Ich hab über die Verwendung von Worten aus dem Labor im Alltagsleben geschrieben, und über die vielen Kommentare habe ich mich sehr gefreut. Aber es sind doch wenige Begriffe, die den Weg aus dem Labor in das normale Leben finden, vielleicht von einigen IT-Begriffen und dem “Salat abdrullern” von Cornelius (der auch hier bloggt) abgesehen. Ich hab noch mehrere Begriffe, die typisch sind für unser Labor, die ich aber kaum außerhalb der Kittelpflichtebereiche unseres Instituts verwende. Eines davon ist Batman, und ich meine damit nicht diese mathematische Spielerei sondern ich meine damit eine besondere Form einer Messung.

Viele Dinge in der Natur sind rund oder anders ausgedrückt: sphärisch-symmetrisch. Das gilt für die kleinen Transport-Kugeln einer Zelle, die man Vesikel nennt, genau so wie für künstliche Kügelchen, die Farbstoffe tragen, die wir unseren Proben hinzufügen. Vesikel sind deswegen so besonders, weil sie für so gut wie jeden Stoffwechselprozess in der Zelle eine Rolle spielen, ganz prominent auch bei der Reizweiterleitung von Nervenzellen. An einer Synapse wird das Nervensignal chemisch über den Synaptischen Spalt transportiert. Vesikel sind praktisch überall, aber sie sind klein, kleiner als die Wellenlänge des Lichts. Allein diese Tatsache lässt schon vermuten, dass es da mit einem Lichtmikroskop wohl eher schwierig ist die Kugel wirklich zu sehen – meistens sieht man nur einen Punkt.

Ich arbeite allerdings in der Hochauflösungsmikroskopie, und da brechen wir diese Auflösungsgrenze mit einigen Tricks, also umgehen diese nervige Angewohnheit von Licht, die es verhindert, dass wir Dinge nicht im Detail sehen können, die kleiner sind als die Wellenlänge des Lichts. Und wenn wir uns da Vesikel ansehen, dann wollen wir Batman sehen. Wenn man auf die Oberfläche eines Vesikels viele Farbstoffe klebt dann erhält man im Prinzip eine leuchtende Hohlkugel, innen drin sind keine Farbstoffe, die Oberfläche ist allerdings dicht gepackt mit diesen Mini-Leuchttürmen. Wenn man das auf eine Ebene projiziert, erhält man Batman.

Bild aus meiner Diplomarbeit "bla". Rote linie bla

Bild aus meiner Diplomarbeit “Determination of Cytokine Concentration in a Magnetic Bead-Based Fluorescence Imaging Immunoassay exemplifed with Interleukin-1ß”. Der Graph zeigt Intensitätsverläufe von beladenem Kügelchen (rote Linie) leerem Kügelchen (blaue linie) und der Differenz (schwarze Linie, Batman). (Bild: CC-BY 4.0 André Lampe)

Ich habe das in meiner Diplomarbeit schon behandelt. Dort habe ich einen Test zum Nachweis von bestimmten Immunsystem-Botenstoffen im Blut gebaut, der sich auf kleine Kugeln verlassen hat. Diese Kugeln hatten die unangenehme Eigenschaft, dass sie selbst auch etwas geleuchtet haben, aber ich war nur an dem Leuchten auf der Oberfläche interessiert, weil genau dieses Leuchten unser Signal darstellte. Im Bild oben, habe ich mal das pure “Eigen-Leuchten” einer solchen Kugel von dem einer Kugel mit Signal an der Oberfläche abgezogen, und heraus kommt ein Batman (schwarze Linie).

Immer wieder haben wir Batman gejagt, um ihn auch bei Vesiklen in Zellen zu sehen. Übersetzt heißt Batman nichts anderes als “das Sehen einer hohlen Kugel”, auch wenn wir gar nicht mehr eine Projektions vor nehmen und nach dem wahren Batman in einem Intensitätsverlauf Ausschau halten. Und tatsächlich ist es möglich in einer Zelle die kleinen Vesikel, die so knapp 0,0001 mm bis 0,00015 mm groß sind, mit unseren Hochauflösungstechniken zu sehen. Ich bin besonders stolz darauf, dass ich das an “meinem” Mikroskop hinbekommen habe, und das sogar in 3D.

Batman in 3D

Ein Batman in 3D. Vesikel aufgenommen in SD-dSTORM. Durchmesser der “Kugel” in der Mitte knapp unter 200 nm oder 0,0002 mm. Bild gerendert mit ImageJ (Bild: CC-BY 4.0 André Lampe)

Ich hab hier einfach ein paar Rohdaten aus einer Messung in die wundervolle Software ImageJ (über die ich hier was geschrieben habe) geladen, und ein 3D-Bild rendern lassen. Mit etwas Phantasie kann man schon erkennen, dass dies eine Kugel ist, und das die Mitte hohl ist. Das müsst ihr mir jetzt einfach glauben – ich wollte nicht einfach ein Bild und einen Graphen zeigen, der den Batman beweist, ich fand dieses rotierende Bildchen viel schöner. Übrigens hat die “Kugel” im Bild annähernd 0,0002 mm Durchmesser. Das ist ein wenig mehr als die eigentlich Größe eines Vesikeles. Das liegt daran, dass ich die Farbstoffe mit Antikörpern an das Vesikel geklebt habe, und zwar mit gleich zwei Antikörpern. Einem, der das Vesikel erkennt, und einem, der den ersten Antikörper erkennt und den Farbstoff trägt. Und da Antikörper so ungefähr 10 nm groß sind, also 0,00001 mm, bekommt man als Bild etwas, dass so groß ist wie ein Vesikel plus einem Haufen von Antikörpern auf der Oberfläche. In Zahlen ausgedrückt: 100 nm bis 150 nm plus 2 mal 2 mal* 10 nm Antirkörper sind ungefähr 200 nm inklusive einiger Messungenauigkeiten.

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Kommentare (2)

  1. #1 rolak
    15. April 2015

    Abgesehen von den tollen Ergebnissen: Schöne Verwendung des Namens, so naheliegend, daß eventuell sogar das Gedächtnis bis zum passenden Moment durchhält – denn Fast-Chimären gibt es ja reichlich.

  2. #2 Chemiker
    16. April 2015

    Ich habe Batman schon gesehen!