Riesenteleskope suchen im All nach Gammastrahlung

Lichtquanten, etwa tausend Milliarden Mal energiereicher als das sichtbare Licht, sind Zeugen von gewaltigen Explosionen, nicht nur in unserer Milchstraße, sondern auch von Geschehnissen um supermassive schwarze Löcher in fernen Galaxien. Auf der Kanareninsel La Palma spürt ein europäisches Forscherteam die Quellen der Gammastrahlung auf.

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Der Blick zum nächtlichen Himmel mit seinen Abertausenden Sternen, Nebeln und Galaxien fasziniert die Menschheit seit Anbeginn der Zeit. Im 17. Jahrhundert begannen die Astronomen, allen voran Galilei, Teleskope einzusetzen, um die Gesetzmäßigkeiten des Universums zu begreifen. Bis heute tragen Beobachtungen astronomischer Objekte im sichtbaren Licht entscheidend zu unserem Verständnis des Alls bei. Trotzdem stellt das sichtbare Licht nur einen kleinen Teil des gesamten Spektrums der sogenannten elektromagnetischen Strahlung dar, die sich von den Radiowellen über das Infrarotlicht, das sichtbare Licht und das ultraviolette Licht bis hin zur Röntgenstrahlung und darüber hinaus erstreckt: Auf die Akustik übertragen entspricht das sichtbare Licht einer Oktave, und so können wir behaupten, die Natur spielt auf einer 15 Meter breiten Klavier!

Als der österreichische Physiker Victor Hess am 7. Juli 1912 zu einer Fahrt in seinem Forschungsballon aufbrach, konnte er nicht ahnen, dass die Astrophysiker knapp 100 Jahre später noch immer damit beschäftigt sein würden, seine damaligen Beobachtungen zu erklären. Hess entdeckte während seiner Ballonfahrten eine hochenergetische, durchdringende Strahlung aus dem Universum. Heute wissen wir, dass diese »kosmische Strahlung« aus hochenergetischen Elementarteilchen besteht, hauptsächlich aus Protonen und schwereren Atomkernen, welche weit höhere Energien besitzen, als wir auf der Erde erzeugen können. Die kosmische Strahlung erreicht uns aus allen Richtungen des Weltalls, und die auf der Erde ankommenden hochenergetischen Teilchen selbst erlauben daher keine eindeutige Zuordnung zu ihren Quellen. Aufgrund ihrer elektrischen Ladung werden sie auf dem weiten Weg von ihren Entstehungsorten durch Magnetfelder innerhalb und außerhalb unserer Galaxie abgelenkt. Dadurch sind uns Rückschlüsse auf ihre ursprüngliche Richtung am Himmel nicht mehr möglich.

Eine Herausforderung: Die mysteriösen Gammastrahlungsblitze: Noch weiter entfernt als Quasare sind die sogenannten Gammastrahlungsblitze, bei denen innerhalb weniger Sekunden ungeheure Energien freigesetzt werden. Im Jahre 1967 zufällig von Überwachungssatelliten für Atomwaffen entdeckt, ist noch immer recht wenig über diese mysteriösen Ereignisse bekannt. Zeit und Richtung am Himmel, an denen ein Gammastrahlungsblitz stattfinden wird, sind nicht vorhersagbar. Satelliten, die den ganzen Himmel beobachten, schlagen bei solchen Ausbrüchen Alarm, und die beiden je 65 Tonnen schweren MAGIC-Teleskope sind in der Lage, sich im Schnitt innerhalb von nur 40 Sekunden auf eine beliebige Stelle am Himmel auszurichten. Das ist entscheidend, um den Gammastrahlungsblitzen auf die Spur zu kommen, und die Wissenschaftler hoffen, das »Nachglühen« solcher Blitze auch mit MAGIC zu beobachten. Um die Sensitivität ihrer Detektoren und die Präzision der Messungen weiter zu steigern, planen sie derzeit schon die Nachfolgeinstrumente der zurzeit betriebenen Teleskope: Am Zukunftsprojekt »Cherenkov Telescope Array«, einem großen Teleskopfeld mit bis zu einhundert einzelnen Teleskopen, arbeiten mehr als vierzig europäische Forschungsinstitute mit. Wenn das Observatorium in Betrieb geht, hoffen die Physiker nicht nur einige Tausend Gammastrahlungsquellen aufzuspüren und sie genau zu vermessen, sondern auch auf das, was ihnen immer schon am liebsten war: überraschende und völlig unerwartete Entdeckungen – genau wie damals Victor Hess bei seinen Ballonfahrten.

– Dr. Robert Wagner

Einen Ausführlichen Artikel gibt es in der Zeitschrift Kultur&Technik, Ausgabe 4/2008.

Kommentare (1)

  1. #1 buchstaeblich
    Dezember 18, 2008

    Danke! Endlich verstehe ich, was ich da neulich gesehen habe – es ist ja noch keine 3 Wochen her, dass ich dort oben war.