Zwei Nobelpreisexponate erzählen

Im Juni 2008 besuchte der amerikanische Physik-Nobelpreisträger George Smoot das Deutsche Museum und brachte ein neues Exponat mit.

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Bild: Arno Penzias (rechts) und Robert Wilson (links) vor der Hornantenne, mit der die Radioastronomen den kosmischen Mikrowellenhintergrund entdeckten.
Die Messapparatur war in der Kabine links untergebracht und steht heute im Deutschen Museum.


Der Entdecker der Fluktuationen im kosmischen Mikrowellenhintergrund, Georg Smoot, hatte sein Differentielles Mikrowellenradiometer (DMR) mitgebracht, das er dem Deutschen Museum übergab. Bei dem neuen Nobelpreisexponat handelt es sich um das mechanische Testmodell eines von drei Geräten, die an Bord des Forschungssatelliten COBE (Cosmic Background Explorer) im Jahr 1992 Temperaturschwankungen im Mikrowellenhintergrund gemessen haben (siehe Bild 2). Da sich das Original des 31 GHz DMR noch im Orbit befindet und am Ende der Mission planmäßig zusammen mit dem Trägersatelliten COBE in der Erdatmosphäre verglühen wird, kann dem Museumsbesucher »nur« das Testmodell als Zeuge dieser epochalen Entdeckung gezeigt werden. Smoot stellt dem Museum sein DMR, das ihn jahrelang auf Vortragsreisen begleitet hat, als Leihgabe zur Verfügung. Es wird vorläufig im Eingangsbereich der Astronomieausstellung ausgestellt, bevor es als eines der Hauptexponate in der geplanten Kosmologieausstellung zu bewundern sein wird.

Mit Smoots Beobachtung kleiner Temperaturschwankungen im kosmischen Mikrowellenhintergrund begann eine neue Epoche in der Kosmologie – man spricht von der Ära der Präzisionskosmologie. Gemeint ist damit, dass Messungen von Fluktuationen im Mikrowellenhimmel erstmals Daten lieferten, die eine genaue Überprüfung des Urknall-Modells erlaubten. Der englische Physiker Steven Hawkins bezeichnete die Ergebnisse der COBE-Mission deshalb überschwänglich als: »…die größte Entdeckung des Jahrhunderts, wenn nicht sogar aller Zeiten.« (Interview mit der London Times im April 1992)

In der Euphorie der ersten Stunden nach der Veröffentlichung der COBE-Ergebnisse war die Begeisterung von Steven Hawkins sicherlich gerechtfertigt. Sieht man die gesamte Geschichte kosmologischer Forschung, so war die eigentliche Entdeckung der kosmischen Mikrowellenhintergrundstrahlung 28 Jahre früher eine vergleichbar große wissenschaftliche Sensation. Für diese Entdeckung wurde ebenfalls der Nobelpreis für Physik verliehen. Ihn erhielten 1978 die beiden Radioastronomen, Arno Penzias und Robert Wilson. (im Bild)
Auch von ihrer Entdeckung erzählt ein Nobelpreisexponat im Deutschen Museum. Es ist die Messapparatur der Hornantenne von Penzias und Wilson, mit der die beiden die kosmische Mikrowellenhintergrundstrahlung im Jahr 1964 entdeckten. Das Exponat hat einen Ehrenplatz im Vorraum der Astronomieausstellung. Im Schreiber kann man hier noch die erste Messung der Reststrahlung vom Urknall bewundern. Das eigentliche Horn der Hornantenne, ein 15 Meter langer Trichter mit dem Segment eines metallischen Parabolspiegels, steht heute als »National Historic Landmark« in Holmdel, New Jersey.

Kurioserweise war die Entdeckung der kosmischen Hintergrundstrahlung von Penzias und Wilson im Jahr 1964 eine Zufallsentdeckung, obwohl in Fachkreisen eine Mikrowellenhintergrundstrahlung als Reststrahlung des Urknalls schon mehrfach diskutiert worden war. So sagten die amerikanischen Physiker Ralph Alpher und Robert Hermann schon 1948 einen Mikrowellenhintergrund voraus und berechneten seine Temperatur auf 5 Kelvin. Beide Physiker und ihr Kollege George Gamow veröffentlichten in der Folgezeit mehrere Arbeiten über das Thema. Es fand sich aber niemand, der versuchte diese Strahlung zu messen, bis eine Gruppe von Physikern an der Princeton Universität Anfang der 1960er Jahre das Thema wieder aufgriff und begann, im Frühjahr 1964 eine Antenne zur Messung der Mikrowellenhintergrundstrahlung zu bauen. Penzias und Wilson wussten weder davon, noch kannten sie die theoretischen Berechnungen Gamows und seiner Kollegen. Die beiden waren als Radioastronomen bei der Bell Telephone Company angestellt, und starteten 1963 ein Forschungsprogramm mit einer 20-Fuß-Hornantenne. Sie hofften, mit dieser Antenne Radiowellen aus dem Halo der Milchstraße zu empfangen, um damit den Aufbau unserer Heimatgalaxie zu entschlüsseln. Das Radiorauschen der Milchstraße ist aber schwer zu unterscheiden von dem unvermeidlichen elektrischen Rauschen, das von der Antenne, der Verstärkeranlage und der Atmosphäre erzeugt wird. Deshalb mussten Penzias und Wilson zuerst die verschiedenen Rauschquellen identifizieren. Zu ihrer Überraschung empfingen sie im Frühjahr 1964, bei einer Wellenlänge von 7,35 Zentimetern, ein beachtliches Rauschen, das sie keiner bekannten Quelle zuordnen konnten.

Ein Jahr suchten sie vergeblich nach der Rauschquelle, bis Penzias über Umwege Kontakt zu einer Forschergruppe um Robert Dicke aus Princeton aufnahm, die das Rauschen als Reststrahlung des Urknalls deuteten. Dicke soll nach dem Telefonanruf von Penzias aus Crawford Hill ausgerufen haben: »Jungs, man ist uns zuvorgekommen!«

Da es sich bei der kosmischen Hintergrundstrahlung um Temperaturstrahlung handelt, spricht man auch von Temperaturschwankungen im Mikrowellenhintergrundhimmel. Ihren Berechnungen nach entstanden die Temperaturunterschiede durch kleine Materieverdichtungen 300.000 Jahre nach dem Urknall. Ohne diese Materieverdichtungen könnte sich keine Materie in der Folge zusammengeballt haben. Mit anderen Worten: Es wären keine Sterne, keine Galaxien und keine Galaxienhaufen entstanden.

Nach der Entdeckung der Mikrowellenhintergrundstrahlung entwickelte sich ein regelrechter Wettlauf, wer als Erster die Fluktuationen im Mikrowellenhintergrundhimmel messen würde. Um das Problem der schlechten Durchlässigkeit der Erdatmosphäre für Mikrowellen zu umgehen, wurden Mikrowellenradiometer mit Ballonen in große Höhen gebracht. In den 1970er Jahren konnten erstmals Temperaturschwankungen von nur 1/1.000 Kelvin im Mikrowellenhintergrundhimmel gemessen werden. Der Temperaturunterschied trat auf, wenn man gegenüberliegende Himmelsbereiche verglich. Es ist die sogenannte Dipolanisotropie, ein Dopplereffekt, den man beobachtet, weil sich die Milchstraße mit einer Geschwindigkeit von ca. einem Tausendstel der Lichtgeschwindigkeit durch den Kosmos bewegt. Allerdings gab es weiter keine Anzeichen für die von Sachs und Wolfe berechneten Temperaturschwankungen, die ihren Ursprung im frühen Kosmos haben sollten.

Nach einigen fehlgeschlagenen Versuchen, weitere Temperaturschwankungen neben der Dipolanisotropie im Mikrowellenhintergrundhimmel zu messen, kam man letztendlich zu dem Schluss, dass die erforderliche Messgenauigkeit wohl nur bei einer Messung im Weltraum von einem Satelliten aus zu erreichen sei. Smoot und sein Team reichten daraufhin einen Antrag bei der NASA ein, um eine Satellitenmission zur Erforschung des kosmischen Mikrowellenhintergrundes zu starten. Bewilligt wurde ein Satellit mit drei Geräten zur Erforschung des Mikrowellenhintergrundes. Eines davon war das Differentielle Mikrowellenradiometer von Smoot.

Das Unternehmen war anfangs vom Pech verfolgt. Eigentlich war geplant, den Satelliten mit einem Spaceshuttle ins All zu befördern. Nach der Challenger-Katastrophe im Januar 1986 wurde dieser Plan aber fallengelassen und das ganze Projekt drohte zu scheitern. Smoot gab nicht auf, und schließlich stimmte die NASA zu, den Forschungssatelliten mit einer Delta-Rakete auf seine Umlaufbahn zu bringen. Das Gewicht des Satelliten musste noch einmal erheblich reduziert werden, bevor COBE endlich am 18. November 1989 von der Vandenberg Air Force Base in Kalifornien starten konnte (siehe Bild 4).

Die Messdaten, die das DMR ab 1989 vier Jahre lang sammelte und zur Erde funkte, waren sensationell. Die Himmelskarten, die Smoot und sein Team aus den Daten erstellen konnten, zeigten deutliche Unregelmäßigkeiten im Mikrowellenhintergrundhimmel. Dabei stellten sie fest, dass die Temperatur beim Blick in verschiedene Richtungen im Bereich von nur 1/100.000 der mittleren Mikrowellenhintergrundtemperatur schwankt. Gemäß dem Urknall-Modell sind diese Temperaturschwankungen ein direktes Abbild der Materiekonzentrationen 380.000 Jahre nach dem Urknall. Der mit dem DMR aufgenommene Mikrowellenhintergrundhimmel ermöglicht damit einen Blick tief in die Vergangenheit des Kosmos – es ist das erste »Bild« vom jungen Universum .

– Dr. Christian Sicka, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Deutschen Museums

Einen Ausführlichen Artikel gibt es in der Zeitschrift Kultur&Technik, Ausgabe 4/2008.

Kommentare (2)

  1. #1 Tobias
    November 17, 2008

    Wenn ihr wollt, dass eure Artikel auf der ScienceBlogs.de Hauptseite erscheinen, müsst ihr beim Veröffentlichen darauf achten, eine der ScienceBlogs Kategorien als erste Kategorie auszuwählen.

  2. #2 Ralf Dürich MA
    November 18, 2008

    Die Naturwissenschaft hat die Klimakatastrophe hervorgebracht, nur leider kann sie sie nicht mehr beherrschen. Die Wissenschaft regt vieles an, was sie der Sache nach nicht beherrscht. Was aber in der Welt allemal geeignet war mehr Propleme zu stiften als es voher gab. Die Schulmedizin tötet mehr Menschen als sie heilt und jährlich foltert sie 300 MIO Tiere in Versuchslaboren zu tode. Hat diese sinnlose Forschung einen Sinn ? Nein, sie wird nur durch Steuergelder bezahlt, weil die Naturwissenschaft trotz ihre haarsträubenden Pleiten dennoch die Meinungsführerschaft hat. Aber warum ? Weil sie über eine politisch, religiöse, ökonomisch und publizitische Mafia verfügt die sehr reich (Pharmaindustrie, Atomindustrie, Mineralölindustrie,..,) ist und sich eine Propagandalobby leisten kann, die sich daruf versteht die Massen durch Begierden und Ängste; wie Schlachtvieh vor sich herzutreiben, dem sicheren Ende entgegen, immer behauptend es gehe ja schließlich um Fortschritt, Gesundheit, Sicherheit und blablabla worauf ja wohl kein Mensch verzichten kann. Und die Uniformiertheit der dummen Masse, gibt die eigene Gesundheit, Wahrheit, Frieden und Wohlergehen der Naturwissenschaft zum Opfer preis. Aber was erhält sie dafür: Klimakatastrophe, Vergiftung, Verstümmelung, Tierversuchs KZ´s,…, Ihr seid selbst das Kontrafaktum zu Darwin: ihr habt uns weiter zurückgeworfen als die Menschheit je im Mittelalter stand; dahero: es gibt keine Evolution. Was wir brauchen ist eine Revolution mit dem Ziel der Abwicklung aller naturwissenschaftlichen Einrichtungen und dem ökologischen Rückbau aller Produkte und Verfahren, die je aus dem Ungeist der Naturwissenschaft entsprungen sind, dann werden sich auch die Krisen dieser Welt wieder beruhigen.
    Wir müssen lernen unsere Begierden durch Zufriedenheit zu transformieren und unseren Hass durch Liebe, dann werden sich die Ängste und die Verblendungen aufheben und wir die Welt wieder mit respekt behandeln können.
    Lieb Grüße Ralf Dürich MA