Die erste schwarz-grüne Koalition auf Landesebene dürfte vor einer größeren Zerreißprobe stehen: Laut übereinstimmenden Medienberichten hat die grüne Umweltsenatorin Hajduk entgegen allen Wahlversprechen nun doch den Bau des Steinkohlekraftwerks Hamburg-Moorburg genehmigt.

Dunkle Wolken ziehen am Himmel über Hamburg auf:

Der Energiekonzern Vattenfall darf nach Medienberichten das umstrittene Steinkohlekraftwerk Hamburg-Moorburg bauen. Die von Grünen-Umweltsenatorin Anja Hajduk geleitete Stadtentwicklungsbehörde habe dem Konzern jedoch hohe Auflagen gemacht, berichten der NDR und mehrere Zeitungen übereinstimmend. […] Noch am Abend wollte die Politikerin die Parteibasis auf einer internen Veranstaltung informieren.

Gerüchten zufolge bestehen die “hohen Auflagen” allerdings mehr oder weniger nur aus neuen Vorschriften bezüglich der Kühlwasserentnahme. Scheitert also das schwarz-grüne Experiment nun am Ende doch am Zankapfel Moorburg? Vor der Wahl hatte die Hamburger Grünen-MdB Anja Hajduk jedenfalls noch energisch gegen das geplante Kraftwerk protesiert:

Die GAL hat heute in der Hafencity gegen das geplante Kohlekraftwerk Moorburg demonstriert. Die Spitzenkandidatin Christa Goetsch und die Landesvorsitzende Anja Hajduk entrollten vor dem Störtebeker-Denkmal auf dem Großen Grasbrook ein Banner mit der Aufschrift „Die Flut kommt schneller, als manche denken. Stoppt das Kraftwerk Moorburg.” und legten Störtebeker einen Rettungsring um den Hals.

Auch das Wahlprogramm der GAL lässt keine Zweifel offen:

Das geplante Steinkohlekraftwerk in Moorburg würde die Hamburger CO²-Emissionen um 40 Prozent erhöhen. Statt dieses überdimensionierte Klima-Monster zu bauen, wollen wir ein kleineres Kraftwerk mit Kraft-Wärme-
Kopplung, das mit erheblich umweltfreundlicherem Erdgas betrieben wird. Daneben brauchen wir mehr kleine dezentrale Blockheizkraftwerke mit Kraft-Wärme-Kopplung, massive Anstrengungen zur Senkung des Strom- und Wärmebedarfs und mehr Erneuerbare Energien.

Was aber wird nun aus diesen Wahlversprechen? Und was wird aus der schwarz-grünen Koalition? Anja Hajduk will sich heute Abend vorab der Grünen-Basis stellen und veranstaltet einen Informationsabend zum Thema Moorburg, den aber weder die Hamburger Bürger noch Pressevertreter besuchen dürfen:

Ende September soll die Entscheidung zum Kohlekraftwerk Moorburg fallen. Aus diesem Grund lädt die GAL alle Mitglieder für den 30. September um 19:00 Uhr zu einem Informationsabend […] ein. Dort werden die Umweltsenatorin Anja Hajduk und Umweltstaatsrat Christian Maaß den Mitgliedern die behördliche Entscheidung im Genehmigungsverfahren zum Kohlekraftwerk Moorburg mitteilen […]. Dieser Informationsabend richtet sich ausschließlich an GAL-Mitglieder. Wir bitten daher um Verständnis, dass weder MedienvertreterInnen noch die interessierte Öffentlichkeit teilnehmen können.

Wer die Grünen kennt, weiß, dass die Partei mit Presse und Öffentlichkeit sonst eher sehr offen umgeht – allein schon deswegen liest sich die Ankündigung nicht gut. Nachdem die Hamburger GAL sich in den Koalitionsvereinbarungen bereits von der Verhinderung der Elbvertiefung – ebenfalls ein zentrales Wahlziel – verabschiedet hat, wird der Basis mit Moorburg nun also offenbar (hinter verschlossenen Türen) die zweite Kröte vorgesetzt.

Es wäre in der Tat doppelt schade, würde das von mir befürchtete Szenario eintreten. Zum einen würde ein Kraftwerk gebaut werden, auf das man besser verzichtet hätte, zum anderen wäre das Aus für Schwarz-Grün das Ende eines vielversprechenden Experiments, von dem ich mir (auch im Hinblick auf den Bund) einiges versprochen hatte…

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