Der engergiepolitische Unsinns-Vergleich der Woche (wenn nicht sogar des Monats) stammt aus der Bad Sobernheimer SPD, deren Mitglieder beim dieswöchigen Stammtisch durchblicken ließen, was sie vom Einstieg der Gemeinde ins Solargeschäft halten.

Die Main-Rheiner Regionalnachrichten berichten:

Grundsätzlich ist Trimpel gegen die Nutzung der Solarenergie: “Wirtschaftlicher Blödsinn”, grummelte das SPD-Verbandsgemeinde- ratsmitglied. Es gebe mittlerweile Untersuchungen, die gingen von 100 Milliarden Euro aus, die diese Energieart den Steuerzahler koste – “und jeder Stromkunde zahlt dafür”, obwohl die Solarenergie gerade mal 0,5 Prozent des Stromverbrauchs ausmache. Parteifreund Thomas Neumann pflichtete bei. Solarstrom erachtet er als so wirtschaftlich wie “Zucht von Bananen am Nordpol”. Die Förderung von Solarstrom sei “eine Spinnerei des damaligen grünen Umweltministers Trittin” gewesen, erinnerte Trimpel.

Oh weh – wo soll man da anfangen? Da ich arbeitsbedingt gerade wenig Zeit zum Bloggen habe, muss ich es bei einer knappen Replik belassen: Richtig ist, dass der Ausbau einer umweltfreundlichen Energieerzeuung über die Einspeiseregelung des EEG mittelbar von den Verbrauchern gezahlt wird. Der Bundesverband Solarwirtschaft gibt für 2006 eine Belastung der Stromkunden von etwa einer Milliarde Euro jährlich an – weit entfernt von den 100 Milliarden Euro, von denen Trimpel spricht. Umgelegt auf einen Durchschnittshaushalt ergibt sich eine theoretische Mehrbelastung von etwas mehr als einem Euro pro Monat – da dürfte ein Bier beim SPD-Stammtischabend im “Bella Italia” mehr kosten…

Ich frage mich außerdem, ob Trimpel hier nicht etwas durcheinander wirft, wenn er Stromkunden und Steuerzahler in einem Atemzug nennt. Denn zahlen tun letztendlich nur die Stromkunden – mit Steuergeldern hat die Einspeisevergütung wenig zu tun. Wer sich über Steuergeldverschwendung ärgern möchte, sollte sein Augenmerk statt dessen lieber auf die Kohlewirtschaft richten: Allein in Nordrhein-Westfalen wurden in läppischen acht Jahren (zwischen 1997 und 2005) 35 Milliarden Euro Steuersubventionen investiert. Jeder Arbeitsplatz dort kostet den Steuerzahler pro Jahr rund 80.000 Euro – damit ist kein anderer Wirtschaftszweig in diesem Land so heftig subventioniert wie die Steinkohle-Förderung.

Und von den Externalitäten konventioneller und regenerativer Energietechnik will ich an dieser Stelle (allein schon aus zeitlichen Gründen) gar nicht erst anfangen…

Den Bad Sobernheimer SPD-Stammtischlern sei hiermit dringend empfohlen, sich mal bei SPD-MdB Ulrich Kelber kundig zu machen, ob Photovoltaik nicht doch sinnvoller sein könnte, als die Bananenzucht am Nordpol:

Kommentare (4)

  1. #1 Georg Hoffmann
    6. November 2008

    “Der Bundesverband Solarwirtschaft gibt für 2006 eine Belastung der Stromkunden von etwa einer Milliarde Euro jährlich an – weit entfernt von den 100 Milliarden Euro, von denen Trimpel spricht. Umgelegt auf einen Durchschnittshaushalt ergibt sich eine theoretische Mehrbelastung von etwas mehr als einem Euro pro Monat”

    Aeh, etwas fehlt mir. 1 Euro pro Monat bei ca 40 Millionen deutschen Haushalten macht 480 Millionen. Ich glaube es laeuft genau auf den Preis eines Biers im Bella Italia raus.

  2. #2 Christian Reinboth
    6. November 2008

    @Georg Hoffmnn: Zuerst habe ich mich über die Rechnung vom BVS auch gewundert, bis mir dann eingefallen ist, dass nicht nur Privathaushalte Strom verbrauchen. D.h. die Milliarde verteilt sich zwar vollständig auf die Stromkunden, nicht aber auf die Haushalte. Ich hätte das vermutlich besser formulieren müssen, aber ich war so in Eile, dass ich die BVS-Zahlen einfach schnell übernommen habe, ohne groß darauf einzugehen. Offenbar wollte man beim BVS mit der Rechnung vor allem die geringe Belastung der Privathaushalte verdeutlichen und hat daher nur den Teil des Verbrauchs berücksichtigt, der auch in den privaten Haushalten umgesetzt wird. Ansonsten wäre es schon ein ziemlich derber Fehler, der einem Industrieverband hoffentlich nicht unterläuft… Auch wenn man so oder so noch sehr, sehr weit von den Zahlen entfernt wäre, auf die Trimpel sich hier stützt…

  3. #3 Erhard
    6. November 2008

    Ich hab es schon lange aufgegeben auch den letzten zu überzeugen.
    Wir werden erstmal die anderen 90% der Menschen mit Solarenergie bedienen die von dieser Technik überzeugt sind.

    In dieser Zeit kann die Bad Sobernheimer SPD in ihrem Freilichtmuseum (https://www.bad-sobernheim.de/tourismus/freilichtmuseum)
    neue Arbeitsplätze z.B. für Dorfschmiede, Uhrmacher, Friseure, Kaufmänner, Metzger, Lehrer, Bäcker, Winzer und Landwirte schaffen.
    Wir Solarteure machen allderdings dort Urlaub wo unsere Technik auch angewendet wird…

  4. #4 Wolfgang Flamme
    6. November 2008

    Es gibt da unterschiedlichste Varianten der Roßtäuschung.

    ZB wird häufig dargestellt, als ob die privaten Haushalte lediglich ein gutes Drittel des Stromes konsumierten und deshalb ‘natürlich’ auch nur ein Drittel der Kosten trügen. Was natürlich Unfug ist, die Privathaushalte zahlen sämtliche Mehrkosten. Denn Industrie- und Dienstleister preisen ihre höheren Stromkosten natürlich in ihre Waren und Dienstleistungen ein.

    Dann gibt’s noch die Eis-am-Stil-Variante: Die Kostenumlage sei ja – absolut gesehen – recht gering. Nun, wie lächerlich gering sie auch immer ist, was man als Stromkunde dafür bekommt – gerade bei der PV – ist eben noch lächerlicher.

    Immer beliebt: Die Unterschlagung mittelbarer Kosten. Hierzu zählen Infrastrukturkosten für Netzverstärkung, Seekabel (Infrastruktur-Beschleunigungsgesetz), Verwaltungskosten, die sog. ‘Systemdienstleistungen’ (Regel- und Ausgleichsenergie bzw. -leistung), Effizienzverluste, Umstrukturierungsverluste etcpp.
    Allein der EE-attributierbare Posten der ‘Systemdiestleistungen’ addiert sich derzeit auf ungefähr eine halbe Milliarde Euro jährlich, mal als ungefähre Größenordnung.

    Das Arbeitsplatz- bzw. Beschäftigungsargument: Doch je mehr Menschen von der Produktion einer Kilowattstunde Strom leben müssen, umso teurer wird diese.
    Es gibt auch Armbanduhren, da wird jedes Zahnrädchen von Hand nachgefeilt, kosten so ab 50.000 Euro. Sehr beschäftigungsintensive Branche. Wer sowas als zukunftsweisendes Modell empfiehlt, sollte sich zuallererst mal selbst so eine anschaffen. Mal die Hände hoch, wer hat so ein Ding? Und wer würde einem Gesetz beipflichten, daß ihn zwingt, sowas zu kaufen?