Am Wochenende habe ich mir mal wieder den seltenen Luxus eines hobby-astronomischen „Spechtelabends” (vom lat. spectare) gegönnt und dabei einen tollen Beobachtungsplatz im Hochharz ausgekundschaftet, den ich den astronomisch interessierten Bloglesern nicht vorenthalten möchte. Außerdem: Was macht eigentlich einen guten „Spechtelplatz” aus?

In der vergangenen Woche konnte ich dem Eröffnungs-Symposium der Sonderausstellung Lichtverschmutzung der Sternwarte St. Andreasberg im Andreasberger Nationalparkhaus beiwohnen (übrigens eine tolle Ausstellung, die noch bis zum 19. Mai – kostenfrei – im Nationalparkhaus zu sehen ist). Im Rahmen der Veranstaltung stellte unter anderem der Leiter der Fachgruppe Dark Sky der VdS, Dr. Andreas Hänel, die Ergebnisse der ersten Lichtsmog-Messungen im Nationalpark Harz vor (über unsere Bemühungen, das Areal um Sankt Andreasberg zum Sternenpark erklären zu lassen, hatte ich hier ja schon einmal berichtet). Dabei erwähnte er auch einen kleinen Parkplatz zwischen den Harzorten Sorge und Elend, über den er bei seinen Messungen gestolpert ist, und auf dem man angeblich unter fast natürlichen Nachtbedingungen hervorragende Beobachtungen machen kann.

Das hat diversen Sternenfreunden natürlich keine echte Ruhe mehr gelassen, weshalb wir uns gleich am verlängerten Osterwochenende unter der fachkundigen Führung von Lothar Höche vom Sternwarten-Verein auf die Suche gemacht und dabei den besagten Parkplatz aufgespürt haben. Und tatsächlich erfüllt die Stelle so gut wie alle Kriterien eines guten astronomischen Beobachtungsplatzes* fast perfekt:

Wenig Lichtverschmutzung: Das zentrale Kriterium jedes guten Beobachtungsplatzes ist natürlich eine ungetrübte Sicht auf den Sternenhimmel, die möglichst frei von Lichtsmog bzw. Lichtverschmutzung sein sollte – ein Thema zu dem hier in diesem Blog und auf den ScienceBlogs allgemein ja schon viel geschrieben wurde. Um die Beobachtungsqualität zu beurteilen, kann man auf die bekannte Bortle-Skala zurückgreifen, die von 9 (Innenstadt) bis 1 (totale Dunkelheit) reicht. Amateure wie ich können schon bei einer Bortle-Skala von 6 oder 5 gute Beobachtungen machen, um die Kriterien eines Sternenparks zu erfüllen, sollten aber mindestens Bortle-Werte von 4 bis 3 erreicht werden. Störend wirkt übrigens nicht nur das Streulicht nahegelegener Ortschaften, sondern natürlich auch das Licht vorbeifahrender Autos oder überfliegende Flugzeuge.

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Gängige grafische Darstellung der Bortle-Skala (Quelle: Wikipedia)

Erreichbarkeit: Ein guter Beobachtungsplatz sollte leicht erreichbar sein und die Möglichkeit bieten, mehrere Fahrzeuge abzustellen, zudem darf er sich natürlich nicht auf Privatgelände befinden oder sonst wie eingeschränkt zugänglich sein (etwa durch Bejagung, die aus dem harmlosen Sternebeobachten ein gefährliches Unterfangen machen kann…).

Windschutz: Da selbst mäßig starker Wind dafür sorgen kann, dass die empfindlichen Instrumente vibrieren und man mit einem „zitternden” Bild leben muss, gilt: je weniger Wind desto besser. Günstig ist es daher, wenn ein Beobachtungsplatz durch Bäume oder umgebende Anhöhen vor Wind geschützt ist (insbesondere aus nördlicher Richtung), was natürlich den Nachteil mit sich bringt, dass die direkte Sicht auf den Horizont durch den natürlichen Windschutz entsprechend eingeschränkt wird.

Geeigneter Boden: Ein guter Beobachtungsplatz verfügt idealerweise über einen festen und ebenen Boden, auf dem die Instrumente einen sicheren Stand haben. Gut geeignet ist hier natürlich Asphalt oder Kies, aber auch ebener Grasboden reicht in der Regel aus.

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Wie sieht es nun mit dem besagten Beobachtungsplatz aus, der etwa einen Kilometer von Sorge entfernt an der Kreuzung der B 242 und der Landstraße zwischen Sorge und Elend liegt? Hier findet sich ein kleiner Parkplatz mit festem Kiesboden, auf dem sich leicht drei oder vier Fahrzeuge abstellen lassen. Obwohl das Gelände direkt an einer Straße liegt, gibt es so gut wie keinen störenden Verkehr (zumindest nicht in der Nacht, da hatten wir in drei Stunden genau vier Vorbeifahrten), auch Überflüge trüben die astronomische Freude kaum.

Trotz der Nähe zu Sorge bemerkt man aufgrund der Senkenlage und des umgebenden Waldes kaum Streulicht – zwar konnten wir die Beobachtungsqualität aufgrund unseres vergessenen Sky Quality Meters nicht direkt messen (was aber noch nachgeholt wird), die gemachten Beobachtungen (u.a. des Sombrero-Nebels) deuten aber auf Bortle-Werte zwischen 4 und 3 hin. Als Mittelgebirge zeichnet sich der Harz durch eine geringe Wolkenwahrscheinlichkeit aus, wodurch sich die Chance für gute Beobachtungsnächte zusätzlich erhöht. Der den Ort umgebende Wald schützt einen zudem gut vor störendem Wind, sorgt aber leider ebenfalls dafür, dass der untere Teil des Horizonts in allen Richtungen nicht auszumachen ist – im Grunde der einzige wirklich große Nachteil dieses Beobachtungsplatzes.

Wer sich das Ganze einmal aus der Nähe ansehen möchte wird hier fündig…


Gr

Kommentare (2)

  1. #1 Jürgen Schönstein
    26. April 2011

    Sehr schön! Aber als Geograph, der sich in seinem Studium auch mal mit dem Thema Ortsnamenkunde befassen musste (durfte), bin ich vor allem immer wieder fasziniert, dass in dieser Region Sorge und Elend so nahe beieinander liegen 😉 –

  2. #2 Christian Reinboth
    26. April 2011

    @Jürgen: Sorge und Elend gehören nun mal zusammen 🙂 Wobei es für beide Namen ja alternative Entstehungstheorien gibt (z.B. Sorge von Zarge = Grenze; und auch Elend ist wohl eher nach dem Elendstal als nach den elenden Verhältnissen im Ort benannt). Auf der Karte in Deinem Post fehlt übrigens noch der Rammelsberg (UNESCO-Weltkulturerbe); die Rammelburg ist ja immerhin bereits enthalten…