Duftstoffe sind beliebt. Sie riechen gut, hellen die Stimmung auf und überdecken schlechte Gerüche. Dass Duftstoffe auch negative Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit haben können, ist vielen Konsumenten nicht bewusst.

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Früher waren Duftstoffe ein Zeichen für Luxus, heute sind sie aus dem Alltag kaum mehr wegzudenken. In den letzten Jahrzehnten haben sowohl die Gesamtmenge der eingesetzten Stoffe, die Anzahl der Stoffe als auch die Vielfalt der Anwendungsbereiche stark zugenommen.

Als Duftstoffe bezeichnet man alle Stoffe, die selbst duften, die einen Duft verstärken oder einen Duft »maskieren«, so die Definition des Internationalen Riechstoffverbands (IFRA). Etwa 2.750 Duftstoffe, die in der Europäischen Union in Kosmetika eingesetzt werden (SCCNFP), sind derzeit erfasst. Diese Liste ist jedoch nicht vollständig, da auch andere Stoffe angenehm riechen können. Schätzungsweise können bis zu 10.500 verschiedene Stoffe als Duftstoffe eingesetzt werden.

Duftstoffe gehören zu ganz unterschiedlichen Stoffklassen, z.B. Alkohole, Aldehyde, Amine, Carboxylsäuren, Ester, Lactone, Ether, Sulfide. Beispiele für häufig verwendete Stoffe sind Citronellol, Geraniol, Hexylcinnamaldehyd, Lilial, Limonen, Linalool, Nerol, alpha-Pinen, Tetrahydrolinalool oder Thymol. Natürliche Duftöle bestehen aus vielen Einzelverbindungen und ihre Zusammensetzung kann variieren.

Namentlich müssen nur 26 Duftstoffe, die allergenes Potenzial aufweisen, auf der Packung aufgeführt werden, wenn sie zu mehr als 0,01 Prozent in einem Produkt enthalten sind. Bei Kosmetika, die auf der Haut bleiben und nicht sofort wieder abgewaschen werden, wie etwa Körperlotion, gilt ein Grenzwert von 0,001 Prozent (EU-Richtlinie 2003/15/EC). Die genauen Mengen und die weiteren Duftbestandteile werden nicht bekannt gegeben. Auf Lebensmittelverpackungen ist ebenfalls aufgedruckt, ob Aromastoffe zugesetzt wurden. Die Duftinhaltsstoffe in anderen Produkten müssen nicht offengelegt werden. Wenn mit der Eigenschaft eines guten Geruchs, z.B. bei Papiertaschentüchern oder Toilettenpapier, geworben wird, haben die Verbraucher wenigstens einen Hinweis darauf, dass Duftstoffe im Produkt enthalten sind. Ansonsten müssen sie auf ihre eigene Nase vertrauen.

Viele der in großen Mengen eingesetzten Duftstoffe werden schon seit Jahrzehnten oder gar Jahrtausenden verwendet. Über diese Stoffe hat man recht gute Kenntnisse. Anders sieht es bei den Tausenden von anderen Duftstoffen aus, die in den letzten Jahren dazugekommen sind. Zudem haben sich die Mengen und die Zusammensetzungen der Duftmischungen sehr verändert, sodass man nicht davon ausgehen kann, dass Duftstoffe, nur weil sie schon lange verwendet werden, auch unschädlich sind.

Für Duftstoffe, die im Kosmetikbereich eingesetzt werden, wird in der Regel getestet, ob sie hautreizend, sensibilisierend oder fototoxisch sind. Duftstoffe sind nach Zink die Hauptursache von Kontaktallergien. Man schätzt, dass in Deutschland mindestens eine halbe Million Menschen von Duftstoffallergien betroffen sind. Eichenmoos und Isoeugenol sind die häufigsten Allergieauslöser. Über die anderen Wirkungen von Duftstoffen auf die menschliche Gesundheit liegen bisher nur wenige Untersuchungen vor. Viele Duftstoffe sind hitze- und lichtempfindlich, sodass sie sich in der Innenraumluft chemisch verändern. Dies ist vor allem bei Duftkerzen, Duftöllämpchen und Räucherstäbchen relevant. Die entstehenden Reaktionsprodukte sind oft giftiger als die Ausgangsstoffe. Mit natürlichen Duftölen, sogenannten ätherischen Ölen, sollte man vorsichtig umgehen, da sie ebenfalls giftige Stoffe enthalten können. Besonders giftig sind Kampher, Eukalyptus- und Pfefferminzöl, etwas weniger giftig sind Terpentinöl, Orangen-/Zitronenschalen-, Teebaum- und Nelkenöl. Ätherische Öle können das zentrale Nervensystem, die Nieren oder die Atemwege beeinträchtigen und beim Verschlucken zu massiven Vergiftungen führen. Vor allem Säuglinge und Kleinkinder reagieren auf kleinste Mengen.

Umweltorganismen sind noch stärker auf die Wahrnehmung von Gerüchen angewiesen als der Mensch. Sie erkennen ihre Nahrung, ihre Artgenossen oder ihre Feinde anhand der Geruchsstoffe in ihrer Umgebung. Zum Beispiel muss der einheimische Fisch Elritze den Hecht, seinen Feind, nicht sehen, um zu wissen, dass er in der Nähe ist. Um zu wissen, wie groß er ist und ob er alleine ist, ob der Hecht hungrig ist und ob er zurzeit Appetit auf Elritzen hat. Die Elritze kann all diese Informationen riechen. Es gibt Hinweise, dass diese hochempfindliche Wahrnehmung der Umgebung durch Umweltchemikalien, z.B. Duftstoffe, gestört wird. Diesen Effekt nennt man »Infochemical Effect«.

Natürliche Duftstoffe sind nicht grundsätzlich besser als synthetische Duftstoffe. Dafür gibt es vor allem zwei Gründe: Erstens gibt es auch gesundheitsschädliche natürliche Stoffe. Es ist ein Irrglaube, dass Naturstoffe grundsätzlich weniger giftig wären als chemisch synthetisierte Stoffe. Viele natürliche Duftstoffe sind sekundäre Pflanzenstoffe, die diese Pflanzen in kleinen Mengen herstellen, um einen bestimmten Zweck zu erfüllen: Sie locken mit diesen Stoffen Insekten als Bestäuber an, sie wehren sich damit gegen Schädlinge oder sie schützen sich dadurch vor Infektionen. Natürliche Duftstoffe weisen daher oft eine hohe biologische Aktivität auf, die in der Anwendung als Duftstoff nicht immer förderlich für die menschliche Gesundheit sein muss.

Es ist nicht einfach, sich im normalen Alltag Duftstoffen zu entziehen. Sie sind fast allgegenwärtig. Das Angebot an duftstofffreien Produkten ist sehr übersichtlich. Der Deutsche Allergie- und Asthmabund verschickt auf Anfrage eine Liste mit Produkten, die das Logo des Deutschen Allergie- und Asthmabunds tragen. Auch das europäische Verbraucherzentrum EVZ in Kiel hat eine Liste von duftstofffreien Produkten veröffentlicht. Beachten Sie, dass »duftneutrale« Produkte nicht »duftstofffrei« sind, denn sie enthalten Duftstoffe, die den Eigengeruch der anderen Inhaltsstoffe überdecken.

Beim Umgang mit Duftstoffen sollten Sie sich bewusst sein, dass ein angenehmer Geruch mit unangenehmen Wirkungen auf Gesundheit und Umwelt verbunden sein kann. Viele Duftstoffe sind (noch) nicht gekennzeichnet oder verboten, da sehr wenige Informationen vorliegen, die Stoffe nur in sehr kleinen Mengen verwendet werden oder es sich um Naturstoffe handelt. In unserer Gesellschaft muss jeder Konsument selbst Verantwortung für seinen Umgang mit Gefahrstoffen im Alltag tragen. Bei Alkohol, Tabakwaren und Arzneimitteln ist das bekannt. Dass Duftstoffe ebenso in diese Liste gehören, ist für viele eine Offenbarung.

– Prof. Dr. Ursula Klaschka
Einen Ausführlichen Artikel gibt es in der Zeitschrift Kultur&Technik, Ausgabe 4/2008.