Zahlreichen Informatikern und besorgten Bürgern wird bei dieser Nachricht heute früh ein großer Stein vom Herzen gefallen sein: Das Bundesverfassungsgericht hat den Einsatz der unsicheren Nedap-Wahlcomputer bei der Bundestagswahl 2005 für verfassungswidrig erklärt.
Bevor sich jemand fragt, ob Angela Merkel denn nun noch unsere Kanzlerin ist – das Ergebnis der Bundestagswahl wurde natürlich nicht aufgehoben, da es zumindest keine erkennbaren Manipulationen gegeben hat. Der Nachrichtensender n-tv berichtet:
Das Bundesverfassungsgericht hat den Einsatz der seit zehn Jahren in Deutschland verwendeten Wahlcomputer gestoppt. Die rund 1800 Geräte, an denen bei der Bundestagswahl 2005 rund zwei Millionen Bürger ihre Stimmen abgegeben haben, widersprechen dem Grundsatz der Öffentlichkeit der Wahl, heißt es im Urteil. Der Bürger müsse ohne Computerkenntnisse die wesentlichen Schritte seiner Wahlhandlung überprüfen können, entschied das Karlsruher Gericht. Weil jedoch keine Hinweise auf Fehler vorlägen, bleibe die Wahl gültig. Bei den Wahlen im laufenden Jahr wird aller Voraussicht nach wieder mit Papier und Kugelschreiber gewählt.
Für alle noch anstehenden Wahlen in 2009 dürfte der Einsatz von Wahlcomputern nun also nicht mehr möglich sein, was etliche Städte und Kommunen vor größere organisatorische Schwierigkeiten stellen dürfte. Mal sehen, wie viele Wahlleiter versuchen werden, eine Computerwahl gegen das klare BVerfG-Urteil allein mit dem Hinweis auf die zu kurze Umstellungszeit (hoffentlich ohne Erfolg) durchzudrücken…
Besonders erfreulich ist, dass das Gericht explizit feststellt hat, dass die hierzulande verwendeten Nedap-Wahlcomputer schlicht und ergreifend nicht sicher genug sind:
Die […] Verordnung wurde […] gekippt, weil die in Deutschland üblichen Geräte der niederländischen Firma Nedap dem Wähler keine zuverlässige Kontrolle seiner Stimmabgabe ermöglichten: Die Stimmen würden ausschließlich elektronisch erfasst und gespeichert. Programmierfehler oder zielgerichtete Manipulationen seien deshalb nur schwer erkennbar […].
IT-Sicherheitsexperten predigen das bereits seit Jahren – und diese Herren zeigen, dass man kaum 60 Sekunden allein mit einem Nedap-Wahlcomputer verbringen muss, um die Software austauschen und damit die Wahl manipulieren zu können:
Wer sich noch ein wenig mehr aufregen möchte, um das Urteil anschließend richtig genießen zu können, der sei auf meinen Blogpost aus dem Januar 2008 über die Wahlcomputer-Pleite in Hessen verwiesen. Damals wurden einige Rechner in den Privathäusern von Politikern gelagert, andere den falschen Leuten übergeben während wieder andere gänzlich versagten.
Ein guter Tag für die Demokratie also, auch wenn die Computerwahl mit dem Urteil sicher nicht völlig vom Tisch ist. Der Nedap-Einsatz bei den vielen noch anstehenden Wahlen in diesem Jahr aber ist es – und das ist eine große Erleichterung. Seit Jahren warnt die halbe IT-Sicherheitsbranche regelmäßig vor Computerwahlen, x-fach ist bereits bewiesen worden, dass die Systeme manipulierbar sind – aber die ganze Zeit über ging es einfach immer nur weiter, weiter und weiter. Nun hat endlich mal jemand zugehört.
Vielen Dank dafür nach Karlsruhe.
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