Was soll uns das sagen?
In der Vergangenheit wurden viele, gleiche Produkte in Massen hergestellt: Es gab den Kühlschrank, das grüne Wählscheibentelefon oder den Golf. Überproduktion war nicht schlimm und wurde gelagert.
Heutzutage muss die Industrie stärker und variabler auf Kleinserien eingehen können und ohne große Lager auskommen: Eine Produktionslinie, die früher ein einzelnes Produkt hergestellt hat, muss nun viele verschiedene Typen parallel herstellen können (z.B. Mobiltelefonen oder Fernsehern), um den Markt immer passend und zeitnah zu beliefern. Um es auf den Punkt zu bringen:
Individualisierte Massenproduktion. Das Produkt sagt der Maschine wie es produziert werden möchte.

Ein Ansatz dafür sind RFID- oder NFC-Lösungen (wer es nicht kennt, keine Sorge, das kommt das nächste Mal). Jeder kennt die Diebstahlsicherungen in Bekleidungsgeschäften. Das sind kleine Chips, die Informationen über die Ware enthalten und wissen, ob sie gekauft wurden und den Laden verlassen dürfen. Diese Chips können aber auch für die Produktion von Waren verwendet werden.
Stellt euch vor, dass ein Auto mit einer bestimmten Ausstattung hergestellt werden soll. Ein RFID-Chip wird mit den Daten beschrieben und auf das Förderband befestigt.
An jeder Position weiß die entsprechende Maschine, welches Produktionsrezept verwendet werden soll und welche Materialien benötigt werden und ob sie grad auf Lager sind oder bestellt werden müssen.
Dieses Prinzip funktioniert natürlich auch für alle anderen Produkte: Fernseher, Handys, aber auch Möbel, bei denen die Fräse weiß, welche Schnörkel auf die Tür sollen.

Diese Chips sollen aber nicht einfach nur Rezepte enthalten, sondern auch mit den Maschinen kommunizieren können: Produktionszeiten mitschreiben, wissen welche Teile verbaut wurden, Störungen erfassen, eiligere Ware vorbeilassen, Service rufen, Verspätungen melden usw. Das Produkt hat quasi sein Tagebuch dabei, sodass selbst ein späterer Kunde den gesamten Produktionsprozess nachvollziehen könnte.

Und an dieser Stelle finden wir den Zusammenhang mit dem Bild von ganz oben ;-), denn nun kommen wir zu einer dieser Firmen, die nicht nur industriell produziert, sondern auch genau diese Chips entwickelt.

NXP Semiconductors ist ein Halbleiterhersteller, der auch ein Werk in Hamburg hat. Neben der Herstellung von Kleinsignalbauteile wie Dioden und Transistoren, kümmert sich NXP auch um Sensoren für den Automobilmarkt oder Sicherheitschips für Personalausweise und Reisepässe.
Auch wenn wahrscheinlich die Wenigsten außerhalb der Halbleiterbranche von NXP gehört haben, werden doch die meisten ihre Produkte für den täglichen Gebrauch bei sich haben; praktisch jedes moderne Smartphone und jedes zehnte Auto ist mit Teilen aus Hamburg ausgestattet.

So hatte die Grundsteinlegung für das neue Gebäude im Hamburger Werk, in dem die Chips für die Industrie 4.0 und das Internet der Dinge entwickelt werden sollen, entsprechend prominente Paten. Bundeswirtschaftsminister Siegmar Gabriel und Bürgermeister Olaf Scholz ließen es sich nicht nehmen, während der Wahlkampftour die Kelle in die Hand zu nehmen und etwas Mörtel zu verteilen.

Es gibt zwar offizielle Pressefotos, aber ich habe natürlich auch selbst eigene Fotos gemacht – wenn man schon so praktisch steht ;-). Eines davon fand ich ganz witzig, weil man darauf die Fotografenwand erahnen kann, die so ein Besuch mit sich zieht.

nxp2015b

Ist das wirklich revolutionär?

Wenn man sich die vorherigen Revolutionen anschaut, stellt sich die Frage, ob die technische Aufrüstung der Automation ausreicht, um von einer Revolution zu sprechen. Das ist eine Frage, die man eigentlich erst in ein paar Jahren beantworten kann. Die Argumente dafür sind, dass die Vernetzung, die die neue Kommunikation mit sich bringt, nicht einfach nur Produktionsprozesse weiter automatisiert, sondern die eigentliche Produktionssteuerung ablöst. Nicht nur die einzelne Maschine weiß, was sie tun soll, sondern die Fabrik “weiß” was sie tun soll: welche Produkte wurden bestellt, wie viel Zeit wurde das letzte Mal für die Produktion verwendet; über die Cloud kann sie Informationen über den Verkehr einholen und abschätzen, ob die Zulieferer pünktlich sein werden, oder ob man vielleicht doch noch was anderes vorschieben sollte.
Dieses aktive Nutzen und in-Beziehung-setzen vorhandener Daten macht Systeme lernfähig, ohne dass sie von einem Menschen angetrieben werden müssten. Das Internet der Dinge könnte durchaus revolutionär werden und man sollte es in der Tat nicht einfach nur als ein technisches Update ansehen. Wir werden sehen …

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Kommentare (5)

  1. #1 MartinB
    15. Februar 2015

    Schön erklärt.

    “Prozessschritte, die höchste Präzession erfordern, konnten nun von Automaten übernommen werden.”
    Klar, bei Prozessschritten mit höchster Präzession wird Menschen schnell schwindlig 😉

    • #2 Tomi
      15. Februar 2015

      Das war doch mal ein schöner Tippfehler 🙂
      Danke.

  2. #3 Thilo
    15. Februar 2015

    Es wäre ja schön, wenn diese Themen bei der Wahl in Hamburg eine Rolle spielten. Aber – tun sie das wirklich?

    (Ernstgemeinte Frage, bin gerade weit weg von Deutschland und habe den Wahlkampf nicht verfolgt.)

    • #4 Tomi
      15. Februar 2015

      Wirklich diskutiert wurde das Thema nicht, dafür ist es noch zu unbekannt. Aber für Wahlkampfauftritte reicht’s.
      Dabei müssten die Datenschützer bei dem Thema eigentlich hellhörig werden.

  3. […] letzten Mal (4. industrielle Revolution) habe ich die Entwicklung der Industrie beleuchtet, die immer weiter automatisiert wurde und so das […]