Wenn man öffentlich kritisiert (inklusive der Kommentare), dann muss man auch berichten, wenn es einen Neuanfang gibt. Wolfgang Büchner, ehemaliger Spiegel-Online-Co-Chef, und jetzt noch dpa-Chefredakteur, bringt die Voraussetzungen für einen gelungen Neuanfang mit. Auszug aus seinen internen dpa-Richtlinien und Standards zur Qualitätssicherung im Journalismus, die 2009 versehentlich online gingen (hier in Auszügen):

Eine Story, die zu gut ist, um wahr zu sein, ist vermutlich genau dies: nicht wahr. Je größer und unwahrscheinlicher eine Story ist, desto gründlicher müssen wir sie überprüfen.

Im Wettbewerb mit der Konkurrenz geht Richtigkeit immer vor Geschwindigkeit.

Organisation: bei exklusiven Informationen, die das Potenzial haben, zur Nachricht des Tages zu werden, werden künftig sofort vom CvD/Ressortleiter mindestens zwei Mitarbeiter zur Verifizierung von Informationen und Recherche freigestellt. Diese Taskforce widmet sich dann ausschließlich der Berichterstattung über dieses Thema. Das gilt auch in dem Fall, dass der dpa ein schwerer Fehler unterlaufen ist und dieser aufbereitet und gegenüber den Kunden dokumentiert werden muss.

Ortskompetenz: Der ortsansässige Korrespondent wird immer hinzugezogen — unabhängig von der Uhrzeit.

Recherche: Bei zweifelhafter Quellenlage ist die Berichterstattung über einen zusätzlichen “Ring der Überprüfung” abzusichern. Nicht nur die lokale Behörde, sondern mindestens eine übergeordnete Stelle muss die Information bestätigen können (z.B. in den USA die Heimatschutzbehörde oder der jeweilige Bundesstaat). Bei Auslandsthemen sind unbedingt die großen nationalen Medien zu beobachten. Bestehen Zweifel an der Identität eines Anrufers oder an der Richtigkeit einer Telefonnummer, lohnt parallel der Weg über die Auskunft.

Internetquellen: Jeder Mitarbeiter soll in die Lage versetzt werden, die Echtheit von Domains kompetent zu überprüfen.

Transparenz: Tauchen Zweifel an der Korrektheit gesendeter Meldungen auf, sind unsere Kunden von Anfang an per Achtungshinweis zu informieren.

Sieht doch schon mal gut aus.

Mal (weiter)sehen. Wie bald der gehobene Anspruch beim Spiegel kontinuierlich die Realität trifft.

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Kommentare (5)

  1. #1 Dr. Webbaer
    30. April 2013

    Die DPA hat nie sonderlich objektiv berichtet, sondern dem regionalen Zeitgeist geschuldet, die Auswahl der Nachrichten war auch dementsprechend; und das Problem beim Spiegel ist zunehmend das Personal geworden, da kann man nicht viel machen, zudem sich ja auch die Printmedien im Umbau oder Abriss befinden…

  2. #2 Hans Brandl
    4. Mai 2013

    Dass diese Regelungen irgendetwas verbessert hätten , wär mir neu (offenar sind die im Panzerschrank gegen Missbrauch gesichert) . Im Gegenteil , DPA Meldungen sind immer noch sehr oft und meist unkritisch der Ausfluss der Journalistengeneration G (Greenpeace, Gender, Gerechtigkeit) . Extrem triitt das bei Technik und forschungsorientierten Themen zu Tage. Da paart sich in der Regel die ideologische Ausrichtung mit der immer wieder demonstrierten, fachlichen Inkompetenz. Stattdessen werden dann , auch um die Arbeit zu vereinfachen, die sogennanten Eksperten (gestern wusste ich noch nicht wie man Eksperte schreibt, heute bin ich einer) von Greenpeace und anderen Lobbyorganisationen zitiert.

    • #3 Helga Kleisny
      4. Mai 2013

      Die Hoffnung stirbt zuletzt.

      Man sollte jedem mal eine Chance geben, auch für eine vernüftige Zeit, das Umzusetzen, was er in seiner (neuen) Funktion bewegen kann.

      Meine Spiegelkritik geht über Jahre, nicht erst seit dem Weggang von Mascolo und von Blumencron.

  3. #4 Toni
    4. Mai 2013

    Es gibt keine objektive Berichterstattung – es hat sie noch nie gegeben und wird sie wohl auch nie geben.

    Am besten festzumachen ist das an den “großen Themen”.

    Der Spiegel ist z.B. seit Jahrzehnten dafür bekannt das seine Berichterstattung im Hinblick auf das Christentum in tiefstem Maße tendenziös und antibiblisch voreingenommen ist.

    Zu Worte kommt z. B. im Hinblick auf biblische Archäologie bzw. Theologie immer nur eine Seite – die sog. “Minimalisten” und “gottlosen” Theologen der sog. “historisch-kritischen” Textexegese, deren unwissenschaftliches Theorie- u. Lügengebäude in vielen Bereichen jedoch längst in Trümmern liegt.

    Das aber ficht den Spiegel seit Jahrzehnten nicht an. Deren Ansichten werden weiterhin als die einzige und unumstössliche Wahrheit verkauft und fundierte Gegenstimmen noch nie gehört/zitiert, obwohl wirklich bibelkundige Fachleute die Ansichten dieser “Pseudoexperten” und damit die Artikel des Spiegels regelmäßig in der Luft zerfetzen und mit Fakten widerlegen.

    Trotzdem geht die Volksverblödung auf diesem Gebiet beim Spiegel seit Jahrzehnten uneingeschränkt weiter.

    Auf diesem Gebiet bestimmen im allgemeinen nicht die tatsächlichen Fakten oder die Wahrheit die Berichterstattung der Medien sondern vielmehr der Zeitgeist, die persönliche Voreingenommenheit und die in aller Regel atheistische Grundausrichtung der Medienschaffenden.

  4. #5 Dr. Webbaer
    5. Mai 2013

    Meine Spiegelkritik geht über Jahre, nicht erst seit dem Weggang von Mascolo und von Blumencron.

    Seit 2010. 🙂

    Der Schreiber dieser Zeilen liest das gute Stück, wenn auch nicht fortlaufend, seit ca. 1970. – Immerhin hat es seit ca. 1985 die Wende im Osten auf gewisse Weise vorweggenommen, damals hat man möglicherweise aus einer gewissen Antizipation heraus aufgehört linksradikale Texte zu veröffentlichen.

    Schwierig, warum liest man sowas überhaupt?, Antwort: Die anderen sind auch nicht viel besser, wenn man d-sprachig bedient werden möchte.

    BTW: Die DPA trennt seit längerem nicht mehr ordentlich zwischen Nachricht und Meinung.

    MFG
    Dr. W