Habt ihr schon vergessen? Es ist Laserfest! Und im Jahr des 50ten Geburtstags tritt ein neuer Röntgenlaser an, der so stark ist dass er Atomen die Elektronen gleich ganz wegbläst!

ResearchBlogging.orgPhysiker lassen ja nichts verkommen, und so wurde ein guter alter Linearbeschleuniger umgebaut und er strahlt jetzt buchstäblich neuen Glanz. Teile des altgedienten gewaltigen Linearbeschleunigers am SLAC wurde zur stärksten Lichtquelle des Planeten umgebaut – der Linac Coherent Light Source (LCLS). Auch wenn jetzt die Ringbeschleuniger die höchsten Energien erzeugen und die Teilchenphysik vorantreiben – als Freie Elektronenlaser dienen die Linearbeschleuniger einem neuen Ziel – ein Licht auf Molekülstrukturen und Prozesse zu werfen.

i-63322bab73f89bd6097974ef93f6192d-lcls_firstlight_hires-7-thumb-300x200.jpg

Vielleicht seid ihr jetzt verwirrt. Laser? Beschleuniger? Lichtquelle? Ja was denn nun?
Beschleunigte Elektronen senden Licht aus – die Photonen der sogenannten Bremsstrahlung. Schickt man durch einen Beschleuniger ordentlich auf Geschwindigkeit gebrachte Elektronen durch eine achterbahnartige Strecke, so senden sie fleißig hochenergetisches Licht aus – Röntgenstrahlen. An einem Freien Elektronenlaser nutzt man außerdem noch das Prinzip das lasens, also der stimulierten Emission von gleichartigen Photonen um besonders brilliante und kurze Pulse zu erzeugen. Der LCLS erreicht dabei einen Energiedichte die alles dagewesene gleich um den Faktor 10 Milliarden übertrifft! Dabei sind die Pulse aber nur 80-200 fs (10-15 s) lang.

In ihrem Paper beschreiben die Forscher um Erstautor Linda Young vom Argonne National Laboratory erste Untersuchungen mit diesem mächtigen Werkzeug.
Mit Röntgenstrahlen untersucht man seit langem die Struktur der Materie. Vor allem anwendbar war das auf periodische Struktur, also etwas auf Kristallgitter. Zunehmend möchte man aber auch unregelmäßige Strukturen untersuchen und auch die zeitliche Entwicklung von Prozessen beobachten. Ultrakurze Pulse bieten hier eine Lösung – und der LCLS eröffnet eine neue Dimension zur Entdeckung von Strukturen, z.B. von Proteinen. Während des ultrakurzen Pulses werden die Elektronen aus den Atomen geschlagen. Ein harter Röntgenstrahl wie der des LCLS hat Photonen mit genug Energie um ein Elektron auf einmal aus dem Atom zu schlagen.

Ihre Versuche führten die Forscher an Neon-Atomen durch. Die Energie des Lasers ist nämlich zwischen 800 und 2000 eV einstellbar. Um ein Elektron der inneren Schale herauszuschlagen bedarf es 870 eV. Das heißt, dass man bei geringeren Energie beobachten kann, wie die äußeren, weniger stark gebunden Elektronen entfernt werden. Und obwohl der Puls ultrakurz ist, ist die Photonendichte so gewaltig dass es zu sehr vielen Kollisionen kommt und die ganzen äußeren Elektronen entfernt werden.
Interessanter wird es bei Energien die ausreichen um die inneren Elektronen auszulösen. Nachdem ein inneres Elektron entfernt wurde, wird nach kurzer Zeit ein höher liegendes Elektron nach unten fallen. Dies nennt man einen Auger-Zerfall. Das nach unten gefallene Elektron kann dann wiederum durch ein Photon des Laserpulses getroffen werden. Jetzt berichtet Linda Young aber, dass man bei ausreichend hohen Photonenenergien (> 1 keV) ein “hohles Atom” erzeugt hat, wenn nämlich die Rate mit der die inneren Elektronen entfernt werden höher ist als die Zeit für einen Auger-Zerfall. Dann fehlen die inneren Elektronen, die äußeren sind aber noch da! Und mehr noch: Bei mehr als 1,36 keV Energie können die Atome komplett von den lästigen Elektronen befreit werden!

Man erreicht also eine Transparenz für den Laserstrahl – wenn man innere Elektronen befreit wird solange die Absorptionsrate sinken bis die äußeren Elektronen nachgerutscht sind, außerdem dauert das Nachfüllen länger von je weiter außen die Elektronen kommen.
Der Versuch, das Ergebnis in der Simulation quantitativ nachzuvollziehen allerdings gelang nicht ganz. Denn auch wenn die Pulsdauer das Laser mit 80-200 fs sehr gering ist, ist die Zeitskala für das Herabfallen eines äußeren Elektrons mit 2-20 fs noch kürzer. Linda Young und ihre Kollegen vermuten, dass die Dauer des Lichtpulses eventuell geringer ist als die des Elektronenbündels, das man als Maßstab nimmt. Weitere Untersuchungen der Daten aus dem Energiebereich der Atome aushöhlt stützen diese These.

Letztendlich werden diese Untersuchungen der Zeitskalen und der Abfolge des Auslösens von Elektronen während eines Pulses der Weg sein, die Struktur von Molekülen herauszufinden.


Young, L., Kanter, E., Krässig, B., Li, Y., March, A., Pratt, S., Santra, R., Southworth, S., Rohringer, N., DiMauro, L., Doumy, G., Roedig, C., Berrah, N., Fang, L., Hoener, M., Bucksbaum, P., Cryan, J., Ghimire, S., Glownia, J., Reis, D., Bozek, J., Bostedt, C., & Messerschmidt, M. (2010). Femtosecond electronic response of atoms to ultra-intense X-rays Nature, 466 (7302), 56-61 DOI: 10.1038/nature09177


Quellen und weitere Informationen LCLS | Atomic physics: X-ray laser peels and cores atoms | Linda Young | Synchrotronstrahlung und Freie Elektronenlaser