• Das Text- und Data-Mining. Wenn man das erlauben würde, könne einfach jeder gratis in den von Verlagen geschützten Artikeln herum wühlen, ohne etwas dafür zu bezahlen! Wenn man sich vor Augen führt, dass dies im Bereich der Wissenschaft so gut wie alles Publikationen sind, für dessen Veröffentlichung die Autoren bereits den Verlag bezahlt haben, und das diese Forschung von der öffentlichen Hand finanziert worden ist, könnte man schon langsam anfangen sich Gedanken über Tassen in Schränken zu machen.
  • Immer wieder wird im Text auch davon geschrieben, dass nur das jetzige Copyright – ein heilloses Chaos mit diversen Ausnahmeregelungen für jeden EU-Staat, siehe Panoramafreiheit*** – dass eben nur dieses Copyright dazu in der Lage ist die freie Meinungsäußerung zu garantieren. Der etwas beleidigende Ton, der gegenüber dem EU Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker, seinem Stellvertreter Andrus Ansip und der Europaabgeordneten Julia Reda angeschlagen wurde, war dann quasi noch das i-Tüpfelchen.

    Was kann man tun?

    In ihrer Rede ruft Julia Reda dazu auf, dass auch die Wissenschaft etwas Lobbyarbeit betreiben sollte, damit sich die Umstände im Wissenschaftssystem bessern können. Mehr noch, damit überhaupt sicher gestellt werden kann, dass die Politik sich auf gesicherte Daten aus der Wissenschaft berufen kann, die auch zugänglich sind. Das ist gar nicht so schwierig wie man meint. Wenn man seinen jeweiligen EU-Abgeordneten darauf hinweist das einiges schief hängt, im Bereich der öffentlich finanzierten Forschung, dann kann man wenigstens für Aufmerksamkeit für dieses Problem sorgen. Vielleicht führt das dann den ein oder anderen zur Erkenntnis sich noch einmal intensiver mit den Hintergründen auseinander setzen zu müssen. Also schreibt doch vielleicht mal eurer Abgeordneten oder eurem Abgeordnetem im EU-Parlament eine Mail und weist darauf hin, dass da einiges blöd läuft. Die EU-Abgeordneten gibt es hier, sortiert nach Bundesländern aus denen sie gewählt worden sind.

    Man könnte aber auch Wissenschaftsorganisationen wie Max-Planck, Fraunhofer, Helmholtz oder die Leibniz-Geminschaft und die Universitäten selbst auf diese Sache hinweisen. Die werden sich genauso dafür interessieren wie die Geldgeber, zum Beispiel die Deutsche Forschungsgemeinschaft, den Stifterverband der deutschen Wirtschaft oder das Bundesministerium für Bildung und Forschung. Der Witz ist ja eigentlich, das man als WissenschaftlerIn nie allein ist, sondern eingebettet in Organisationen versucht das Wissen zu mehren. Da könnte an der ein oder anderen Stelle darauf hinweisen werden, dass jetzt gerade in Brüssel Entscheidungen anstehen, die alle oben genannten betreffen. Für das niederschwellige Handeln in dieser Richtung, hier nochmal die wichtigsten Links:

     

    Fußnoten:

    * Peer Review
    ** Das Übertragen von Nutzungsrechten beim Veröffentlichen in wissenschaftlichen Journalen ist ein ziemlich großes Thema. Wenn man dazu mehr erfahren möchte, kann man mal bei Urheberrecht und Tipps für Autoren der Johannes Gutenberg Universität Mainz schauen. Wer dazu eine bessere Quelle hat: nur her damit.
    *** Panoramafreiheit, also das fotografieren von Gebäuden, zum Beispiel, bedarf in Frankreich der Gehnemigung des Architekten. Mehr dazu hier.

     

    Ich möchte mich ganz herzliche bei Matthias Fromm und Konrad Förster vom PodCast Open Science Radio für die Fakten-Checks bei diesem recht komplexen Thema bedanken! Ihren PodCast kann ich nur empfehlen.

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    Kommentare (2)

    1. #1 André Lampe
      20. September 2015

      Dieser Artikel wurde am 20. September veröffentlicht.

    2. #2 Sepp
      21. September 2015

      Jaja, das Wissen der Menschheit, verkauft zu fairen Preisen…
      Es läuft einiges falsch.

      Elsevier zu boykottieren war gut, um die Diskussion anzustoßen. Immer mehr Journals bieten Open Access an, was schon mal der Schritt in die richtige Richtung ist. Aber es geht ums Geld. Die etablierten Verlage lachen sich doch schlapp: Steuerzahler zahlen die Forschung sowie die Gebühr zum Veröffentlichen und Lesen der Artikel. Es wird viel, viel Geld aus dem System gezogen. Keine Firma würde kampflos ein so profitables Modell einstellen.

      Es gibt leider aber auch jede Menge zwielichtige “Online only” Open Access Journals, die wie Pilze aus dem Boden sprießen und einfach nur die Hand aufhalten. Ich bekomme oft Anfragen, als „Guest-Editor“ zu einem Thema meiner Wahl (sic) Leute zum Submitten einzuladen, die dann 1000 – 2000 € berappen dürfen. Manche Journals machen sich noch nicht einmal mehr die Arbeit, den Artikel zu formatieren und für eine übersichtliche Darstellung der Ergebnisse zu sorgen.

      Welche wirtschaftliche Bedeutung das Urheberrecht haben kann, hat Eckhard Höffner dargestellt: Im 19. Jahrhundert entstand in Deutschland, welches noch zu den Agrarstaaten gehörte, eine Gründernation durch die Verfügbarmachung des Wissens [1].

      Zu guter Letzt noch eine Idee: warum gründen die Deutsche Forschungsgemeinschaft und die Bibliotheken Deutschlands bzw. Europas nicht eigene Verlage / Journals? Online only mit Peer Review (den die etablierten Verlage noch nicht einmal bezahlen!). Das Wissenschaftssystem liefert schon potentielle Editoren, i.e. Wissenschaftler — wäre eine Perspektive für all jene, die der Wissenschaft treu bleiben wollen. Diese haben gelernt Texte zu schreiben, zu formatieren, Abbildungen zu editieren etc… Die Bibliotheken würden sich die teuren Abos sparen. Dafür muss aber ein großer Ruck durch die Wissenschaftslandschaft gehen.

      [1] https://www.spiegel.de/spiegel/a-709761.html