Wer eine Scheune oder einen Schuppen irgendwo auf freiem Feld besitzt, sollte sich überlegen, einen Zugang für Schleiereulen (Tyto alba) zu schaffen. Die kommen nämlich aufgrund der momentanen Scheehöhen in arge Bedrängnis.

Die nachtaktive Mitteleuropäische Schleiereule (die übrigens auch durch die zunehmende Lichtverschmutzung in Mitleidenschaft gezogen wird) kommt in unseren Breiten primär in naturbelassenen Gebieten vor, und ist unter anderem auch hier im Harz zu finden. Die Eulen ernähren sich vorwiegend von kleinen Nagetieren wie z.B. Wühl- und Spitzmäusen, die sie mit Hilfe ihres äußerst geräuschempfindlichen Gehörs orten. Ihr Ortungssystem ist so gut, dass es in der Forschung als Modellsystem für das Richtungshören gilt.*

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Nordamerikanische Schleiereule (gefunden in der Wikipedia)

Zwar gelten Schleiereulen im Prinzip nicht als bedroht oder gefährdet, die Bestände der Mitteleuropäischen Schleiereule (Tyto alba guttata) sind in den vergangenen Jahrzehnten jedoch deutlich zurückgegangen. Hauptursache hierfür ist die starke Industrialisierung der Landwirtschaft, welche die Lebensräume für wildlebende Mäusearten einschränkt und damit das Nahrungsangebot für Schleiereulen begrenzt. Aufgrund der Tatsache, dass ihre Beutetiere sich die Seitenstreifen von Landstaßen als alternative Habitate erobert haben, kommen Schleiereulen auch immer häufiger bei Verkehrsunfällen ums Leben. Dazu kommt, dass die meisten Kirchtürme – seit etlichen Jahrhunderten bevorzugte Brut- und Nistplätze für Schleiereulen – inzwischen gegen Eulen und andere Vögel “abgedichtet” wurden, um die empfindliche Elektronik der Läutwerke zu schützen.

Die vielen Schneefälle der letzten Tage bringen die Schleiereulen in zusätzliche Bedrängnis, da sie ab einer Schneehöhe von etwa 10cm ihre Beute kaum noch hören geschweige denn greifen können. Während jedoch andere Eulenarten wie beispielsweise die Waldohreule bei starkem Schneefall auf andere Gebiete ausweichen, überwintern die Schleiereulen in unseren Gefilden. Ein schwerer und vor allem langer Winter kann eine Population durchaus erheblich dezimieren – so sind beispielsweise der NABU-Bezirksgruppe Oldenburg zufolge knapp 90% aller Schleiereulen in der Region im “Schneewinter” von 1979/1980 verhungert.

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Bei Salzgitter gefundene verhungerte Schleiereule (Foto von Walter Wimmer, NABU; veröffentlicht im Magdeburger Generalanzeiger vom 17.01.2010)

Besitzer von Scheunen oder Schuppen können hier Abhilfe schaffen, indem sie die Gebäude für Eulen zugänglich machen und ihnen damit die Jagd nach Nagetieren ermöglichen. Bietet man den Tieren einen dauerhaften Zugang zum Gebäude, kann man sich unter Umständen hohe Ausgaben für die Schädlingsbekämpfung ersparen. Derartige “Uhlenlöcher” fanden sich früher aus diesem Grund an vielen landwirtschaftlichen Lagergebäuden, in denen man einen Nagerbefall vermeiden wollte, sind jedoch in den letzten Jahrzehnten offenbar aus der Mode gekommen.

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Uhlenloch in einer Schneune bei Eckernförde (gefunden in der Wikipedia)

Da man nie wissen kann, ob nicht tatsächlich jemand mitliest, der über ein passendes Gebäude verfügt, hier noch die Kontaktdaten für den in Sachen Schleiereulen besonders aktiven NABU-Landesverband Sachsen-Anhalt, wo potenzielle Helfer sicher gerne beraten werden:

NABU Sachsen-Anhalt e.V.
Schleinufer 18a
39104 Magdeburg
Tel. 0391 561 93 -50 | Fax -49
E-Mail: Mail@NABU-LSA.de

Greifvogel Kreuzenstein Mai 2009

Schleiereule im Flug (aus dem flickr-Photostream von G.Pfi)


* siehe z.B.: Day, Charles (2001): Researchers uncover the neural details of how Barn Owls locate sound sources. Physics Today, 54, 20-22. https://adsabs.harvard.edu/abs/2001PhT….54f..20D

oder auch: Knudsen, Eric & Masakasu, Konishi: Mechanisms of sound localization in the barn owl (Tyto alba). Journal of Comparative Physiology A: Neuroethology, Sensory, Neural, and Behavioral Physiology, Volume 133, Number 1 / March, 1979. https://www.springerlink.com/content/rx4217m58njn1733/

Kommentare (10)

  1. #1 Geoman
    19. Januar 2010

    Mit solchen ästhetisch ansprechenden, an Trivialität und Sentimentalität kaum mehr zu überbietenden herzzerreißenden Geschichten oder Appellen (Ein Herz für Eulen..) wirst Du kaum eine Schleiereule retten. Von einem Blogger auf einer Wissenschaftsplattform darf man doch wohl erwarten, dass er sich zu den Hintergründen dieser Misere äußert, also vor allem zu der seit nunmehr über 50 Jahren verfehlt-verheerenden jährlich Milliarden an Steuermitteln verbrennenden EU-(Intensiv-)Agrarpolitik, die wohl mehr Arten auf die Rote Liste oder an den Rand des (regionalen) Aussterbens gebracht hat, als alle anderen gesellschaftlich Verursacher von Lebensraumbeeinträchtigungen (selbstverständlich inklusive der ach so bösen Industrie) zusammen.

  2. #2 Christian Reinboth
    20. Januar 2010

    @Geoman: Wenn ich ernsthaft vorhätte, die gesamte EU-Agrarpolitik in diesem Blog zu besprechen, käme ich zu nichts anderem mehr – mal ganz davon abgesehen, dass es dieselbe Entwicklung hin zur Intensiv-Landwirtschaft auch in vielen Staaten außerhalb der EU gibt. Und was die Sentimentalität betrifft: Es würde tatsächlich schon eine ganze Menge bringen, wenn es ein paar Dutzend “Uhlenlöcher” mehr gäbe. Nicht zuletzt ist ja auch der Wunsch nach mehr Eulenlöchern weitaus realistischer als die Forderung nach einer radikalen Wende in der Agrarpolitik…

  3. #3 miesepeter3
    20. Januar 2010

    @Christian Reinboth

    es nützt nicht viel, den guten Willen zu haben, man muß es sich auch genhmigen lassen.
    Als ich seinerzeit im Bauantrag für mein Häuschen ein Eulenloch im Giebel (Kaltdach)
    eingezeichnet hatte, wurde der Antrag abgelehnt bzw. das Eulenloch wurde abgelehnt. Begründung : verstößt gegen die Bauvorschriften in puncto Energieeinsparung.
    Tja, tat mirja leid für Eule und Co, aber war nix zu machen.

  4. #4 miesepeter3
    20. Januar 2010

    @Christian Reinboth

    es nützt nicht viel, den guten Willen zu haben, man muß es sich auch genhmigen lassen.
    Als ich seinerzeit im Bauantrag für mein Häuschen ein Eulenloch im Giebel (Kaltdach)
    eingezeichnet hatte, wurde der Antrag abgelehnt bzw. das Eulenloch wurde abgelehnt. Begründung : verstößt gegen die Bauvorschriften in puncto Energieeinsparung.
    Tja, tat mirja leid für Eule und Co, aber war nix zu machen.

  5. #5 Christian Reinboth
    20. Januar 2010

    @miesepeter3:

    Das ist natürlich ein extrem seltsamer und ärgerlicher Vorgang. Das Problem, dass Klima- und Naturschutz sich gelegentlich in die Quere kommen, ist ja leider nicht ganz neu. Haben Sie sich wegen der Ablehnung mal an den NABU oder eine andere Organisation gewandt?

  6. #6 miesepeter3
    20. Januar 2010

    Christian Reinboth.

    Nein. Ich wollte(mußte) mein Haus in einer bestimmten Zeit fertig gebaut haben. Die Doppelbelastung “Miete und erste Ratenzahlungen” konnte ich mir nicht sehr lange leisten. Deshalb habe ich alles vermieden, was die Bauantragsphase hätte verlängern können. Das ganze war vor ca. 10 Jahren. Wie man weiß. haben sich die Energiespargesetze inzwischen noch weiter verschärft. Ich fürchte, da wird auch der NABU machtlos davorstehen. Was die unterschiedlichsten Behörden sonst noch für mehr oder weniger unsinnige Vorschriften versuchen durchzusetzen, da kann wohl fast jeder Bauherr ein Liedchen von singen.

  7. #7 miesepeter3
    20. Januar 2010

    @Christian Reinboth

    Ich erinnere mich noch gut daran, wie man in sehr strengen Wintern in meiner Kindheit Eulen half. Man kaufte (fing) Mäuse und setzte diese mit ein wenig Stroh in große Waschwannen (diese aus verzinktem Eisen), die man dann dort hinstellte, wo Eulen sich aufhielten. Nach kurzer Eingewöhnungszeit haben die Eulen diese “Lebendfutterautomaten” angenommen. Es sollen sehr viele Eulen seinerzeit überlebt haben.

  8. #8 Geoman
    23. Januar 2010

    miesepeter3 weist mit seiner schönen Geschichte den Weg, während Du Christian Reinboth es offenbar nicht kapierst. Du plädierst dafür, um die Schleiereulen zu retten, Löcher in Haus- oder Lagergebäudewände zu machen.

    Aber es geht nicht um Löcher, in die sich Schleiereulen vor der Kälte ins Gebäudeinnere flüchten können, sondern um Nutzungen. Denn wenn sich hinter diesen Löchern keine ‘Nahrungsbiotope’ verbergen, in denen sich z. B. Mäuse heimisch fühlen, dann haben die Schleiereulen nur die Wahl draußen oder drinnen zu verhungern.

    Und die, für die Schleiereulen früher einmal vorteilhaften Nutzungen in Lager- und Stallgebäuden sind auf Bestreben oder auch unbeabsichtigt-fahrlässige Initiative der EU-Agrarpolitik, seit nunmehr über 50 Jahren systematisch ausgerottet worden.

    Wie auch Dir vielleicht bekannt sollte, gilt jede Maus oder auch jedes andere Fremdtier in Intensivstallhaltungen als ein gefährlicher Krankheitsüberträger. Die Rauchschwalben, die auch arg darunter zuleiden haben, wissen ein schlichtes Lied davon zu singen.

    Statt einer Roten Liste der Tiere, wäre es also sinnvoller eine Rote Liste, der vom Aussterben bedrohten Nutzungen zu machen, um den Kern des Übels dingfest zu machen. Appelle Löcher zu öffnen, dienen dagegen bestenfalls nur der Heilung unserer sentimentalen Seelenschmerzen über den Rückgang oder gar das Aussterben ästhetisch erwünschter Tiere. Kein Mensch würde bekanntlich dem Aussterben des Pestbakteriums hinterherjammern oder sich ihm gar als überlebensrettender Biotop zur Verfügung stellen.

  9. #9 Christian Reinboth
    23. April 2010

    @Geoman: Nochmal: Wenn ich ernsthaft vorhätte, die gesamte EU-Agrarpolitik in diesem Blog zu besprechen, käme ich zu nichts anderem mehr. Dass die Schleiereule Probleme bei der Nahrungssuche hat, hängt insbesondere damit zusammen, dass die Beute sich auf neue Habitate (insbesondere die Seitenstreifen von Straßen) spezialisiert, wo die Eulen bei der Jagd entsprechenden Gefahren ausgesetzt sind. Natürlich spielt auch die Landwirtschaft und ihr Umgang mit Nagetieren eine Rolle – was aber angesichts dessen dagegen sprechen sollte, wenn auf private Initiative ein paar Unterschlupfchancen für die Tiere entstehen, erschließt sich mir beim besten Willen nicht. Nicht zuletzt können Initiativen einzelner ja manchmal auch Diskussions- und Veränderungsprozesse anstoßen.

  10. #10 Ralf Henniger
    27. September 2010

    Fröhliche Weihnachten überall
    Schleiereule