht auf diese Menschen dann aber die Ideologie nicht in Frage zu stellen und zu bekämpfen scheint mir aber falsch. Und ich unterstelle dir auch nicht, dass du es für richtig hälst keine Kritik zu üben.
    Das mit den Streubomben sehe ich als völlig inakzeptable Entgleisung.

  33. #33 Alisier
    12/02/2015

    Verzeihung, @ali fehlt

  34. #34 Alisier
    12/02/2015

    @Christian Reinboth
    Das mit der herabgesetzten Hemmschwelle halte ich auch durchaus für möglich, aber dann eher dadurch dass Hass gegen Muslime inzwischen hoffähig geworden ist. Ich bezweifle, dass seine Abneigung gegen andere, insbesondere christliche Religionen genauso stark ist.

  35. #35 Bullet
    12/02/2015

    Vielleicht hätte der Stümper, der den SPON-Artikel zusammengekritzelt hat, diese Diskussion mal lesen sollen … allein die Erwähnung irgendwelcher religiösen oder areligiösen Zugehörigkeiten suggeriert einen Zusammenhang, wo (erst einmal) keiner ist. Und zwar ziemlich holzhammermäßig.

  36. #36 Dr. Webbaer
    12/02/2015

    Sowas:

    Die Annahme, dass die bei den drei Opfern offenbar sehr sichtbar gelebte Religionszugehörigkeit zur Tat beigetragen hat, scheint mir insofern nicht sehr weit hergeholt.

    +

    Ich bezweifle, dass seine Abneigung gegen andere, insbesondere christliche Religionen genauso stark ist.

    … beispielsweise, von anderem Raunen und Munkeln in dieser Kommentatorik einmal abgesehen, klingt jedenfalls nach Spekulatius.

    Insofern wären im Moment wohl am besten der Tatverlauf und zuvor von Hicks getätigte Aussagen zu beschreiben oder zu zitieren.
    Atheistischer Terror? – Klar, könnte vorliegen, wäre dann womöglich neu und eben zu recherchieren und nachzuweisen…

    MFG
    Dr. W

  37. #37 Bullet
    12/02/2015

    @C.Reinboth:
    immer dasselbe mit dir:

    Und da stellt sich meines Erachtens nach die Frage durchaus, inwiefern das Gefühl der geistigen und moralischen Überlegenheit […] nicht doch dazu beigetragen haben könnte, Hicks Gewalt-Hemmschwelle in diesem Fall zu senken

    Wie kommst du darauf, daß dieses ominöse “Gefühl der Überlegenheit dazu beigetragen” haben sollte, diese Gewalt-Hemmschwelle zu senken? Du meinst, sie wäre, wenn der Herr sauberer guter Christ gewesen wäre, etwa höher gewesen? Oder hätte auch eine Zugehörigkeit zur Religionsgemeinschaft des Fliegenden Spaghettimonsters bereits gereicht, diese Katastrophe zu verhindern? Vielleicht is der einfach ein durchgeknalltes Arschloch, wie es in dem Land da drüben zu Millionen vorkommt? Wer es nötig hat, Kanonen zu horten, hat schon ein Aggressionsproblem – auf Zugehörigkeit zu irgendwelchen Kretinvereinen is’ da geschissen.

    das Gefühl der geistigen und moralischen Überlegenheit, mit dem die “schärferen” Religionskritiker gerne mal den Anhängern religiöser Glaubensrichtungen und insbesondere Muslimen begegnen

    Belege? Also ich seh meistens Latten-Jupp-Fans, denen gegenüber man erwähnen muß, wie wenig sich ihre pseudomoralische Arroganz mit der Relität verträgt. Und jetzt auch gerade wieder.

    so scheint mir die Frage durchaus berechtigt zu sein, ob diese Einstellung die Tat nicht zumindest begünstigt hat

    Mit derselben Logik müßte ein Umweltschützer eine höhere Motivation haben, einen Autofahrer umzubringen, der gerade E10 getankt hat, als sich auf die nebenan E5 tankende frigide und sauhäßliche Nonne zu stürzen, um ihr Ableben herbeizuführen. Absurd, isn’t it?

    Ich würde auch einem evangelikalen Aktivisten, der einen Abtreibungsarzt niederschießt

    Ist das jetzt Cherrypicking oder ein titanischer Strohmann? Kann mir da jemand helfen? Immerhin ist ein “evangelikaler Aktivist” bereits ein Mitglied einer Mördertruppe, deren Beauftragte bewiesenermaßen vor Massenmord nicht zurückschrecken. Und dazu noch geistesgestört, glaubt er doch, einen unsichtbaren Freund zu haben, der mit ihm redet. Und von dem er ohne Gegenbeleg behaupten kann, der hätte eine solche Tat befohlen. Also ziemlich weit weg von dem hier behandelten Vorgang. Schon recht arm, diese Argumentation.

    war immerhin als Rechtsanwaltsgehilfe tätig – da darf man annehmen, dass er sich grundsätzlich schon soweit unter Kontrolle hat, nicht jeden niederzuschießen, der ihn beim Einparken behindert.

    Wieso darf man das? Zumal “jeden niederzuschießen, der ihn beim Einparken behindert” eine Affekthandlung beschreibt, die nun aber mal gar nichts mit irgendwelchen sonstigen moralischen Ausrichtungen zu tun hat. Aber natürlich ist dir das nicht aufgefallen in deiner Wahnvorstellung, daß Christen bessere Menschen sind. Als alle anderen, übrigens.

  38. #38 Dr. Webbaer
    12/02/2015

    (…) war immerhin als Rechtsanwaltsgehilfe tätig – da darf man annehmen, dass er sich grundsätzlich schon soweit unter Kontrolle hat, nicht jeden niederzuschießen, der ihn beim Einparken behindert.

    Wieso darf man das?

    Da liegt wohl die gute alte Problematik mit dem ‘man’ vor, wenn sich einer zuvörderst selbst meint, Bully, vgl. mit :
    -> https://de.wikipedia.org/wiki/Argumentum_ad_populum

    MFG
    Dr. W (der im Deutschen bei derartiger Rhetorik immer zur Passivkonstruktion rät, das ‘man’ meidend; damit kommt man pseudo-argumentativ besser durch >:->)

  39. #39 Alisier
    12/02/2015

    @ bullet
    Da wollte ich einmal richtig höflich sein, und all das geflissentlich überlesen, was mich die Haare raufen ließ, und dann kommst du…..und alles war umsonst.
    Aber er denkt ja wirklich so, und macht uns insofern auch nichts vor. Und ich fürchte, er versteht aber auch nicht so recht, was du
    meinst…..sonst würde er nicht schon seit Jahren die gleichen merkwürdigen Ideen unverändert verbreiten, obwohl es immer wieder Versuche gab, zu zeigen wo es hakt. Hat aber wohl nix genützt.
    @dr.w
    Wenn jemand sagt “ich bezweifle”, dann signalisiert er durch das “ich”, dass das seine eigene Vermutung ist, und muss nicht durch merkwürdige Satzkonstruktionen darauf aufmerksam gemacht werden, dass das Spekulation ist.
    Dennoch würde ich eine sehr hohe Summe darauf wetten, dass meine Vermutung ins Schwarze trifft.

  40. #40 Dr. Webbaer
    12/02/2015

    @ Alisier :
    Wie dem auch sei, Ihr Kommentatorenkollege schaut schon gerne en dé­tail hin, bei Derartigem bspw. :

    Wie leicht könnten die [D]ehumanisierungs[-]Tiraden eines Condell oder die nur ein bisschen weniger gut versteckten Botschaften in den PI Kommentaren als Erklärung hinhalten, dass man sich der Gefahr entgegenstellen muss?

    … wie auch bei Kommentatorenfreund Christian Reinboth (s.o.), dort wird der Schreiber dieser Zeilen i.p. Inhalt umfänglich nicht glücklich.


    Negativ und zynisch formuliert scheinen auch heute noch im humanistischen Spektrum [1] oder in dessen Nähe viele herumzuspringen, die die Religionskritik eher behindern, statt zu befördern.

    MFG
    Dr. W

    [1]
    Religionskritik ist heutzutage schon wichtig, insofern könnte rhetorisch zumindest ein wenig abgespeckt werden, bei einigen.

  41. #41 Alisier
    12/02/2015

    Dann, dr.w. breche ich hier mal eine Lanze für die nicht Abspeckenden, und behaupte, sie gehen recht in der Annahme sehr wohl von sehr vielen verstanden zu werden, und wenn nicht: ist fragen wirklich so schwierig?
    Die Forderung nach Abspecken ist um so merkwürdiger, da gerade Sie sich immerhin seit Längerem als Meister des pseudokryptischen Schwurbelns betätigen.

  42. #42 Joseph Kuhn
    12/02/2015

    @ Cornelius:

    Warum Hicks die Leute erschossen hat, wer weiß, vielleicht kriegt es ein Psychiater ja noch aus ihm heraus.

    Interessanter finde ich, was Du unter “Atheismus” verstehst, daraus ableitest oder an Werten dazu stellst, dazu hätte ich ein paar Fragen:

    “Atheismus ist die Annahme, daß es keinen Gott gibt. Mehr nicht.”

    Ist das so, oder gibt es nicht doch auch ganz verschiedene Spielarten des Atheismus? Naturalistische, nihilistische, religiöse …? Sogar die Begriffskombination “militanter Atheismus” lässt sich googeln, geht angeblich auf Dawkins zurück.

    “Atheismus (…) bewahrt nur davor, durch Religion zu einem schlechten Menschen zu werden.”

    Und genauso zu einem besseren? Selbst wenn an “der Religion”, was immer das konkret sein mag, alles falsch sein sollte, könnte sie dann nicht trotzdem – so wie sie schlimmste Verbrechen anstiften kann – auch helfen, zu einem guten Menschen zu werden? Gehört zu einem Menschen wie Dietrich Bonhoeffer, seiner Aufrichtigkeit und seinem Widerstand gegen die Nazis nicht auch sein Glaube an Gott?

    “ethischer Atheismus”

    Ist das in der Richtung gemeint, wie Ronald Dworkin seine “Religion ohne Gott” versteht?

    “eine positive, bejahende Einstellung, die viele Werte und Einstellungen umfasst”

    Falls Du Dworkin nicht folgst: Wo nimmt der Atheismus Werte dann her? Norbert Bolz hat einmal gesagt, ein Stück weit Nietzsche folgend: “Religion ist der Thesaurus des Sinns, und aller Sinn ist religiös. Deshalb fordern die fröhlichen Wissenschaftler aus Atheismus: Stop making sense!”. Woher kommen die Werte im Atheismus, worauf gründest Du Dein humanistisches Bekenntnis, wo vom Standpunkt des Atheismus aus doch genauso das “stop making sense” möglich wäre, nach Bolz sogar nötig wäre? Oder, siehe das erste Zitat, hat Dein Humanismus mit Deinem Atheismus gar nichts zu tun und ist etwa nur eine aus religiöser Tradition übernommene Gewohnheit?

    Ich meine das nicht provokativ und es geht mir nicht darum, Dir Denkfehler nachzuweisen, bei diesem komplizierten Thema mache ich bestimmt selber welche, es interessiert mich einfach.

  43. #43 Gefbo
    13/02/2015

    @ Joseph Kuhn

    Ich bin zwar nicht Cornelius, aber macht ja nix, hoffe ich. 🙂

    Es gibt bestimmt zahlreiche Spielarten des Atheismus, weil Menschen eben unterschiedlich sind. Ich glaube aber, dass es wenig Sinn macht, viel weiter über die simple o.g. Definition, nicht an einen Gott zu glauben, hinauszugehen. Das wäre irgendwie sowas wie ein umgedrehter unechter Schotte – was soll denn alles dazugehören, welche Anschauungen sollen denn noch so alle darunter subsumiert werden? Irgendwann wird es unübersichtlich. Menschen, die von sich behaupten, Eiscreme zu mögen, können ihr Eis ja mit Schokostreußeln mögen oder mit Erdbeersauce, aber wenn ich mein Eis am liebsten ohne Streußel und ohne Erdbeersauce esse, zähle ich mich ja trotzdem zu den Menschen, die Eiscreme mögen.

    Ob Religion einen Menschen auch besser machen kann? Hm, schwierige Frage. Wenn überhaupt, dann nicht in dem gleichen Maße wie sie einen schlechter machen können, würde ich sagen. Wie schafft denn ein religiöser Mensch, das Gute in seinem Glauben zu leben und diese doofen Stellen in seiner heiligen Schrift zu ignorieren? Das bekommt er ja auch irgendwie allein hin, ohne dass ihm ein anderes heiliges Buch das sagt. Man könnte eventuell noch argumentieren, dass Religion als Coping-Strategie durchaus ihren Nutzen haben kann und einem Menschen helfen kann, besser mit z.B. Schicksalsschlägen umzugehen und ihn dadurch indirekt zu einem besseren, weil ausgeglicheneren Menschen macht, das würde ich eventuell akzeptieren.

    Woher man seine Werte nimmt, ist eine gute, schwierige Frage, aber ich finde, dass man die doch auch religiösen Menschen genauso stellen sollte, wenn sie eine dogmatische, wörtliche Auslegung ihrer heiligen Schrift ablehnen. Dann kommt wahrscheinlich sowas wie „Gott hat uns einen Sinn für Moral gegeben“, was dann in etwa so befriedigend ist, als wenn der Atheist sagt, er wisse aufgrund seiner von Natur aus vorhandenen humanistischen Gefühle, was richtig und was falsch ist.

    Die Sache ist doch die: Religion gibt zwar immer vor, auf Fragen Antworten zu haben, auf die man als Atheist keine hat, aber in Wirklichkeit beantwortet sie die Fragen doch genauso wenig. Sie macht halt ‘nen besseres Gefühl, weil man denkt, die Antwort auch nicht kennen zu müssen, weil es reicht, dass jemand anderes (Gott) sie kennt. Ours is not to reason why, Gottes Wege sind unergründlich.

  44. #44 Stefan Wagner
    https://demystifikation.wordpress.com/2015/02/13/schweine-im-karneval/
    13/02/2015

    Meine Weltanschauung besagt, dass Werte oder moralisches Verhalten in der Welt sind bevor wir uns darüber Gedanken machen, Geschichten erzählen und Theoriegebäude errichten.

    @Joseph Kuhn:

    Woher kommen die Werte im Atheismus, worauf gründest Du Dein humanistisches Bekenntnis,

    Das ist wohl nicht abschließend geklärt, aber die Richtung sehe ich so: Menschen leben in Gruppen und diese bauen sehr stark auf Hilfe, auf Kooperation – nicht nur auf Konkurrenz und Kampf, die es aber auch gibt. Ein wichtiger Antrieb ist die Empathie, die es uns erlaubt uns in Andere hineinzuversetzen, zu erahnen was diese empfinden und wollen, zu verstehen wie sie uns wohl verstehen.

    Wir brauchen keine Theorie, kein Fundament, keine Letztbegründung um gut zu sein – wir sind es aufgrund unserer materiellen Ausstattung und unserer Sozialisation in einem Sozialgefüge (etwas tautologisch, also nochmal anders), unseres Aufwachsens in Gruppen die uns gruppentaugliches Verhalten antrainieren.

    Gott ist eine wirklich barocke Hypothese die trotzig versucht gegen jede Evidenz eine Letztbegründung zu behaupten und die Frage nach alternativen Letztbegründungen ist eine Sackgasse die nirgends hinführen wird.

    Es gibt nicht DEN Atheismus und nicht den Atheismus als Ideologie. Es gibt auch massig ideologiearme Atheisten aber es gibt auch ideologische Atheisten bei denen Atheismus ein wesentlicher Bestandteil der Identität ist. Anders gesagt, man kann die Abkehr der Leute von Religion und magischem Denken für ein wichtiges, humanitäres Ziel halten das hilft andere Ziele zu erreichen, etwa Leiden mit Methoden zu mindern die sich als untauglich erwiesen haben.

    Über die konkrete Tat kenne ich auch nur ein paar Zeilen Meldung. Mit Hass auf Religionen ist die Tat noch lange nicht erklärt. Mit einem Streit um den Parkplatz aber auch nicht. Es gibt sicher keine atheistische Ideologie die besagt, man solle Menschen töten die einem den Parkplatz wegnehmen sofern dies Religiöse sind. Man kann aber die Abneigung gegen Nachbarn mit dem Wissen über die Dummheit der religiösen Leute überdachen und das könnte bei einem Wutausbruch die Selbstkontrolle oder Empathie blockieren helfen – das ist aber bei der dünnen Faktenlage sehr spekulativ.

  45. #45 Alisier
    13/02/2015

    @Joseph Kuhn
    Friedrich Dürrenmatt sprach von einer “Pflicht zum Atheismus”, und das geht in dieselbe Richtung wie der u.A. von Dawkins vertretene “militante Atheismus”, was nicht viel mehr heißt, als dass man sich offensiv gegen die Behauptungen der Religionen zur Wehr setzt, um echtem Denken eine Tür offen zu halten.
    Ihre Fragen sind ein wenig schwer zu beantworten, und ich vermute, Sie unterschätzen das Ringen vieler Atheisten um Redlichkeit, ohne Ihnen im Geringsten unterstellen zu wollen, dass Sie das mit Absicht tun.
    Ihre Fragen könnten aber der Diskusion einen interessanten Dreh geben.

  46. #46 Alisier
    13/02/2015

    Nachtrag: Es gibt für mich keinen einzigen Grund, anzunehmen, dass Bonnhoeffer seinen Widerstand seinem Glauben verdankt. Er mag das geglaubt haben: ich glaube das nicht.

  47. #47 Dr. Webbaer
    13/02/2015

    Bemerkenswert vielleicht auch, wie von moslemischer Seite hierzu agitiert wird:
    -> https://www.spiegel.de/politik/ausland/ermordete-muslime-in-chapel-hill-erdogan-kritisiert-obama-a-1018244.html

  48. #48 Dr. Webbaer
    13/02/2015

    @ Herr Wagner :

    Es gibt nicht DEN Atheismus und nicht den Atheismus als Ideologie.

    Natürlich gibt es den Atheismus, das liegt daran, dass es den Begriff ‘Atheismus’ gibt und dieser eine Bedeutung hat.
    Es gibt beispielsweise auch den Islam oder den Sozialismus oder den Liberalismus.

    Oder die Frau, lol, gehen Sie bitte nicht den Neomarxisten und “Linguisten” [1] auf den Leim.

    MFG
    Dr. W

    [1]
    Der hier (K-Probe: ‘Im Deutschen gibt es kein generisches Maskulinum und die „generische“ Verwendung maskuliner Formen bringt keinen praktischen Vorteil mit sich.’) ist ein ganz besonderer Liebling des Schreibers dieser Zeilen, hat sich aber dankenswerterweise aus dem wissenschaftsnahen Blogverbund zurückgezogen.

  49. #49 Joseph Kuhn
    13/02/2015

    @ Gefbo:

    “Ich bin zwar nicht Cornelius”

    Zu wissen, wer man ist, und wie viele, ist immer hilfreich. 😉

    “schwierige Frage, aber ich finde, dass man die doch auch religiösen Menschen genauso stellen sollte”

    Unbedingt. Nur muss man sie trotzdem auch für sich beantworten. Würde man in einer Prüfung auf die Frage danach, wie die natürlichen Zahlen definiert sind, antworten, fragen Sie mal den nächsten Kandidaten danach, wie die reellen Zahlen definiert sind, das weiß der auch nicht, würde das vermutlich nicht als korrekte Antwort gelten.

    @ Stefan Wagner:

    “wir sind es aufgrund unserer materiellen Ausstattung und unserer Sozialisation”

    Das ist eine zutreffende Erklärung dafür, wie unsere ethischen Intuitionen entstehen, aber keine tragfähige Begründung dafür, dass sie “richtig” sind (der Begriff “richtig” ist im Hinblick auf ethische Sätze schwierig, ich weiß). Wir wollen ja nicht nur moralisch irgendwie fühlende Tiere sein, sondern, gerade wenn wir davon ausgehen, dass uns kein Gott ein Gewissen eingepflanzt hat, das uns zu den “richtigen” Entscheidungen anhält, wollen wir doch aus eigener Vernunft begründet ethisch “richtige” Entscheidungen treffen. Eine Begriffsdifferenzierung könnte hier hilfreich sein: Ethik ist die Theorie der Moral, Moral in etwa das, was Du als irgendwie angeborene oder anerzogene Sitten ins Spiel gebracht hast.

    @ Alisier:

    “Es gibt für mich keinen einzigen Grund, anzunehmen, dass Bonnhoeffer seinen Widerstand seinem Glauben verdankt. Er mag das geglaubt haben: ich glaube das nicht.”

    Mit Thesen, dass man besser weiß, was andere meinen, als diese selbst, sollte man vorsichtig sein. Die andern sind meist genauso davon überzeugt zu wissen, was sie denken (oder wer sie sind) wie man selbst, und in Bezug auf das, was im eigenen Kopf vor sich geht, erst mal mit den besseren Gründen: Die eigenen Gedanken hat man “aus erster Hand”, die der anderen nicht. Was natürlich Selbsttäuschungen nicht ausschließt (den “Außenbeobachtern” hier aber keinen grundsätzlichen Vorteil verschafft, das gilt ja für sie genauso).

    “Sie unterschätzen das Ringen vieler Atheisten um Redlichkeit”

    Keinesfalls. Warum sollte ich. Aber ich unterschätze auch nicht das Ringen vieler Theisten nach Redlichkeit, auch wenn ich selbst ethische Begründungen nicht von einem Gott herleite.

  50. #50 ali
    13/02/2015

    Ein paar kurze Anmerkungen:

    1) Dank dem Webbaeren der mich in #40 zitiert ist mir aufgefallen,dass ich durch wiederholtes Editieren, den Sinn meiner Aussage entstellt habe. Ursprünglich stand da mal was im Sinne von dass Condells Rhetorik von jener in den PI Kommentaren kaum zu unterscheiden ist. PI ist natürlich nicht ein Beispiel für eine religionskritische/anti-theistische Seite. Der Satz ist so falsch.

    2) Nach nochmaligem Nachdenken möchte ich meine Position umformuliert wiederholen. Ich glaub ich stolpere über diese Unterscheidung:

    Hicks selbst bezeichnete sich jedoch als Anti-Theisten, was nicht synonym mit Atheist ist, und war zudem ein Waffennarr, der auch Bilder seiner Schußwaffen online stellte.

    Ich stelle die Unterscheidung nicht in Frage. Ich höre aber auch eine Distanzierung in diesem Satz, nicht zuletzt auch wegen dem Hinweis “und war zudem ein Waffennarr”. Nun denke ich ist der Debatte nicht geholfen mit Wortklaubereien. Man kann darüber klagen, dass nun “Atheismus” verwantwortlich gemacht wird, dass sie aber eigentlich “Anti-Theismus” meinen. Geschenkt. Doch das verschiebt das Problem nur minimal. Ist nicht fast alle Religionskritik per Definition “anti-theistisch”? Ist im Moment wo man sich die Mühe machen gegen Religionen zu bloggen und anzuschreiben nicht fast zwangsläufig “Anti-Theismus” im Spiel?

    Die Beschränkung auf Atheismus in diesem Sinn ist in “der Bewegung” oder in Online-Diskussionen wohl eher die grosse Ausnahme als die Regel. So gesehen, ist das Bestehen auf die minimale Definition von Atheismus eher ein Red Herring. Dann lass uns über Anti-Theismus diskutieren!

    3) @Joseph Kuhn

    Mit Thesen, dass man besser weiß, was andere meinen, als diese selbst, sollte man vorsichtig sein.

    Dann bin ich zwar einverstanden. Ich glaube aber nicht, dass Alisier sagte besser zu wissen was Bonnhoeffer meint (im Gegenteil, er gesteht im das im zitierten Satz explizit zu). Alisier zweifelt an der Richtigkeit dieser “Selbstanalyse”. Ich verstehe deinen Vorbehalt zwar, aber für mich ist die Unterscheidung wichtig. Ersteres scheint mir ziemlich paternalistisch. Das andere ist eher der Anfang einer Debatte.

    4) Der Webbaer ist unter #48 für einmal auf der richtigen Spur wenn er auf das Zusammenfassen von Gruppen hinweist. Leider verwertet er die Einsicht wieder einmal ungenügend. Je grobschlächtiger die Kategorie, desto kleiner der gemeinsame Nenner. Dies kann bis zur analytischen Wertlosigkeit gehen (ausser für ganz spezifische Fragen vielleicht). In diesem Sinne sind die Diskussionen um “Atheismus”, “Islam” oder “Religion” sich sehr ähnlich und das ist was an diesem Fall interessant ist.

  51. #51 Bullet
    13/02/2015

    @Alisier:

    Da wollte ich einmal richtig höflich sein, und all das geflissentlich überlesen, was mich die Haare raufen ließ, und dann kommst du…..und alles war umsonst.

    Du hast keine Ahnung, was ich alles vor dem Abschicken wieder gestrichen hab. Der Herr Reinboth denkt eben, daß nicht nur er selbst eine voll dufte Type ist, sondern daß das auch noch daran liegt, daß er bei diesem Karnevalsverein rumhängt, in deren Satzung verbindlich gefordert wird, einen bestimmten unsichtbaren Freund zu haben (der sich von andern unsichtbaren Freunden auch nur möglicherweise durch “dessen” Aussagen unterscheiden könnte). Leider unterliegt auch er der kognitiven Dissonanz, sein persönliches Defizit habe a) eine Schnittmenge mit der Realität und b) einen Gewinn/Nutzen/Vorteil für die Welt. Im Gegensatz dazu stehen dann natürlich die, die diesen Defekt nicht aufweisen und die daher natürlich deutlich weniger Wert für “die Welt” aufweisen. Tatsächlich ist solches Gedankengut faschistoid. Aber das war schon immer klar und bekannt.
    An solch einem reich gedeckten Buffet geh ich natürlich nicht vorbei.

  52. #52 Cornelius Courts
    13/02/2015

    @Joseph: auf Deine Fragen kamen jetzt schon einige gute Teilantworten und Gedanken von Gefbo, Stefan Wagner und Alisier. Ich schreibe dennoch auch etwas dazu:

    “Ist das so, oder gibt es nicht doch auch ganz verschiedene Spielarten des Atheismus?”

    Ich habe versucht, das schon weiter oben (https://scienceblogs.de/bloodnacid/2015/02/12/kommentar-zur-bluttat-in-chapel-hill/#comment-22940) zu erklären. Ich wiederhole noch einmal, daß alle Implikationen über “there is no god” nicht logisch aus der Etymologie von “Atheismus” folgen, räume aber ein, daß erfahrungsgemäß das “Gerüst” Atheismus sehr oft mit allerlei zusätzlichen Aspekten befrachtet wird. Ich selber kann beispielsweise viel mit
    “Atheism+” (https://rationalwiki.org/wiki/Atheism_Plus) oder “ethischem Atheismus” (s.u.) anfangen.

    “Und genauso zu einem besseren?”

    Nein. Jedenfalls m.E. nicht die drei großen monotheistischen Religionen, die ich alle für eine Kraft zum Bösen halte. Dabei ist zu beachten, daß ich klar zwischen Religion und Glauben unterscheide und durchaus bereit bin, zu konzedieren, daß ein Mensch durch seinen Glauben besser werden kann, z.B., wenn er/sie glaubt, daß es einen gütigen, liebevollen Gott gibt, der alle Menschen gleich liebt, Gewalt verabscheut, Nächstenliebe als höchste Tugend ansieht und dereinst diejenigen belohnt, die der Welt und den Menschen mit all ihrer Kraft gedient und genutzt haben.
    Ich weiß schon, daß manche Spaßvögel derartiges in Christentum, Islam etc. hineinzulesen sich nicht genieren, nur läßt sich ebenso leicht Anregung zu Genozid, Diskriminierung, Hass und Sexismus in jeder der großen Drei finden.
    Wenn also ein Mensch, der sich, sagen wir, als Christ bezeichnet, ein besserer Mensch wird, dann höchstens durch seinen Glauben (der wesentliche Aspekte des Christentums außen vor läßt) und nur trotz seiner Religion.

    “ethischer Atheismus” / “Wo nimmt der Atheismus Werte dann her?”

    “ethischer Atheismus” ist einer dieser “Kunstbegriffe”, die den Atheismus in eine Weltanschauung einbetten, die mehr als die Negation eines Gottes umfasst. Der Begriff geht insofern über die Wörterbuchdefinition hinaus, als er die Konsequenz des Atheismus’ für das alltägliche Leben beschreibt. Er ist zudem präziser als etwa “säkularer Humanismus”, weil auch Religiöse säkular und humanistisch sein können und weil Ethik sich auf alle bewußten Lebewesen und nicht nur Menschen bezieht.
    Dworkin folge ich insoweit, als auch ich eine natürliche, unesoterische “Spiritualität” (gut beschrieben im Buch “Waking Up” von Sam Harris aber auch immer wieder von Dawkins) kenne. Meine Erklärungen dazu finden sich dort: https://scienceblogs.de/bloodnacid/2011/04/05/atheistischer-disclaimer/
    Einen wichtigen meine Werte mit konstituierenden Begriff hat Stefan schon genannt: Empathie, also im weitesten Sinn die Annahme, daß Menschen unter den gleichen Dingen leiden und das Bedürfnis, eigenes und fremdes Leid zu vermeiden. In meinen Augen setzen alle Auffassungen von Sinn, Moral und Wert Bewußtsein voraus und damit bewußte, physikalische Wesen. Ein Konzept von Sinn, Moral und Wert, das nichts mit der Erfahrung, dem Erleben bewußter Wesen zu tun hat, ist für mich völlig nutzlos und uninteressant. Da nun Leiden ein Bewußtsein voraussetzt und das Bewußtsein etwas ist, das (heute) in einem Gehirn stattfindet und das aufgrund zwar unverstandener aber nicht unverstehbarer naturwissenschaftlich beschreibbarer Prozesse entsteht, scheint es plausibel, daß menschliche Werte nicht völlig relativ sein müssen, sondern mit Hilfe der Wissenschaft mehr oder weniger objektiv bestimmbar sein können (und trotzdem mit dem Stand der Wissenschaft provisorisch und ohne Letztbegründung sind). Das löst nicht Moores “open-question”-Problem, verhindert aber auch moralischen Relativismus.
    Die Menschenrechte, die ja in weiten Teilen von den Religionen weder eingeräumt noch akzeptiert werden (was fast immer ein gutes Zeugnis für etwas ist ;-), halte ich übrigens für eine recht gute Grundlage zur deontologisch gedachten Minimierung menschlichen Leids und sogar zur Maximierung menschlichen Wohlergehens.

    “hat Dein Humanismus mit Deinem Atheismus gar nichts zu tun und ist etwa nur eine aus religiöser Tradition übernommene Gewohnheit?”

    mein Atheismus ist daher die Voraussetzung für meinen Humanismus. Wie wir an Hicks & Co sehen muß Atheismus aber nicht Humanismus zur Folge haben.

  53. #53 Dr. Webbaer
    13/02/2015

    Und woher kommen die Menschenrechte?

  54. #54 Struppi
    13/02/2015

    Der Denkfehler ist, Glaube und Ethik hätten etwas miteinander zu tun. Letztlich haben Religionen den Glauben der Menschen ausgenutzt, um eine Ethik zu definieren. Das Problem ist deren (vermeintliche) Endgültigkeit, die aus dem Begriff des allmächtigen Schöpfers geleitet wird.

    Ich halte es da mit der Agnostik. Ob es (wissenschaftlich) beweisbar ist, dass es einen Gott gibt ist egal, es spielt für mein Leben und den Werten an die ich mich versuche zu halten keine Rolle und hat keinerlei Relevanz für die Existenz dieser Welt an sich, genau so wenig Relevanz wie die Existenz eines Spaghettimonsters.

    Das Motiv Atheismus für die Morde halte ich auch für grossen Unsinn.
    In gewaltätigen Parkplatzstreitereien sind auch Moslems als Täter verwickelt – wegen in Ihren Glauben?

  55. #55 Cornelius Courts
    13/02/2015

    @ali: (#27 )”Ich sage nur ich nehme es nicht zu 100% für bare Münze. Das ist Qualitative Methode 101. Das dies zu tun zumindest problematisch ist, ist bei jenen die Sozialforschung betreiben nicht umstritten.”

    Seufz.
    Du weißt aber auch, welche Rolle Fragebögen in der Sozialforschung spielen? Und daß die Dinger nicht so richtig sinnvoll wären, wenn man bezweifelt, daß die Leute, die Wahrheit sagen?
    Aber ok, wenn Du Hicks nicht der Lüge bezichtigst und trotzdem bezweifelst, daß stimmt, was er sagt, nämlich, daß er die drei Menschen über einem Nachbarschaftsstreit getötet hat: was denn dann?

    “Condell unproblematisch bejubelt ”

    von wem? Sicher nicht von mir, sonst gerne Zitat beibringen. Aber für einen Rassisten halte ich ihn in der Tat dennoch und immer noch nicht.

    und zu Deinem Kommentar (#50) weiter unten:
    “höre aber auch eine Distanzierung in diesem Satz, nicht zuletzt auch wegen dem Hinweis “und war zudem ein Waffennarr”.”

    Das ist keine Distanzierung, sondern meines Erachtens der Hauptgrund dafür, daß der Streit tödlich ausgegangen ist. Hätte Hicks keine Schußwaffe mit sich geführt, hätte es vielleicht “nur” eine Schlägerei gegeben, die es vielleicht ins örtliche Käseblatt geschafft hätte. Daß also Hicks ein Waffennarr ist, spielt für den Ausgang und damit die Bedeutung dieser Tat eine erhebliche Rolle. Daß in US-amerikanischen Nachbarschaftsstreitigkeiten zudem nicht selten Feuerwaffen zum Einsatz kommen, ist leider eine traurige Tatsache.

    “Dann lass uns über Anti-Theismus diskutieren!”

    Können wir. Das ergibt mehr Sinn, als über Atheismus als mögliche Ursache für Mord zu sprechen, da darin offensichtlich kein Antagonismus enthalten ist.
    Wie sich nun Anti-Theismus ausdrückt, läßt sich aus dem Wort selbst nicht ableiten: ob durch friedliche Mittel wie Blogposts oder durch Gewalt. Dafür, daß sich Hicks’ Anti-Theismus anders als in seinen Online-Tiraden, in denen er, soweit ich informiert bin, übrigens nie Gewalt gefordert oder legitimiert hat, manifestiert hat, gibt es bislang null Belege. Daß irgendwelche “To quoque”-Moslemverbände das verkünden, ist jedenfalls keiner.

  56. #56 Cornelius Courts
    13/02/2015

    “Und woher kommen die Menschenrechte?”

    Aus dem Menschenrechtegeschäft.

  57. #57 Christian Reinboth
    13/02/2015

    @Bullet & @Alisier: Da ich kein Interesse daran habe, mich hier jetzt endlos in den Kommentaren herumzustreiten, will ich die zahlreichen Unterstellungen dessen, was ich vermeintlich glaube, gar nicht weiter kommentieren, sondern lediglich zu etwas Selbstreflexion anregen: Könnt ihr wirklich ausschließen, dass die pauschale Abwertung von Mitmenschen mit steilen Aussagen, sie seien defizitär, faschistoid, geistesgestört oder gemeingefährlich mittelbar nicht dazu beiträgt, die Hemmschwelle zu Diskriminierung und Gewalt gegenüber diesen Menschen zu senken?

  58. #58 Dr. Webbaer
    13/02/2015

    Vielleicht von Interesse:
    -> https://www.powerlineblog.com/archives/2015/02/can-a-liberal-commit-a-hate-crime.php

    PS @ Cornelius:
    Es war natürlich, vielleicht wie auch von Dr. Kuhn, angefragt, wie sich der Atheismus politisch integriert, individuell.

  59. #59 Stefan Wagner
    https://demystifikation.wordpress.com/2015/02/13/schweine-im-karneval/
    13/02/2015

    Das ist eine zutreffende Erklärung dafür, wie unsere ethischen Intuitionen entstehen, aber keine tragfähige Begründung dafür, dass sie “richtig” sind (der Begriff “richtig” ist im Hinblick auf ethische Sätze schwierig, ich weiß). Wir wollen ja nicht nur moralisch irgendwie fühlende Tiere sein, sondern, gerade wenn wir davon ausgehen, dass uns kein Gott ein Gewissen eingepflanzt hat, das uns zu den “richtigen” Entscheidungen anhält, wollen wir doch aus eigener Vernunft begründet ethisch “richtige” Entscheidungen treffen.

    Wollen wir das? Wollen wir nicht zuerst und besser verstehen wie Entscheidungen wirklich zu Stande kommen oder zumindest an einem besseren Modell arbeiten als dem von der Vernunft?

    Mein Eindruck ist, dass die Idee eines Gottes der mit Hilfe von Gesetzestafeln und ausgewählter, besonders inspirierter Botschafter, alias Propheten, alias Priester, alias Gottessöhne wirklich Murks war.

    Die Idee einer Menschenrechtscharta die von Menschen gemacht wurde, die diskutierbar ist und bleibt, ist schon ein enormer Fortschritt. Viele Entscheidungen die wir bei anderen als unrichtig betrachten betrachtet der andere auch als unrichtig – er war nur in einer anderen Lage. Von dem Fall in Chapel Hill weiß ich zuwenig, aber nehmen wir ein Fußballspiel.

    Da gibt es bei einem Foul eine Handvoll Möglichkeiten sich zu streiten. Ob ich alle wichtigen aus dem Stand zusammen bekomme weiß ich nicht – ich versuchs mal:
    a) Ich habe gar nicht das Bein des Stürmers getroffen. Er ist entweder gestolpert oder er simuliert.
    b) Ich habe ihn getroffen, wollte aber den Ball spielen.
    c) Ich habe den Ball gespielt, und das Bein mitgetroffen.
    d) Ich habe ihn getroffen, aber er hat erst meine Mutter beleidigt (und der Schiri hat mir nicht geholfen).
    e) Ich musste ihn foulen, weil, sonst wäre er durchgewesen (schlechtes Bollplatzdeutsch, ich weiß, aber sehr authentisch – richig: “… weil er sonst durchgewesen wäre.”).

    Würde man in der Beschreibung dessen, was die Realität war, übereinstimmen, dann würden Spieler, Gegenspieler und Schiri auch zu ähnlichen Bewertungen kommen. Einerseits sieht aber jeder die Fakten schon anders und zweitens ist die Kommunikation über die Situation wieder von neuen Interessenkonflikten geleitet, so dass nicht jede Aussage der Wahrheit entsprechen muss. In Zeiglers wunderbarer Welt des Fußballs vom letzten Sonntag kam ein Spieler zu Wort, der nicht nur im Spiel gelogen hatte was die ihm vorgeworfenen Beleidigung des Schiris betraf, sondern auch hinterher die Presse belog, aber jetzt, Jahrzehnte später einräumte er habe damals wirklich den Schiri beleidigt und sei zurecht vom Platz gestellt worden. Man kann aber selten Jahrzehnte warten.

    Bei der Bewertung all der Möglichkeiten gehen die Meinungen über das Strafmaß wohl auch oft auseinander, aber v.a. dann, wenn man Teil einer der Mannschaften ist oder Fan.

    Aber obwohl man allgemein zustimmt, dass nicht gefoult werden darf wird im Fall e) immer wieder gefoult werden – damit der Gegner kein Tor schießt. Und um die Sanktion gering zu halten wird abgestritten dass es ein Foul war, zumindest dass es ein schlimmes Foul war.

    Den Interessenkonflikt um das Toreschießen bekommt man aber nicht aus dem Fußballspiel raus – das Spiel ist ja gerade die künstliche Provokation unzähliger, kleiner Interessenkonflikte (Kampf um den Ball) die in einem großen Interessenkonflikt (Championsleaguesieger werden) kulminieren und aggregiert werden.

    Außerhalb des Fußballs sieht die Lage aber ähnlich aus. Aber es gibt an manchen Fragen Streit darüber, wie die Regeln aussehen sollen. Fast alle Kulturen verbieten Diebstahl und Körperverletzung, aber welche Kleider getragen werden dürfen/müssen, rituelle Beschneidungen, Feiertags- und andere Tabus, da geht es ziemlich unversöhnlich auseinander.

    Aber wollte der Täter jetzt das Problem religiöser Leute durch Ausrottung der Muslime lösen? Es gibt dazu meines Wissens keine Theorie, Ideologie oder einen Diskurs. War es ein eskalierender Konflikt unter Nachbarn, der am Parkplatz nur einen Auslöser fand? Die Beschreibung dessen, was passierte, ist einfach zu lückenhaft um sinnvoll spekulieren zu können.

    War der Täter vorbestraft wegen Körperverletzungen? War er allgemein jähzornig? Ich weiß es nicht. Dass man den Streit um Parklücken so nicht austrägt, da stimmt sicher fast jeder zu.

    Ich weiß nicht mal, ob solche Streitereien an etablierten Kulturlinien eher eskalieren, etwa ob Rassisten eher losprügeln wenn ein Farbiger ihnen den Parkplatz wegnimmt. Es gibt da in Deutschland einen Streit darüber, wann Vorfälle als rechte Gewalt betrachtet werden. Ich nehme aber sehr an dass es so ist.

  60. #60 Alisier
    13/02/2015

    @ali
    Danke für die Übersetzung, respektive Klarstellung.
    @Christian Reinboth
    Ich bin nicht bullet, und auch wenn ich seinen Ärger nachvollziehen kann, muss ich nicht mit allem einverstanden sein, was er sagt.
    Ich denke aber, dass du nicht verstehst, wieso dein Post ein Schlag ins Gesicht ist, und dich über die heftige Reaktion eher wunderst. Ich unterstelle mal, dass du es nicht böse meinst. Was tun?
    @Joseph Kuhn
    Ein Ringen der Theologen um Redlichkeit dürfte ungleich schwieriger sein, denn sie setzen, von einigen wenigen Ausnahmen abgesehen, so vieles voraus, das sie sicher zu wissen glauben, dass da extrem wenig Spielraum bleibt.

  61. #61 Gefbo
    13/02/2015

    @Joseph Kuhn #49

    “schwierige Frage, aber ich finde, dass man die doch auch religiösen Menschen genauso stellen sollte”
    – „Unbedingt. Nur muss man sie trotzdem auch für sich beantworten. Würde man in einer Prüfung auf die Frage danach, wie die natürlichen Zahlen definiert sind, antworten, fragen Sie mal den nächsten Kandidaten danach, wie die reellen Zahlen definiert sind, das weiß der auch nicht, würde das vermutlich nicht als korrekte Antwort gelten.“

    Schon klar, meine Erwiderung sollte die Frage auch gar nicht beantworten. Ich stelle nur fest, dass sowas irgendwie immer nur Atheisten gefragt werden, als ob religiöse Menschen da per se aus dem Schneider wären. Nach dem Motto: „Du bist also Atheist, aha, und woher nimmst du *dann* deine Werte?“

    Minimalversion der Antwort auf die Frage: Empathie spielt eine große Rolle und der Umstand, dass es einfach für alle Beteiligten auf lange Sicht extrem sinnvoll ist, sich nicht gegenseitig die Köpfe einzuschlagen. Wenn ich niemandem den Kopf einschlage und mich mit anderen darauf einigen kann, dass das doof ist, sinkt auch die Wahrscheinlichkeit, dass mir jemand den Kopf einschlägt.

  62. #62 Joseph Kuhn
    13/02/2015

    @ Stefan Wagner:

    “Wollen wir nicht zuerst und besser verstehen wie Entscheidungen wirklich zu Stande kommen oder zumindest an einem besseren Modell arbeiten als dem von der Vernunft?”

    Was für ein Satz, vermutlich schon dem postvernünftigen Modell entsprungen. Ich bin leider noch nicht so weit.

    @ Alisier:

    “Ein Ringen der Theologen um Redlichkeit dürfte ungleich schwieriger sein”

    Ich sprach nicht von Theologen. Aber selbst da bin ich mir nicht sicher, ob die Rate der Selbstgerechten unter Theologen wirklich höher ist als unter Putin-Anhängern, Bayern-Fans, in der FDP oder unter Webbären. Eine empirische Frage, die ich nicht so selbstgewiss a priori beantworten könnte.

    @ Gefbo:

    Empathie und Vorteilsdenken mögen prosoziales Verhalten unter bestimmten Bedingungen begünstigen. Unter bestimmten Bedingungen lässt die Empathie aber auch stark nach (dazu gibt es sogar experimentelle Studien, obwohl es eigentlich eine triviale Alltagserfahrung ist) und das Vorteilsdenken führt zuweilen doch gerade dazu, dass sich die Leute den Kopf einschlagen. Die Verbrechen des IS gäbe es so wenig wie die des Nationalsozialismus, würden sich die Leute bei solchen Taten keine Vorteile versprechen (in den Himmel kommen, mit Jungfrauen belohnt werden, jüdisches Eigentum übernehmen zu können, selber durchzukommen, wenn man andere denunziert usw.). Letztlich ist jedes intentionale Verhalten an eine Vorteilserwartung geknüpft, man tut nichts, wovon man sich gar nichts verspricht, das wäre in sich widersprüchlich, d.h. die Sache mit dem Vorteilsdenken ist in gewisser Weise sogar eine Leerformel.

    Davon abgesehen: Empathie ist ein Gefühl, das Vorteilsdenken ein Klugheitskalkül. Beides kann Verhalten sicher manchmal erklären, aber doch nicht als “gut” oder “böse” begründen.

  63. #63 nihil jie
    13/02/2015

    @Dr. Webbaer

    Natürlich gibt es den Atheismus, das liegt daran, dass es den Begriff ‘Atheismus’ gibt und dieser eine Bedeutung hat.

    Es gibt beispielsweise auch den Islam oder den Sozialismus oder den Liberalismus.

    Aber es gibt eben diese verschiedene Bergriffe. Die gibt es zur Unterscheidung, damit man es wies womit und womöglich auch mit wem man es zu tun hat 😉

    Klar sind das alles Container-Begriffe. Auch Atheismus gehört dazu. Und diese Container enthalten auch unterschiedliches. Manche Inhalte sind zwar zum Teil redundant, wenn man die Inhalte aller Container betrachtet, aber es gibt eben auch viele unterscheide. Nur als Feststellung nicht als Wertung gemeint.

    Und diese Begriffe stehen nicht einfach völlig entkernt zusammenhanglos und alleine für sich. Sie werden erst durch eine Menge von Menschen zu dem was sie sind. Wir haben sie uns selbst erschaffen. Niemand tat das für uns. Und da müssen wir auch so durch. Egal, ob uns allen das gefällt oder nicht.

    Atheist, Gläubiger, Nihilist… alle derartige Begriffe klingen doch wie eine schlechte Diagnose 😉

  64. #64 MX
    13/02/2015

    @ nihil jie: Ein “Gläubiger” ist eigentlich gut definiert – als Gegenstück zum “Schuldner”.

  65. #65 Gefbo
    13/02/2015

    @ Joseph Kuhn

    Was kann denn ein Verhalten als “gut” oder “böse” begründen? Unrhetorisch gemeinte Frage, würde mich sehr interessieren, was du dazu sagst.

  66. #66 nihil jie
    13/02/2015

    @MX

    deswegen liebe ich meine Rechtschreibhilfe bei Firefox *gg

  67. #67 Hobbes
    13/02/2015

    Meiner Meinung nach kann Atheismus Problemlos ausschlaggebend für eine Bluttat sein.
    Atheismus lehnt ja sämtliche Religiös begründete Handlungen ab. Wenn Also jemand aus Religiösen Gründen unmengen Menschen tötet so ist dies eigentlich für keinen Atheisten hinnehmbar. Und in so ziemlich jeder Ausführung des Atheismusses wäre es Legitim dies mit Gewalt zu verhindern.
    Wenn man jetzt aber andere Werte als die Körperliche Unversehrtheit für am wichtigsten hält kann man sich ja auch verschiedene Szenarien ausmalen.

    Nicht selten gibt es Atheisten welche in Theismen eine Form der Geistesgetsörtheit sehen. Und es gibt auch genug Menschen welche ein Geistesgestörtes Leben für nicht Lebenswert halten. Wenn also streng gläubige Eltern ihre Kinder mit ihrer Religion indoktrinieren könnte man dies als eine geistige Vergewaltigung ansehen die ein Leben zerstört. Von hier an bis zur Legitimation von Gewalt ist es ja nun wirklich nicht mehr weit.

  68. #68 Joseph Kuhn
    13/02/2015

    @ Gefbo:

    “Was kann denn ein Verhalten als “gut” oder “böse” begründen?”

    Gute Frage. Wenn ich darauf auch eine gute und wirklich überzeugende Antwort hätte, wäre ich vermutlich Philosophieprofessor. Gängige Antworten sind z.B. die Orientierung an angeblich objektiv existierenden “Werten” und “Tugenden”, an der Stimme des “Gewissens”, an formalen Normen wie Kants kategorischem Imperativ, an utilitaristischen Prinzipien wie der Maximierung des Glücks und vieles mehr. Es gibt keine allgemein anerkannte Basis ethischer Begründung. Ein paar Überlegungen dazu aus meinem Arbeitsfeld habe ich vor einiger Zeit mal bei den “Leitbegriffen der Gesundheitsförderung” zusammengefasst. Für mehr muss ich – ich bin wie gesagt kein Philosoph – auf die einschlägige Literatur verweisen, es gibt viele gute Einführungen in die Ethik, auch preiswert bei Reclam.

    Unser Diskussionspunkt oben war die Unterscheidung zwischen der Erklärung eines Verhaltens und seiner (ethischen) Rechtfertigung. Das sind zwei paar Dinge, das erste hat mit der Deskription eines Sachverhalts zu tun (was ist der Fall), das zweite mit seiner Bewertung (was soll der Fall sein). Mir ging es erst mal nur darum, beides auseinanderzuhalten.

  69. #69 Alisier
    13/02/2015

    @Joseph Kuhn
    Weswegen ich aus Theisten Theologen machte wissen wohl nur die Götter…..es ändert auch jetzt nicht so wahnsinnig viel, aber warum es dann in dem Zusammengang um Selbstgerechtigkeit gehen könnte, erschließt sich mir nicht. Außer meine Vermutung ist doch richtig, dass das Ringen um Redlichkeit entweder nicht wahrgenommen oder aber nicht ernstgenommen wird.
    Und eine Rechtfertigung ist natürlich in vielen Fällen möglich, aber eben nicht akzeptabel, wenn dies ausschließlich auf der Basis einer Ideologie geschieht.
    Es sollte ums Ringen gehen und nicht ums Mundtotmachen mit Hilfe ewiger Wahrheiten. Das ist es nämlich was viele religiös Geprägte unter Ethik verstehen. Und das macht Diskussionen dann auch so schwierig, weil die ehernen Gesetze von vielen nicht in Frage gestellt werden können, was jeden Dialog zuverzuverlässig abtötet.
    Es gibt eben keine allgemein anerkannte Basis ethischer Begründung, das sehe ich genau so. Aber für viele Religiöse und anderwärts ideologisch Geprägte gibt es sie eben doch, und dann ist meistens Schluss mit Diskurs. Und das akzeptiere ich nur sehr ungern.

  70. #70 Dr. Webbaer
    13/02/2015

    Was kann denn ein Verhalten als “gut” oder “böse” begründen?

    Natürlich nur eine ggf. bereit stehende Sittlichkeit, die wiederum auf politischer Ideologie basiert.
    Eine Letztbegründung kann so nicht erzeugt werden, aber es geht in die Richtung, dass das Sein das Sollen bestimmt. [1]

    HTH
    Dr. W

    [1] Was von Relativisten als sogenannter naturalistischer Fehlschluss verkauft wird, also ein vglw. sicheres Zeichen, dass das Sein das Sollen bestimmt, vorliegt – was sonst auch soll das Sollen bestimmen, wenn nicht das Sein?

  71. #71 Dr. Webbaer
    13/02/2015

    @ nihil jie :
    Schon klar, es ging weiter oben nur darum zu erklären, warum in einer halbwegs soliden Runde NIE die voll debile Argumentation “Es gibt nicht den oder das X!” aufgefahren werden sollte.

    Dass Generationen mittlerweile an den Bildungsstätten diesbezüglich angelernt worden sind, steht natürlich außer Frage, ist eine Faktizität, lol.

    MFG
    Dr. W

  72. #72 Joseph Kuhn
    13/02/2015

    @ Alisier:

    “Selbstgerechtigkeit”: Ja, vielleicht nicht ganz das richtige Wort. Gemeint war so was wie Unbeirrbarkeit, Starrköpfigkeit.

    Streng Gläubige werden meist unbeirrbar Dogmen vertreten, klar. Aber wenn ich im normalen Leben mit Leuten über ethische Fragen diskutiere, habe ich nicht den Eindruck, dass mir da immer das Zentralkomitee zur Verbreitung ewiger Wahrheiten gegenübersitzt – und das werden ja nicht durchweg humanistisch eingestellte Atheisten sein, sondern vermutlich mehrheitlich Angehörige einer Religionsgemeinschaft.

    Dass es nicht akzeptabel ist, wenn jemand seine moralischen Standards als unhinterfragbar betrachtet und einfordert, dass sich auch andere daran orientieren, da stimmen wir völlig überein. Eigentlich hatte ich ja nur Cornelius gefragt, wo er seine moralischen Orientierungen hernimmt und wie er sie begründet – gerade weil er nicht auf ewige Wahrheiten aus dem Jenseits Bezug nimmt.

  73. #73 Joseph Kuhn
    14/02/2015

    @ Cornelius:

    “Ein Konzept von Sinn, Moral und Wert, das nichts mit der Erfahrung, dem Erleben bewußter Wesen zu tun hat, ist für mich völlig nutzlos und uninteressant.”

    Über diesen Satz von Dir, der wie Peter Singers Ethik klingt, denke ich noch nach. Wenn er nicht schwarz-weiß (Bewusstsein ja/nein), sondern in Abstufungen gedacht wird, folgt daraus, dass das Leben geistig Behinderter weniger lebenswert ist als das anderer Menschen (oder sogar als das mancher Tiere). Peter Singer würde das so sehen. Ich glaube, Du nicht.

  74. #74 Dr. Webbaer
    14/02/2015

    Da stand halt im Courtschen Kommentar auch so etwas, Herr Dr. Kuhn:

    sondern mit Hilfe der Wissenschaft mehr oder weniger objektiv bestimmbar sein können

    … auf ‘menschliche Werte’ bezogen, was richtig ist, wobei die Wissenschaft hier nur eine unterstützende Rolle spielt und insofern die allgemeine Vernunft am wichtigsten ist.
    Mit bspw so etwas – https://de.wikipedia.org/wiki/Objektivismus_%28Ayn_Rand%29 -, muss nicht glücklich geworden werden.

    Hierzu noch – ‘dass das Leben geistig Behinderter weniger lebenswert ist als das anderer Menschen’ -, also das Leben anderer Menschen kann weniger wert sein als das Leben anderer Menschen, z.B. ist Ihr Leben erkennbar mehr wert als das Leben von Charly Manson, anders anzunehmen wäre zwar schön protestantisch und heuchlerisch, aber auch sittlich niedrig.

    HTH
    Dr. W (der ein schönes Wochenende wünscht, im Abgang noch kurz an das zweischneidige Konzept der Menschenwürde erinnert, das in der BRD erstmals an den Start gebracht werden konnte, auch um aus den zum Kollektivismus neigenden Menschen zu machen, aber auch um NS-Täter menschlicher zu machen, es drohte ja seinerzeit noch weitergehende Entrübung, die absolute Menschenwürde ist immer auch an vorderer Stelle Täterwürde gewesen, auf besonderen Wunsch hin wird Ihr Kommentatorenfreund hierzu noch webverweisen)

  75. #75 Joseph Kuhn
    14/02/2015

    @ Webbär:

    Wie schaffen Sie nur immer, klar formulierte Diskussionspunkte zu verfehlen? Hier, einen Begriff gesellschaftlichen Nutzens eines Menschenlebens einzuführen? Und gar nicht zu merken, dass Sie den kritischen Punkt, um den es geht, damit sogar noch zuspitzen? Beeindruckend. Und zur Menschenwürde müssen Sie wirklich nicht “webverweisen”, ich lese noch Bücher.

  76. #76 Dr. Webbaer
    14/02/2015

    Der Webbaer hat eben eine gewisse History mit Ihnen und kann weiterführend argumentieren, Sie müssen jetzt nicht so tun, als ob zusammenhangslos vorgetragen worden ist, ansonsten wird natürlich noch webverwiesen, falls gewünscht.

  77. #77 Joseph Kuhn
    14/02/2015

    auf besonderen Wunsch hin wird Ihr Kommentatorenfreund hierzu noch webverweisen

    Und zur Menschenwürde müssen Sie wirklich nicht “webverweisen”

    ansonsten wird natürlich noch webverwiesen, falls gewünscht

    zur Menschenwürde müssen Sie wirklich nicht “webverweisen”

    ansonsten wird natürlich noch webverwiesen, falls gewünscht

    zur Menschenwürde müssen Sie wirklich nicht “webverweisen”

    ansonsten wird natürlich noch webverwiesen, falls gewünscht

    zur Menschenwürde müssen Sie wirklich nicht “webverweisen”

    ansonsten wird natürlich noch webverwiesen, falls gewünscht

    zur Menschenwürde müssen Sie wirklich nicht “webverweisen”

  78. #78 Dr. Webbaer
    14/02/2015

    Herr Dr. Kuhn, jetzt bitte nicht anfangen zu spammen, Sie bleiben als Kommentatorenfreund, insbesondere auch hier, weiterhin geschätzt, kein Grund zur Aufregung.
    Sollten Sie mit Ihrem Kommentar #75 richtig liegen, auch gut, dann ist eben an Ihren pers. Intentionen vorbei zum Thema ausgebaut worden, no prob here, alles cool, alles easy,
    MFG
    Dr. W

  79. #79 ali
    14/02/2015

    @Cornelius #55

    Die Condell Diskussion fange ich hier nun nicht wieder an. Ich habe glaube ich im damaligen Thread genug Beispiele gebracht, dass man sich eine Meinung bilden kann. Es ist meines Erachtens genau diese Weigerung (oder ist es einfach Unwille? Oder gar Unfähigkeit?) Kontext und Effekt eines Diskurses anzuerkennen, der irgendwann einmal auch eindeutig eine Blutttat zu rechtfertigen helfen wird (wenn sie es nicht schon hat).

    Das ist keine Distanzierung, sondern meines Erachtens der Hauptgrund dafür, daß der Streit tödlich ausgegangen ist.

    Dann habe ich das falsch interpretiert. War wohl dass “Narr” das mich eher an einen Kommentar zur Geisteshaltung als zur blossen Anwesenheit einer Waffe hat denken lassen.

    Können wir. Das ergibt mehr Sinn, als über Atheismus als mögliche Ursache für Mord zu sprechen, da darin offensichtlich kein Antagonismus enthalten ist.

    Dann sind wir uns im eigentlichen Hauptpunk in der Substanz einig. Ich sehe zwar nicht ganz ein, warum es so wichtig ist, darauf hinzuweisen, dass es nicht Atheismus gewesen sein kann, da es sich um eine rein definitorische Abgrenzung handelt, aber die Abgrenzung ist natürlich korrekt. Ich denke halt sie ist nicht sehr nützlich und in dem Sinne vor allem eine Ablenkung von der Kernfrage.

    Und um nicht ganz Harmonie und Einigkeit ausbrechen zu lassen:

    Du weißt aber auch, welche Rolle Fragebögen in der Sozialforschung spielen? Und daß die Dinger nicht so richtig sinnvoll wären, wenn man bezweifelt, daß die Leute, die Wahrheit sagen?

    Wie du dir vorstellen kannst, weiss ich tatsächlich ein zwei Dinge zu sozialwissenschaftlichen Methoden. Du kannst mir nun einfach glauben, dass das zitierte Statement eher peinlich ist. Oder du reitest dich weiter rein und wir diskutieren tatsächlich darüber, warum man die Aussagen von Menschen zB in Fragebogen oder Interviews nicht einfach 1:1 hinnimmt (zur Warnung: Das ist nun wirklich unumstritten und Einführungskursniveau).

  80. #80 Alisier
    14/02/2015

    Das “Zentralkomitee zur Verbreitung ewiger Wahrheiten” ist zwar eine wunderschöne Kreation: dennoch möchte ich Sie hier nicht so einfach vom Haken lassen.
    Meine Erfahrung ist, dass Menschen mit ideologischem Hintergrund öfters oder sogar mehrheitlich massive Probleme haben, eine ergebnisoffene Diskussion zu führen, weil es dann doch immer einige Wahrheiten gibt, die sich als unverhandelbar herausstellen. Und dann geht gar nichts mehr, wie gesagt.
    Dass es auch unter den religiös Geprägten und auch unter den Gläubigen Menschen gibt, die sich um Redlichkeit bemühen, bezweifle ich nicht, aber um dogmenfrei zu diskutieren müssen sie ihre Prägung zeitweise auf Eis legen. Und das kostet Kraft, und auch Überzeugungskraft. Nicht an ideologische Konstrukte Gebundene haben es da oft deutlich einfacher.
    Und moralische Orientierungen sollten aus meiner Sicht im sauberen Diskurs gewonnen werden, und immer veränderbar bleiben. Sobald der Relativismusvorwurf kommt, weiß dann auch jeder, welche Gruppe ihn erhebt.
    Und ich möchte noch betonen, dass Peter Singer nicht behauptet hat, dass das Leben Behinderter weniger wert ist. Dass das besonders in Deutschland so verstanden wird, ist mir aber schon aufgefallen, und ich konnte schon mit ihm selbst darüber diskutieren, warum das wohl so ist. Ok, ot.
    Und falls die Empfehlung noch nicht kam:
    Peter Bieri: “Eine Art zu leben: Über die Vielfalt menschlicher Würde” Absolut lesenswert, aus meiner Sicht.

  81. #81 Alisier
    14/02/2015

    Und wieder fehlt das @Joseph Kuhn…..

  82. #82 Dr. Webbaer
    14/02/2015

    @ Alisier :

    Meine Erfahrung ist, dass Menschen mit ideologischem Hintergrund öfters oder sogar mehrheitlich massive Probleme haben, eine ergebnisoffene Diskussion zu führen, weil es dann doch immer einige Wahrheiten gibt, die sich als unverhandelbar herausstellen. Und dann geht gar nichts mehr, wie gesagt.

    Es geht in Debatten nicht wie bspw. in Verhandlungen der Wirtschaft darum unter den Parteien Kompromisse zu finden, damit Mehrwert entstehen kann.

    Insofern geht es in Debatten auch nicht um die ‘Ergebnisoffenheit’, nicht um die ‘solidarische Kritik’ und auch nicht um die ‘gleiche Augenhöhe’ – und generell nicht um das, was in diesem Zusammenhang üblicherweise von bestimmten Kreisen, die der Schreiber dieser Zeilen einfach einmal arbeits-thetisch infantil nennt, “protestantisch” ginge natürlich auch, metaphorisch, gefordert wird.

    Diese Kreise sind Teil des aktuellen gesellschaftlichen Problems, derartige Argumentationsführung ist in der BRD erst vor ca. 40 Jahren entstanden, die streng linken 68er bspw. übten sich derart noch nicht.

    MFG + schönes WE,
    Dr. W

  83. #84 Joseph Kuhn
    14/02/2015

    @ Alisier:

    “dennoch möchte ich Sie hier nicht so einfach vom Haken lassen”

    Aua.

    “Meine Erfahrung ist …”

    Eben. Es geht um eine empirische Frage. Jenseits der eigenen Erfahrung mit den üblichen erfahrungswissenschaftlichen Mitteln zu bearbeiten.

    “… dass Menschen mit ideologischem Hintergrund öfters oder sogar mehrheitlich massive Probleme haben, eine ergebnisoffene Diskussion zu führen”

    Sehe ich auch so. Egal welcher Art der ideologische Hintergrund ist. Und ich möchte mal Leute sehen, die keinen haben. Sich für völlig ideologiebefreit zu halten, dürfte einer der häufigsten Schritte auf dem Weg in den Abgrund der Rechthaberei sein. Richtig ist, da sind wir uns vermutlich ganz einig, dass manche weltanschauliche Bekenntnisse das Denken besonders unflexibel machen.

    “moralische Orientierungen sollten aus meiner Sicht im sauberen Diskurs gewonnen werden”

    Unbedingt. An dem Haken, je etwas anderes gesagt zu haben, hing ich aber hoffentlich nicht.

    “dass Peter Singer nicht behauptet hat, dass das Leben Behinderter weniger wert ist”

    Vorsicht, Du formulierst fast wie der Webbär, das will ich Singer nicht unterschieben. Ich schrieb, “weniger lebenswert” (so kann man sein eigenes Leben bei schwerer Krankheit sehen bzw. so kann eine die eigene Perspektive stellvertretende Sichtweise von Angehörigen konzipiert werden, siehe die Sterbehilfedebatte, um den Unterschied der beiden fast gleichklingenden Formulierungen wenigstens kurz anzudeuten). Singer geht es, soweit ich ihn verstanden habe, darum, Ethik nicht von einem “Speziesismus” aus zu begründen, d.h. Menschen moralische Relevanz nicht qua Zugehörigkeit zur menschlichen Spezies zuzusprechen, sondern abhängig von ihrer Empfindungsfähigkeit und von ihrem Selbstbewusstseins. So ähnlich hat es Cornelius auch geschrieben, daher meine Nachfrage. Christen (manche? viele?) beispielsweise sehen die Sache aufgrund der “Gottesebenbildlichkeit” des Menschen anders. Aber ich habe von Singer nicht so fürchterlich viel gelesen, um mich ohne Starthilfe an einer Singer-Exegese beteiligen zu können, mag sein, dass ich ihn gar nicht richtig verstanden habe. Vielleicht macht Cornelius ja mal einen Blogbeitrag als Diskussionsaufschlag dazu und schreibt, wie er seine Position im Vergleich zu Singer verortet oder was aus Singers Position für die ursprüngliche Blogdiskussion hier zu gewinnen ist.

    Peter Bieri: “Eine Art zu leben: Über die Vielfalt menschlicher Würde”

    Auch aus meiner Sicht ein sehr gutes Buch, in dem er viel persönliche Erfahrung einbringt. Wer es nicht so langatmig mag: Sein Buch “Wie wollen wir leben?” ist wesentlich kürzer, besteht aus drei Aufsätzen und regt über einige der hier diskutierten Themen (Selbstbestimmung, Wahrheit, Begründung usw.) ebenso zum Mitdenken an.

    Wo war jetzt eigentlich noch mal unser Dissens?

  84. #85 Alisier
    14/02/2015

    @ Joseph Kuhn
    Ich entschuldige mich ausdrücklich für den Singer-Verleser, der wahrscheinlich dem Umstand geschuldet ist, es zu oft so gehört oder gelesen zu haben! Aber auch beim richtigen Lesen bin ich mit Ihrer Aussage nicht einverstanden.
    Jetzt muss ich aber meinen familiären Verpflichtungen nachkommen: Später mehr.
    Und doch, ein bisschen Dissens sehe ich durchaus, und der hat sich bis jetzt auch als recht fruchtbar erwiesen. Friedefreudeeierkuchen und wir hammunsallelieb wäre auch elend langweilig und einer Diskussion wenig zuträglich.

  85. #86 Alisier
    14/02/2015

    @webbär
    Ich versuche ja, Sie zu verstehen, aber Sie machen es einem ganz schön schwer. Vielleicht geht mir heute abend ein Licht auf.

  86. #87 Dr. Webbaer
    14/02/2015

    Singer vertritt pathozentrische, biozentrische Positionen, die sich in Gegensatz zum Humanismus stellen.
    Wer diesen Satz versteht, hat Singer verstanden.
    Atheisten bemühen sich sozusagen verstärkt anthropozentrisch und humanistisch.
    Sowohl Atheisten als auch Tierrechtler könnten Gewalt anwenden, bei Atheisten ist dies aber wegen der Zielrichtung tendenziell abwegig oder unwahrscheinlich oder schwierig zu begründen, der Atheist betrachtet Gläubige deutlich weniger als Problem als den Glauben selbst.

    MFG
    Dr. W (der aber technisch gesehen sozusagen Agnostiker ist, bei Auftauchen Gottes ganz schnell den Gebetsteppich hervorholen würde, womöglich: skeptisch bleibend, lol)

  87. #88 Wilhelm Leonhard Schuster
    14/02/2015

    Oh welch Ideal :Auf dem Teppich schweben dürfen.
    Jeglicher Erdenschwere enthoben, betrachtend die Kommentare “da, tief drunten “- und nie mehr landen müssen- “…!…”
    Was aber muß ich tun? Landen! Das Ausrufezeichen (!) suchen, weil es schon Nacht wird und finster!
    (Hinter “müssen-” hab ich selbiges nachträglich anbringen müssen. Der beginnenden Dunkelheit halber, habe ich
    Licht, Licht,Licht machen müssen um das Zeichen(!) zu finden- dabei bin ich doch nur ein Mensch!

    ” lol “

  88. #89 Dr. Webbaer
    14/02/2015

    Köstlich auch wie vom “Süddeutschen Beobachter” gerade diesbezüglich benachrichtigt werden kann:
    -> https://www.zeit.de/2015/07/islamismus-dschihad-imam

    Auch der diesbezüglich benachrichtigende Kollege, Yassin Musharbash, könnte vielleicht von Interesse sein.

    MFG
    Dr. W

  89. #90 Dr. Webbaer
    14/02/2015

    PS:
    O-kay, die ZEIT sitzt wohl im Hamburg, sorry.

  90. #91 Alisier
    14/02/2015

    @Joseph Kuhn
    Singer könnten wir gerne bei einem gesonderten Beitrag ausdiskutieren. Dazu denke ich auch Einiges zu sagen zu haben.
    Zum ideologischen Hintergrund…nunja, es ist schon ein Unterschied, ob man irgendwie geprägt ist, oder ob jemand fast immer einen bestimmten Glauben vor sich herträgt wie eine Auszeichnung, und erwartet, dass man diesen Glauben auch noch respektiert. Dazu kommt dann oft eine weit verbreitete Beißhemmung seitens vieler Kommentatoren, und dann werde nicht nur ich nervös.
    In meinen Augen ist es unverschämt und unanständig seinen persönlichen Spleen permanent herumzuzeigen, wenn es ganz und gar nichts mit dem Thema zu tun hat, und mir fehlt manchmal ein klares Wort in solchen Zusammenhängen.
    Kurz, ich wünsche mir, neben der Garantie, dass jeder glauben kann, was er will, mehr Widerstand wenn jemand seine meist zufällig erlangte Glaubensprägung anpreist wie sauer Bier.
    Ehe ich mich jetzt aber wirklich aufrege, wünsche ich dir ein schönes Wochenende.
    Und als leidenschaftlicher Angler denke ich vielleicht etwas zu oft an Haken.

  91. #92 Dr. Webbaer
    14/02/2015

    @ Alisier :
    Was halt schon OK wäre, wäre den Islam als Scheiße findend anzunehmen, hier dürfen Sie gerne auch ein wenig aus sich heraus gehen, die Veranstaltung scheint klar.

    MFG
    Dr. W (der auch bspw. bei Herrn Dr. Joseph Kuhn hier eine gewisse Verzögerung i.p. Erkenntnisvernögen, äh, zu erkennen mag)

  92. #93 Joseph Kuhn
    14/02/2015

    @ Alisier: Stimme völlig zu. Wir suchen den Dissens am besten ein andermal wieder, irgendwo wird er schon auf uns warten.

  93. #94 cassandra
    15/02/2015

    #8 Selber falsch! Glaube ist nur nötig, wo ein Beweis fehlt. Die Nichtexistenz Gottes ergibt sich aber nicht aus einem Beweis dafür, sondern aus Mangel eines Beweises für das Gegenteil. Daher ist kein Glaube vonnöten – solchen braucht man nur, um sich selber von etwas zu überzeugen, was nicht der gemessenen Realität entspricht.

    Rein logisch sehe ich da einen Bruch. Nur weil etwas nicht beweisbar ist, ist nicht automatisch das Gegenteil wahr. Wenn etwas nicht beweisbar ist, kann/darf man keine Aussage darüber machen

    Mir persönlich wäre der Ausdruck Agnostiker auch lieber, wobei ich keine weitere Wotklauberei anfangen möchte- ich kenne jedenfalls „militante Atheisten“ die jeden massiv angegriffen haben, der auch nur eine Kirche betreten hätte, also ein Fanatiker, mit umgekehrtem Vorzeichen.

    Ich glaube ! aber, dass sich die Mehrzahl der sog. Atheisten selbst so definiert, dass sie eben den/einen/mehrere Götter in ihrem Weltbild nicht benötigen und es daher keinen Grund gibt, andere Menschen für ihren abweichenden Glauben zu bekämpfen.

    Leider werden in D und besonders in AT Menschen, die keiner Glaubensgemeinschaft angehören, ausgegrenzt und verurteilt.

    Danke für den schönen Artikel Cornelius, dem ich mich anschließen kann, für meinen Teil vielleicht unter Austausch des Wortes Atheist gegen Agnostiker.

    Und was die Werte betrifft: ich will mir nicht meinen Verstand rauben lassen, nichts vorschreiben lassen. Ich habe es selbst erlebt, dass mir ultrareligiöse verbieten wollten zu studieren: „SO ein weltliches Studium“

    Nur weil ich nur meinem eigenen Gewissen verantwortlich bin, bin ich kein böser Mensch.

    Ich bin keine Philosophin, habe all die klugen Dinge nicht gelesen, aber ich respektiere Menschen.

  94. #95 Cornelius Courts
    15/02/2015

    @Jospeh:

    ” Wenn er nicht schwarz-weiß (Bewusstsein ja/nein), sondern in Abstufungen gedacht wird, folgt daraus, dass das Leben geistig Behinderter weniger lebenswert ist als das anderer Menschen (oder sogar als das mancher Tiere).”

    Mit der Folgerung wäre ich selbst dann nicht einverstanden, wenn sich die Vorhandenheit von Bewußtsein abstufen ließe, da die Annahme, daß Konzepte wie Moral, Sinn etc. nur im Zusammenhang mit Bewußtsein Sinn ergeben, nichts über den Wert von Lebewesen (alle einschlägigen Daten weisen darauf hin, daß auch viele Tiere ein Bewußtsein haben) aussagt.
    Geistig Behinderte haben auch ein Bewußtsein und es gibt m.E. keinen Grund, einen z.B. Mangel an kognitiven Fähigkeiten als Zeichen für einen geringeren Wert aufzufassen.

    Ich glaube allerdings schon, daß ein hirntoter Mensch nur noch im gleichen Sinne als Mensch zu bezeichnen ist, wie eine Leiche.

  95. #96 Cornelius Courts
    15/02/2015

    @ali:
    “Ich denke halt sie ist nicht sehr nützlich und in dem Sinne vor allem eine Ablenkung von der Kernfrage.”

    Naja, nicht wirklich, wenn die “Kernfrage” war, ob die “die Tat Hicks’ offen gelebtem Atheismus” zuzuschreiben ist.

    “Wie du dir vorstellen kannst, weiss ich tatsächlich ein zwei Dinge zu sozialwissenschaftlichen Methoden. Du kannst mir nun einfach glauben, dass das zitierte Statement eher peinlich ist.”

    Huch, ein waschechtes Autoritätsargument. Du solltest noch so etwas sagen wie: “Diese Stadt ist zu klein für uns beide, Pilger!” 🙂 Peinlich finde ich jedenfalls, daß Du inzwischen so etwas nötig hast. Und es bleibt natürlich bei meiner Aussage, daß die Selbstauskunft eine sehr wichtige Quelle zur Beurteilung von Personen bleibt. Daß man nicht jede Behauptung als völlig wahr annimmt (und es daher Methoden zur Prüfung gibt), ist nicht nur klar, sondern trivial, habe ich aber auch nirgends behauptet. Genauso trivial ist es aber, daß es simplizistisch ist, solche Aussagen (v.a. wenn sie einem gerade nicht ins Argument passen) ungeprüft zu verwerfen.

  96. #97 Alisier
    15/02/2015

    @Cornelius Courts
    Ich sah das nicht als Autoritäts- sondern als Kompetenzargument, und das ist manchmal vielleicht ein kleiner aber doch ein feiner Unterschied.
    Kompetenzen, wenn sie denn da sind, sind durchaus anerkennenswert.

  97. #98 ali
    15/02/2015

    @Cornelius

    Huch, ein waschechtes Autoritätsargument.

    An eine Astronomin gerichtet:

    Du weißt aber auch, welche Rolle die Schwerkraft in der Astronomie spielt? Und daß sie nicht so richtig Sinn machen würde wenn sich die Sonne nicht um die Erde drehen würde?

    An einen Evolutionsbiologen gerichtet

    Du weißt aber auch, welche Funktion das Auge in der Evolutionsbiologie spielt? Und daß sie nicht so richtig Sinn macht im Rahmen der Evolutionstheorie?

    Antworten die beiden angesprochenen erst einmal mit einem leicht verärgerten “Wie du dir vorstellen kannst, weiss ich tatsächlich ein zwei Dinge zum Thema. Du kannst mir nun einfach glauben, dass die Aussage eher peinlich ist oder…” dann kann man ihnen diesen Appell an ihre eigene Fachkompetenz hoffentlich nachsehen. Man muss nicht auf jede wilde Behauptung eingehen, schon gar nicht wenn sie so explizit die Disziplin der Person anspricht.

    Etwas selbstkritisches Hinterfragen schadet nicht bevor man jemanden zu seinem Fachbereich in diesem Ton belehrt (und ja, ich habe “Ton” gesagt. Der spielt auch eine Rolle, egal was das bei den Spocks dieser Welt triggered). Es gibt zudem vielleicht auch eine gewisse Verantwortung sich zumindest über die Grundlagen zu informieren bevor man anderen die Methoden in ihrem Fachbereich erklärt.

    Das alles ist kein Autoritätsargument, sondern eine Erklärung, warum ich keine Lust habe auf eine solche Diskussion einzusteigen. Du darfst gerne an deiner karikatural einfachen Sicht auf Sozialwissenschaftliche Methoden festhalten. Ich für meinen Teil sehe so keine Grundlage für eine Diskussion.

  98. #99 Dr. Webbaer
    15/02/2015

    @ cassandra :
    Ischt ein weites Feld, nur einige Anmerkungen:
    1.) Auch die moderne (Natur-)Wissenschaftlichkeit benötigt die Annahme deren Vorgehensweise, die seit vielleicht 100 Jahren ganz bevorzugt die Empirie meint und dann im skeptizistischen Sinne mit Theorien als Konstrukten (mit ungenanntem Verfallsdatum) hantiert, eine Annahme, die durch eine Art Glaubensentscheid zu erfolgen hat.
    2.) Was auch für politische Ideen oder Ideologien wie bspw. für eine bestimmte Sittlichkeit oder den Liberalismus gilt.
    3.) Mit dem Agnostizismus macht man in diesem Sinne nichts falsch, nie etwas falsch sozusagen, auch im naturwissenschaftlichen Sinne nicht.
    4.) Es ist eine Spur “cooler” Agnostiker zu sein, epistemologisch betrachtet, ein moralisches Urteil über Atheisten erlaubt sich der Schreiber dieser Zeilen nicht, der ist mittlerweile auch ein wenig tougher geworden, keineswegs nur den Islam meinend.
    5.) Es gibt keinen direkten Grund Religiöse ‘zu bekämpfen’, sie sollten debattiert werden.
    6.) ‘Ausgegrenzt und verurteilt’ werden auch Religiöse, es könnte sich vielleicht allgemein ein wenig lockerer gemacht werden, was die Debatten betrifft, es könnte von dem modischen Betroffenheitsdenken weggegangen werden, im Guten natürlich.
    7.) Jedem das Seine, jeder so gut er kann, jeder nach seiner Fa­çon – solange er privatim unterwegs ist und andere nicht entscheidend stört, Einstellung ist Privatsache, sie ist in den öffentlichen Diskurs einzubringen, wobei aber in jedem Fall sicherzustellen bleibt, dass die Diskursvoraussetzungen, also bspw. bundesdeutsch die FDGO oder allgemeiner die Demokratie im aufklärerischen Sinne erhalten bleibt – hier muss nicht herumgemacht werden und wer diesbezüglich ein (wichtich: aktiv tätiger) Feind ist kann nicht ausgehalten oder toleriert werden.
    8.) Respekt, gerne dbzgl. vielleicht einmal auch: etymologisch ein wenig forschen, muss sich verdient werden. – Toleranz ist Ihrem Kommentatorenfreund wichtig.

    MFG
    Dr. W

  99. #100 Dr. Webbaer
    15/02/2015

    Das alles ist kein Autoritätsargument, sondern eine Erklärung, warum ich keine Lust habe auf eine solche Diskussion einzusteigen.

    Auf sich selbst zu verweisen, auf eigene Kompetenz, muss natürlich kein ‘Autoritätsargument’ sein, sondern kann schlicht von Selbstbewusstsein zeugen.
    Der Schreiber dieser Zeilen wäre der Letzte, der hier den ersten Stein werfen würde.

    Nichtsdestotrotz konnte in jener Inhalte-Einheit, zumindest von einigen, beobachtet werden, dass die dort anfallende Religionskritik nicht divers, nicht allgemein bunt war.

    Beobachtet werden konnte beispielsweise, zumindest von einigen, dass das Christentum – den Primärinhalt und die sich anschließende Kommentatorik meinend – hart kritisiert werden konnte, andere Kritik dagegen deutlich dürrer ausfiel.

    Der Schreiber dieser Zeilen hat sich beizeiten gefragt:
    Wenn dort so hart gegen das Christentum vorgegangen werden konnte, was könnte dort erst, gleiche Maßstäbe anlegend, gegen den Islam vorgetragen werden?

    HTH
    Dr. W

  100. #101 Alisier
    15/02/2015

    @webbär
    Zu 3): der Agnostizismus ist auch die windelweichst mögliche Position, völlig ohne Rückgrat.
    Und es macht keinen Unterschied: mit Religions/Ideologiekritik sind immer alle gemeint, auch wenn Islamophobiker und Christlichesabendland-Gläubige sich mehr Einseitigkeit wünschen.
    Und es werden eben immer Ideologen und keine Menschen bekämpft: vielleicht begreifen Sie es auch noch irgendwann. Es geschehen ja manchmal Zeichen und Wunder….oder auch nicht.

  101. #102 Alisier
    15/02/2015

    “Ideolog i en” sollte es heißen, obwohl einige Ideologen auch den einen oder anderen A….tritt verdient hätten.

  102. #103 Dr. Webbaer
    15/02/2015

    @ Alisier :
    Das ‘Rückgrat’ sollte, gerne auch im Sinne des oben beschriebenen Textes, durch ‘eine Art Glaubensentscheid’, ggf. vielleicht auch: mühsam, aufgebaut werden, nicht epistemologisch, war die oben versuchte Nachricht des Schreibers dieser Zeilen.
    >:->

    MFG
    Dr. W (der natürlich schon, zumindest bei einigen, als vglw. rückgratlos gelten könnte, korrekt – sich selbst aber eher als Hardliner einstuft)

  103. #104 Alisier
    15/02/2015

    Ja, es kommt durchaus häufiger vor, dass Hardliner weder Ahnung noch Rückgrat haben.
    “Glaubensentscheid”…pfff, ah nö….das nennt man Opportunismus ohne Alternative.

  104. #105 Spocks eyes
    15/02/2015

    @Cornelius

    “2. Der Atheismus hat kein „heiliges“ Buch, keine Propheten, keine unverhandelbaren Dogmen, keine Ge- und Verbote, keine Organisation, …”

    Moment mal

    Bei “Ein Zierrahmen für den Atheismus?” liest sich das etwas anders:
    “Gemäß dieses Selbstverständnisses sind Atheisten untereinander auch nicht lediglich durch eine gemeinschaftliche Negation in Gestalt der Ablehnung einer Vorstellung(sart), sondern häufig durch gemeinsamen Besitz ähnlicher humanistischer, skeptizistischer, freidenkerischer und/ oder agnostizistischer Werte und Ziele verbunden und bisweilen gar organisiert.”

    Weiter hier im Text: “3. Die Behauptung, daß ein Atheist einen anderen Menschen ermordet, weil er Atheist ist, ist absurd, war schon immer absurd …”

    Das Streubombenzitat eines deiner Vorbilder wurde bereits erwähnt und ich beschränke mich jetzt auf deine eigenen Worte (ebenfalls aus dem Zierrahmen):

    “Wie einen Edelstein kann man Atheismus in die Fassung verschiedener Ringe einsetzen. Der eine ist wie Schmuck, filigran und gefällig, aber” (…) (der interessiert jetzt nicht) “Der andere ist wohl eher ein Schlagring: konturstark und deutlich, nicht moderat, nicht immer subtil und manchmal, zwecks Hinterlassung bleibenden Eindrucks, sogar brutal.”

    Und manchmal ist die Fassung wie eine Patronenhülse.

  105. #106 Alisier
    16/02/2015

    Und manchmal sind Kommentare einfach nur Schrott.

  106. #107 Dr. Webbaer
    16/02/2015

    @ Spocks eyes :
    Geeinigt werden könnte sich womöglich darauf, dass der Atheismus ideologisch-politisch nicht alleine stehen kann, sondern ein größeres Bezugssystem benötigt.
    Was übrigens auch für den Agnostizismus, der ohnehin nicht rein religionsgebunden ist, gilt.
    Die Marxsche Linke bspw. war hier mit ihrem “Opium für das Volk”-Gedanken lange Zeit kohärent.
    Ischt auch weiter oben in dieser Kommentatorik versucht worden auszuloten, Herr Dr. Kuhn war so freundlich hier einzuhaken.

    • #108 Stefan Wagner
      https://demystifikation.wordpress.com/2015/02/13/schweine-im-karneval/
      16/02/2015

      “Sie (die Religion, Anm. SW) ist das Opium des Volkes”, nicht “für das Volk”, hat Marx geschrieben – muss man das eigentlich jedes Mal korrigieren?

      > https://www.mlwerke.de/me/me01/me01_378.htm

  107. #109 Bullet
    16/02/2015

    Ah, Alisier. Danke.

  108. #110 Trottelreiner
    16/02/2015

    @ali:
    Naja, wenn ich das richtig verstanden habe bezog sich Hitchens bei den “cluster bombs” doch eher auf den Einsatz gegen die Taliban und nicht allgemein gegen Muslime, oder hatte ich da einen anderen Text übersehen?

    https://www.boston.com/news/packages/sept11/anniversary/globe_stories/090802_hitchens_2.htm

  109. #111 Cornelius Courts
    17/02/2015

    @ali:

    ali: “Du darfst gerne an deiner karikatural einfachen Sicht auf Sozialwissenschaftliche Methoden festhalten. Ich für meinen Teil sehe so keine Grundlage für eine Diskussion.”

    *ali zieht einen Schmollmund, stampft mit dem Fuß auf und rauscht aus dem Raum. Die Tür knallt er demonstrativ zu.*

    Cornelius ruft ihm hinterher: “Äh…ich…na sowas…. soll der Onkel mal pusten aufs Aua?”

    @Alisier (#106): danke für die korrekte Einschätzung von Kommentar #105, zu dem ich dennoch kurz (und nur exemplarisch für all die “spocks eyes” da draußen) etwas sagen werde:

    @Spocks eyes:
    “Moment mal, Bei “Ein Zierrahmen für den Atheismus?” liest sich das etwas anders:”

    die Tatsache, daß sich viele (nicht alle) Atheisten, bei denen der Atheismus Voraussetzung (!) für z.B. humanistische Werte ist, gerne untereinander treffen und ggf. organisieren, bedeutet nicht, daß es eine offizielle Organisation des Atheismus gibt.
    Siehe auch: https://scienceblogs.de/bloodnacid/2015/02/12/kommentar-zur-bluttat-in-chapel-hill/#comment-22940

    “Das Streubombenzitat eines deiner Vorbilder”

    das ist von Hitchens. Ich schätze ihn als Autor, Redner und Religionskritiker, habe ihn aber im Text oben nicht erwähnt, gerade weil ich seine Auffassungen insb. zum Irak-Krieg ganz entschieden ablehne. Das passt übrigens gut damit zusammen, daß es im Atheismus / für Atheisten keine “Propheten” und “Unfehlbare” gibt.

    “Und manchmal ist die Fassung wie eine Patronenhülse.”

    Das ist und bleibt Unsinn. Die Annahme, daß es keinen Gott gibt (=Atheismus) ist völlig ungeeignet als Motiv, jemanden umzubringen. Ich kann zwar sagen: “Ich glaube nicht, daß es einen Gott gibt und deshalb bringe ich Dich jetzt um”, doch das wäre ebenso kohärent, wie zu sagen “Ich glaube nicht, daß man durch das Auspressen einer Zitrone Krebs heilen kann und deshalb bringe ich Dich jetzt um”.

    Und in meinem Zitat, das am Ende eines langen Textes steht, geht es, wie aus dem von Dir unterschlagenen Zusammenhang unmißverständlich abzuleiten, darum, daß man den Atheismus und vor allem seine Implikationen (wenn es keinen Gott gibt, wieso sollte es dann z.B. Sonderrechte für Leute geben, die ohne jeden Beleg annehmen, es gebe einen und dieser fordere Tanzverbote oder Säuglingsverstümmelungen) nicht nur duckmäuserisch zurückhaltend sondern auch laut, deutlich und heftig (nicht: gewalttätig) vertreten kann.

    Das ist natürlich sonnenklar und Du weißt das auch, aber nun habe ich es für die ganz Langsamen noch einmal aufgeschrieben:

    Gewalt ist immer falsch* und immer nur die letzte Zuflucht der Inkompetenz!

    (*Notwehr gegen Gewalt ausgenommen)

  110. #112 ali
    17/02/2015

    @Trottelreiner #110

    If you’re actually certain that you’re hitting only a concentration of enemy troops…then it’s pretty good because those steel pellets will go straight through somebody and out the other side and through somebody else. And if they’re bearing a Koran over their heart, it’ll go straight through that, too. So they won’t be able to say, ‘Ah, I was bearing a Koran over my heart and guess what, the missile stopped halfway through.’ No way, ’cause it’ll go straight through that as well. They’ll be dead, in other words.

    War das Zitat, an das ich dachte.

    @Cornelius #111

    Dein “Edelstein” des Atheismus passt halt auch in die Fassung eines billigen Plastikringes, der aus dem Kaugummiautomaten kam.

  111. #113 Trottelreiner
    17/02/2015

    @ali:
    Danke. Allerdings würde ich auch dieses Zitat eher auf den Einsatz gegen Kombatanten beziehen und nicht unbedingt auf Muslime im Allgemeinen. Daß die Äußerung insgesamt auf einer ähnlichen ethischen Stufe wie meine Phantasien über einen <

  112. #114 Trottelreiner
    17/02/2015

    Ähm, sorry, miese Unterlage…

    … wie meine Phantasien über einen Scaphismus steht dürfte klar sein.

  113. #115 Trottelreiner
    17/02/2015

    @ali:
    Ansonsten stimme ich dir ja zu, das Leute die meinen, Atheismus könne nie zu Gewalttaten führen es sich zu einfach machen. Gerade wenn man betont, das der Atheismus Grundlage anderer Werte ist, sollte man auch einsehen, das diese Werte dazu führen können das man Gewalttaten begeht.

    Oder wie in meinem Fall Phantasien über altpersische Hinrichtungsmethoden hat…

  114. #116 ali
    17/02/2015

    @Trottelreiner

    Allerdings würde ich auch dieses Zitat eher auf den Einsatz gegen Kombatanten beziehen und nicht unbedingt auf Muslime im Allgemeinen

    Mal abgesehen von der Problematik von Streubomben im generellen, wenn es um die Unterscheidung von Zivilpersonen und Kombatanten geht, liegt das Problem des Zitats m.E. woanders. Will man für deren militärischen Nutzen argumentieren, ist es gelinde gesagt seltsam, den Effekt von Streubomben auf den Glauben der Kombatanten anzuführen.

    Will man nun wirklich um jeden Preis Hitchens verteidigen, könnte man sagen, es gehe ihm um den psychologischen Effekt. Das wäre dann aber wohl ein lächerlich schlechtes Argument von Hitchens, da es nicht spezifisch für Streubomben ist.

    Er argumentiert, dass es legitim sei, eine echte tödliche Waffe sozusagen gegen den Glauben der Gegner zu verwenden. Das ist der moralische Sündenfall (man möge mir die Wortwahl verzeihen). Geht es ihm hingegen wirklich nur um die Tatsache, dass die Ziele aktiv an Kampfhandlungen teilnehmen (d.h. Kombatanten sind), dann ist der Koran und deren Glaube völlig irrelevant für das Argument.

  115. #117 Trottelreiner
    17/02/2015

    @ali:
    Ich will Hitchens nicht “um jeden Fall verteidigen”, ich versuche eher die Anklage möglichst wasserdicht zu halten.

    Ob er sich ähnliche Äußerungen über Maos “Rotes Buch” bei der chinesischen Volksarmee geleistet hätte würde ich aber wohl auch etwas bezweifeln.

  116. #118 Alisier
    18/02/2015

    @ Trottelreiner
    Es gibt, und da bin ich sehr sicher, keine Geschichten, die behaupten, dass das “Rote Buch” Kugeln aufgehalten hätte: dafür ist es auch entschieden zu dünn.
    Weswegen Hitchens überhaupt irgendetwas über die chinesische Volksarmee hätte sagen sollen, entzieht sich auch meiner Spekulationskraft. Und warum er davon Abstand hätte nehmen wollen, auch.
    Und “den” Atheismus als grundlagenbildend für Werte zu verstehen oder zu bezeichnen ist ebenfalls etwas schräg. So hat ali da nicht gesagt und auch nicht gemeint, denke ich.
    Mir scheint, du liebst es zuweilen, ein wenig zu schwadronieren……
    Schönes chinesisches Neujahr, übrigens.

  117. #119 Dr. Webbaer
    18/02/2015

    Zu den möglichen Hintergründen der besonderen medialen Herausarbeitung des sogenannten Chapel Hill Shootings vielleicht noch:
    Es könnte politisch für einige Sinn machen Atheisten oder weitergehender Humanisten zu diskreditieren zu suchen, indem exemplarisch ein atheistisch motivierter Gewalttäter, dann womöglich: Terrorist, identifiziert werden kann.
    Es wäre dann, also wenn die Datenlage, auch die Motivlage des Herrn Hicks, dementsprechend wäre, im Moment schaut’s noch sehr unklar aus, eine Möglichkeit gegeben den sogenannten Neuen Atheisten an die Karre zu fahren, also Leutz wie Dawkins, Harris und Maher beispielsweise, um aussprechen zu können:
    Bei Euch (linken Atheisten) sieht’s auch nicht besser aus!

    MFG
    Dr. W (der Übungen dieser Art seit Langem beobachtet)

  118. #120 Trottelreiner
    18/02/2015

    @Alisier:
    Ähm, der Atheismus als “grundlagenbildend für Werte” war im Bezug auf Cornelius gemeint, der z.B. meinte

    mein Atheismus ist daher die Voraussetzung für meinen Humanismus.

    Und IMHO kann man eben durch Humanismus durchaus zu Gewalttaten motiviert werden. Folgere ich ganz einfach einmal aus meinen eigenen gelegentlichen Gewaltphantasien[1].

    Das mit dem “Roten Buch” war ein Kommentar zu Alis Frage, warum Hitchens ausgerechnet den Koran als nicht funktionierenden Stahlkugelfang erwähnt hatte. Wie schon erwähnt sehe ich das entsprechende Zitat eben eher als gegen muslimische Kombatanten gemünzt als gegen Muslime allgemein. Der Vergleich mit dem “Roten Buch” sollte klarmachen, daß ich schon eine gewisse, ähm, “antiislamische” oder besser antireligiöse Komponente bei Hitchens Äußerung wahrnehme, eine ähnliche Äußerung zur Bibel wäre Hitchens ja durchaus zuzutrauen, das “Rote Buch” war da das für mich naheliegendste Beispiel eines besonders verehrten säkulären Textes.

    Zum “Schwadronieren”, schuldig im Sinne der Anklage.

    Und zum Neuen Jahr, danke, und ebenfalls “Sun nien fai lok” oder “Xin nian yu kuai”, ganz nach dem bevorzugten Dialekt. Aussprache lassen wir aber lieber…

    [1] Humanums sum, et nihil humanum…

  119. #121 Dr. Webbaer
    19/02/2015

    Der Pazifismus hat auch eine gewalttätige Komponente, denn er kann in praxi nur stabil funktionieren, wenn alle, insbesondere: die anderen, auch pazifistisch sind, und diesen Zustand gilt es für einige Pazifisten unbedingt, mit allen Mitteln sozusagen, herzustellen.

    Dass der Pazifismus selbst ideologisch i.p. Gewaltanwendung nichts her gibt, könnte aber auch klar sein.

  120. #122 Engywuck
    19/02/2015

    “Das ist und bleibt Unsinn. Die Annahme, daß es keinen Gott gibt (=Atheismus) ist völlig ungeeignet als Motiv, jemanden umzubringen. Ich kann zwar sagen: “Ich glaube nicht, daß es einen Gott gibt und deshalb bringe ich Dich jetzt um”, doch das wäre ebenso kohärent, wie zu sagen “Ich glaube nicht, daß man durch das Auspressen einer Zitrone Krebs heilen kann und deshalb bringe ich Dich jetzt um”. ”

    Ich kann aber sagen: Ich weiß, dass es keinen Gott gibt, du bist fehlgebildet, trägst deine Fehlbildung auch noch offen herum und versuchst dadurch, mich zu missionieren. Störst zudem durch regelmäßiges lautes Beten (Kirchenglocken, Muezzin, …) meine Ruhe etc. pp. Aggressive Menschen könnten dann zumindest in Versuchung sein, dem “Übel abzuhelfen” – wozu dann gegebenenfalls schon ein kleiner Anlass reichen könnte.

    Die ganzen Aussagen im Stil von “Atheisten tun XY nicht” klingt nach Selbstbeweihräucherung und “ich bin was besseres”. Das ist *so* zumindest unschön.

    Auch gibt es zwar sicher viele Strömungen des Atheismus, aber wie oft habe ich schon Lobpreisungen über die Bücher von Dawkins und anderen gehört – das erinnert fast schon an Bibelverehrung mancher Christen. Quasi-“heilige Bücher” sozusagen.

    @Webbaer: “Krieg dem Krieg!”? Ja, das habe ich sogar mal ernsthaft gelesen… oder der Schreiber hatte extrem gut versteckten Sarkasmus im Rest seines Textes.

  121. #123 Cornelius Courts
    19/02/2015

    @Engywuck: “Die ganzen Aussagen im Stil von “Atheisten tun XY nicht” klingt nach Selbstbeweihräucherung und “ich bin was besseres”. Das ist *so* zumindest unschön.”

    *Seufz* ich darf mich mal selber zitieren: “Es gibt aber auch Arschlöcher, Sexisten, Rassisten, Verbrecher und Mörder, die Atheisten sind”. Also zum 1000. Mal: Atheisten nehmen an, daß es keinen Gott gibt. Mehr nicht. Damit sind sie nicht besser oder schlechter als andere. Sicher wird ein Atheist aber niemanden töten, weil er glaubt, dies sei im Sinne eines Gottes. Wenn ein Atheist hingegen einen anderen Menschen umbringt, dann nicht wegen des Atheismus.

    “aber wie oft habe ich schon Lobpreisungen über die Bücher von Dawkins und anderen gehört – ”

    und wie oft habe ich schon Kritik an Dawkins, Harris etc. VON Atheisten gehört. Kritik an Jesus und Mohammed bisher noch nicht so viel…

    “das erinnert fast schon an Bibelverehrung mancher Christen”

    Come ooooooooon!

  122. #124 Adent
    20/02/2015

    @Engywuck
    Die größte Straftat, nach ihrer seltsamen Ansicht, ist also der Nichtmord. Vielleicht denken sie da noch einmal drüber nach, während Sie aktiv Nicht-Briefmarken sammeln.

  123. #125 Dr. Webbaer
    20/02/2015

    Huch, Adent, Engywuck gilt allgemein schon als solid und stabil, auch hier – ‘Die ganzen Aussagen im Stil von “Atheisten tun XY nicht” klingt nach Selbstbeweihräucherung und “ich bin was besseres”. Das ist *so* zumindest unschön.’ – liegt der Kommentatorenkollege womöglich richtig.

    Insofern würde der Schreiber dieser Zeilen dazu tendieren annehmen zu wollen, dass sozusagen alle zurzeit Kommentierenden recht haben, Sie im Moment ausgenommen.

    MFG
    Dr. W

  124. #126 Dr. Webbaer
    20/02/2015

    PS:
    Vielleicht wird es so ein wenig klarer, was gemeint, es gibt ja Pauschalaussagen über Gruppen, die dahin gehen, dass Angehörige bestimmter Gruppen nicht bestimmes Verhalten an den Tag legen können, auch deshalb nicht, weil sie durch dieses Verhalten nicht mehr Gruppenmitglied sein könnten.

    Die sind falsch.

    Ein mordender Atheist, der sich auf den Atheismus beruft, wäre demzufolge auch post festum noch Atheist, wenn die Datenlage dbzgl. zu belegen in der Lage ist.

    Es gibt ja auch so Aussagen wie ‘Ein Linker kann nicht Antisemit sein.’, auch diese sind falsch, selbst wenn klar ist, dass ein idealtypischer Linker nicht völkisch, sondern internationalistisch denkt.

  125. #127 Dr. Webbaer
    20/02/2015

    PS (v2.0):
    Vielleicht wird es so ein wenig klarer, was gemeint, es gibt ja Pauschalaussagen über Gruppen, die dahin gehen, dass Angehörige bestimmter Gruppen nicht bestimmes Verhalten an den Tag legen können, auch deshalb nicht, weil sie durch dieses Verhalten nicht mehr Gruppenmitglied sein könnten.

    Die sind falsch.

    Ein mordender Atheist, der sich auf den Atheismus beruft, wäre demzufolge auch post festum noch Atheist, wenn die Datenlage dbzgl. zu belegen in der Lage ist.

    Es gibt ja auch so Aussagen wie ‘Ein Linker kann nicht Antisemit sein.’, auch diese sind falsch, selbst wenn klar ist, dass ein idealtypischer Linker nicht völkisch, sondern internationalistisch denkt.

  126. #128 Adent
    21/02/2015

    @Dr. Webbaer
    Hat hier irgendjemand ausgeschlossen, dass ein Atheist ein Mörder, Vergewaltiger oder anders Schwerkrimineller sein kann? Nein, hat niemand, es geht darum (wie sie sicherlich wissen), dass wenn jemand Atheist ist dies wohl kaum als Begründung für einen Mord herhalten kann. In Ausnahmefällen mag es das geben, aber der Atheismus ist nun mal so sehr sie oder andere sich auch dagegen wenden keine Religion, genausowenig übrigens wie das Nicht-Briefmarkensammeln ein Hobby wäre oder der Nichtmord ein Verbrechen.
    Deshalb ist die Argumentationkette jemand bringe jemand anderen um, weil er überzeugter Atheist ist Unfug. Anders herum hingegen geht es sehr gut wie wir täglich sehen bringen Leute eienr Religion die der anderen um, weil sie andersgläubig sind.
    Wo genau ist da jetzt das Problem? Rabulistik vielleicht oder der theoretische Fall jemand sei radikal gläubiger Atheist? Klingt ein wenig seltsam oder nicht?

  127. #129 Dr. Webbaer
    21/02/2015

    @ Adent :

    Die Annahme, daß es keinen Gott gibt (=Atheismus) ist völlig ungeeignet als Motiv, jemanden umzubringen. (Cornelius)

    Bleibt richtig, also diese Behauptung, d.h. der Nichtglaube (vgl. ‘Nichtmord’) kann nicht direkt anleitend zu Verbrechen, andererseits könnte die Überzeugung, dass andere falsch, nämlich an Götter, glauben, wie beschrieben aggro gemacht haben.

    Zu Chapel Hill liest man nichts Neues, insofern konnte hier wohl von Anti-Atheisten nicht ausgebaut werden, gut.

    MFG
    Dr. W

  128. #130 Adent
    21/02/2015

    @Dr. Webbaer
    Dachte ich es mri doch, dass sie nicht dieser irrigen Annahme verfallen. Deshalb bleibt mein Kommentar zu Engywuck solide, der klang für mich so, als ob der Atheismus (der weder Religion noch Glaube ist) direkt zu einem Mord führen kann, was wie ich oben ausführte Unsinn ist, der Theismus hingegen (als Religion oder Glaubenskonstrukt) kann dies bewiesenermaßen sehr wohl.
    Insofern erschien mir Engywucks Aussage wohl zu Recht als sehr durchsichtiger Strohmann, aber vielleicht hören wir ja noch was von ihr/ihm selber?

  129. #131 Dr. Webbaer
    21/02/2015

    @ Adenr :
    Bedauerlicherweise ist es möglich, dass ein Atheist hier aus sich herausgegangen ist.
    Die Datenlage neigt dieser Behauptung oder Sicht nicht zu, insofern scheinen sich Anti-Atheisten hier eher ungünstig abzuarbeiten, korrekt.

    Das Schwein, und der Schreiber dieser Zeilen meint und schreibt es offen: liegt in der Religion. [1]

    MFG
    Dr. W

    [1] wobei das genannte Subjekt dort nicht liegen muss

  130. #132 Dr. Webbaer
    21/02/2015

    PS:
    Wobei der oben beschriebene Besuch stattfindet, es sich hier nicht um nackte Abstraktion handelt, es sich in den nächsten Jahren und Jahrzehnten, jedenfalls: in der BRD, etwas ändern wird,

  131. #133 Engywuck
    24/02/2015

    kein Strohmann.

    Wenn ich der Ansicht bin “ich bin Atheist (oder gar Anti-Theist) und habe gleiche Rechte wie Theisten” sowie “Theisten beschneiden meine Rechte”, vereint mit der Auffassung “wer meine Rechte beschneidet/mich dauernd nervt/mich missionieren will/… ist ein schlechterer Mensch als ich” kann ich *auch* als Atheist jemanden wegen einer (letztlichen) Nichtigkeit, die aber die ohnehin vorhandene Wut zum überschäumen bringt umbringen. Was ohne die Grundeinstellung “wer an einen Gott glaubt ist ohnehin verwirrt/gefährlich/…” *möglicherweise* gerade (noch) nicht passiert wäre. Dann spielt die Grundüberzeugung aber eben doch mit hinein…

    Hier unterscheidet sich ein Atheist aber nicht wirklich von einem Theisten anderer Glaubensrichtung (“ich bin Christ und diese ungläubigen Muezzine rauben mir den Schlaf” oder “ich bin Anti-theist und diese verwirrten an einen Gott glaubenden Muezzine rauben mir den Schlaf” unterscheidet sich ja nicht wirklich, oder?)

    Worin sich Atheisten und Theisten aber durchaus unterscheiden: es gibt (bisher?) keine “höhere Instanz”, die zum Kreuzzug/Dschihad/… aufruft. Wobei manche Vordenker schon ansatzweise in diese Richtung zu gehen scheinen. Nur haben sie halt keine Armee an (fanatischen) Gläubigen im Hintergrund…

    Am liebsten wäre mir ja, wenn jede organisierte Religion aussterben würde – nur muss man dann aufpassen, dass das auch endgültig passiert und nicht beispielsweise die (doch weitgehend harmlose) organisierte Evangelische Kirche durch Evangelikale Kleingruppen ersetzt wird.

    Und ja: ich bin dem Atheismus an sich durchaus zugeneigt, aber der Begriff ist leider mit so vielen Subbedeutungen besetzt…

  132. #134 Adent
    24/02/2015

    @Engywuck
    Doch es ist und bleibt ein Strohmann. Der von Ihnen sehr konstruierte Fall führt über mehrere Zwischenstufen vielleicht eventuell zu Mordabsichten. Das ist in etwa so wahrscheinlich, wie Diabetes als Mordabsicht. Weil ich Diabetes habe nerven mich Leute die zuviel Zucker essen und zuviel Zucker in die Lebensmittel packen, weil ich davon genervt bin, es sogar mein Leben bedroht bringe ich den Nachbarn um, der mir eh immer den Parkplatz streitig macht und sowieso zuviel Zucker konsumiert.
    Sie merken vielleicht an dem ebenso konstruierten Beispiel wie unsinnig ihr Scheinargument ist und bleibt? Ohne Diabetes wäre der Mord nicht passiert. An Stelle von Diabetes dürfen Sie auch gern Nicht-Briefmarkensammeln einsetzen. Also folgendermaßen, weil mein Nachbar Briefmarken sammelt, ich aber nicht nervt er mich total, ich könnte ihn deswegen umbringen etc. pp. Daraus müsste man dann schließen, dass Nicht-Briefmarkensammeln ein Hobby ist, welches direkte Todesfolgen haben kann (für andere), Riesenseufzer!
    Glauben Sie das wirklich?

  133. #135 Dr. Webbaer
    24/02/2015

    Die einvernehmliche Klärung, die Begriffe ‘atheisch’, ‘atheistisch’, ‘agnosti(zisti)sch’, ‘ignosti(zisti)sch’ & ‘antitheistisch’ betreffend, wäre hier anzunehmenderweise hilfreich, Vermutung: Dann klappt’s auch mit dem Nachbarn.

  134. #136 Dr. Webbaer
    24/02/2015

    @ Engywuck :

    Wenn ich der Ansicht bin “ich bin Atheist (oder gar Anti-Theist) und habe gleiche Rechte wie Theisten” sowie “Theisten beschneiden meine Rechte”, vereint mit der Auffassung “wer meine Rechte beschneidet/mich dauernd nervt/mich missionieren will/… ist ein schlechterer Mensch als ich” kann ich *auch* als Atheist jemanden wegen einer (letztlichen) Nichtigkeit, die aber die ohnehin vorhandene Wut zum überschäumen bringt umbringen.

    Ganz klar.

    Insofern ist es auch ungünstig Religiösen Extra-Rechte zuzugestehen, die areligiös an Weltanschauungen gebundene nicht haben.

    Religionsfreiheit kann nur mit der allgemeinen Freiheit i.p. Weltanschauung einhergehen, es wäre zudem unrichtig, wenn behauptet werden würde, dass Religiöse über umfängliche Freiheit i.p. Handlung und Meinungsäußerung verfügen würden; es wäre eine Idee die Freiheit der Religionsausübung derart gesetzlich einzubinden, dass sie genau so für alle gilt, also ohne “Extra-Wurst”.

    MFG
    Dr. W

  135. #137 Dr. Webbaer
    24/02/2015

    PS:
    In der Nachschau wird dem Schreiber dieser Zeilen klar, dass besser formuliert hätte werden können, aber es könnte (vielleicht: noch knapp) klar werden, was gemeint war.

    • #138 Stefan Wagner
      https://demystifikation.wordpress.com/2015/02/23/sim-salabim/
      24/02/2015

      In der Nachschau wird dem Schreiber dieser Zeilen klar, dass besser formuliert hätte werden können,

      Haha, sagt wer, der Webbär? 🙂
      “besser formuliert hätte werden sollen” gerne, aber “hätte werden können” – das glaub ich nicht. Das ist eingebrannt, das geht nicht mehr weg. Ich glaub’s nicht.

  136. #139 Wilhelm Leonhard Schuster
    25/02/2015

    Hätt ich wollen können, oder sollen gar?
    Mir ist so manches Mal,
    Hier oder Dort,
    doch ganz und gar nichts klar !
    Erst wenn dann eingebrannt-
    durch Dialog,
    das Ding ,
    dann erst erschließt sich ,
    merk ich seinen tiefern Sinn!

    Glaub ich´s ? oder glaub ichs nicht?
    das ist dann sekundär.

    Ich wollt, ich wär, so manches mal ,
    der Weebbaer!
    Der kreuz und queer den Faden schlingt
    und sucht der Menschen Kreuz zu lindern!

    Dies als Anerkennung dem Webbaer,
    der persönlichen Streitereien
    nicht das Wort redet- jedoch zuweilen auch spitzfindig
    in Doitscher Sprache wühlt!