Ernst Abbe war begeistert von Teleskopen, Mikroskopen und dem Wohlergehen seiner Angestellten.

Ernst Abbe

Ernst Abbe, von Emil Tesch (1860-1931), deutscher Fotograf Heliogravure: Georg Büxenstein & Co. [Public domain], via Wikimedia Commons

Am 23. Januar 1840 erblicke Ernst Karl Abbe in Eisenach das Licht der Welt. Er war Physikprofessor, Mitglied diverser Akademien, unter anderem der Leopoldina, zeitweise Alleininhaber der Carl Zeiss AG, beteiligt an der Gründung der Schott AG, Direktor der Sternwarte Jena aber vor allem war er auch ein Sozialreformer.

Für mich ist eine seiner größten Leistung die theoretische Untersuchung der optischen Komponenten eines Mikroskops. Bevor Abbe 1866 angefangen hat für Carl Zeiss zu arbeiten, war man beim Bau von Mikroskopen auf Ausprobieren und Erfahrungen angewiesen. Erst mit den Arbeiten von Ernst Abbe gab es genaue Erklärungen für die Vergrößerung, Abbildungstreue und Lichtstärke von Mikroskopen. Das heißt aber noch lange nicht, dass er sich nur mit der Mikrokopie beschäftigt hat, Direktor einer Sternwarte wird man nicht ohne Grund. In Abbes Habilitationsschrift Über die Gesetzmäßigkeit in der Verteilung der Fehler bei Beobachtungsreihen von 1863 zeigt er sich als begabter Astronom und Statistiker.

Abbe hat nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Korrektur von Bildfehlern gemacht, sich über Lage und Funktion von Blenden den Kopf zerbrochen und die Abbesche Sinusbedingung aufgestellt, er hat auch die Theorie der Auflösungsgrenze formuliert. Im Jahr 1873 veröffentlichte er diese Arbeit, die immer noch Gegenstand von aktueller Forschung ist. Schließlich wurde 2014 der Nobelpreis für Chemie an drei Herren verliehen, die Techniken entwickelt haben um das Abbe-Limit zu umgehen. Aber was genau ist diese Beugungsgrenze überhaupt?

Beugungsgrenze in der Mikroskopie

Gedenkstein vor der Universität Jena zu Ehren von Ernst Abbe, von KaurJmeb at the English Wikipedia project. [GFDL oder CC-BY-SA-3.0], via Wikimedia Commons

Auf einem Gedenkstein vor der Universität Jena ist die Formel für die Beugungsgrenze nach Ernst Abbe eingemeißelt. Seine Idee war es, zu überlegen welche beleuchteten Strukturen man noch so gerade unter einem Mikroskop erkennen kann. Dazu betrachtete er Gitter und rechnete mit den Öffnungswinkeln der verwendeten Objektive unter Berücksichtigung des Brechungsindex des Stoffes in dem das Gitter sich befand. Die Formel, die man auch auf dem Stein links im Bild erkennen kann, lautet d = λ / 2n sin α , wobei d der Strichabstand des beleuchteten Gitters ist, λ die Wellenlänge des verwendeten Lichts, n der Brechungsindex des Mediums zwischen Objektiv und Probe und α der halbe Öffnungswinkel des Objektivs. Der Brechungsindex war gerade deshalb so wichtig, weil längst nicht alle Proben trocken waren, gerade in der Zellbiologie möchte man seine Proben im Wasser betrachten und in der modernen Fluoreszenzmikroskopie verwendet man häufig Ölimmersionsobjektive, die durch einen Öltropfen mit dem Objektträger verbunden sind. Da Öl einen höheren Brechungsindex hat wird auch der Öffnungswinkel des Objektivs größer. Das hier mit Winkeln gerechnet wird mag den ein oder anderen Überraschen; hat es mich auch, als ich im Studium das erste Mal mit Herrn Abbe konfrontiert war. Beim Mikroskop könnte man diese etwas unhandlichen Angaben von Öffnungswinkeln auch mit Abständen in der Probe angeben, aber die Welt der optischen Geräte besteht nicht nur aus Mikroskopen. Winkelangaben sind Gang und Gäbe bei Teleskopen, denn im Gegensatz zum Mikroskop legt man da die Probe nicht drunter, sondern möchte weit entfernte Dinge betrachten können. Das Auflösungsvermögen wird bei Teleskopen in Bogensekunden angegeben, schließlich kann ein Stern mal fünf Lichtjahre entfernt sein und mal vierhundert Lichtjahre. Nur beim Mikroskop hat man den Luxus, dass man das Auflösungsvermögen mit einer Länge in Verbindung bringen kann, da das Objektiv eines Mikroskops immer im selben Abstand zur Probe steht*. Vereinfachen kann man die Beugungsgrenze nach Abbe mit der Größe numerische Apartur, oder kurz NA, bezeichnen. Sie vereinigt Brechungsindex und halben Öffnungswinkel, so dass man auch d = λ / 2 NA für die Auflösung einer beleuchteten Struktur schreiben kann. Das macht die Sache einfacher, heutzutage ist die NA eines jeden Objektivs direkt auf die Seite gedruckt.

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Kommentare (7)

  1. #1 Florian Freistetter
    2. August 2015

    Du bist herzlich eingeladen, mal nach Jena zu kommen und dir Abbes Wirkungsstätten und Vermächtnis vor Ort anzusehen 😉

    • #2 André Lampe
      2. August 2015

      Ohh, die Einladung nehme ich doch gerne an. Ich melde mich gleich mal 😉

  2. #3 dgbrt
    2. August 2015

    Sehr interessanter Artikel, das soziale Engagement von Ernst Abbe kannte ich auch noch nicht; und die Stiftung ist bis jetzt auch an mir vorbeigegangen.

    Und Jena sollte man zu Hauptstadt der Optik machen. Florian Freistetter wird sicherlich zustimmen ;).

  3. #4 dgbrt
    2. August 2015

    Ich kann meinen Post nicht editieren… zu spät…

  4. #5 LasurCyan
    2. August 2015

    Der Strichabstand d einer beleuchteten Probe aus dem Abbe-Limit oder der Abstand d, zwischen zwei Leuchtenden Punkten, beim Rayleigh-Kriterium sind also nichts anderes als die Größenangaben des kleinsten Pinsels eines Mikroskops.

    Schönes Bild, nur ist bei der Benutzung von Pinseln der Kleinste nicht zwingend der, der die kleinste Struktur (also Auflösung gewissermassen) erzeugen soll. Grosse und kleine Pinsel unterscheiden sich in ihrer Anwendung vor allem in ihrer Fähigkeit, eine bestimmte Farbmenge aufnehmen zu können. Das ist jetzt natürlich eindeutig zu weit hergeholt^^

    Schöner Artikel! Insbesondere der soziale Aspekt im Wirken von Abbe war mir nicht bekannt.

  5. #6 Christian Thiele
    9. August 2015

    War mir gar nicht bewusst, dass Abbe so wichtig bei Zeiss war, hatte nur die Theorie im Hinterkopf. Hochinteressant!

  6. […] mit einem normalen Fluoreszenzmikroskop nicht mehr sehen. Darüber habe ich schon im Artikel über Ernst Abbe berichtet, der genau auf diesem Gebiet geforscht […]