Die Ärztin und Biologin Elisabetta Cavalcanti-Adam ist im Laufe ihrer Karriere schon viel rumgekommen: Nach ihrem Studium ging die gebürtige Italienerin für ihre Forschungen vier Jahre in die USA. Nun ist sie seit sechs Jahren in Heidelberg – und vergleicht die Situation von Wissenschaftlerinnen hier mit ihren Erfahrungen im Ausland.
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Für meinen Beruf bin ich oft unterwegs und ich bin häufig umgezogen. Zum Wohle meiner Kinder wünsche ich mir, dass unser Standort in Heidelberg stabil bleibt, schließlich sind wir schon seit sechs Jahren hier.

In meiner Zeit im Ausland – ich habe vier Jahre in den USA gelebt und stehe immer noch in engem Kontakt mit dem Labor, bei dem ich tätig war – habe ich jedoch andere Möglichkeiten kennen gelernt, wie man Familie und Arbeit unter einen Hut kriegt.

In den USA hatte ich nie das Gefühl, eine Sonderrolle als Frau einzunehmen. Am Institut in Philadelphia gab es bessere Strukturen, das heisst, die Kinderbetreuungsstätte befand sich im selben Gebäude wie die Labore und das machte es Müttern leichter. Zwar hatte ich zu dem Zeitpunkt noch keine eigenen Kinder, aber ich schätze, dass es sehr geholfen hat, Wissenschaftlerinnen zur Familienplanung zu ermutigen.

In Italien hingegen, wo ich mein Studium begonnen habe, waren meine Erfahrungen ziemlich schlecht. Wir hatten fast keine Professorinnen und unter den Studierenden war nur etwa ein Fünftel weiblich. Um zum Studium zugelassen zu werden, gab es damals ein Auswahlverfahren – wer weiß, wonach dort sortiert wurde.

In meinem jetzigen Team waren wir anfangs nur 2 Frauen und 13 Männer – mittlerweile sind wir aber mehr. Vor allem unsere studentischen Mitarbeiter sind meist weiblich. Es wäre wünschenswert, dass diejenigen mit Talent und einer Begeisterung für Wissenschaft später die Chance ergreifen und versuchen, Professorin zu werden.

Bisher entscheiden Frauen sich leider eher dazu, zu Hause zu bleiben oder sie schlagen einen anderen Weg ein und gehen beispielsweise in die Industrie. Dort gibt es andere Arbeitszeiten, man kann eher seine „Zeit absitzen”, als das in der Forschung möglich ist. Diese Berufe haben geringere Anforderungen, qualifizierte Frauen müssen dann leider auch manchmal „tiefstapeln”.

Es ist aber bereits ein Fortschritt, dass bei Bewerbungen die Zeit, die ich im Mutterschutz verbracht habe, durchaus vom Lebensalter abgezogen wird. Das ist ein Bonus. Die Anzahl der Publikationen, die man im Laufe seines Lebens geschafft hat, zählt natürlich auch. Aber auch da würde ich sagen: Wenn Unterstützung da ist, klappt auch das. Wer eine gute Kinderbetreuung hat, erhält dafür vieles zurück. Ich arbeite manchmal auch zu Hause zwischen 23 und 2 Uhr nachts – nicht weil es unumgänglich ist, sondern weil ich mich einfach danach fühle und die Energie habe. Ich denke, an den Arbeitsbedingungen von Wissenschaftlern wird sich so schnell nichts ändern – bei der Kinderbetreuung sind Verbesserungen aber möglich und nötig.