Das Mikroskop

Gebaut wurde der FLUMIAS Demonstrator von TILL I.D. GmbH und von Airbus Defense and Space GmbH für den Einsatz im Weltraum angepasst. In manchen Presseartikeln zum Thema liest man noch, dass das Mikroskop ein “spinnging disc confocal” ist – Schnee von gestern. In dem FLUMIAS Demonstrator steckt ein “strukturierte Beleuchtung”-Mikroskop (Structured Illumination Microscope, SIM). Was ein SIM ist und wie es funktioniert habe ich schon im Artikel Hochauflösungsmikroskopie beschrieben. Mit einem SIM kann man 3D Bilder aufnehmen und theoretisch Details unterhalb der Beugungsgrenze des Lichts auflösen (mehr zur Beugungsgrenze gibt’s bei Ernst Abbe war ein faszinierender Mensch). Der Bau des Gerätes ist für TILL I.D. nicht einfach gewesen – für den Demonstrator war der Platz und das Gewicht beschränkt: Volumen maximal 7 Liter, Gewicht maximal 7 Kilogramm.

Hexagonales Gitter im FLUMINAS Demonstrator, mit freundlicher Genehmigung von TILL I.D. GmbH

Hexagonales Gitter im FLUMIAS Demonstrator, mit freundlicher Genehmigung der TILL I.D. GmbH

Ich habe vorhin geschrieben, dass man “theoretisch Details unterhalb der Beugungsgrenze des Lichts” auflösen kann. Das SIM im FLUMIAS Demonstrator wird so nicht benutzt, es liefert “nur normal” aufgelöste Mikroskopiebilder. Die strukturierte Beleuchtung wird dafür benutzt, um die Probe in 3D aufzunehmen. Man könnte auch höher aufgelöste Bilder machen, dies stellt sich allerdings schwieriger dar als man denkt, wieder wegen der Beschränkungen für Dinge auf der ISS. Das Objektiv muss ein “Luft-Objektiv” sein, also ein Objektiv, das auf die Probe schaut ohne einen Tropfen Immersionsöl dazwischen (wird gemacht um eine höhere numerisch Apatur zu erreichen). Die Abbildung von Luft-Objektiven ist nicht optimal und führt zu vielen Schwierigkeiten in Details von SIMs. In den Laboren, die strukturierte Beleuchtung auf der Erde einsetzen, wird eigentlich immer ein Öl-Immersions-Objektiv benutzt.

Das SIM im FLUMIAS Demonstrator benutzt ein etwas anderes Gitter als die meisten zur Zeit verwendeten SIMs. Es ist ein hexagonales Gitter, also kein eindimensionales Strichgitter, sondern ein zweidimensionales Gitter aus kleinen Löchern. Verwendet man ein solches Gitter, fällt ein Schritt der Rohdaten-Aufnahme weg, der bei SIMs mit Strichgittern erforderlich ist: die Rotation des Gitters. Nochmal: Wie ein SIM funktioniert steht im Artikel Hochauflösungsmikroskopie. Wer sich für die Details von SIM mit hexagonalen Gittern interessiert: Es gibt einen open access Fachartikel dazu: Schropp et al. “XL-SIM: Extending Superresolution into Deeper Layers”.

Die Probe (Demonstrator)

Test-Bild am Boden des FLUMINAS Demonstrators von Makrphagen. Zellkern in blau, ...rot, ...grün. Klick für vollständige Größe (3000x3008), mit freundlicher Genehmigung des DLR.

Test-Bild, aufgenommen mit dem FLUMIAS Demonstrators (noch am Boden) von menschliche Makrophagen (Fresszellen, weiße Blutkörperchen). Zellkern in blau, Aktin (Teil des Zytoskeletts) in rot, Vimentin (Teil des Zytoskeletts) in grün. Klick für vollständige Größe (3000×3008), mit freundlicher Genehmigung des DLR/Prof. Ullrich.

Im FLUMIAS Demonstrator werden am Freitag 29.06.2018 zwei Proben zur ISS fliegen. Einmal eine Probe mit lebenden Makrophagen (Fresszellen, weiße Blutkörperchen), die mit Fluoreszenz-Farbstoffen markiert sind und derselbe Zelltyp in einer fixierten (toten) Probe, ebenfalls markiert mit Fluoreszenz-Farbstoffen. Diese Makrophagen sind menschliche Zellen, sie wurden aus zentrifugierten Proben von Blutspendern gewonnen, aus dem sogenannten buffy-coat. Präpariert und bereitgestellt wurden die Proben von der Arbeitsgruppe um Prof. Ullrich an der Uni Magdeburg. Der Demonstrator soll vor allem zeigen, dass das Gerät auf der ISS Bildserien von biologischen Proben anfertigen kann, in guter und gleichbleibender Qualität, die auch auswertbar für die Wissenschaft sind. Ein Test-Bild der fixierten Makrophagen-Probe, gemacht mit dem FLUMIAS Demonstrator (als er noch auf der Erde war), hab ich euch hier eingefügt.

Wie kommen wir an die Bilder?

Für mich war das eine besonders spannende Frage. Einmal weil ich gerne wissen wollte, welche Kamera- und Beleuchtungstechnik im Mikroskop steckt, zum anderen hat mich interessiert wie die Daten von der ISS zu Erde kommen. Die Antwort auf die letzte Frage war für mich ein wenig enttäuschend: Die aufgenommenen Rohdaten werden mit einer SSD (solid-state-disk, im Prinzip ein USB-Stick) bei der nächsten Gelegenheit wieder mit zur Erde gebracht, im Labor ausgewertet und daraus werden dann dreidimensionale SIM-Bilder errechnet. Aber es handelt sich ja nur um einen Demonstrator, für die Zukunft ist ein direkter Datentransfer geplant. Bisher ist die Übertragungskapazität der ISS für die erwarteten 2TB Rohdaten zu schwach.

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Kommentare (5)

  1. #1 Michael
    29. Juni 2018

    “Funktioniert es, auf der ISS, von lebenden Zellen Fluoreszenz-Bilder mit einem automatisierten Mikroskop zu machen?”

    Wieder einmal übernimmt ein herausragendes Forscherteam der bemannte Raumfahrt die Lösung eines Problems, das die Welt seit Jahrtausenden bewegt.

    Vorschau: Nächste Woche wird vom gleichen Forscherteam untersucht, ob eine Teflonpfanne auf der ISS zum Zubereiten bretonischer Eierkuchen geeignet ist.

    • #2 André Lampe
      29. Juni 2018

      Herzlichen Dank für diesen konstruktiven Kommentar.

  2. #3 wereatheist
    29. Juni 2018

    Der gute Michael hat offensichtlich einen Brast auf die Raumfahrt, insbesondere auf die bemannte.
    Ich selbst bin auch kein Fan der bemannten Raumfahrt (zuwenig bang for the buck), aber in diesem Fall passt es schon: da die Daten zuviel für eine Übertragung per EM-Spektrum werden (kein Wunder bei detaillierten 3D-Aufnahmen von vielen Zellen), ist es schon gut, eine Station zu haben, die regelmäßig angeflogen wird.
    Ich winke gerne der ISS zu, wenn sie sich mal wieder über Berlin sehen lässt 🙂
    Und ob sie sich sehen lässt, erfährt man z.B. hier.

  3. #4 michael
    29. Juni 2018

    Ist die ISS-Mission nicht 2024 beendet? Wieviele Experimente mit einem Mikroskop kann man denn dann noch machen?

    • #5 André Lampe
      29. Juni 2018

      Hallo Michael,
      so weit ich weiß ist erstmal bis 2024 der Betrieb von allen Seiten weiter geplant und Mittel zugesichert – was nicht heißt, dass es zwingend 2024 ein Ende hat. Aber zu deiner Frage: Wenn die letzte Ausbaustufe von FLUMIAS 2020 hoch geht, dann sind dort Kapazitäten für 6 verschiedene Experimente-Blöcke vorhanden. Diese könnten dann mit jeder resupply mission theoretisch ausgetauscht werden. Also bestimmt einige dutzend Experiment-Blöcke bis 2024. Wobei man auch dazu sagen muss, dass in einem Experiment-Block a) nicht zwangsläufig nur eine Probe sein muss, mehrere sind sogar fest eingeplant und b) lange Messungen von lebenden Zellen so viele Bild-Daten liefern, dass man da nicht von einem einzelnen Experiment sprechen sollte – das würde der Sache nicht gerecht werden. Zumal große Teile der Datennahme automatisch gestaltet werden sollen. Aber ich werde mir deine Frage merken. Bestimmt gibt es bald einen weiteren Artikel zu den ersten Ergebnissen und ein bisschen mehr zur Biologie – da werde ich dann versuchen auch darauf näher einzugehen.

      Liebe Grüße, André