Ich habe mir zwei Sessions zu Klimawandel, Adaption und Kommunikation angesehen, und habe mir vor allem zu der am Donnerstag sogar ein paar Notizen in mein Programm geschrieben. Damit es aber nicht zu einfach wird, darüber zu berichten, habe ich das Programm dann vor der Abreise in den Mülleimer in meinem Hotel entsorgt.

Nun ja.
Die Session am Donnerstag morgen stand unter dem Titel “Climate Change Adaptation: Education and Communication” und bot ein breites Spektrum an Vorträgen aus Klimaforschung, Politik, Soziologie, Psychologie und Medien.

Der Eröffnungsvortrag hielt Michael Mann. Er gab darin einen dreiminütigen Galopp durch die Belege für den Klimawandel und dann einen Überblick darüber, dass und wie trotz all dieser Belege die Klimawissenschaft politisch und durch sehr gut organisierte Gruppen angegriffen wird, vor allem auch aus seiner eigenen Perspektive (wer hat schon seine Arbeit vom Kongress peer reviewen lassen…). Insgesamt ein runder Überblick, aber auch ein bisschen ohne Neuigkeiten. Im Vergleich dazu haben die folgenden Vorträge immer einen Aspekt hervorgehoben. Als Einstieg aber wohl doch ganz gut. An Manns hemdsärmeliger Art kann man allerdings doch erahnen, wieso er sich immer zu einer derart großen Zielscheibe macht. (“Wir haben etwa 1.25 K Erwärmung durch CO2, nochmal so viel durch Feedbacks, also 2.5; aber eigentlich sind es eher 3″). Im Vergleich dazu scheint Richard Alley im öffentlichen Rahmen wesentlich angemessenere Statements zu liefern, ohne die Grundaussage zu verweichen.

Die Sessions zum Klimawandel standen alle im Gedächtnis an den leider verstorbenen Stephen Schneider, der die Donnerstags-Session auch noch mitorganisiert hat. Ganz im Geiste Schneiders hat Benjamin Santer mit seinen Kollegen einen beliebten Strohmann der Klimawandel-Leugner aufgegriffen und überprüft, der auch von einem hohen Politiker vorgetragen wurde: Dass in den letzten zehn Jahren die Temperatur nicht angestiegen sei. Das “statistisch signifikant” wird ja eh schonmal gerne vergessen; aber den Weg den Santer beschritt, war sich das Signal-zu-Rauschen-Verhältnis von Temperaturserien anzusehen. Er konnte eindrucksvoll zeigen: Das (natürliche) Rauschen des Temperatursignals ist so hoch, dass man bei nur 10 Jahren Daten einfach noch nicht genug Signal hat – das Verhältnis Signal zu Rauschen liegt bei etwa 1:1. Aber bei 30 Jahren verbessert sich das Verhältnis auf 4:1 und besser, und eben deswegen sind das die Zeiträume die man betrachten muss – und auf dieser Zeitskala hat sich die Erde eben eindeutig erwärmt.

Cynthia Rosenzweig vom Urban Climate Change Research Network präsentierte dann einen anderen Ansatz, den Angriffen auf die Ergebnisse der Klimawissenschaft zu begegnen: Die Erstellung von Berichten ähnlich dem IPCC-Report, aber fokussiert auf ein spezielles Ziel(gebiet). Sie hat mitgearbeitet am ARC3-Bericht, der die Auswirkungen des Klimawandels auf Städte und deren Möglichkeiten zur Anpassung betrachtet hat. Dazu gab es auch eine Woche vor Cancun eine Konferenz, und Rosenzweig berichtete, dass Bürgermeister aus aller Welt keine Probleme damit hätten, Vereinbarungen zu Maßnahmen zu unterschreiben, ganz im Gegensatz zu den Nationen. Städte kämen im IPCC überhaupt nicht speziell vor, und so scheint dieser Bericht doch gut gemacht und wichtig zu sein.

Wie Strategien zur Wissenschaftskommunikation aussehen können, stellte dann Robert Simmon von NASAs Earth Observatory vor. Die Seite bringt u.a. täglich neue Aufnahmen von der Erde, oft Satellitenaufnahmen, aber auch simulierte Daten, Fotos, etc. Die Bilder sind in der Regel bearbeitet und werden mit Begleittext versehen; die Idee ist Leute über faszinierende Aufnahmen zu der Wissenschaft dahinter zu führen. Wenn man sich ansieht, wie oft die Bilder z.B. in Blogs auftauchen, ist das auch durchaus erfolgreich.

Die absolute Granate aller Vortragenden ist und bleibt Richard Alley, siehe z.B. sein Festvortrag vom letzten Jahr. Der Mann geht einfach ab; und die regenbogenfarbigen Comic Sans-Folien kann man getrost ignorieren, man will Alley einfach zusehen wie er redet. Aber nicht nur das wie, auch was er erzählt hat nicht nur Hand und Fuß, sondern ist auf den Punkt, ehrlich und durch viele Vergleiche, Beispiele und Sprachbilder kommunikativ ein Erlebnis (wenn es keine Erderwärmung gibt, muss das mal jemand dem US-Militär sagen, die müssen nämlich ihre wärmesuchenden Raketen daran anpassen…). In diesem Vortrag hat er einen Ausschnitt aus einem Fernsehprogramm gezeigt, das er vorbereitet. Es soll die Vielfalt der Belege für den Klimawandel zeigen, aber auch die Vielzahl der Arten, auf die man diesen Glauben schenken kann. Der Filmausschnitt zeigte durchaus ein Argument durch Autorität, aber ein gutes. Lincoln hat damals einen Wissenschaftsrat gegründet, der Rat gab wie man auf Schiffe mit Eisenpanzerung trotzdem einen Kompass benutzen konnte (mehrere kleine Magnete neben dem Kompass kompensierten den Einfluss des Eisens). Und eben dieser Rat hat, im Auftrag ausgerechnet von George W. Shrub, auch die Wissenschaft zum Klimawandel betrachtet – und den Einfluss den Menschen als Hauptauslöser der Erwärmung als wahrscheinlichste Ursache bewertet.
Den zweiten Vortrag von Alley am Freitag möchte ich hier vorziehen, den fand ich noch besser. Diesmal waren auch die Folien relevant, aber eigentlich war es nur ein Hauptplot, der sich langsam aufbaute: Nämlich wie der Meeresspiegel sich entwickeln wird. Das IPCC hätte gerne gute Projektionen, aber die gäbe es nicht rechtzeitig, das stellte Alley ganz klar. Dennoch, wenn man etwas wissen wolle, könne man zumindest einmal die Reichweite diverser Modelle anschauen, auch wenn diese definitiv keine Vorhersagen abgeben würden. Aber es zeigte sich dann doch ganz klar: Die Wahrscheinlichkeitsverteilung die der IPCC im Moment angibt liegt klar unter dem, was die meisten Ansätze abschätzen und ist vor allem auch deutlich zu sicher in seinen Grenzen.

Aus Sicht der Psychologie betrachtete dann Sabine Marx vom Center for Research on Environmental Decisions die Kommunikation der wissenschaftlichen Ergebnisse. Beim Centre gibt es ein Handbuch dazu, aus dem sie einzelne Aspekte vorstellte, wie man Zuhörer erreicht, warum z.B. die emotionale Ebene wichtig ist aber auch nicht überstrapaziert werden darf. Eine spannende und gut aufbereitete Präsentation, aber auf Basis wissenschaftlicher Studien; das Handbuch werde ich mir sicher nächste Woche einmal komplett zu Gemüte führen.

Auch interessant ist die Arbeit des seltsam esoterisch benamsten Harmony Institute, dessen Arbeit Debika Shome vorstellte. Das Harmony Institute erforscht, wie wissenschaftliche Botschaften sich in populären Medien (Filme, Comics) verbreiten lassen und welche Auswirkungen sie haben. Der erste Teil der Arbeit sucht nach Wegen, diese Botschaften einzubauen. Ein Beispiel ist, dass sich nach dem “Weißen Hai” die Strände deutlich leerten und eine unangemessene Angst vor Haien sich ausbreitete. Es gab noch mehr Beispiele, die zeigten dass Botschaften in Filmen und im Fernsehen tatsächlich deutliche Auswirkungen haben können, egal ob gewollt und auf echter Wissenschaft basierend oder als “Filmwissenschaft”. In den USA gibt es beispielsweise als stehenden Begriff den “Designate Driver”, also derjenige, der vorher als Fahrer bestimmt wird und an einem Abend nichts trinkt. Tatsächlich wurde dieser Begriff aber durch eine Organisation bewusst in hunderte Serien eingebaut und so erfolgreich in die Kultur transportiert. Wesentlich interessanter klingt aber noch die Forschungsarbeit, die genauer untersuchen soll, ob und wie solche Botschaften sich verbreiten; z.B. wie Dokumentationen zu Wissenschaftsthemen in Form von Kinofilmen einen Einfluss haben (und vor allem, welche Teile).

Schließlich sprach noch Maxwell Boykoff über den Zusammenhang zwischen politischer Entscheidung und Wissenschaft; aber ehrlich gesagt ist mir davon nicht viel hängen geblieben. Er hat aber ein Buch geschrieben…

Den Freitag möchte ich kurzer abhandeln, dort ging es dann wirklich weniger um Kommunikation denn um “Climate Change Adaptation”; also Anpassungsmaßnahmen, bzw. was man wissen muss um diese vornehmen zu können.
Richard Alley habe ich ja bereits behandelt, als erstes aber sprach James Hansen. Er bot einen halbstündigen Überblick über die wichtigsten neuen Arbeiten aus den verschiedenen Bereichen in Verbindung mit einer Motivation für das 350 ppm-Ziel und einem klaren Aufruf, dass wir dieses brauchen – jetzt. Insgesamt aber ein wenig trocken im Vortrag.
Ken Caldeira; der bei dieser AGU auch zum AGU Fellow aufgestiegen ist, stellte die relevanten Erkenntnisse zum Einfluss des Klimawandels auf die Meere vor – Meeresspiegelanstieg, Versauerung. Und die klare Botschaft: Leider gibt es sehr wenig, was wir zur Anpassung anstellen können.
Zum Geoengineering durch Einflussnahme auf die Sonneneinstrahlung (z.B. durch Partikel oder durch Riesenspiegel im All) sprach Alan Robock und stellte ziemlich klar, dass das alles unvorhersehbare Schnapsideen sind, zu denen wir es besser nicht kommen lassen sollten.
Dann leerte es sich zunehmend, den letzten Vortrag habe ich mir auch geschenkt, habe aber noch den vorletzten von Olga Wilhelmi mitgenommen. Sie zeigte aus soziologischer Sicht, dass die Erforschung des Einflusses stärkere Hitze auf Stadtbevölkerungen (vor allem die arme Bevölkerung) durchaus noch neue Erkenntnisse liefern kann – z.B. dass die Einrichtung von Notfall-Kühlzentren wichtig sei, da viele sich schlicht und einfach den Strom für Klimaanlagen nicht leisten könnten.