Im aktuellen Paper wurde nun ein neuer Virus präsentiert: IIV (Invertebrate Iridescent Virus). Im Gegensatz zu den oben erwähnten Viren handelt es sich hier um einen DNA-Virus. Mit einem proteomischen Verfahren namens MSP (eine Untersuchung einer großen Reihe von Peptiden aus kranken und gesunden Völkern) fanden die Forscher, dass der Virus in fast allen CCD-Kolonien, nicht aber in Kontrollen aus Australien und Montana auftauchte. Ein ähnliches Bild ergab sich für Mikrosporidien der Gattung Nosema. In verschiedenen CCD-Kolonien fanden sie diese Korrelation zwischen Nosema und IIV.

Ein interessantes Ergebnis. Während viele Studien einzelne Übeltäter verantwortlich machen wollten, könnten es jetzt zwei sein. Das würde auch Diskrepanzen zwischen bisherigen Untersuchungen erklären, und könnte eine Erklärung dafür sein, warum CCD so ein spezieller Fall ist und eigentlich nur im Winter 2006/07 überraschend stark gewütet hat. Seitdem hat sich die Situation fast wieder normalisiert und die Fälle von Bienensterben über den Winter sind in mehr oder weniger alte Verhältnisse zurück gekehrt.

Das Problem ist aber, dass wir hier bislang nur eine Korrelation haben. Es wäre eine elegante Erklärung, aber eine direkte Bestätigung dafür, dass diese beiden Pathogene für CCD verantwortlich sind, gibt es bislang nicht. Die Wissenschaftler haben außerdem Bienen infiziert und eine leicht erhöhte Sterblichkeit ausgemacht, wenn sie Virus und Mikrosporidium gemeinsam verfütterten. Leider war aber dadurch auch die Dosis erhöht, was das Ergebnis doch stark fragwürdig erscheinen lässt. Und die einzige Korrelation zwischen Pathogendichte und Sterberate kommt von einer einzelnen Kolonie, die über den Verlauf der “Collapse” beobachtet wurde. Die in der Pathologie typische Methode um experimentell eine Ursache-und-Wirkungs-Beziehung nachzuweisen – das geben die Autoren offen zu – haben sie bislang nicht durchgeführt. Das sind nicht zu ignorierende Schwächen der Studie.

Die Foscher geben dem Leser aber den Eindruck, dass mit dieser Studie das Geheimnis um CCD gelüftet wurde. Die nächsten Schritte wären demnach Maßnahmen zur Bekämpfung:

We next need to … develop management practices to reduce honey bee losses.

Leider ignoriert die Presse die Probleme bei so einer Veröffentlichung meist zu Gunsten der spannenderen Überschrift – die New York Times verkünden derweil schon mal “Honey Bee Killer Found by Army and Entomologists: Scientists and Soldiers Solve a Bee Mystery”. Wenn wir Korrelationen zu Ursachen machen, dann laufen wir Gefahr, mit Scheuklappen bestückt in die falsche Richtung zu laufen.

Schade eigentlich, denn die Ergebnisse können sich sehen lassen. Es scheint mir nur immer schwieriger zu werden, Daten als das zu publizieren was sie sind: Teile eines Puzzles.

PollinatorWeek2009.jpg

ResearchBlogging.orgBromenshenk, J., Henderson, C., Wick, C., Stanford, M., Zulich, A., Jabbour, R., Deshpande, S., McCubbin, P., Seccomb, R., Welch, P., Williams, T., Firth, D., Skowronski, E., Lehmann, M., Bilimoria, S., Gress, J., Wanner, K., & Cramer, R. (2010). Iridovirus and Microsporidian Linked to Honey Bee Colony Decline PLoS ONE, 5 (10) DOI: 10.1371/journal.pone.0013181

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Kommentare (10)

  1. #1 KerstinH
    Oktober 8, 2010

    Nils,
    vielen Dank für die Zusammenfassung!
    Über eine Kombination von Faktoren als Ursache wird ja schon länger spekuliert – dies scheint zum ersten Mal ein konkreter Hinweis zu sein. Bin gespannt, ob sie einen kausalen Zusammenhang nachweisen können. Oder ob doch wieder alles ganz anders kommt…

  2. #2 Ulrich Berger
    Oktober 9, 2010

    Ha, kann nicht sein. Der wirkliche Grund ist Handystrahlung! Hier bewiesen: https://www.ias.ac.in/currsci/25may2010/1376.pdf

    [Achtung, Satire…]

  3. #3 Hans Brandl
    Oktober 9, 2010

    Da sollten wir uns doch auf ein kompetentes Blatt dem allgemeien vertraut wird, mit ebensolchen kompetenten Journalisten und deren verantwortungsvolle und tiefgehende Recherche, verlassen: https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-50910321.html
    Der “Genmais” ist natürlich an allem schuld , deswegen tritt CCD ja auch vor allem in den USA auf und bei uns dort wo BT810 angebaut wurde. 😉
    Keine Satire, nur praktischer Journalismus !

  4. #4 Nils
    Oktober 9, 2010

    @Ulrich:
    Satire? Ich hatte das damals als ganz ernst gemeinte Studie verstanden. Genau wie CNN. Und das war schon traurig genug, bedenkt man wie schwach deren Methoden waren. Es ist manchmal erstaunlich wieviel Publicity man mit Honigbienen kriegen kann …

  5. #5 Mathias
    Oktober 9, 2010

    Nils, wenn man mit Honigbienen wirklich publicity bekommen würde, würde jeder Imker werden wollen. Aber grade die haben Nachwuchsprobleme, wie viele Bereiche der Landwirtschaft.
    Aber die Jugend will ja lieber Superstar werden 😉

    Danke für den Artikel..Nils.
    Das rückt das Ganze, wieder ins vernüftige Licht.

    mal ein paar andere Quellen als Spon..
    physorg.com:
    https://www.physorg.com/news205675578.html
    plosone.org
    https://www.plosone.org/article/info%3Adoi%2F10.1371%2Fjournal.pone.0006481

  6. #6 noch'n Flo
    Oktober 11, 2010

    @ Nils:

    Stattdessen verloren die Autoren dadurch, dass sie Bienensterben weltweit in einen Topf warfen und eine Lösung für alle Bienenvölker vorstellten, in den Bienenkreisen viel Respekt.

    Und das haben Dir die Bienen wirklich gesagt? Komisch, mit mir reden die irgendwie nie…

  7. #7 Isaac Soares de Medeiros
    Oktober 19, 2010

    Trabalho com abelhas e achei muito interessante seu web siti, parabéns!!
    Atenciosamente:
    Isaac Soares de Medeiros
    https://www.abelhasdosabugi.blogspot.com/

  8. #8 Nils
    Oktober 22, 2010

    Ein kleines Update:

    Ich war eine kurze Zeit im Urlaub und hab anscheinend das Spannendste verpasst. Dank Kerstin vom More than Honey-Blog weiß ich jetzt dass der Hauptautor des oben beschriebenen Papers nicht wenig dafür kritisiert wurde, dass er vergaß zu erwähnen dass er von Bayer Crop Science finanziell unterstützt wird. Da Bayer als Insektizidhersteller von den Ergebnissen profitieren könnte, und auch Bromenshenks Firma “Bee Alert” selbst, werden seine “sehr gelegenen” Ergebnisse in Frage gestellt.

    So eine Unterstellung mag übertrieben sein, aber genau deshalb gibt es nunmal die Kategorie “Competing Interests” beim Einreichen eines Artikels.

    Mehr gibt’s hier: What a scientist didn’t tell the New York Times about his study on bee deaths

    Und noch ein interessanter Kommentar von Prof. Peter Dearden vom neuseeländischen Southern Genes-Blog.

  9. #9 Janina
    Mai 14, 2011

    Das Bienensterben hat in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Nun zeigt ein Schweizer Wissenschaftler: Die Bienen werden von Handystrahlen verwirrt und fliegen in den Tod.
    https://www.blick.ch/news/schweiz/handystrahlen-killen-unsere-bienen-172040

  10. #10 rolak
    Mai 14, 2011

    Hallo Janina, Du hast da etwas verwechselt: Dein Kommentar gehört dort hin.