Und weil eben alles anders ist, starte ich mit einem Bild:
Oder mit einem schönen Radiobeitrag: WissensPfade: Das Nördlinger Ries
Man sieht auf dem Bild oben nichts Geringeres als die Einschlagkrater zweier Meteoriten. Der größere von beiden ist das Nördlinger Ries, der kleinere das Steinheimer Becken, welche sich im Grenzbereich der Fränkischen zur Schwäbischen Alb befinden.
Durch die Modellierung der Veränderung des umgebende Gesteins und Funde wie Moldavite (dazu komme ich später), kann man den Ablauf des Impaktes nachstellen.
Da ich einen überaus lieben Mann habe, der sich für mich bis tief in die Nacht mit einer GIF-Animation auseinandersetzt, kann ich euch an dieser Stelle etwas tolles bieten: Die Animation des Einschlages, basierend auf Wikipedia-Grafiken von Vesta. Wie das Ganze im Einzelnen vonstatten ging, könnt ihr nachfolgend lesen.
Also, was fiel da vom Himmel und wie?
Bei dem Impaktor (was für ein Wort…) handelte es sich um einen Planetoiden, der nach seinem feurigen Ritt durch die Erdatmosphäre als circa 1,5 Kilometer großer Steinmeteorit am Boden ankam. Mit einer Geschwindigkeit von 20 km/s durchdrangen er und mindestens ein kleiner Begleiter die Atmosphäre in nur wenigen Sekunden. Dabei strahlten sie heller als die Sonne. Der Planetoid und sein Mond schlugen also die beiden Krater Nördlinger Ries und Steinheimer Becken. Dass die beiden Krater durch das Auseinanderbrechen eines einzigen Impaktors verursacht wurden, wird mittlerweile ausgeschlossen, da die Distanz der Einschlagpunkte dafür zu groß ist.
Der Einschlag erfolgte im mittleren Miozän, vor 14,6 ± 0,2 Millionen Jahren.
Einige der schönsten Beweisstücke des Impakts entstanden Sekundenbruchteile vor dem eigentlichen Einschlag, als nämlich die Luft zwischen Meteoriten und Erdoberfläche zusammengepresst wurde und durch den immensen Druck und Wärme die Deckschichten aufschmolzen. Dieses vor allem aus Sanden und Geröll bestehende Material wurde schlagartig verflüssigt bis verdampft und explosionsartig seitlich unter dem Meteoriten herausgepresst. (Das Material wurde dabei auf ein Vielfaches der Einschlaggeschwindigkeit beschleunigt). Heute findet man das zu Glas erstarrte Kieselgel 450 Kilometer entfernt in Böhmen und Mähren. Man nennt diese Schönheiten Moldavite, denn aus der Gegend rund um die Moldau stammen die wunderbar grün schimmernden Exemplare, die heute noch als Schmuckstein Verwendung finden.
Moldavit aus Böhmen. Quelle: Wikipedia (User: Vesta)
Als der Steinkörper schließlich selbst aufschlug, drang er bis in eine Tiefe von einem Kilometer in den Boden ein, durchschlug somit das Deckgebirge und erreichte das Grundgebirge. Der Meteorit und das umgebende Gestein wurden stark komprimiert und verdampften sofort.
Durch die Druckwelle kam es in dem umgebenden Material zu einer Stoßwellenmetamorphose – ganze Gesteinskörper wurden aufgeschmolzen und verformt. Dabei wurde Quarz zu Coesit und Stishovit umgewandelt, welches bei Entlastung wieder zu Quarz wird, was zu Volumenzuwachs führt und somit zu einer sehr schönen, charakteristischen Rissstruktur des Gesteins. Außerdem entstanden diaplektische Gläser.
Nach Abklingen der Stoßwelle kam es zur Auswurfphase. Der Kraterboden federte zurück, Material wurde ausgestoßen und wieder im Zentrum des Kraters zu einem Zentralberg assimiliert. Am Kraterrand kam es einen sogenannten ballistischen Auswurf, bei dem natürlich das Material sämtlicher Schichten durchmischt wurde. Im
Umkreis von vierzig Kilometern um den Krater bilden sie noch heute eine bis einhundert Meter mächtige Deckschicht, die als “Bunte Trümmermasse” bekannt ist. Ebenso bekannt sind die sogenannten Ries-Belemniten, fossile Kopffüßer ähnlich heutigen Kalmaren, deren konischer Körper durch die Schockwelle “in Scheiben geschnitten”, gegeneinander verschoben und augenblicklich wieder verkittet wurde.
Nach der Auswurfphase fiel der Primärkrater in sich zusammen. Anhand der Sedimentationsschichten rutschten große Gesteinspakete in den Krater ab und erweiterten ihn so auf 24 Kilometer Durchmesser. Auch der Zentralberg sank wieder ab und drückte dabei rund um seinen Standort Material nach oben. Diese Hügelkette ist heute als “innerer Ring” sichtbar. Hier stehen Grundgebirgsmassen an, die in ungestörter Lage erst in drei- bis vierhundert Meter Tiefe zu finden wären.
Etwa drei Minuten nach dem Einschlag war das Kraterwachstum abgeschlossen. Nun fiel auch die über dem Ganzen stehende Glutwolke in sich zusammen und deckte alles mit einer festen, verwitterungsresistenten Deckschicht ab, die all die Zeitzeugen
versiegelte. Das als Suevit bekannte Gestein besteht aus geschmolzenem Gestein und Asche. Genauer gesagt ist Suevit eine Impaktbrekzie, die aus einer sehr feinen, hellgrau bis grünen Matrix besteht, in die mehr oder weniger grobe Klasten eingeschlossen sind. Das können die erwähnten Glase sein, aber auch Bruchstücke anstehenden Gesteins. Richtungslos und kompakt “schwimmen” sie in der kleinkörnigen Grundmasse. Wie man sich so etwas vorstellen kann, zeigt das folgende Bild aus dem Berliner Naturkundemuseum. Es zeigt KEINEN Suevit, aber etwas vom Prinzip gleiches.
Man schätzt, dass die Abkühlung des Suevits im Kern des Kraters etwa zweitausend Jahre brauchte, um auf 100° Celsius abzukühlen. Später wurde der Krater von einem See ausgefüllt, der knapp vierhundert Quadratkilometer Fläche einnahm. Nach der Verlandung lag das Gebiet offen, erst während der Eiszeit im Quartär wurden der heutige Krater und all seine Besonderheiten durch Erosion freigelegt.
Blick aus der Kratermitte auf den äußeren Kraterrand. Quelle: Wikipedia
Über den Meteoriten, der den Nördlinger-Ries-Impaktor begleitete, schrieb ich bereits im letzten Artikel. Möglicherweise gab es jedoch noch mehr Begleiter, denn kraterähnliche Strukturen auf der Fränkischen Alb und eventuell am Bodensee deuten auf derartige Möglichkeiten hin.
Natürlich kann man hier noch viel weiter ins Detail gehen. Mein Anliegen war es, meinen Lesern die Augen zu öffnen, dass vor unserer Nase solch spektakuläre Dinge passiert sind, und dass man sie noch heute selbst als Laie gut nachvollziehen kann. Danke für euer Verständnis und dem Interesse an meinem Exkurs im Exkurs. Nun aber wieder “Husch!” in den Bus zurück, es geht weiter zum nächsten Mittelgebirge..
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Schwäbischen Alb
Wie ihr ja nun schon wisst, ist der Südwesten Deutschlands von einer Abfolge verschiedener Gesteine geprägt, die ausgehend vom Oberrheingraben schräggestellt wurden, mit dem Höhenmaximum in Grabennähe und sich nach Südosten verringernder Mächtigkeit.
Analog zum Buntsandstein (Trias) im Schwarzwald und Spessart passierte dies auch mit den jurassischen Deckschichten, die stratigraphisch die terrestrischen Sandsteine überlagern und vornehmlich marine Ablagerungen des Jurameeres repräsentieren, mit Verlandungsbereichen natürlich.
Der Jura als eines von drei Teilen des Mesozoikums (Trias, Jura, Kreide) gliedert sich ebenfalls in kleinere Zeiträume: Lias, Dogger und Malm. Häufig werden die drei Bereiche auch mit ihrer typischen Farbe angesprochen: Schwarzer, brauner und weißer Jura.
In der Schwäbischen Alb findet man alle drei Einheiten bilderbuchartig aufgeschlossen.
Das Mittelgebirge wird im Nordwesten von einer prägnanten Steilstufe von 400 Meter Klippenhöhe definiert. Im Südosten liegt die Traufkante bei circa 1000 Meter und stellt hier mit dem Lemberg den höchsten Punkt des Gebirges, fällt aber zum Nordosten hin auf knapp 650 Meter ab. Das „Hochplateau” selbst fällt nach Südosten ungestört ab und verjüngt sich in der Schichtmächtigkeit, bis es von Molasseschichten des Alpenvorlandes überlagert wird.
Über Jahrmillionen wurden diese jurassischen Gesteinspakete von Flüssen zerschnitten und massiv zertalt, so dass heute nicht eine massive Decke, sondern zerklüftete Landschaften zu sehen sind. Durch die Zusammensetzung selbst findet man recht wenige Oberflächengewässer, dafür aber sehr prägnante Karsterscheinungen, wie Dolinen oder Tropfsteinhöhlen.
Die Landschaftsbildung hängt direkt von den Eigenschaften der unterschiedlichen Gesteine ab. So ist der Lias von einem bitumenreichen Tonschiefer gekennzeichnet, der sehr reich an Fossilien ist, die sich aber nicht immer gut herauslösen lassen, da die Schieferung nicht auf Schichtebene erfolgte, so dass die fossilführenden Lagen beim Spalten zerstört werden. Wenn man allerdings gute Bedingungen hierfür vorfindet, sind Zeitzeugen von herausragender Detailfülle zu finden, so wie die berühmten Ichthyosaurier im Posidonienschiefer von Holzmaden.
Tonschiefer bilden sich in Tiefwasserregionen, die unter Sauerstoffabschluss liegen. Darin begründen sich auch die mumienartigen Fossilisationsbedingungen. Sehr feinkörnige Tonplättchen lagern sich dicht auf dicht aufeinander und werden durch Druck und Temperatur zusammengepresst.
Sinkt der Wasserspiegel und es kommt zu Licht- und Luftzufuhr, ändern sich auch die Ablagerungen. Etwas gröbere, klastische Materialien werden vermengt, weniger dicht und körniger als im Tonstein. Vorrangig sind es Tone und Sande, die von Kalkmergeln durchsetzt. So kann man darauf schließen, dass es im mittleren Jura (Dogger oder “brauner Jura”) in dieser Region teilweise zu einer Verringerung des Meerwasserspiegels kam. Der hohe Gehalt an zweiwertigem Eisen führt zur namensgebenden braunen Farbe. Der Erzgehalt ist so teilweise so hoch, dass es bei Aalen in oolithischer Form abbauwürdig ansteht.
Als maßgeblich landschaftsbildend kann man aber den weißen Jura (Malm) ansehen. Die hochreinen Kalksteine bilden die „Albtrauf” genannte Steilstufe und zeigen ein weiteres Sinken des Meeresspiegels an. Kalke fallen in Wasser aus, was lichtdurchflutet und kühl ist. Es gibt eine klar feststehende Reihe, wonach Salze in ihrer Wasserlöslichkeit ausfallen. CaCO3 als Kalkstein kommt sehr vielgestaltig vor. Einerseits als Kreide, wonach mikroskopisch kleine Kristalle aus dem Wasser ausfallen und zu Boden sinken, andererseits als Schill, also Schalenreste von Muscheln, Schnecken und anderen Mollusken. Letzteres bildet schnell massivere Bänke, weil auch Sandkörner und Tonminerale beigemengt werden können.
Je nach spezifischer Position im Flachmeer findet man also Mergel (Kalke mit Tonen), Bänke (reine verfestigte Kalkausfällung) oder Massenkalke (Schillbänke, Riffschutt) unterschiedlicher Schichtdicke.
Industriell hat der Kalkstein in der Region große Bedeutung, so als Zementgrundlage und zur Herstellung von Schotter. Hochreine Kalke werden auch für die chemische Industrie gebrochen. (schonmal was vom „Ulmer Weiß” gehört?)
Touristen wird die Kalksteinlandschaft aus anderer Sicht interessieren. Einerseits sind die Karsthöhlen (wie der Blautopf <3) und all die anderen Schauhöhlen ein absolutes Highlight der geologischen und karstkundlichen Wanderwege, andererseits kommen Fossilienjäger auch auf ihre Kosten. Auf Wanderungen durch die Alb kann man die herausstechenden Riffmassive schon als Laie als solche erkennen. Die Schwämme und Korallen sind so detailgenau verkieselt, dass sie einem förmlich ins Auge springen. Als Sammler sollte man aber immer bedenken, dass nicht jeder Felsen beklopft werden darf. Naturdenkmäler müssen bewahrt werden! Wenn man aber einmal in der Schwäbischen Alb ist, und da sollte man unbedingt mal sein, weil es wunderschön ist (und der Rieskrater ist ja auch „nebenan"), dann MUSS man in die Museen gehen. Vielleicht bin ich da ein wenig voreingenommen, aber die Fossiliendichte und museale Pädagogik dieser Region sind so ausgezeichnet, dass man sie alle gesehen haben muss. Das Fossilienmuseum in Dotternhausen zum Beispiel. Gerstetten bietet ein Museum über die Riffe, und über die Korallen erfährt man viel im Heimatmuseum Nattheim.
Eine tolle weitere Besonderheit dieses Mittelgebirges befindet sich rund um das Städtchen Bad Urach. Klingt nicht weiter dramatisch, oder? Ist es aber, zumindest aus geologischer Sicht. Hier finden sich 355 vulkanische Ausbruchsstellen in einem Umkreis von lediglich 25 Kilometern um die Stadt. Man nennt das Gebiet deswegen „Schwäbischer Vulkan“. Nur 16 bis 17 Millionen Jahre ist es her, dass explosiver Vulkanismus ohne große Lavamengen in Kleinsteruptionen durch lokale Plattenverschiebungen ausgelöst wurde. Das Randecker Maar zum Beispiel zeigt ganz klassisch noch heute eine Schlotverfüllung mit Seebildung. Die Thermen von Beuren und Bad Urach zeigen auch an, dass die vulkanische Aktivität noch nicht abgeklungen ist. Auch Erdbeben sind hier nicht selten.
Noch cooler ist aber das Städtchen Steinheim! Oder besser, das harmlos klingende „Steinheimer Becken“. Hier finden wir eine kreisrunde Senke von knapp vier Kilometern Durchmesser, die nichts Geringeres ist als ein Impaktkrater eines Meteoriten. Der Zentralhügel (aka Klosterberg) ist erhalten, er erhebt sich knapp 50 Meter über den heutigen Kraterboden, welcher selbst etwa 100 Meter über dem eigentlichen Boden liegt, da er durch Erosionsmaterial aufgefüllt wurde. Und hier kommen die Fakten:
Wissenschaftler gehen durch die Analyse der Fossilien, die sich in den Ablagerungen des Kratersees finden lassen, davon aus, dass dieser Impakt an das Riesereignis (Ich werde noch darüber berichten) geknüpft ist, denn der Riesmeteorit ist wahrscheinlich ein von einem Satelliten begleiteter Asteroid gewesen.
Falls einer meiner Leser Geocacher ist, wird er froh sein zu erfahren, dass es einen Meteoritenkrater-Rundweg gibt! Oha, der landet auf meiner „Muss ich mal machen!”-Liste!
Denn wie an jedem typischen Impaktkrater findet man auch hier die wunderbar zerscherten Fossilien, Kalkplatten, die Impaktbrekzien und Suevite. Ich sehe schon, ich sollte mich diesem Thema in meinem nächsten Beitrag widmen.
]]>Der Spessart ist geprägt von klaren Strukturen. So gilt er als das geografisch am besten zu umfassende Mittelgebirge Deutschlands. Man merke sich nur den Spruch: “Kinzig, Sinn und Main schließen rings den Spessart ein.” Dann schlage man diese Flüsse auf einer Karte nach und Tadaaa – da haben wir ihn.
Doch was gibt es zur Geologie zu sagen? Aufmerksame Blogleser kennen sich mittlerweile gut aus, wenn es darum geht, die Beschaffenheit des variszischen Gebirgsrumpfes zu erkennen.
Gneise, Glimmerschiefer und Diorit-Intrusionen kann man im Vorspessart finden – das ist die nordwestliche Region um Hanau. Hier setzen sich die abgerundeten Hügelkuppen fort, die man aus dem Odenwald kennt.
Im nördlichen Teil sind als lokale Relikte noch Ablagerungen aus dem Perm zu finden – Rotliegendes und Zechstein.
Der Großteil der für Wandersleut’ zu bewundernden Landschaft besteht allerdings aus den mächtigen Buntsandsteinschichten, die hier während der Trias abgelagert wurden. Sie sind mit 300 bis 400 Meter Dicke geringer als im Odenwald und – gemäß des Aufbaus des Südwestdeutschen Schichtstufenlandes – im Südosten von Muschelkalk überlagert.
Durch die ungestört horizontale Lage der Schichten ergibt sich ein sehr klares, fast schon eintöniges geomorphologisches Bild: langgezogene Kuppen mit nur geringen Höhenunterschieden, die vornemlich von Eichen und Buchen bewaldet sind, mit argarwitschaftlich genutzen Flanken, die zudem Siedlungsfläche sind.
Mit 586 Metern ist der Geiersberg die höchste Erhebung. Das macht den Spessart zu einem der niedrigsten Mittelgebirge Deutschlands.
Einzig der Basaltkegel des Beilsteins bildet eine Ausnahme der Regelmäßigkeit. Es handelt sich hierbei um einen Basaltkegel, der auf eine sehr junge vulkanische Aktivität zurückgeht. Aufmerksame und interessierte Wanderer können hier klassische Basaltsäulen studieren. Kühlt ein Lavastrom verzögert ab, bilden sich keine massiven Gesteinsdecken sondern durch Schrumpfungsprozesse senkrecht zur Ablagerungsfläche mitunter meterlange, hexagonale (sechseckige Geometrie) “Säulen”. Die Datierung der Beilsteinbasalte ergab ein Alter von ca. 10 bis 20 Mio Jahre.
Mineralogen und Petrografen könnte der Spessart auch ein Begriff sein, ist er doch namensgebend für gleich zwei Besonderheiten: das Gestein Spessartit und das Mineral Spessartin.
Spessartit gehört zur Gruppe der Tiefengesteine. Fast ohne Quarz und Glimmer besteht er aus Feldspäten und Hornblende. Aufgrund seiner hohen Festigkeit und dunklen Farbe ist er ein weit verbreiteter Pflasterstein.
Das Mineral Spessartin gehört der Granatgruppe an und bindet Mangan an seine Alumosilikatgruppe. Früher bei Aschaffenburg abgebaut, war es ein beliebter Schmuckstein von brauner bis orangener Farbe.
Dem biblischen Noah wird nachgesagt, seine Arche des Nachts mittels einer Granatlaterne navigiert zu haben, und auch sonst galt der Granat als im Dunkeln leuchtend, weswegen er als Talisman begehrt war. Insbesondere hellbraune bis orangene Exemplare galten ob ihrer Selteneinheit als besonders Begehrenswert. Nun, schön waren sie sicher, sie leuchten aber nicht. Die Sagen lassen sich mit dem hohen Brechungskoeffizienten des Granats erklären. Leider sind die Lagerstätten im Spessart mittlerweile erschöpft.
Nun, zumindest auf der Durchfahrt durch Hessen wisst ihr nun, womit ihr es beim Spessart zu tun habt: Vor allem mit Buntsandstein und Wald.
]]>DER ODENWALD
Aus Sicht seiner Entstehung kann man den Odenwald in zwei Landschaftszonen trennen: Der östliche, kristalline Teil und der westliche, aus Sedimenten bestehende. In ihrem geomorphologischen Zusammenspiel bilden diese unterschiedlichen Zonen allerdings ein eindrucksvolles Schauspiel. So erhebt sich die schroffe Westgrenze geradezu abrupt aus der Oberrheinischen Tiefebene, wohingegen man aus Norden kommend kaum Änderungen des hügeligen, bewaldeten Naturraumes bemerkt.
Im Osten ist es der Main, der eine klare Grenzziehung zum Spessart erlaubt, gefolgt von dem Flüsschen Erfa und (für Urlauber leichter nachzuvollziehen) der Verlauf der B27. Von einem Neckardampfer aus kann man anschließend bis nach Heidelberg zwei uferläufige Höhenzüge betrachten, die von dem Fluss zerschnitten wurden. Hier wird der Kleine von dem Großen Odenwald abgespalten und die Südgrenze gezogen.
Schaut man sich eine geologische Karte an, wird man feststellen, dass das Mittelgebirge recht kleinschuppig bunt dargestellt ist. Grund dafür ist die lange Geschichte, die in den Gesteinskörpern steckt.
Das kristalline Grundgebirge ist im Osten herausgehoben worden, so dass die leicht verwitterbaren Buntsandsteine abgetragen wurden, welche im Westen noch erhalten sind und dort stark zertalte Lanschaften mit “sargähnlichen” Tafelbergen bilden.
Um das Gefüge des Grundgebirges zu verstehen, sollte man sich erst einmal großräumig mit der Geologie Mitteldeutschlands beschäftigen. Dann wird man sehen, dass sich eine Bogenstruktur vom Odenwald bis zum Thüringer Wald und ins Erzgebirge zieht. Das ist die Mitteldeutsche Kristallinzone. Sie entstand als Subduktionszone im Paläozoikum, als verschiedene Mikrokontinente zusammengeschoben und unterschiedliche Gesteinskörper in- und übereinander geschoben wurden. Im Devon/Karbon wurde dann dieses “Konglomerat” (Ja, ein Konglomerat ist aus petrografischer Sicht etwas völlig anderes) herausgehoben – es entstanden die Varisziden (man liest auch “variskische” oder “herzynische” Gebirgsbildung, das ist aber das selbe). Dieses Grundmassiv sorgt auch für die wunderbaren skandinavischen Gebirgsansichten und die sanften schottischen Hügel- alles eine Frage der späteren Überformung.
Diese (wahrscheinlich) Inselgruppen wurden nun zusammengedrängt und teilweise in die Tiefe gezogen, wo sie im äußeren Mantel aufschmolzen, durch ihre Flüchtigkeit wieder als Plutone nach oben stiegen und intrusiv in die sich oberflächlich umgeprägenden Metamorphite eindrangen. Das Auskristallisieren dieser Magmatitkörper dauerte circa sechzig Millionen Jahre.
Heute kann man den kristallinen Teil in drei Bereiche teilen, die von deutlichen Störungszonen (“Strike-slip“) zerteilt werden.
1.) Der Böllsteiner Gneis: Dieser war einst ein oben beschriebener Granitoidkörper, der aus 15 Kilometer Tiefe in die Kruste aufstieg. Das konnte auf gut 410 Millionen Jahre datiert werden. Doch liegt heute das Material als Gneis und Schiefer vor – die metamorphe Umprägung geschah durch das erneute Verschleppen und Dehnen des Materials im Bereich der Erdkruste.
2.) Der Frankenstein-Komplex: Gruseliger Name, das muss man ihm schon lassen Doch beängstigend ist hier bei nur das Alter: Vor grob 362 Millionen Jahren, also im Oberdevon, kristallisierten die Magmatite (Gabbro, Diorit) aus, ohne erneut überprägt zu werden.
3.) Der bis Heidelberg reichende Bergsträßer Odenwald besteht aus strukturell gut trennbaren, jüngeren Gesteinskomplexen, die entweder von Störungszonen oder Kontaktmetamorphosen unterteilt werden können. Das klingt kompliziert, ist es aber nicht. Solange man die Geschichte im Hinterkopf behält, welche massiven (platten-)tektonischen Prozesse zur Entstehung der Komplexe abliefen, erklären sich lokale Intrusionen wie der Weschnitz-Pluton oder die “Flasergranitoidzone” viel leichter. Letztere stellt eine Zone sehr aktiver dynamischer Über- und Umformung von Gesteinsmaterial dar, die in Scher- und Aufschmelzungsereignissen entstanden. Sehr kleinräumig kam es durch Spannung, Druck und Hitze zum Verflüssigen der Granitoide und fast zeitgleich zu einer Rekristallisation zu Magmatiten mit gleicher mineralogischer Zusammensetzung wie die zugrundeliegenden Gesteine. Nur eben in neuer Paralleltextur.
In einem nur zwei Kilometer langen Streifen bei Auerbach lässt sich so auch eines der wenigen deutschen Marmorvorkommen finden – der Auerbacher Marmorzug. Aus sehr sehr feinem Kalzit im schnöden Kalkstein entsteht durch Druck und Temperatur die metamorphe, grobe Kristallstruktur des Marmor, in dem die Einzelkristalle bereits mit bloßem Auge sichtbar sind.
Nun sind solche intrudierten Gesteinskörper sehr kompakt und starr, allerdings durch ihr grobes Kristallgefüge in klare Spaltrichtungen teilbar. So kam es, dass durch weitere Plattenbewegungen immer wieder große Spalten in die Kristallingesteine getrieben wurden, die von erzhaltigen Fluiden aufgefüllt wurden. Klassische Quarz-, Baryt- oder Aplitgänge sind vielerorts sichtbar. Auch der Trommgranit ist so ein Schweissmittel – er verfüllte die Otzbergspalte zwischen dem Böllsteiner Gneis und dem Bergsträßer Komplex.
Nachdem die Kristallisations- und Metamorphoseprozesse zum Erliegen kamen, hatte die Region des heutigen Odenwaldes ein paar Millionen Jahre Ruhe. Hebungsprozesse führten zu einer Exponierung und einer gemächlichen Abtragung der Varisziden, bis nicht viel mehr als ein Rumpf zurückblieb.
Im Rotliegenden dann aber, vor grob 260 Millionen Jahren, geriet das Gebiet erneut in tektonischen Stress. Alte Störungszonen rissen auf und Lavadecken breiteten sich kilometerweit auf dem Gebirgsrumpf aus. Auch Vulkane bildeten sich, heute bezeugen dies der noch vorhandene Wachenberg und Daumberg bei Weinheim. Lavadecken, die heute als Rhyolith und Quarzporphyr dankbare Baumaterialien sind, findet man bei Schriesheim, Dossenheim und Heidelberg. Ein dazugehöriger Vulkan wird heute als im Gebiet des eingesunkenen Oberrheingrabens vermutet.
Danach deckte das Zechsteinmeer all die Feuersbrunst ab. Abbauwürdrdige Dolomite, aber auch Quarzlösungen mit metallischen Beimengungen zeugen noch heute davon. In linearer Abfolge folgten mesozoische, kontinentale Sedimente, wobei hier die bis zu 600 Meter hohen Buntsandsteinlagen heute ins Auge springen – zum Beispiel in Heidelberg als Baugrund und -material für das Schloss.
Mesozoische Zeugen gibt es bis ins Jura, doch sind diese sehr lokal und eher unbedeutend.
Zumindest wenn man bedenkt, was im Tertiär passierte. Wer den Schwarzwaldartikel gelesen hat, weiß, dass vor circa 45 Millionen Jahren auf einer Riftzone Afrika-Skandinavien der Oberrheingraben eingebrochen ist. Man schätzt die maximale Senkung der Oberfläche auf vier Kilometer! Allerdings wurde der Graben durch nachrutschendes Material sofort verfüllt. Dies ist auch der Grund, warum im Grabeninneren leicht zersetzliche (mesozoische) Sedimente noch erhalten sind, wohingegen sie in exponierteren Lagen längst abgetragen wurden.
Um die Senkung auszugleichen, kam es zu Hebungen des umgebenden Landes. Wie der Schwarzwald, so wurde auch der Odenwald herausgehoben. Was zieht so ein Stress mit sich? Logisch, Risse und Spalten im Gestein. Diese Schwächezonen nutzten erneut aktive Magmakammern, an die Oberfläche zu kommen und Vulkane zu bilden. Der Katzenbuckel erlebte einen Wiederausbruch, nachdem er bereits kreidezeitlich gebildet wurde, “neu” entstanden hingegen Otzberg und Roßberg.
Und wieder folgte auf Chaos Stille. Das warmfeuchte Klima sorgte für eine schnelle, tiefe Kaolinisierung der Feldspate und somit eine heftige fluviatile Abtragung. (Auf deutsch: In Graniten enthaltene Minerale wurden zu Ton und konnten durch Wasser ausgewaschen und von Flüssen abtransportiert werden.)
Die im östlichen Odenwald typischen tiefen Täler sind das heute sichtbare Ergebnis dieses Prozesses. Wo die kontinentalen Sedimente nicht mehr erhalten sind, liegt heute der variszische Gebirgsrumpf vor. Hier suchen sich die Flüsse alte Störungszonen als Bett und bilderbuchartige Wollsackverwitterungen bestimmen das Bild.
Anders als der Schwarzwald war der Odenwald nicht im direkten Vergletscherungsbereich der quartären Eiszeiten eingebunden. Lediglich Permafrost gestaltete Teile der Landschaften um – Block und Felsenmeere entstanden.
Diese und andere Schönheiten kann man bewundern, wenn man hier unterwegs ist. Nicht nur interessante geologische Aufschlüsse, sondern auch archäologische Highlights wie den Fundort des Homo heidelbergensis sollte man sich nicht entgehen lassen. Und den Wein, den vor allem nicht.
]]>Beginnen möchte ich mit dem:
SCHWARZWALD
Im Südwesten Deutschlands gelegen, ist er geologisch mit den Vogesen verbunden.
Das Spannende am Schwarzwald ist, dass er Elemente von allen geologischen Perioden enthält. Bei dem Städtchen Hinterzarten wurden die ältesten Gesteine Deutschlands dokumentiert. Sie sind Teil des Grundgebirges. Zu dem Eklogit gesellen sich dort Gneise, in verschiedenen Ausprägungen und allesamt archaisch/spätpaläozoischen Alters. Aufschlüsse hierzu findet man zum Beispiel am Freiburger Hausberg, dem 1284 Meter hohen Schauinsland. Auch der höchste Berg des Hochschwarzwalds, der 1493m hohe Feldberg, ist aus diesen Gneisen aufgebaut.
Durch Kluftsysteme, Stress und weitere plattentektonische Aktivität drangen in diese Urgesteine jüngere Magmaflüsse, sogenannte “Intrusionen“. So zum Beispiel kambrische Granite. Wer den Schwarzwald besucht nach dem Genuss der brühmten Kirschtorte seine Beine vertreten möchte, kann sich die Wasserfälle in Triberg ansehen, welche mit 153 Meter Höhe und sieben Kaskaden die höchsten Wasserfälle Deutschlands sind. Bedenkt beim Bestaunen der Aussicht, dass hier Granitintrusionen metamorphe Gesteinspakete durchschlagen haben.
Die Terrane-Theorie, nach der Mikrokontinente kollidieren und somit größere Landmassen bilden, findet im Süden dieses Mittelgebirges ihre Bestätigung. In der Region von Badenweiler-Lenzkirch sind paläozoische Vulkanite und Sedimentgesteine erhalten geblieben, die sehr wahrscheinlich derartige mikrokontinentale Aufschuppungen sind.
Eine weitere Besonderheit gibt es in der Region um der Gemeinde Todtmoos zu sehen. Hier kann man einen Akkretionskeil auskartieren (muss man aber nicht). Was das ist? Nun, wenn an einer Subduktionszone die ozeanische Platte unter die kontinentale gepresst wird, entstehen an der Scherkante unzählige kleine Überschiebungen von kontinentalen Ablagerungen, die mitunter auch mit ozeanischen Magmatiten einher gehen.
Für den Laien leichter zu erkennen sind die mächtigen Rotliegenddecken aus Quarzporphyr und Tuff, die von starker vulkanischer Aktivität zeugen. Finden kann man sie zum Beispiel am Battert, der Kletterfreunden sicher ein Begriff sein wird.
Das mesozoische Deckgebirge ist heutzutage größtenteils abgetragen, da im Känozoikum eine Hebung des Reviers stattfand. Zudem ist der Schwarzwald heute ja “nur” ein Mittelgebirge, weil er eine Grabenschulter des Oberrheingrabens darstellt, dessen Pendant die oben erwähnten Vogesen sind.
Ohne das Aufbrechen und Anheben der Lithosphäreim Süden wäre die Landschaft wohl noch immer sanfthügelig und die charakteristische Schräglage der Stufen hätte sich nicht gebildet.
Durch eine derartige Zerrüttelung des Gebietes ist es nicht verwunderlich, dass die leicht verwitterlichen jungpaläozoischen und mesozoischen Sedimente nicht mehr überall zu finden sind.
So findet man Deckgebirgsschichten im Norden und Nordosten des Schwarzwalds. Sie sind Teil des Südwestdeutschen Schichtstufenlandes, welches man als solches auch morphologisch erkennt, wenn man zum Beispiel auf der Autobahn A81 von Stuttgart aus in Richtung Schweiz unterwegs ist. Man stelle sich vor, dass zur Zeit des Perm eine enorme geologische Energie im Gebiet des heutigen Baden-Württemberg und Bayern lag. Hebungsvorgänge führten zu verstärkter Erosion, der Abtragungsschutt wurde in vorgelagerte Senken abgelagert und zu Sedimenten verdichtet. Die vulkanischen Events sorgten für die o.g. Zwischenlagen. Das Klima war trocken und Eisen wurde zur dreiwertigen Form reduziert, was die charakteristische Farbe der Rotliegendformationen begründet.
Im Erdzeitalter des Trias setzte sich dieser Prozess mit den Buntsandsteinen fort, in Jura und Kreidezeit kam es dann immer wieder zu Meeresspiegelanstiegen, so dass zyklisch kontinentale und marine Sedimentdecken gebildet wurden.
Wie bereits erwähnt ist für den Schwarzwald vor allem der Buntsandstein typisch. Konglomerate des mittleren Buntsandsteins bilden durch tiefgehende Verkieselung heute deutliche Klippen und Bergrücken, so zum Beispiel den höchsten Berg des Nordschwarzwalds, die Hornisgrinde.
Weiter nach Norden/Nordosten gehend dünnen die Buntsandsteinlagen allmählich aus.
Als Schwarzwaldliebhaber fällt einem etwas ganz anderes auf: Die Morphologie passt nicht so ganz mit der geologischen Entstehungsgeschichte zusammen, nicht wahr?
Das heutige Schwarzwaldbild zeigt sanfte Hänge, stark bewaldet, runde Formen und Kare, nicht selten Riefen an aufgeschlossenen Klippen- all das bezeugt, was NACH der ursprünglichen Bildungsphase passierte, nämlich die glaziale Überformung des Gebirges. Starke Vergletscherungen dieses Mittelgebirges sind bis vor circa 10.000 Jahren erwiesen. Das deckt den Zeitraum der Riß- und Würmeiszeit ab. Alle Lehrbuchformen der glazialen Umgestaltung von Naturräumen kann man im Hoch- und Nordschwarzwald entdecken. Nordostgerichtete Kare die noch heute zum Teil als Karsee erhalten sind (Mummelsee, Wildsee, Schurmsee, Glaswaldsee, Nonnenmattweiher, Feldsee) tragen zu dieser Vielfalt bei.
Ihr seht, der Schwarzwald bietet Geologieliebhabern viel! Von Uraltgesteinen bis quasi gestriger Umgestaltung ist das ganze Spektrum erhalten. Wer gern Mineralien sammelt, dem sei die Region um Badenweiler ans Herz gelegt. Insbesondere Blei-Sekundär-Mineralien in perfekten Kristallformen oder auch extrem farbenfrohe Sulfate durch Feuersetzparagenese mit Blei und Kupfer können hier gefunden werden.
Dank der reichlich ausgelegten Geocaches werden auch moderne Wandersleut’ wie ich ihre Freude beim Erkunden der Landschaften haben. Vielleicht sieht man sich ja mal!
(Danke an Stefan Taube für die beiden anderen Bilder! )
]]>Die Antwort ist ein klares Nein. Natürlich gibt es verschiedene Theorien, manche anerkannter als andere, die Teilbereiche plausibel erklären können, aber DIE URSACHE gibt es (noch) nicht.
Um die wichtigsten anerkannten Zusammenhänge zu erklären, werde ich meinen halbwegs befestigtigen geologischen Trampelpfad verlassen müssen und auf fremden, astronomischen Wegen wandern gehen. Hoffen wir mal, dass ich mich nicht verirre
Keine Frage ist, dass es in der dokumentierten Erdgeschichte wiederholt große Vereisungsperioden gab: mehrfach im Präkambrium, danach im Ordovizium, gefolgt von der permokarbonischen Eiszeit und jüngst im Quartär. Dabei fällt eine gewisse Periodizität innerhalb dieser Zeitpunkte auf. Eine Periode von etwa 250 Millionen Jahren impliziert einen Effekt, der im Zusammenhang mit dem Umlauf des Sonnensystems um das Zentrum der Milchstraße stehen könnte – so gesehen von McCrea (1975). Ein Jahr später von Dennison & Mansfield widerlegt, ging dieser von einer Herabsetzung der kosmischen Strahlung aus, als Folge des “Durchwanderns” des Sonnensystems durch Staubwolken der Spiralarme unserer Galaxie.
Nicht uninteressant, sehr spektakulär, aber auch zu weitfassend, um es als triftigen Grund für globale Kaltzeiten ansehen zu können, fasse ich den Fokus lieber enger und bleibe in unserem Sonnensystem und genauer bei der Position unseres Planeten in Bezug auf die Sonne.
Nicht zwingend als Grund, aber als “”Schrittmacher” für Eiszeiten werden Klimazyklen angesehen (Hays et al. 1976). Es gibt drei verschiedene, die jeweils einen astronomischen Grund haben und im Zusammenspiel die Solarkonstante bestimmen:
1. Zyklus: Er ist mit 100.000 Jahren der längste. Begründet liegt er in der Änderung der Exzentrizität der Erdumlaufbahn. Die Exzentrizität ist ein Maß für die Abweichung der Erdumlaufbahn von einer perfekten Kreisform. Durch den gravitativen Einfluss der anderen Planeten ändert sich diese Exzentrizität periodisch.
2. Zyklus: Er dauert 41.000 Jahre. Seine Ursache liegt in der periodischen Änderung des Neigungswinkels der Erdachse: Betrachtet man die Bahnebene, in der die Erde die Sonne umkreist, ist unser Planet derzeit 23,4° gegen diese geneigt. Dieser Neigungswinkel schwankt zwischen 22,1° und 24,5° im genannten Zeitraum. Je geringer der Neigungswinkel, umso niedriger sind die Sommertemperaturen in Polnähe. Dies begünstigt einen dauerhaften Eisschild.
3. Zyklus: Mit nur 26.000 Jahren ist dieser recht kurz. Diese, Präzession genannte Periode, beschreibt die Ausrichtung der Erdachse gegenüber dem Sternenhimmel. Heute zeigt die Erdachse in Richtung des Sterns Polaris (Polarstern). In 12.000 Jahren jedoch wird sie auf die Wega im Sternbild Leier zeigen. Der Neigungswinkel der Erdachse bleibt dabei zwar unverändert, doch befindet sich die Erde nun zu verschiedenen Jahreszeiten an ihrem sonnennächsten Punkt (Perihel) auf der Umlaufbahn. Derzeit erreicht die Erde ihr Perihel während des Winters auf der nördlichen Hemisphäre. Kombiniert mit der ungleichmäßigen Verteilung der Landmassen auf der nördlichen und südlichen Hemisphäre ergibt sich so ein abkühlender Effekt: Auf der Nordhalbkugel konzentrieren sich die Kontinente in Polnähe, auf der Südhalbkugel liegt einzig die Antarktis selbst am Pol. Befindet sich die Erde nun im Nordhemisphärensommer in Sonnenferne und ist die Achsenneigung gering, so ist die Nordhalbkugel über eine lange Zeit schneebedeckt. Durch die deutlich höhere Albedo (Rückstrahlung) des weissen Schnees im Vergleich zum Erdboden kommt es letzlich zu einer verstärkten Abkühlung.
Milankovitch Zyklen. Quelle: Wikipedia via Robert A. Rohde
Neu ist dieser Zusammenhang nicht. Schon 1941 wurde er von Milankovitch dargelegt, wodurch sein Name für immer in den Annalen der Naturwissenschaft festgeschrieben wurde (“Milankovitch Zyklen“). Man kann sie heute nicht als “Allheilmittel” betrachten, jedoch sind die Zusammenhänge nicht von der Hand zu weisen.
Vor allem in Zeiten geringer CO2-Schwankungen können sie als deutliches Triebmittel der Klimaänderungen angesehen werden. Die alleinige Schwankung des Treibhausgases kann keinen Glazial-/Interglazialwechsel triggern.
Ein recht exakter 100.000 Jahre Zyklus kann zurückblickend auf die letzten 600.000 Jahre modelliert werden (Berger & Loutre, 2004). Das mag für nicht jeden Leser interessant sein, aber wenn man dieses Phänomen auf die Zukunft modelliert und weiss, dass auf jedes Glazial ein kurzes, 10-15.000 Jahre dauerndes Interglazial folgt, von dem das Holozän nun schon 11.700 ± 99 Jahre andauert, dann könnte man auf die Idee kommen, die nächsten Inlandeismassen sollten so langsam auf den Vormarsch kommen. Hollywood hat es ja bewiesen (“The day after tomorrow” und andere) – das kann ganz schnell gehen.
Doch genug gescherzt. Wenn man aktuellen Modellrechnungen glauben mag, befinden wir uns auf dem Weg in ein neues Klimaoptimum, denn die Erde bewegt sich in den nächsten Jahrtausenden auf einer annähernden Kreisform um die Sonne. In Kombination mit dem steigenden CO2-Gehalt der Atmosphäre werden die letzten Gletscher in den nächsten 10.000 Jahren abschmelzen. Die damit verbundenen Veränderungen der Oberflächengestalt der Erde durch steigende Meeresspiegel, aber auch die Möglichkeiten einer steigenden Biodiversität durch Schaffung neuer ökologischer Nischen soll hier an dieser Stelle nicht ausgehandelt werden.
Genug der fremden Pfade, einen weiteren Grund für Klimaveränderungen und damit auch der globalen Vereisungen kann man anfassen, ausmessen und beklettern: Gebirge!
Große Reliefveränderungen können ebenfalls ein Auslöser für Glaziale darstellen. So stellte das Hochland von Tibet als massive Gletscherzone während des Pleistozäns (laut Kuhle 1985) einen nicht zu verachtenden Faktor der Abkühlung dar. Etwa 2,4 Millionen Quadratkilometer Eisfläche rekonstruierte er für das Gebirge.
Zeitgleich mit dem tibetischen hoben sich auch nordamerikanische Hochgebiete, was nicht ohne Einfluss auf die Zirkulation der Atmosphäre blieb. Das alleine reicht wohl aber nicht aus, um eine globale Vereisung auszulösen. Bedenkt man aber die Milankovitch Zyklen und denkt darüber nach, dass die massiv einsetzende chemische Verwitterung der neuen Hochgebirge zu einer Absenkung des CO2-Gehaltes geführt haben wird, ist es kaum noch verwunderlich, dass es zu einer so weitreichenden Klimaveränderung gekommen ist.
Ein Rückblick sei mir noch gestattet, nämlich auf die länger zurückliegenden Eiszeiten. Von ihnen sind natürlich deutlich weniger Daten verfügbar, doch kann man große Veränderungen geologisch gut zurückverfolgen. So zum Beispiel die Verteilung der Landmassen. Massive Vereisungen kann es nur geben, wenn große Landmassen in Polnähe vorhanden sind. Schon bei den präkambrischen Events ist dies bestätigt. Hier lag der Großkontinent in Südpolnähe. Ebenso Gondwana während der ordovizischen und permokarbonischen Vereisung. Die paläogeografische Situation des Devons wäre auch ideal gewesen, hier fehlten aber weitere auslösende Faktoren, so dass (nicht mathematisch, aber hinreichend naturwissenschaftlich) bewiesen ist, dass eine reine Verteilung der Landmassen als Kälteauslöser nicht ausreicht.
Auch die Dynamik der Platten zueinander sollte noch angesprochen werden. Sich öffnende oder schließende Meeresstraßen (Panama zum Beispiel schnitt die Äquatorialströmung ab und schuf durch den Nord-Süd-Austausch der Meeresströmungen ideale unterstützende Bedingungen zur Auskühlung der Nordkontinente).
Ihr seht, es müssen viele Faktoren zusammenkommen, um eine Eiszeit auszulösen. Manche sind nachvollziehbarer als andere. Aber eines ist klar: Eine einfache, wiederkehrende Ursache allein gab es nie, und es wird sie auch nie geben.
Mein Lesetipp für warme Sommertage dazu: Jürgen Ehlers: Das Eiszeitalter
Literaturangaben:
Berger, A. & Loutre, M.-F. (2004). Milankovitch Theory and Paleoclimate. In:
Elias, S.A. (Hrsg.): Encyclopedia of Quarternary Science 297, 1287-1288.
Dennison, B. & Mansfield, V. N. (1976). Glaciations and dense interstellar clouds. Nature 261, 32-34
Hays, J. D., Imbrie, J. & Shackleton, N. J. (1976). Variations in the earth’s orbit: pacemaker of the ice ages. Science 194, 1121-1132.
Kuhle, M. (1985). Ein subtropisches Inlandeis als Eiszeitauslöser. Südtibet- und Mt. Everest-Expedition 1984. Georgia Augusta, Nachrichten aus der Universität Göttingen 42, 35-51.
McCrea, W. H. (1975).Ice ages and the galaxy. Nature 255, 607-609.
Das Felsenmeer in Lautertal/Odenwald
Frostverwitterung ist eine typische Erosionsform in Hochgebirgen und in Gegenden, die von einem deutlichen Jahreszeitenklima betroffen sind. Der Frostwechsel bewirkt in Spalten und Poren ein wiederholtes Schmelzen und Gefrieren von Wasser. Hierbei kommt es zu verstärktem Druck auf das anstehende Gestein. Bei -5 °C herrschen 50 MPa, in besonders kalten Nächten bei – 22 °C sogar 211,5 MPa. Dies ist für die Wasserkristalle die maximale Stufe der Volumenvergrößerung, sie entspricht 9%. Bei noch niedrigeren Temperaturen kommt es zu einer Phasenänderung und das Eis geht in einen weniger volumenintensiveren amorphen Zustand über.
Angriffspunkt für die Wassertropfen sind immer Klüfte im Gestein. Im Falle der Rhöner Blockhalde handelte es sich um ein Erstarrungsgestein, der Basalt, welches beim tertiären Vulkanismus die Rhönberge entstehen ließ. Dieser Basalt ist zwar dicht und kompakt, aber die einzelnen Lavalagen bieten durch ihre Schichtung eine gute Instabilitätszone, die von senkrechten Kluftflächen unterstützt wird.
In Sedimenten hat man die einzelnen Schichten der Abfolge, die für Angriffsfläche sorgen. In sehr kompakten, kluftlosen Magmatitkörpern dienen mikrokristalline Poren als Ausgangspunkt für Frostsprengung. Hier werden weniger widerstandsfähige Minerale wie Glimmer oder Feldspate zuerst kaolinisiert (durch Wasser zu Ton umgewandelt) und anschließend ausgespült. Zudem können auf molekularer Ebene entlang der Kristallisationsflächen Kleinstmengen Wasser in tiefere Blocklagen gelangen. So entstehen nach und nach krümelige Poren, in denen die restlichen, wasserunlöslichen Minerale wie Quarz übrigbleiben und als monokristalline Sandkörner oder Kiese abgetragen werden. (Das nennt man dann “körnigen Zerfall”) Als “Blockzerfall” wird das selbe im großen Maßstab bezeichnet, wenn an Senkrechtklüften ganze Gesteinsblöcke vom Anstehenden abgespalten werden. Ist der zeitliche Faktor so gering, dass eine derartige Sprengung und Zerfall schnell vonstatten gehen kann, zum Beispiel in arktischer Tundra oder während der Eiszeiten, so kommt es zur Bildung ausgeprägter Block- und Schutthalden, auf der die großen Brocken aufgrund der geringeren Kantenkrümmung auf den kleinen Kiesen und Sanden “aufschwimmen” und das darunter liegende Gestein völlig überdecken. Dieser Zustand ist als “Block- oder Felsenmeer” bekannt. Regional haben diese Geotope eine kulturelle Bedeutung. Nicht selten entstammen Geschichten von Riesen oder Trollen diesen scheinbar losgelösten Geländeabschnitten.
Der Unterschied zwischen einer Blockhalde und eines Blockmeeres liegt im Entstehungsprozess. Ein Blockmeer wurde größtenteils zusammengespült, wohingegen eine Blockhalde rein von der Schwerkraft zusammengehalten wird. Als Geröllhalde (oder Felsenmeer) werden ähnliche Gebilde benannt, die aber hinsichtlich der Korngröße des Schutts viel kleiner sind. Auf Geröll, was aus Kies und Sand besteht, kann sich schnell eine Humusschicht mit Pioniervegetation ansiedeln. Auf Blöcken ist dies viel schwieriger, da die Oberfläche kleiner ist und Bodenpartikel sofort weggespült oder heruntergeweht werden.
So spannend die Untersuchung solcher Blockhalden sein kann, wird von einem Betreten dessen deutlich abgeraten. Aufgrund fehlender Bindemittel sind die Brocken instabil gelagert und Unfälle beim Besteigen der Halden sehr wahrscheinlich.
]]>Bewaldete Taluszone des Muschelkalks von Jena. Urheber: Stefan Taube
Nun ist der Muschelkalk natürlich nicht rein und die Natur ist kein Chemielabor, so kommt es an den Sedimentationsgrenzen durchaus zur Bildung von Wasseradern, die dann nicht chemisch, sondern über Frostsprengung zu einer Zersetzung des Gesteins führen. Dazu kommt eine Erhöhung des Lösungspotentials im Regenwasser durch Ansäuern. Nicht nur „saurer Regen” ist in der Lage, Veränderungen im karbonatischen Mineralbestand auszulösen. Schon eine geringe Bodenbedeckung mit Flechten und anderen Pflanzen, spätestens aber eine Humusschicht, kann den Untergrund durchlässiger und porös machen. Durch physikalische Verwitterung abgesprengte, chemisch widerstandsfähige Gesteinsbrocken stürzen nach und nach in die Tallagen. Der Geologe spricht hierbei von einer Taluszone, nach Talus, dem Begriff für die Schutthalde.
Definiert wird der Talus als fächerförmiger Körper am Fuß von Steilhängen. Nun kommt Mathematik ins Spiel: Die Art und Weise, wie die Bruchstücke letztlich aufgetürmt werden, ist, wie eigentlich alles in der Natur, nämlich nicht willkürlich. Je nach Korngröße, Platzangebot, Beschaffenheit des Ausgangsmaterials und Reinheitsgrad werden Hangneigungen von 26- 42° gebildet. Jedes Gestein/Mineral hat eine spezifische Hangneigung. So kann man, wenn man das Wissen und eine ausreichende Beobachtungsgabe hat, vielmals von Klippenstruktur, Farbe, Verwitterungsform und Talus auf die grobe Zusammensetzung des landschaftsbildenden Massivs schließen.
Taluskegel an der Nordküste der zu Svalbard („Spitzbergen”) gehörenden Insel Ifjorden. Quelle: wikipedia
Man kann das auch ganz leicht selbst ausprobieren. Nimmt man einen feinen, trockenen Sand und lässt ihn gleichmäßig auf den Untergrund rieseln, wird sich ein recht flacher Kegel bilden, der sehr gleichmäßig ansteigt. Aber mit zunehmender Höhe wird auch die Grundfläche größer. Die Hangneigung, also der Winkel zwischen Hypotenuse und Ankathete des Kegelquerschnitts, wird jedoch immer gleich bleiben, egal wie hoch der Sandberg bei gleichbleibender Materialzusammensetzung wird.
Hier zeigt sich, wie genial einfach die Geologie sein kann. Dieses Experiment kann man nämlich hervorragend im Urlaub am Sandstrand nachmachen.
Schüttwinkel von grobem Sand. Quelle: Anton via wikipedia
Wenn man nun dem Sand eine weitere Korngröße beimischt, zum Beispiel Kies oder Ton, dann wird man in der Lage sein, einen steileren Kegel aufzurichten. Der Grund für die unterschiedlichen Böschungswinkel liegt unter anderem in der Gestalt der einzelnen Körner und der Abweichung vom Idealfall der Kugel. Die Hangneigung des Schuttkegels entspricht dem Reibungswinkel, also dem Winkel, bis zu dem eine Ebene gerade noch geneigt werden kann, ohne dass das Material abrutscht. Er lässt Rückschlüsse über die Rauheit der Elemente zu.
Beim Experimentieren mit Sand am Meer wird man eines feststellen: Eine wirkliche Spitze kann man nicht errichten (geht man von trockenem Material aus). Das liegt daran, dass Sand mikroskopisch einer dichtesten Kugelpackung sehr nah kommt. Auch eine Hangneigung von über 40° wird man mit Sand nicht erreichen können.
Um den Bogen zu den Muschelkalkhängen wieder zu schließen: In der Natur hat man natürlich weder gleiche Körnungen noch homogene Substanzen. Je verschiedener die Körnung, die Verdichtung, der Wassergehalt (und die damit verbundenen Kohäsionskräfte) und die mineralische Zusammensetzung, umso steiler sind die Tali und je nach Landschaftsbild natürlich auch die Taluszone. Aber innerhalb einer Landschaft können die Kegel sehr gleichmäßig ausfallen.
]]>Doch worum geht es denn eigentlich?
Die Wissenschaftler der University of Cambridge haben 3-D-Analysen seismischer Daten verwendet, um eine känozoische Küstenlandschaft zu rekonstruieren, die im Nordosten Europas im paläozän-eozänen Klimaoptimum vor 55 Mio Jahren existierte.
Der isländische Mantelplume unterströmte eine Region von 10.000 Quadratkilometern und sorgte durch die resultierenden Temperaturschwankungen für ein intermittierendes An- und Abschwellen des Krustenbereiches, der heute Schottland darstellt.
Die Schelfregionen wurden mehrmals auf über Meeresspiegelniveau angehoben. In dem Zuge setzte natürlich sofort eine erosive Zersetzung des Materials und dessen Abtragung ein. Nach Erreichen des Maximalanstiegs kam es aufgrund von fehlendem Magmanachfluss zur Absenkung der Region und der damit verbundenen Überdeckung mit marinen Sedimenten.
Eine solche Paläomorphologie wurde nun vom Team um Ross Hartley untersucht.
Drei Anhebungsperioden konnten definiert werden, bei dem die Hebungsrate jeweils zwischen 200m und 400m lag. Hügel von 800m ü.NN entstanden so in einem Wimpernschlag, denn die Gesamtdauer der “kleinen Orogenese” betrug in etwa eine Million Jahre.
In dieser Zeit entwickelte sich ein ausgeprägtes Netzwerk von Drainagestrukturen. Acht Flüsse transportierten den groben Schutt in die zentrale Senke, entwässert wurde das Tal über einen mäandrierenden Strom hin zu einer prominenten Klippe.
Das Ganze liegt nun unter etwa 2000m Sedimentdecke im Nordatlantik.
Und, mal ganz ehrlich, mit ein bisschen Fantasie wird daraus eine idyllische Halbinsel, viel schöner als irgendein übertriebener antiker Mythos. Lassen wir die Wissenschaft für sich sprechen. Sie ist schön genug.
Quelle: Transient convective uplift of an ancient buried landscape Ross A. Hartleya, Gareth G. Roberts, Nicky White, Chris Richardson, May19, 2011
Der Mensch mit seinen Treibhausgasen, den Flussbegradigungen, Waldrodungen und Trockenlegungen vollzieht eine derartigen Einschnitt in die Oberflächengestalt unseres Planeten, dass es nicht mehr reicht, das Holozän als “neue”, aktuelle Epoche anzusehen. Das Anthropozän soll begonnen haben, wahrscheinlich mit Beginn der Industrialisierung um 1800.
Ich nehme mal an, meine Leser werden nicht im Detail damit bewandert sein, wie das (noch) aktuelle Erdzeitalter des Holozäns gegliedert ist, sowie die botanischen und klimatischen Entwicklungen kennen, die sich vollzogen haben. Deswegen gebe ich euch einen kurzen Abriss, damit sich jeder eine eigene Meinung darüber machen kann:
Das Holozän begann mit einem dramatischen Temperaturanstieg, der das Ende der letzten Eiszeit markierte. Im sogenannten Präboreal, dem ältesten Stück Holozän, stieg die globale Temperatur innerhalb weniger Jahrzehnte um 6°C an. Die baumlosen Tundren der Nordhemisphäre wurden von Pflanzen und Tieren erobert, denn die Sommer glichen den heutigen, nur die Winter waren noch sehr kalt. Zusammen mit der Hasel breitete sich auch der Mensch in Mitteleuropa aus. Archäologen sprechen vom Mesolithikum.
Das darauf folgende Boreal war eine Epoche des Wandels. Die skandinavischen Gletscher schmolzen, der Meeresspiegel stieg an, zu Beginn war England noch mit Europa über eine Landbrücke verbunden, wurde allerdings nun zur Insel, genau wie Irland, denn die Irische See füllte sich. Das Klima in Europa war kontinental und trocken. Wärmeliebendere Pflanzen mischten sich von Süden her unter die Haselwälder, mehr und mehr nahmen verschiedene Eichen den vorherrschenden Platz ein. Jäger und Sammler der Mittelsteinzeit nutzten Pfleile, Bögen und Speere zum Jagen, aber auch Paddel und Körbe fand man, die mit Tieren wie Schlangen, aber auch Menschen verziert waren.
Doch die Temperatur stieg weiter an, für die Menschen, Tiere und Pflanzen war das Vermehren einfacher geworden, natürlich sind auch die Belege des Atlantikums reichhaltiger, ist es doch mit 7300-3700J.v.Ch. nicht wirklich lange vergangen.
Man geht von etwa 2,5°C MEHR in Mitteleuropa aus als heute die Durchschnittswerte sind. Aber es war auch deutlich feuchter. Das Abschmelzen der Nordamerikanischen Gletscher und das rasante Ansteigen des Meeresspiegels führte möglicherweise zum Überlaufen des Mittelmeeres und so zur Füllung des Schwarzen Meeres.
Die Sahara war von heftigen Monsunregen gezeichnet und ein Füllhorn an Biodiversität.
Im Allgemeinen wird diese Periode als “Klimaoptimum” bezeichnet.
Gegen Ende dieser Epoche sanken die Temperaturen jedoch wieder. Ab 4700v.Ch. konnte man in den Alpen ein deutlichers Gletscherwachstum feststellen.
Demnach wurde für die darauffolgenden Jahre, bis ca. 450v.Ch. das Subboreal festgelegt. Es war trockener und kühler als im Atlantikum, aber dennoch wärmer als heute. Die Abkühlung wird insbesondere in Skandinavien durch den Rückgang der Ulmen deutlich, in Westeuropa ist dieTrennung nicht ganz so scharf. Heidepflanzen breiteten sich stark aus.
Das heute (noch?) vorherrschende Zeitalter nennt sich Subatlantikum. Temperaturschwankungen sind vorherrschend, wobei man hierbei auch die deutlich feinere Messtechnik und bessere geologische Dokumentation berücksichtigen sollte.
Klimatisch beginnt es mit dem sogenannten “Optimum der Römerzeit”, der klassischen Antike. ie darauffolgene Kälteperiode fällt zusammen mit der großen Völkerwanderung, was sicherlich auch einer der treibenden Gründe hierfür war.
Von 800-1200 kam es zu einer erneuten Erwärmung, die fast das Römer-Optimum erreichte. Von der mittelalterlichen Warmzeit hört man ja doch immer wieder einmal. Nicht umsonst konnten die Wikinger ja auch Grönland (“Grünland”!) und Island besiedeln. Das Ende der Warmzeit und die Verschlechterungen des Klimas hatten auch kulturelle Folgen. Die Pestepidemie und Hungersnöte führten zu einem fast 50%igen Bevölkerungsverlust. Den negativen Höhepunkt hatte dieses Pessimum zur “Kleinen Eiszeit” (1550-1860). Bekannte Gemälde von zugefrorenen Seen und Flüssen entstanden, es kam zum Dreisßigjährigen Krieg und zur Französischen Revolution.
Und ziemlich genau dann, ab 1800, zum Beginn der Industriualisierung und dem neuen Wandel zu einem Optimum, wollen Wissenschaftler wie Paul Crutzen eine neue Epoche ansiedeln: Das Anthropozän. Die globale Erwärmung aufgrund von Treibhauseffekt, menschgemachtem Klimawandel, menschlicher Überbevölkerung.
Und jetzt meine Frage:
Doch macht das wirklich Sinn? Ich bin nicht in der Position, dies zu bestimmen, aber man kann ja darüber nachdenken.
Geologie und damit tief verwurzelt, die geologische Zeittafel, beschreibt Vergangenes. Markante Zeiger müssen gefunden werden, und das global, die im Untergrund nachweisbare Spuren der Menschheit für die nächsten Jahrmillionen sichern werden. Hierbei spielen Luftbläschen im Eis eine große Rolle, die Treibhausgase einschließen. Auch möglich sind radioaktive Spuren von atomaren Sprengsätzen.
Nicht immer lassen sich die einzelnen Stufen und Systeme einheitlich voneinander trennen. Bei den weit zurückliegenden, Millionen Jahre umfassenden Ären ist das einfacher. So ist zum Beispiel die KT (Kreide/Tertiär) Grenze mit ihrer Iridium- Anomalie fast überall auf dem Planeten bei guten Aufschlussverhältnissen nachgewiesen werden. Die holozänen (Klima-)Stufen im Gegenzug wurden größtenteils über die Pollenanalyse erschaffen und sind somit mehr oder weniger stark regional beschränkt. Trotzdem sind sie in wissenschaftlichen Publikationen Usus.
Zurückkommend zum Anthropozän wird man mit Sicherheit deutliche Daten erheben können, die einen industriellen Wandel begleiten. Doch ist die Zeitspanne von 200, 300 Jahren ist in meinen Augen zu gering, eine historische Marke legen zu können. Sich auf Zukunftsprsopektion zu verlassen, ist beruhigend, aber ist es auch geologisch?
Nun, für mich ist das Zeitalter der Industrialisierung durchaus ein Wendepunkt der Menschheitsgeschichte- aber nicht geologisch. Kulturell? Ja. Wirtschaftlich? Ja. Ethisch? Noch viel mehr. Aber geologisch? Ich sehe mich dann doch eher subatlantisch als anthropozän. Erdgeschichte wird nicht von uns gemacht!
]]>Eine deutsche Politikerin, die ihren mittlerweile aberkannten Doktortitel ausgenutzt hat, um Karriere zu machen, wird zum vollwertigen Mitglied im Ausschuss für Industrie, Forschung und Energie.
Bitte? Zählen denn Biografie, Lebenslauf, LEISTUNG UND UNVERMÖGEN nur für den “Normalbürger”?
Würde man einen Durchschnittsposten in einem Durchschnittsunternehmen besetzen wollen, würde jeder Kanditat mit einer lückenhaften oder auch nur ansatzweise zweifelhaften Vita nicht einmal zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen werden. Seine Bewerbungsmappe würde mit einem Kaffeefleck und rotem Post it im Mülleimer landen.
Anders bei scheinbar machtvollen Positionen. Hier wird wildes “Mensch ärgere dich nicht” gespielt. Die wenigen Personen, die diese Stellen besetzt halten, werden in einem Würfelspiel nach Gutdünken umverteilt. Nach dem Motto: Gehe nicht über Los, ziehe nicht 5000 Mark ein. (Nur, dass sie es wahrscheinlich doch machen)
Die Arbeitssuchenden in diesem Lande müssen sich ganz schön verhöhnt fühlen angesichts dieser Methodik. Nicht Kompetenz zählt, sondern Dreistigkeit.
Man sah es schon beim neuen Bundesminister-Halma:
Ich frage mich, seit wann “mit der Materie vertraut” eine bestätigte fachliche Qualifikation darstellt.
Die Beförderung von Frau Koch-Mehrin zum Oberhaupt von Forschung und Wissenschaft zeigt dies ganz deutlich: Um ganz oben mitzuspielen, muss man nur gut würfeln können.
]]>1. geradlinig: Ursache hat Wirkung.
2. schwingend: Eine Ursache hat eine (eineindeutge) Wirkung, aber der Weg dahin verläuft instabil.
3.Bifurkation: Eine Ursache hat nur in einem bestimmten Fenster eine bvestimmte Wirkung. Werden Grenzwerte überschritten, springt das System in einen anderen Zustand und ässt sich durch Veränderung/Rücknahme der Ursache nicht wieder in den Originalzustand zurückversetzten. Hier spricht man dann von Kipppunkten. Das Verhalten von komplexen Systemen nach diesen Regeln kann man auf alles Mögliche anwenden, ob nun Finanzmärkte oder Ökosysteme, man findet es überall.
So versuchen Klimatologen anhand der zugrundeliegenden Formeln, zum Beispiel die Dynamik der schmelzenden Gletscher im gesamten Stoffkreislauf darstellen zu können. Gäbe es einen Kipppunkt für das Meereis der Arktis, wäre es ja interessant zu wissen, ob man diesem nahe kommt. Denn wenn die Theorie der Kipppunkte hier Anwendung fände, würde selbst ein verringerter CO2 Ausstoß nichts mehr bringen, wenn er schon überschritten wäre.
Die Eis-Albedo-Rükkopplung steht hierbei unter besonderer Beobachtung. Hierbei handelt es sich um eine Verstärkung des Effekts durch Rückkopplung: Das Eis schmilzt, legt Meerwasser frei. Dieses absorbiert die einfallende Lichtstrahlung deutlich mehr als das helle Eis, welches einen Großteil der Energie wieder reflektiert. Durch die Strahlungsaufnahme des Meerwassers kommt es jedoch auch zu einer Erwärmung, welche letztlich den Schmelzprozess des festen Eises vorantreibt. Somit wird die Strahlungsaufnahme durch die Flächenvergrößerung wieder potenziert und das Ganze windet sich spiralförmig weiter.
2007 wurde der bisher größte Wert abgeschmolzenen Eises gemessen, was die Wissenschaft dazu veranlasste, über die Existenz des Kipppunktes und dessen etwaige Überschreitung detaillierter nachzudenken.
Wäre dies der Fall, dann wäre das vollständige Abtauen des Meereises nicht mehr zu stoppen.
Allerdings, und nun kommt die gute Nachricht, haben die Wissenschaftler im Team um Dirk Notz vom Hamburger Max-Planck-Institut für Meteorologie Hinweise entdeckt, die die Existenz eines Kipppunktes negieren. Laut ihrer Arbeit (Geophysical Research Letters, 26.01.2011) reagiert die Eisbedeckung ziemlich genau auf die jeweiligen lokalen klimatischen Bedingungen. Somit besteht noch immer die Hoffung auf das Verlangsamen oder das Stoppen der arktischen Eisschmelze.
Wie eine Mondfinsternis funktioniert, lässt sich also schnell herausfinden (Hier in etwa) . Was die BILDzeitung ganz plakativ als Blutmond bezeichnet, auch. (Bei Florian zum Beispiel)
Warum also noch einen Artikel über die Mondfinsternis? Nun, weil man zum Beispiel noch auf Twitter hinweisen sollte. Unter #mondfinsternis, #blutmond oder #mofi sollte man heute abend einen schönen deutschlandweiten Eindruck der Sichtbarkeit und der Euphorie (oder ggf. Langeweile) erhalten können.
Woran ich allerdings bei Vollmond, Blutmond, Mondfinsternis und all dem pseudoesoterischem Zeugs denken muss ist dies: Werwölfe!
Nun, auch als Wissenschaftler kann und darf man Mythen spannend finden. Man muss sie ja nicht für real betrachten, dafür sind es ja Mythen. Aber wo bleibt denn das geheimnisvolle, das fantastische, die Spielwiese für die eigene Fantasie, wenn mann nicht wenigstens mal einen Blick in dunkle Mythen wirft. Und Werwölfe sind (neben Drachen) etwas ganz und gar cooles.
Wusstet ihr, dass die ganze “Er erwacht bei Vollmond, weil er vorher von einem anderen Werwolf gebissen wurde” ein Hollywoodtrick ist? Und dass es Abwandlungen in Drehbüchern gibt, in denen Werwölfe nicht durch Silberkugeln, sondern durch das Betrachten einer Mondfinsternis (da haben wir den Bogen wieder) sterben? Die ursprünglichen Legenden reden da eher von bewussten Gestaltwandlungsprozessen (jaha, denkt ruhig an Jacob Black) oder Zeremonien, bei denen Wolfspelze übergezogen wurden.
Spannend bei dem Ganzen finde ich (und hier bricht wieder der Wissenschaftler durch) die Hintergründe für solche Legenden. Vierfüßlergang, Heulen, Krämpfe, das “Tiersein”- klingt alles sehr nach einer Psychose. Vielleicht waren manches auch Bräuche, Feiern, Tänze oder sonstige Verhaltensmuster, die von “Gelehrten” schlicht nicht reflektiert und für “besessen” erklärt wurden.
Noch einleuchtender ist der Zusammenhang zur Tollwut. Gebissen von einem Tier mit Schaum am Maul, geplagt von Krämpfen, mit Angst vor Wasser und gleichzeitigem unglaublichen Durst, der in spastischem Atmen und Hecheln resultiert, einem verzerrten Gesichtsausdruck und dem Um-Sich-Beissen. Kein Wunder, dass man dachte, der Erkrankte verwandle sich in das Tier, welches gebissen hat.
Zudem wurden Wölfe für böse gehalten, fraßen sie doch den Bauern ihre Tiere weg (was ja damals die Lebensgrundlage sehr vieler Menschen war).
Werwölfe wurden also schnell zum Symbol für alles mögliche. Auch in der Literatur.
Mein “Lieblingswerwolf” (wenn man das so sagen kann) ist (wen wunderts) Sympathieträger Remus Lupin, bekannt aus der Harry Potter Saga.
In ihm wird der Werwolf als eine Art Opfer dargestellt. Mit dem Wolfsbanntrank kann sein Verwandeln unterbunden werden, dennoch kränkelt er langsam dahin. Als chronische Krakheit oder Behinderung wird die Lykanthropie dargestellt. Natürlich gibt es auch den begeisterten, animalischen Gegenpart in Form von Fenrir Greyback, der es insbesondere aufs Beißen von Kindern abgesehen hat.
Und als letztes: Kaum eine gte Rockband hat in ihrem Repertoire kein Titel, der sich mit dem Thema “Werwolf” auseinandersetzt. Beispiele gibt es viele, angefangen von Metallica (“Of Wolf and Man”) oder “Wolf” von Iced Earth. (Ja, auch nicht-gitarrenlastige Interpreten haben sich dazu geäußert, aber das höre und empfehle ich nicht)
Die beste Umsetzung (musikalisch, nicht musikvideotechnisch) ist allerdings diese, und hier bin ich deutlich voreingenommen:
Und damit verabschiede ich mich in einen (WOLKIGEN???) Nachmittag, um diese zu vertreiben, damit ich heute abend auch gute Sicht auf den Blutmond und die Werwölfe habe Wer verfolgen will, ob die Mondfinsternis auch in Jena zu beobachten ist, der folge mir.
UPDATE:
Ja, auch bei uns war es absolut bewölkt. Leider habe ich den blutigen Mond nicht sehen können und war- gelinde gesagt, frustriert.
Nachdem die ISS dann aber flink, schnell, pünktlich und hell vorbeigesaust war, besserte sich die Laune und dann gab es noch eine etwa zehnminütige Wolkenlücke. Nach Sichtung des mürben Bildmaterials gebe ich euch diese beiden Schnappschüsse des Halbschattens, zum mich-Bemitleiden. Herzlichen Dank.
Die NASA veröffentlichte hierzu eine gute Grafik:
Hatte man in den 70er Jahren noch angenommen, die Erde würde langsam runder werden, setzte sich dieser Trend bis Anfang der 90er auch fort. Durch das Verschwinden der Eismassen nach der letzten Eiszeit gab es ein Ausgleichen (vgl. Isostasie) in nördlichere Breiten und somit ein “Ausbeulen” der Erdgestalt.
ABER. Offenbar führte das zugeführte flüssige Wasser seit den 90ern zu einer erneuten Verstärkung der Querschnittsverschiebung. So kam es durch das Anheben der Landmassen zwar weiterhin zu einem Ausgleich, das freie Wasser allerdings legte sich um den eh schon verbreiteten Äquator. Messdaten zur Gravitation des GRACE Satelliten lieferten alle Indizien zu dieser Theorie. “Noch ist es spekulativ, aber die Fakten fügen sich zusammen.” so zieht John Wahr der Universität von Colorado Bilanz.
Der Zeitrahmen (Anfang 90er/ Mitte der 80er) ist für Glaziologen interessant. In einem Modell “Losing Greenland” versuchen sie nämlich, den Punkt zu ermitteln, an dem der Eispanzer Grönlands, ebenfalls ein Relikt der Eiszeiten, begonnen hat, massiv abzunehmen und festzustellen, ob dieser Prozess bereits irreversibel ist.
Ich glaube, dazu sollte ich auch mal etwas schreiben.
Viele (Irr)wege wurden beschritten, bis Alfred Wegener 1915 den Mut hatte, revolutionäre Aussagen zum Auseinanderbrechen und Bewegen der kontinentalen Lithosphäreplatten der Erdkruste zu veröffentlichen. Seine Begründungen über Gezeiten-, Flieh- oder andere Gravitationskräfte als darunterliegenden Mechanismus hinderten seine Theorie damals, den Durchbruch zu erlangen. Erst 1960 mit der Erforschung der Plattentektonik, sollten seine Ideen endlich breiten Anklang finden.
Die Plattentektonik ist die Grundlage für die meisten groben geologischen Prozesse auf diesem Planeten. Auch wenn nicht alle Phänomene bis zur Gänze geklärt sind, wird sie in ihrer Gesamtheit doch von den meisten Menschen heute als schlüssig und wahrscheinlich angesehen.
Vorgänge an Plattengrenzen. Systematisch
So sorgt die Konvektion des zähviskosen Gesteinsmaterials im Erdmantel dafür, dass die äußeren Bereiche, die die sieben großen Lithosphärenplatten einbetten, langsam und stetig bewegt werden. Die Erdkruste und ihre ozeanische und kontinentale Kruste sind somit nicht “schwimmende” Fragmente auf einem heissen, flüssigen Untergrund sondern lediglich die sichtbare, abgekühlte “Haut” des Mantelkörpers. Diese ist teilweise eingerissen und wird kontinuierlich neu gebildet und vernichtet.
Primäre Auswirkungen dessen sind die Entstehung von Faltengebirgen und Tiefseerinnen. Beide dienen der Auflösung/Aufschichtung von Krustenmaterial. Im Falle der Gebirge natürlich vornehmlich der kontinentalen, an Tiefseerinnen durch Subduktion die ozeanische Kruste. Sekundäre Phänomene sind in diesem Zusammenhang Vulkane und Erdbeben, mit all den tertiären Erscheinungen wie Tsunamis, Hangrutschen, Ascheregen, Natur- und Humankatastrophen.
An destruktiven Plattengrenzen findet man eine Vielzahl von Prozessen und Phänomenen, die stark von den spezifischen Gegebenheiten des Untergrundes abhängig sind. Subduktion, also das “Abtauchen” der dichteren Masse unter der leichteren oder das Kollidieren und Auffalten der Plattenränder sind die groben Mechanismen, die hier zu Grunde liegen.
Die Anden als Hochgebirge am Rande einer klassischen Subduktionszone sind auch im alltäglichen Umgang mit Geomorphologie kein Geheimnis mehr. Im Tiefseebereich kommt es immer wieder, wie im Beispiel der japanischen Inseln, zu einer gekrümmten Inselkettenbildung vulkanischen Ursprungs. Die Krümmung resultiert aus der Kugelform der Erde und der damit verbundenen Geometrie der Plattengrenzen. Werden nur ozeanische Platten subduziert, wie es in der südostasiatischen Inselwelt oder der Karibik der Fall ist, wo die Platten zudem noch entgegengesetzt gerichtet bewegt werden, ist die global heftigste Vulkanaktivität nicht mehr verwunderlich.
Ist zwischen zwei Platten der ozeanische Bereich völlig aufgebraucht und stoßen somit kontinentale Massen aufeinander, wie im Falle der Indischen Platte und Asien, kommt es, siehe Himalaya, zu massiven Gebirgsbildungen.
Heezen und Tharp. Dank an "https://www.thefullwiki.org/Bruce_C._Heezen"
Um den Erdradius gleich zu halten, muss an anderer Stelle natürlich neues Material gebildet werden. Dies geschieht an divergierenden Plattengrenzen, an denen basaltischer Meeresboden ständig neu an die Oberfläche dringt. Das sogenannte “Seafloor spreading” war auch Grund für die Entdeckung der Plattentektonik, sorgten doch Wissenschaftler wie Hess, Dietz und Carey dafür, dass mehr und mehr Publikationen an die Öffentlichkeit drangen, die genau diese Punkte untersuchten. Marie Tharp als herausragende Kartografin der Meeresböden und mittelozeanischen Rücken sorgte zusammen mit Bruce C. Heezen für eine bedeutende Grundlagenforschung. Die „Heezen-Tharp physiographischen Karten” sind geo-geschichtlich hochinteressant und heute in Google Earth eingebunden. Einen Lesetipp habe ich hierfür natürlich auch vorbereitet: Mapping the Deep: The Extraordinary Story of Ocean Science
Durch die Erkenntnis, dass diese mittelozeanischen Rücken vulkanisch aktiv sind und zum Teil erhebliche Mengen (Kissen-)Lava freisetzen, diese erkalteten Ströme ein paläomagnetisch spiegelsymmetrisches Streifenmuster verinnerlichen und in weiterer Entfernung der Rücken die Sedimentbedeckung mächtiger wird, lag der Schluss nahe, dass es hier zur Bildung neuer Erdkruste kommt. Interessant ist auch die unterstützende Tatsache, dass keine Messung ein Meeresbodenalter über 200 Mill. Jahren ergeben hat. Im Schnitt ist der Ozeanböden der Erde jünger als 65 Mill. Jahre. Heute hat man ermittelt, dass die Driftraten der großen Lithosphärenplatten bei 2-20cm pro Jahr liegen.
Magnetische Streifung am MOR. (wikipedia.de via Kurgus)
Die Grabenbildung ist kein rein ozeanischer Prozess. Da die kontinentalen Platten nicht losgelöst auf der ozeanischen Kruste schwimmen, kommt es auch auf dem Festland zu derartigen Komplexen. Das klassische Beispiel hierfür ist in Afrika zu finden. Das rote Meer als Vorstufe eines Ozeans, der den afrikanischen Kontinent spaltet, ist nicht nur Popcornunterhaltung, sondern geologische Realität. Am Ostafrikanischen Graben wird Kustenmaterial aufgewölbt, es kommt vermehrt zu Vulkanismus. Eine Riftflankengebirgsbildung kann man hier lehrbuchmäßig verfolgen. Die Erhebung in Nord-Süd-Ausrichtung wird heute als mitbestimmender Antrieb für die Entwicklung des aufrechten Ganges des Menschen angesehen. Durch den verhinderten Wolkenzug nach Ostafrika wandelte sich Regenwald zu Steppenlandschaft und sorgte so für genau die ökologische Nische, die die ersten Hominiden besetzten.
Somit ist eines klar- die Plattentektonik ist nicht nur eine hochkomplexe, logische und spannende Struktur unseres Planeten, die einerseits für Leid, Zerstörung und schlimme Schicksale sorgt, sondern im gleichen Zuge auch lebensnotwendiger Motor dieses Planeten, denn: Die Welt ist im Wandel.
]]>Ja, die Welt ist im Wandel. Geologisch gesehen ist dies sogar nicht nur metaphorisch, sondern eher nüchtern und tatsächlich so zu sehen.
Die Bewegung, Aufspaltung und Vereinigung von Kontinenten wird als Kontinentaldrift oder Kontinentalverschiebung bezeichnet.
Diese mobile Theorie löste die erste Vorstellung der Menschen ab, die Erde sei schon seit Anbeginn der Zeit gleichgestaltlich gewesen.
Mit Beginn der Kartografie und einem immer genaueren globalen Bild allerdings drängte sich die Ähnlichkeit der Küstenlinie Südamerikas und Afrikas auf. Spannende Erklärungen fanden sich im 17. / 18. Jh., die einerseits eine Horizontalverschiebung anregten, andererseits die biblische Sintflut als Grund dieses Auseinanderbrechens sahen.
Interessant finde ich den Weitblick von Benjamin Franklin, der 1782 an Jean-Louis Giraud-Soulavie, seines Zeichens Geologe in Paris, einen Brief zukommen lies, der folgende Passage enthielt: „Solche Veränderungen in den äußeren Bereichen der Erde schienen mir unwahrscheinlich zu sein, wenn die Erde bis zum Mittelpunkt fest wäre. Ich stellte mir daher vor, dass die inneren Bereiche eine Flüssigkeit von weitaus höherer Dichte und höherem spezifischen Gewicht sein könnten als irgendeine der festen Substanzen, die wir kennen und dass deshalb die äußeren Bereiche auf oder in der Flüssigkeit schwimmen. Damit wäre die Oberfläche der Erde eine Schale, die durch die heftigen Bewegungen der Flüssigkeit, auf der sie schwimmt, zerbrechen und in Unordnung geraten kann…”
1882 stellte Osmond Fisher die Behauptung auf, dass der Pazifik die sichtbare Narbe der Abspaltung des Mondes von der Erde sei. Diese Theorie stellte Charles Darwins Sohn zehn Jahre zuvor auf. Sie besagt, dass die Erde in ihrer Frühphase stärker als heute rotierte und somit durch entstehende Instabilitäten einen Teil abspaltete, der heute als Mond unseren Planeten begleitet. Noch immer gilt diese Möglichkeit als eventuelle Entstehungstheorie, wenn auch nicht als die wahrscheinlichste. Ganz geklärt scheint das Thema noch nicht zu sein. Wer mag, kann sich hier genauer informieren.
Suess- Denkmal in Wien (wikipedia.de via Herbert Ortner)
Der österreichische Geologe Eduard Suess stellte nicht die Ähnlichkeiten der Kontinentlinien, sondern auch die Faunenzusammenhänge zur Debatte, die kontinenteübergreifend vorhanden sind. Seine Erklärung waren Landbrücken, die während des Känozoikums absanken. Suess und seine Geosynklinaltheorie galten bis in die 1960er Jahre als unangefochten fachlich richtig. Dies ist auch nicht weiter verwunderlich, deckt sie doch alle bis dahin bekannten Prozesse und Beobachtungen ab und ist in sich logisch.
Als 1915 Alfred Wegeners Buch “Die Entstehung der Kontinente und Ozeane” erschien, ging ein “Aufschrei” durch die geowissenschaftliche Gesellschaft. Wegener betrachtete nicht nur die offensichtlichen Küstenlinien, sondern verglich die Schelfzonen der Kontinente miteinander. Das so entstandene Bild und die mögliche Zusammenpuzzlen der Landmassen zu einem großen Kontinent war eine der größten Theorien der Geologie. Beachtlich ist auch die Tiefgründigkeit, mit der Wegener seine Arbeit verfasst hat. So verglich er auch die Gebirgsmassive Südamerikas und Afrikas miteinander und stellte sowohl tektonisch als auch mineralogisch Zusammenhänge her. Glaziale Schleifspuren gleicher Richtung und fossilie Mesosaurier, auch die rezenten Manatis, all dies lässt sich auf Südamerika/Afrika übertragen.
Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hatte die Theorie der Kontinentaldrift allerdings einen großen Haken- der Mechanismus war nicht korrekt erkannt worden. Dies war zu Beginn des 20. Jh. auch noch gar nicht möglich.
Alfred Wegener 1912 in Grönland
Für Wegener “schwamm” sie leichte SiAl Kruste auf der schweren SiMa Kruste wie ein Eisberg auf dem Wasser. Wie so oft, wenn Wissenschaftler etwas auf der Erde nicht erklären können, suchen sie den Grund außerhalb. Astronomische Bremskräfte durch den Mond, Gezeitenkräfte oder die “Polflucht“- bei der die Kontinente auf den Äquator zugetrieben werden aufgrund der Fliehkraft der Erde, all dies waren damals plausible Erklärungsversuche. Erst das 1960 veröffentlichte Konzept der Plattentektonik brachte Wegeners Theorie die nötige Schubkraft, um international wissenschaftlich anerkannt zu werden. Doch auch hiermit taten sich die Gesellschaften schwer, war Wegener als Person doch eine “Persona non grada” – Von Haus aus Astronom, Klimatologe und Meteorologe betrachtete er auch die Geowissenschaften als Teilmenge aller NATURwissenschaften. Fachübergreifend und thematisch ineinander greifend. Für viele war das damals undenkbar, wenn es auch heute fast selbstverständlich ist/ sein sollte, in solchen Dimensionen zu denken.
Wer mehr über ihn wissen möchte, dem sei dieses Buch: Abenteuer in Schnee und Eis – Alfred Wegener ans Herz gelegt.
Als Dankeschön fürs Lesen gibt es jetzt noch eine schicke Animation der Kontinentalverschiebung der letzten 150 Mill. Jahre:
Auseinanderbrechen Pangäas (wikipedia.de via Tbower)
]]>Die Theorie besagt, dass kurz vor einem Beben die Gesteinsschichten porös werden, sich ausdehnen und so das Radon 222 nach oben in den Boden aufsteigen kann. Hier reichert es sich zum Beispiel im Wasser an und kann gezielt gemessen werden.
In San Francisco werden bis zu 4mal erhöhte Normwerte vor Beben dokumentiert. Damit gilt diese als die derzeit sicherste “Vorhersagemethode” für Erdbeben.
Doch nicht nur im Boden, auch in der Atmosphäre erhöht sich der Anteil am Gas.
Aktuell und spektakulär sind die Daten, die von Dimitar Ouzounov vom NASA Goddard Space Flight Centre in Maryland und seinen Mitarbeitern gesammelt wurden. Sie beziehen sich auf das Beben von Japan, welches am 11.3.2011 den Tsunami von Sendai hervorgerufen hatte.
Die atmosphärischen Daten zeigen folgendes Bild:
Wie zu sehen ist, gab es drei Tage vor dem Erdbeben einen massiven Anstieg des Gesamtelektronengehalts in der Ionosphäre. Zeitgleich nahmen Satelliten einen Anstieg der Infrarotemisson über dem Epizentrum wahr, mit einer Verzögerung hierzu, denn das Maximum wurde wenige Stunden vor dem Beben erreicht. Man könnte also ganz plakativ zusammenfassen:
Die Atmosphäre heizte sich auf.
Die Lithosphären-Atmosphären-Ionosphären-Verbindung vereint die bestehende Theorie mit den neuen Erkenntnissen. An Stresszonen treten vor einem Beben große Mengen Radon aus dem Erdreich aus. Die Radioaktivität dessen ionisiert die Atmoshäre deutlich und führt so zu einer Kettenreaktion. Wassermoleküle werden von den Elektronen angezogen. Somit kommt es zu einer erhöhten Kondensation, welche exogen ist und durch die Wärmeabgabe Infrarotstrahlung freisetzt.
Dass Litho- Atmo- und Ionosphäre ein komplexes System bilden sollte allgemeinverständlich sein. Somit ist es auch nicht verwunderlich, dass ich in allen Zonen Veränderungen nachweisen lassen, wenn es Turbulenzen in einem Teilbereich gibt.
Auch in einem anderen Werk, nämlich in Ionospheric Precursors of Earthquakes findet man die Information, dass in der F- Schicht der Ionosphäre die kritische oder Plasmafrequenz, veränderlich ist. Diese Frequenz, bei der die Strahlung noch reflektiert und nicht durchgelassen wird, ist abhängig von der Gesamtionisation der Schicht. Und dass diese von elektromagnetischer Erwärmung in Form von Ionengehalt und Wärmestrahlung beeinflusst wird, wurde oben beschrieben.
Nun muss die Auswertung der Daten zeigen, wie und ob man mit einem dichten Obervationsnetz einen Nutzen für die Bevölkerung daraus ziehen kann. Leider kann man ja Daten in der Regel erst NACH einem Ereignis sammeln. Ich bin gespannt, ob das Forschungspotential genutzt werden kann, um Prognosen möglich zu machen.
Die kleine Anatolische Platte, die den türkischen Staat fast komplett innehat, wird nach Westen geschoben, von der Arabischen, nach Norden driftenden Platte und der Eurasischen begrenzt, die selbst relativ stetig nach Westen “treibt”.
Im Norden der Anatolischen Platte findet man eine sehr prägnante Stresszone: Die nordanatolische Verwerfung. Es handelt sich hier um eine Transformstörung, Zwei kontinentale Platten schieben sich hier aneinander vorbei. Bekannter ist die San- Andreas- Störung in Nordamerika, wobei auch diese hier erhebliche Gefahren für die dort lebenden Menschen birgt.
Istanbul mit seinen über 13 Mio Menschen im Stadtgebiet liegt nur 20 km von der Störung entfernt. Zuletzt 1766 von einem starken Beben betroffen, gehen Experten von einem Starkbeben (ab Magnitude 7,0) bis 2025 aus. Das verheerende Erdbeben 1999 mit 17000 Toten bei Gölcük gilt als Vorbote dieses Ereignisses.
An einer Transformstörung entstehen sehr große Reibungsspannungen, die meist nur lokal und dann in sehr starken Verschiebungen (130km bei Izmit) der Erdkruste entladen. Dadurch wird die Gesamtspannung der Störungszone aber nicht komplett genommen. Im Gegenteil. Am Ende der Zone steigert sich die Energie nach einer lokalen Entlastung deutlich. Beben, die aus solchen Gründen resultieren, sind meist oberflächennah, was gerade in dicht besiedelten Regionen zur enormen Gefahr für den Menschen werden kann.
Im Falle der Nordanatolischen Verwerfung kann man eine deutliche Ost- West- Abfolge von Erdbeben feststellen, so dass die Spannungsspitze um Istanbul früher oder später gelöst werden wird. Rund um die Stadt gibt es ein Netzwerk von Messstationen und Notfallsystemen, die zwar weder das Unglück vermeiden noch die Bevölkerung warnen können, aber Gasleitungen schließen, Ampeln auf rot stellen und Züge anhalten können.
Türkische Geologen haben 20km südlich von Istanbul eine Spannungskonzentration gemessen, die im Marmarameer auf eine Länge von 120km eine Verschiebung auslösen würde und ein Erdbeben der Stärke 7,6 zur Folge hätte. Auch Tsunamis wären möglich. Was das für die Gebäude der Stadt zur Folge hätte, von denen 85% ohne Baugenehmigung und entsprechende Sicherung errichtet wurden, möchte man sich gar nicht vorstellen.
Nun erschütterte am 19.5. 2011 ein Erdbeben der Stärke 5,9 die Gegend um die Stadt Simav. 3 Menschen kamen ums Leben, 100 wurden verletzt. Die Stadt liegt in etwa auf dem selben Längengrad wie Istanbul, allerdings 450km weiter südlich.
]]>47 Mio Jahre – so alt ist die Eidechse, die in der Grube Messel für eine evolutionstechnisch interessante Schlussfolgerung sorgte. Das Fossil der Art Cryptolacerta hassiaca steht als “Brückentier” zwischen Echten Eidechsen (Lacertidae) und Wurmschleichen (Amphisbaenia). Bisher ging man davon aus, dass die runde Kopfform der Wurmschleichen als Wegbereiter der Schlangen galt, bei denen sich dann “nur noch” die Beine zurückbildeten.
Die neuen Ergebnisse öffnen aber die Türen für weitere Möglichkeiten. So hat sich die Körperform von Schlangen und Wurmschleichen offenbar konvergent entwickelt, denn letztere und Eidechsen haben in Gattungen wie Cryptolacerta einen gemeinsamen Vorfahren.
Die Schlangen entwickelten sich nicht aus den Lacertiden, sondern haben mit den Waranen gemeinsame Abstammungslinien.
Es ist schon spannend, was die Forschung heute dank CT und anderen Hightechmethoden herausfinden kann.
Wer mehr dazu lesen möchte, kann sich hier mal schlau machen.
Voller Ehrfurcht also werde ich mich den ältesten Belegen der Krustenbildung widmen, die wir auf unserem Planeten noch finden können. Den Urgesteinen quasi, aber im wörtlichen Sinne.
Nun, wenn man den gängigen Theorien einer Erde, die vor 4,55 Mrd. Jahren gebildet wurde, folgt (ja, auch andere Möglichkeiten gibt es), dann sind die Bändererze des Nuvvuagittuq-Grünsteingürtels mit ihren 4,28Mrd. Jahren wohl die Väter Väter Väter Väter aller Gesteine, die derzeit bestimmt wurden. Laut den untersuchenden Wissenschaftlern geht man davon aus, dass es sich um Relikte der ersten Erdkruste handelt.
Doch was genau sind eigentlich “Grünsteine”?
Meist submarin erstarrte basische, meist aus Pyroxen und Plagioklas ( tw. auch aus Hornblende oder Olivin ) bestehende Intrusiv – oder Extrusivgesteine, welche durch Mineraltransformation (Chloritisierung, Uralitisierung, Serpentinisierung ) zu Grünsteinbildung führen.(Quelle)
Und “Bändererze”?
Marine Sedimentgesteine, welche im Präkambrium (Paläozoikum, vor ca. 2,5-1,8 Mrd. Jahren) entstanden und an Schilde alter Kontinente gebunden sind.(…)Bändererze habe einen schichtförmigen Aufbau mit wechselnden Lagen von Jaspis, einem eisenreichen Hornstein (engl.: chert) und Eisenmineralien. (wesentlich Hämatit und Magnetit; auch Grunerit, Limonit, Siderit und Pyrit). Einige bekannte Bändererze bestehen zusätzlich noch aus Tigeraugen-Quarz, der sich bildet, wenn Quarz das faserige Mineral Krokidolith (bekannt als blauer Asbest) ersetzt. (ebenda)
Die C. und ich vor JAHREN im Botanischen Garten Dresden vor dem 8,5t schweren Bändererzbrocken der SNSD. (extra für euch vom Analogbild gescannt!!!)
Mit den Grünsteinen haben wir also die ältesten Gesteine der Welt. Mit der Abtragung und Metamorphose derer entstanden, unter anderem, die Bändererze. Meines Wissens sind originale Grünsteingürtel-Blöcke in Europa nicht zu bestaunen, man berichtige mich, wenn man besseres weiß. (Die “Grünsteine” des Watzmanns haben mit DEN Grünsteinen übrigens nichts zu tun!)
Das überhaupt älteste bestimmte Gestein ist mit 4,417+/- 6 Millionen Jahren übrigens eine Mondbrekzie,
Nun, wenn wir den Blickwinkel wieder etwas zusammennehmen und ein wenig nachlesen, wird man feststellen, dass die in Deutschland ältesten Gesteine entweder aus Skandinavien eingeschleppte Findlinge sind (Wie der “Alte Schwede” in Hamburg) – deren “Gesteins”alter ist bis zu 700 Mill. Jahre.
Anstehend, also richtig landschaftsbildend und dort entstanden, ist der “Eklogit” im Schwarzwald, genauer am Silberberg von Hinterzarten, das älteste Gestein Deutschlands. 1985 wurde das Alter quasi zufällig so rekordverdächtig bestimmt. Leider ohne tiefere Quelle, nur in einem Forum zitiert, findet man eine Altersangabe von 2.07 +/- 0.085 Milliarden Jahre.
Das ist doch schonmal was, oder? Wer also wirklich mal auf Tuchfühlung mit wirklich ALTEN Steinen gehen möchte, findet auch schon im Lande ganz ansprechende Möglichkeiten. Im Schwarzwald so richtig anstehend, in Dresden aus Nordamerika importiert. Beide sind mit (grob) 2 Milliarden Jahren…alt.
Ich muss ganz ehrlich sagen, dass ich das Bändererz von Dresden wirklich, wirklich beeindruckend fand. Wäre ich pathetisch, würde ich sagen, dass eine “weise Aura” von dem Brocken ausgeht. Das sollte eigentlich auf die to-do-Liste eines gelungenen Lebens aufgenommen werden. Ihr wisst schon, ein Haus bauen, einen Sohn zur Welt bringen und einen Baum pflanzen. Und- einen 2 Milliarden Jahre alten Stein berühren. Toll. Ich brauche also nur noch ein Haus bauen!
Und ehe ich noch so richtig philosophisch werde, freue ich mich auf eure Kommentare und beende diesen Artikel.
]]>Beziehungsweise nicht das Ganze soll Thema sein, sondern spezielle Erdbebenserien, die auch “Schwarmbeben” genannt werden.
Erst kommen sie langsam in Gang, dann bebt die Erde ständig. Eine solche Periode kann ein paar Tage dauern- aber auch ein ganzes Jahr. Wenn die seismische Aktivität dann langsam nachlässt, hat sich die Lage wieder beruhigt. In der Hauptphase eines solchen Schwarms ist die Magnitude in der Regel fast immer gleich, bei jedem Einzelbeben.
Der Begriff “Schwarm” wurde von Josef Knett geprägt, und zwar genau dort, wo sie noch immer auftreten, im Vogtland. 1824 waren dort etwa 100 Beben wahrgenommen worden, und 1899 hatte er einen Bericht darüber verfasst.
In den letzten Jahren kam es im Winter 1985/86, Herbst 2000, im Oktober 2008 (hier das bisher stärkste von 4,4 der Richterskala) zu deutlichen Schwarmbeben.
Sie ereignen sich in einer Tiefe von 8-10 Kilometern.
Im Vogtland gilt eine Magmablase unter Böhmen, in ca. 30km Tiefe, als wahrscheinlichster Grund der Instabilität. Entweichende Gase steigen hiervon auf und “durchrütteln” die obere Kruste. (Anmerkung: Das wäre der Moment gewesen, vom “Supervulkan im Herzen Europas” zu schreiben. )
Die Gründe für derartige Erscheinungen außerhalb der Region Vogtland/ Böhmen sind jedoch vielfältig. Man kann annehmen, dass es Fluidbewegungen in der Erdkruste oder dem oberen Mantel sind, die für die Erschütterungen sorgen.
Dokumentiert sind auch kleinere, häufige Beben nach Erdgasbohrungen.
Ein weiteres Gebiet mit Schwarmbebenaktivität (allerdings auch vor dem Hintergrund von Starkregen und dem damit verbundenen Wasserdruck) ist Bad Reichenhall.
Man kann also sagen: Ja, die Region des Egergrabens ist immer noch seismisch aktiv. Randerscheinungen sind Schwarmbeben, die immer wieder, auch spürbar und langanhaltend, in der Gegend wahrgenommen werden.
Eine größere Gefahr geht allerdings nicht von ihnen aus. Denk ich mal. Na, warten wir mal 2012 ab, oder? Da geht ja bekanntlich alles in die Luft.
Die Iberische Halbinsel hat ein mittleres Risiko, von Erdbeben betroffen zu sein. Man kann allerdings sagen, dass grob alle 200 Jahre ein heftigeres Beben von etwa 6 auf der Richterskala eintrifft. Doch wie kommt es dazu?
Iberia war einst eine eigene kleine Platte, ein Terrain sozusagen. Dieses wurde von der Afrikanischen einerseits und der Eurasischen Platte andererseits, “zusammengequetscht” und ist nun mit der letzteren verschmolzen. Durch das Aufeinendertreffen der beiden großen Platten und der damit verbundenen Heraushebung der Alpen und Pyrennäen wird auch die Iberische Halbinsel in Mitleidenschaft gezogen. Natürlich weniger intensiv als Italien oder Griechenland, aber auch Spanien spürt die Auswirkungen dieser Bewegung.
In den Pyrennäen zum Beispiel gab es seit dem 15.Jh. 17 Beben mit einer Stärke VIII auf der MSK-Skala. Zudem kamen 4 mit einer Stärke von IX. (Die MSK Skala ist hierbei aussagekräftiger, da die Beobachtungen in Worten erfasst wurden und keine Apparaturen zum Messen zugegen waren)
Man kann also zusammenfassen: Das jüngste Beben um Murcia reiht sich ein in eine Reihe “normaler” Ereignisse, die durch das Abtauchen der Afrikanischen unter die Eurasische Platte bedingt sind.
So sehen es die meisten Wissenschaftler.
Eine weitergehende Theorie besagt, dass auch isostatische Kontinentalbewegungen, in dem Falle das Aufsteigen des Baltischen Schildes (bedingt duch den Gewichtsverlust des Abtauens der Inlandeismassen der letzten Eiszeit) zu neuen Stresslinien innerhalb der kontinentalen Kruste führt. Das Beben von Barcelona am 21.9. 2004 steht nämlich in Verbindung mit Erschütterungen in Kaliningrad, die just zu dem Zeitpunkt dort für Evakuierungsmaßnahmen sorgten.
Ob man nun das Erdbebenrisiko Europas neu evaluieren sollte, ist allerdings fraglich.
Auf kleinen Planeten wie dem Merkur oder den großen Monden ist die Lithosphäre zu mächtig im Verhältnis zum Durchmesser des Körpers, um einen solchen Konvektionsprozess in Gang zu setzen.
Schalenbau des Ganymed
Anders sieht es aus bei erdähnlichen Monden wie dem Jupitermond Ganymed. Dieser besteht oberflächlich aus zwei kontinentalen Platten unterschiedlicher Bewegungsrichtung, die im Laufe ihrer (mittlerweile stillgestandenen) Plattentektonik Gräben bildeten, Störungszonen und Verwerfungen formten und Gebirge auffalteten. Selbst Zonen wässriger Lavaflüsse, bedingt duch Kryovulkanismus, sind erkannt und beschrieben worden. Durch seinen vierschichtigen Aufbau aus metallischem Kern, Silikatmantel, Wassereisdecke und fester Eiskruste vermuten Wissenschaftler, dass er zu früheren Zeiten deutlich höhere Temperaturen hatte, die eine solche Art der Tektonik möglich machten.
3D Bild der Kraterlandschaft der Venus
Erdähnlich wie die Venus ist, mit ihrem starken Vulkanismus und den Gebirgen auf der Oberfläche, konnte jedoch eine Plattentektonik bisher ausgeschlossen werden, was Fragen hinsichtlich der Orogenese aufwirft. Die plausibelste Erklärung für eine fehlende Bewegung der Lithosphäreplatten ist das Nichtvorhandenseins freien Wassers. In Kristallen eingebundene Wassermoleküle dienen bei Druck- und Temperaturzunahme als Schmiermittel für eine Viskosität innerhalb der Gesteinskörper. Durch das Subduzieren solchen Krustenmaterials werden große Mengen Wasser im äußeren Erdmantel frei und sorgen so für eine Absenkung der Schmelztemperatur und somit für das Aufschmelzen des Gesteins, was letztlich Teil der Mantelkonvektion wird. Da auf der Venus kein Kristallwasser nachgewiesen werden konnte, ist es plausibel, dass ein solcher Kreislauf nicht in Gang kommen kann.
Auf dem Mars gibt es Kristallwasser. Eine Lithosphäre mit aufgereihten Schildvulkanen und folgenden Grabensystemen. Hier ist es wahrscheinlich die zu niedrige Temperatur, die die Entstehung einer echten Plattentektonik verhindert. Man könnte behaupten, die heute sichtbaren Strukturen sind Relikte eines vergangenen Riftings.
Auf Europa ähneln Eisschollen Lithosphärenplatten
Denkbar wäre eine “Kontinentaldrift” auf dem Jupitermond Europa und dem Saturnmond Enceladus. Unter Europas Eispanzer befindet sich festes Material, und die Verteilung der Lineatur der Europa-Oberfläche lässt vermuten, dass der Eispanzer nicht fest mit dem Lithosphärenkörper verbunden ist, sondern wie Packeis aufschwimmt. Eine teilweise Aufschmelzung des Eises durch Gezeitenkräfte wäre plausibel. Es gibt Bereiche glatter Eisfläche, die darauf schließen lässt, dass in Bruchzonen erwärmtes Eis nach außen drang und noch unbeschadet durchfrieren konnte. Vergleichbar mit irdischen Verhältnissen könnte Europas Eispanzer 12-15km dick sein und auf einem 100km mächtigen “Ozean” schwimmen. Die Gezeitenkräfte heben Bereiche der Kruste um bis zu 30m an, so dass Brüche, Verwerfungen und Überschiebungen stattfinden konnten. Es scheint, dass die Eiskruste völlig vom Gesteinskörper des Mondes abgekoppelt ist, denn die Daten der Raumsonden Galileo und Voyager II zeigen, dass sich die Kruste in 10000 Jahren einmal komplett um den inneren Kern gedreht haben muss.
Terraines auf Enceladus
Enceladus als annähernd kugelförmiger Himmelskörper besitzt einen schweren Kern, eventuell silikatischen Ursprungs, und eine Eiskruste. Durch Kältevulkanismus (Kryovulkanismus) konnte durch Gezeitenkräfte leicht erwärmtes Wasser aus dem Untergrund emporsteigen und sich auf der Oberfläche ausbreiten. Enceladus ist der kleinste Himmelskörper des Sonnensystems, auf dem geologische Prozesse beobachtet werden konnten.
Zuletzt fällt der Blick diesen Artikels auf Io. Der Jupitermond zeigt einen derart starken Vulkanismus, dass eine Entstehung von Lithosphärenplatten bisher nicht möglich war.
]]>Bernstein. (wikipedia via Hannes Grobe)
Bernstein ist schlicht Harz. Fossiles Harz, welches über einen langen Zeitraum so getrocknet ist, dass man es heute als “Stein” ansprechen kann. Mit einer Mohs’schen Härte von 2–2,5 kann man es leicht schneiden. Da es kein wirklicher Stein ist, gehört es keiner Kristallklasse an, man findet es nur amorph.
Sein Name leitet sich vom mittelniederdeutschen “börnen” für “brennen” ab, was die spannendste Eigenschaft des Steins widerspiegelt: Man kann ihn anzünden. Was nicht verwunderlich ist, denkt man daran, dass es sich hierbei um Harz handelt. Es verbrennt mit einer hellen, stark rußenden Flamme, die stark harzig riecht.
Ein weiters Merkmal der Substanz machte man sich in vornehmen antiken Haushalten zunutze: Hier verwendete man größere Stücke als Kleiderbürste, denn auf Wolle, Seide oder anderen Fasern kommt es schnell zu einer elektrostatischen Aufladung, wenn man darüberstreicht. Auch Fusseln und Schmutzpartikel bleiben somit am Material “kleben”. Da es damals “élektron” genannt wurde, was “hell, strahlend” bedeutete, galt dieser Wortstamm als Begründer für das elektrisch negativ geladene Elektron und der Elektrizität.
Aufgrund seiner geringen Dichte geht Bernstein in Süßwasser zwar unter, in stark salzigem Wasser aber schwimmt er auf. So kann man größere Mengen kleinerer Steine relativ einfach von Sand und Geröll abtrennen, wenn man am Strand fündig geworden ist.
Chemisch betrachtet ist Bernstein ein Kohlenwasserstoff, der zu 67-81% aus Kohlenstoff, zudem natürlich aus Wasserstoff und Sauerstoff besteht. Oft ist bis zu 1% Schwefel beigemengt. Die amorphe Substanz besteht aus Fadenmolekülen unterschiedlicher Säuren. Das Ester Succinin bildet den unlöslichen Teil der Mischung.
Roher Bernstein, der nicht auf dem Meeresboden abgeschliffen oder mit Öl klargekocht wurde, besitzt eine braune Verwitterungskruste, die aufgrund der Reaktivität mit Sauerstoff nach und nach entsteht.
Einen festen Zeitpunkt, wo Harz nicht mehr nur Harz, sondern auch polymerisiert und somit “versteinert” ist, gibt es nicht. Es gibt Jungbernstein, der zwar erhärtet, aber nicht umgewandelt ist. Diese “Kopale” werden in der Hand schnell klebrig, haben aber eine sehr besondere, zitronengelbe Farbe und sind meist reich an Inklusen (Einschlüssen), die dann noch ihre originalen Farben haben können. Manche Kopale haben erst ein Alter von 200 Jahren, andere werden mehrere hunderttausend Jahre alt, ohne zu “Stein” zu werden.
In Bernstein eingeschlossene Trauermücke (Sciaridae), Taillendurchmesser etwa 1,5mm. (wikipedia via Mirella Liszka)
Wenn man Bernstein einordnen will, kann man grob zwischen internen und externen Flussformen unterscheiden. In Harzkanälen im Bauminneren verbliebenes, in Taschen unter der Rinde erhärtetes Material zum Beispiel wird man als “intern” eingliedern. Hierin wird man auch vergebens nach Fossilien suchen. Der Großteil des gefundenen Bernsteinaufkommens fällt in diese Kategorie.
Eingeschlossene Insekten oder andere organische Reste findet man in externen Flussformen, wobei hier die “Schlauben” die häufigste Form darstellen. Schubweise über erstarrte Harzlagen breiteten sich hier an Wunden der Rinde immer wieder neue Schichten aus und boten so Lebewesen die beste Möglicheit, erhalten zu werden.
Weitere Formen sind Tropfen oder, wenn diese akkumulieren, Zapfen.
In Deutschlands Küstenregion findet man Baltischen Bernstein. (Buchtipp: Baltischer Bernstein. Enstehung – Lagerstätten – Einschlüsse)
Auch die Lagerstätten in den mitteldeutschen Braunkohletagebauen wie Bitterfeld begründen sich in dem selben eozänen “Bernsteinwald” der damals, vor 54-40 Mio Jahren, Nordeuropa bedeckte. Im Süden wurde es von einem Meer begrenzt, welches für die wunderbar weissen, homogenen, eozänen Sande in Mitteleuropa sorgte (Gut, ich bin durch meine Herkunft nicht mehr parteiisch. Aber die sind wirklich toll.) Die traditionelle Sichtweise besagt, dass hier in Monokultur Pinus succinifera wuchs, und dass andere Arten kaum eine Chance hatte. Dieser Gattungsname zeigt die Verwandschaft zur heutigen Kiefer auf. Moderne Untersuchungen (B. Kosmowska-Ceranowicz: Gegenüberstellung ausgewählter Bernsteinarten und deren Eigenschaften aus verschiedenen geographischen Regionen. – Exkurs f. und Veröfft. DGG, 236: S. 61-68, Hannover 2008.) legen aber nah, dass ein Vertreter der Sciadopityaceae (Schirmtannen) wahrscheinlicher ist. Ebenso zeigen neue Forschungen (A. Kohlmann-Adamska: A graphic reconstruction of an ‘amber forest’. In: The amber treasure trove. Museum of the Earth Documentary Studies 18. Warschau 2001), dass der eozäne Wald doch artenreich war und mehrere Harzlieferanten eine Rolle bei der Lagerstättenbildung spielten.
Für die Menschen hat Bernstein schon seit Anbeginn ihrer Zivilisationsgeschichte eine hohe Bedeutung. Schon in der Jungsteinzeit wurde er verziehrt und als Schmuck oder medizinisch verwendet. Im Mittelalter stellte man Brillengläser aus besonders reinen Stücken her. In der aktuellen Geschichte gibt es natürlich die vielen Mythen über das Bernsteinzimmer, ob es denn noch eingelagert ist oder vielleicht verbrannt ist (was ja nicht unwahrscheinlich ist, wenn man die gute Brennbarkeit berücksichtigt).
Wer Bernstein als klassisches Schmuckstück trägt, kommt dem Hauptnutzen des Steins nach. Klassischer Damenschmuck in warmen Farben, als Ring oder Kette, sind so beliebt wie eh und je. Techniker könnten mit ihm aufgrund seiner sehr hohen Isolationswirkung in Kontakt gekommen sein. Sein spezifischer Widerstand ist mit 1016 Ωm höher als der von Porzellan.
Aufgrund der so andersartigen Eigenschaften von Bernstein zu anderen Steinen wurde dem Material schon früh ein nicht geringer mystischer, magischer Charakter zugesprochen. Zur Dämonenabwehr am Körper getragen, entwickelten sich aus einfachen Amuletten schnell Schmuckstücke und somit die heutigen Kettenanhänger.
Aus Schriften des 12. Jh ist bekannt, dass Bernstein als “effektives” Heilmittel eingesetzt wurde, für Fieber, Magenbeschwerden oder gar die Pest. Robert Koch widmete sich diesen Mythen chemisch und fand heraus, dass Bernsteinsäure zumindest nicht schädlich für den Organismus ist. Eine möglicherweise immunitätssteigernde Wirkung konnte er auch nicht ausschließen. Dies hielt sich bis heute, so dass dieser Wirkstoff in den USA und Russland noch immer ein gängiges Arzneimittel ist.
Kurios sind (in meinen Augen) die abergläubischen Prozeduren, die dem Stein unterworfen werden. Zum Gestehen schlechter Taten soll man seiner Frau des nächtens zum Beispiel einen Bernstein auf die Brust legen. (Na welch ein Glück, dass ich ein Seitenschläfer bin)
Kaum eine Mutter kann sich heute noch dem Wunder “Bernsteinkette” entziehen, wenn es darum geht, Säuglingen das Zahnen zu erleichtern und Schmerzen zu nehmen. Hier muss ich ganz deutlich werden: Wenn die Schmerzen genommen, weil sich das Kind an der Perlenschnur stranguliert, wurde wohl etwas über das Ziel hinausgeschossen!
Ein Tsunami wird definiert als eine seismische Meereswoge, die überwiegend durch Seebeben, also durch unterseeische Erdbeben ausgelöst wird. Das Wort stammt aus dem japanischen. Hier hat es die Bedeutung von “Hafenwelle” – japanische Fischer beobachteten auf dem Meer nur kleine Wellen, kamen nach Hause und fanden den Hafen und alle Anlagen hierbei zerstört vor.
Nach der Definition entstehen Tsunamis durch Seebeben. Doch auch Erdrutsche, Lawinen oder Unterwasserexplosionen können dieses Phänomen auslösen.
Was fundamental für die Entstehung ist, ist ein vertikaler Versatz. In den meisten Fällen gibt es diesen an Grenzen von Kontinentalplatten, genauer, an Subduktionszonen, an denen die dichtere ozeanische Kruste unter die starre kontinentale abtaucht. Im Falle des Bebens in Japan im März 2011 geschah Folgendes: Beim Abtauchen der Pazifischen Platte unter die Nordamerikanische Platte wurde ein Teil der kontinentalen Auflage mit nach unten gezogen. Durch die mineralischen und physikalischen Unterschiede aber löste sich ein Teil dieser gezerrten Auflage jedoch und schnellte nach oben.
Ausgehend von diesem vertikalen Schub bildete sich eine Gruppe Wellen und wurde durch die Steilküste Japans zum verheerenden Tsunami.
Warum kommt es nun aber nicht immer zu Tsunamis, wenn die Schichten derart in Bewegung sind?
Die Antwort liegt in der Komplexität der Entstehung von Tsunamis. So bedarf es Seebeben mit mindestens der Stärke 7 auf der Richterskala, um eine Welle auszulösen. Zudem muss das Hypozentrum des Bebens, also der Kern der Druckentlastung, nah an der Meeresbodenoberfläche liegen, um genug Energie zu liefern, die Wassersäule des Ozeans nach oben zu drücken. Wenn es zudem nur eine Horizontalverschiebung gibt, ist der Ozean in der Regel viel weniger bis gar nicht in Mitleidenschaft gezogen.
Wie der Name schon sagt, finden bei solchen Ereignissen “nur” (Blatt-)Verschiebungen statt. Tektonische Platten oder Plattenteile werden hierbei seitlich aneinander vorbeigeschoben. Diese horizontalen Störungen begleiten große Erdbeben, die einen vertikalen Versatz begründeten, häufig. ein Druckausgleich erfolgt in der Regel in alle Richtungen um den Spannungsherd, und wenn das Gestein “in die Höhe geschnellt” ist, ist der quer anliegende Druck noch nicht zwangsläufig mit gelöst worden. Dieses Szenario beschreibt Erd- oder Nachbeben, die tsunamilos stattfinden.
Diesen Umstand kann man technisch ausnutzen, um Tsunamiwarnsysteme einzurichten. Per GPS- Daten können die Verschiebungen des Gesteinsmaterials im besten Fall zentimetergenau nur wenige Augenblicke nach dem Beben übermittelt werden. Zusätzliche Bojen sammeln Daten hinsichtlich der Wellenstruktur an der Wasseroberfläche. Zusammenführend können diese Daten die Menschen in den gefährdeten Gebieten warnen, wenn Konstellationen entstanden sind, die auf eine aufgebäumte Wassersäule hinweisen.
So kommt es, dass nach (ab) 7er Beben fast generell Tsunamiwarnungen herausgegeben werden. In den meisten Fällen müssen sie aber zurückgenommen werden, da die Auswertung der Daten ergab, dass nicht alle “notwendigen” Voraussetzungen erfüllt waren.
]]>– Ein Hang mit einer Neigung von mindestens 25%
– fehlende Vegetation
– eine mehrere Meter mächtige Geröllschicht als Decke auf dem Gesteinsuntergrund
Auf dem Hang selbst gibt es einen Winter- und einen Sommerluftstrom: Beim Wintereinbruch ist das dunkle Gestein wärmer als die Umgebung und die so angewärmte, leichtere Luft strömt vom Berg nach oben. Wie im Wohnzimmer der Heizkörper für eine Zirkulation sorgt, so funktioniert dies auch hier. Durch den aufsteigenden warmen Luftstrom wird von der Hangsohle kalte Luft angezogen und strömt am Hang aufwärts. Ohne schützende Pflanzendecke kühlt das Gestein und der Boden natürlich wesentlich intensiver aus als vergleichbare Bereiche mit Bewuchs.
Im Sommer dann gibt die umgebende Luft ihre Wärme an die Basalte ab. Sie wird kälter und strömt am Berg hinab. Im Tal ist der Luftstrom so kalt, dass gefallener Schnee und gebildetes Eis des Winters ganzjährig nicht auftauen. In der Energiebilanz bedeutet das, dass täglich sieben Tonnen Eismasse abschmelzen.
Eine im 19. Jahrhundert bestellte wissenschaftliche Untersuchung erkundete bereits, dass in der lockeren Geröllschicht ca. 2m Eis vorhanden sei. Ausserdem sei das anschließende Erdreich bis in eine Tiefe von 8m gefroren.
Moderne Betrachtungen ergaben noch weitere Besonderheiten dieser Lokalität: eine endemische Flora und Fauna. Flügellose Käfer, die sonst nur in Gletschernähe hausen kommen hier vor. Untersuchungen des Erbgutes ergaben, dass sie hier isoliert seit dem Ende der letzten Eiszeit vor 10.000 Jahren überlebt haben.
Das nenne ich im wahrsten Sinne des Wortes: Cool.
(mehr Info gibts hier)
]]>Beben und Flutwellen beschädigten Atomkraftwerke im Nordosten Japans. Reaktorexplosionen. Kernschmelzen. Man weiss nicht mit Sicherheit, was alles vorgefallen ist. Was man weiß ist, das Angst herrschte. Nicht nur in Japan selbst, auch über dem Pazifik, denn die geologische Situation ist hier ähnlich. Das gegenüberliegende Ende der Pazifischen Platte taucht unter die Nordamerikanische Platte, bzw. die Cocosplatte ab. Die Kaskadenkette zeugt von der Macht, die an so einer Zone tektonischer Aktivität herrscht.
An der San – Andreas- Störung, einer Transformstörung auf kontinentalen Boden, fanden schon mehrfach schwere Erdbeben statt.
Die Angst ist groß in Kalifornien. Kann sich dort das Unglück von Japan wiederholen? Gibt es die “Gefahr von Fukushima” auch dort?
In einem sehr spannenden und emotionalen Beitrag berichtete Garry Hayes davon, was er als Geologielehrer erlebte, als er nach den Ereignissen der letzten Wochen zum ersten Mal wieder auf seine Studenten stieß.
“Es war mein erster Tag zurück in der Klasse nach dem 9.0 Beben in Sendai, Japan.” schreibt er auf seinem Blog. “Der perfekte Moment zum Unterrichten. Nur fühlte es sich nicht nach Unterrichten an. Ich fühlte nur Trauer.”
Den Studenten erging es ähnlich. Und so gestaltete er den Plan spontan um und eröffnete eine Fragerunde. Die Studenten fragten, er versuchte zu antworten. Vieles konnte er erklären, manches nicht. Zentral war die Frage, ob man das Szenario so auch auf Kalifornien anwenden kann.
Hier ein paar Beispiele der Fragen und Antworten:
Könnte es in Kalifornien auch ein Beben der Stärke 9 geben?
Ja und nein. Die legendäre San Andreas Spalte kann Beben im Bereich der Magnitude 8 hervorrufen, das ist ungefähr ein Dreißigstel der Stärke des Sendai Erdbebens. Viele andere Störungen in Kalifornien haben Dutzende Beben der Stärke 6,5 – 7,5 produziert, manche davon waren desaströs. Magnitude 9? Nicht ganz. Die kaskadische Subduktionszone verläuft weit ab der Küste Nordkaliforniens und erstreckt sich über Oregon und Washington. Dieses Störungssystem löste 1700 ein Beben der Stärke 9 aus. Studien zeigen, dass solch ein Erdstoß alle paar hundert Jahre stattfindet. Solch ein Beben würde erhebliche Konsequenten in NKal und dem Nordwestpazifik haben.
Werden wir von einer gefährlichen radioaktiven Wolke getroffen werden?
Ich denke nicht, die Experten sagen, dass sie sich in der Atmosphäre verteilen wird und auf dem Ozean niedergehen wird bevor sie uns erreicht. Ich sorge mich mehr um die Menschen, die in der Umgebung der Atomkraftwerke wohnen. Wenn das schlimmste Szenario eintritt, könnte das Land, auf dem sie ihr ganzes Leben verbracht haben, als “unbewohnbar” deklariert werden. Wohin werden sie gehen?
Ich bin froh, dass die Kernschmelze nicht hier passierte.
Wie viele von Ihnen wissen, wo ihre Energie herkommt? Kalifornien hat zwei laufende Atomkraftwerke, beide an der Küste, beide in der Nähe von Störungszonen. Eine weitere stillgelegte Anlage liegt nur 80 Meilen von uns, mit allen Brennstäben in ihr. Die Ingenieure der Werke sagen, dass sie bereit sind für alles, was auch immer passieren wird. (Ich beisse mir auf die Zunge um zu vermeiden, politisch zu werden).
Kann uns ein Tsunami im Central Valley treffen so wie er Japan traf?
Nein, das ist unwahrscheinlich. Doch wir haben ein anderes Problem: Das Sakramento Delta. Die etwa drei Dutzend Inseln im Delta sind “beschützt” von jahrhundertealten Dämmen, die schon durch Bisamrattenhöhlen zusammenbrechen könnten. Die Inseln sind im letzten Jahrhundert abgesunken, die meisten sind mittlerweile unterhalb des Meeresspiegels. Schon ein mittleres Beben könnte zum völligen Versagen der Dämme führen und somit die Inseln völlig überfluten. Wären sie nur vereinsamte Farmen, könnten wir damit umgehen. Doch die Pumpen des Kalifornischen Wasserprojekts sind in der Mitte der Inselgruppe und die Überflutung könnte die Wasserversorgung von 20 Millionen Menschen für Monate, wenn nicht Jahre, zerstören.
Was würde “Das Große” mit uns tun?
Das kommt darauf an, von welchem “Großen” Sie reden. Eine Wiederholung des 1906er in San Francisco? Oder des 1857er von Fort Tejon? Oder das “Lone Pine” Beben von 1872? Oder ein anderes? All diese waren fast Stärke 8, und wenn sie wieder passieren würden, wären die Schäden immens. Zudem gibt es Dutzende anderer aktiver Störungszonen in Kalifornien. Doch hier im Central Valley? Das ist schwierig zu sagen. Das von 1906 war natürlich spürbar, verursachte bei uns aber nicht den massiven Schaden. […]
Zum Ende hatte Garry Hayes noch eine Frage an seine Klasse: “Wieviele von Ihnen haben ein Erdbeben Notfallset bei sich zu Hause oder im Auto?”
Es meldeten sich 2 oder drei. Das lässt nur eine Zusammenfassung zu:
“We are not ready…”
Ihr könnt den ganzen Artikel hier nachlesen.
Hier nun möchte ich den vielleicht interessantesten Teil der Serie bringen, nämlich den, wo ich zeige, wie man aus gesammelten, grauen (verkieselten) Fossilien ein buntes, anschauliches Modell herstellt.
Das Ganze ist eine Praktikumsarbeit, die ich während meines Geologiestudiums angefertigt habe. Das Diorama selbst ist in den Sammlungsbestand der Staatlichen Naturhistorischen Sammlungen Dresden übergegangen.
Zuerst musste erarbeitet werden, welche Gattungen mit je wie vielen Individuen exemplarisch als Beispiel des Lebensraum dienen sollen. Hierfür diente die statistische Auswertung aller gesammelter und bestimmter Stücke je Fundort als Grundlage.
% Gattungen gesamt | % Individuen gesamt | |
---|---|---|
Anthozoa | 42,3 | 64,3 |
Articulata | 23,1 | 17,0 |
Gastropoda | 15,4 | 8,7 |
Cephalopoda | 11,5 | 4,1 |
Porifera | 3,8 | 5,4 |
Trilobita | 3,8 | 0,4 |
Die Tabelle zeigt, wie die Klassen und die dazugehörigen Individuen verteilt sind. Entsprechend dieser Verteilung wurden Gattungen für die Rekonstruktion ausgewählt.
So sind die Vertreter der Anthozoa: Heliolites, Favosites, Halysites und Cystiphyllum. Für die Brachiopoden stehen Atrypa und Ferganella. Oriostoma und Euomphalopterus repräsentieren die Gastropoden, Stromatopora wurde für die Schwämme erwählt und Orthoceras vertritt die Cephalopoden. (Und wem das zu viel lateinische Namen sind, der nimmt das einfach mal so hin. Hier geht es nur um die Spezifizierung der häufigsten Vertreter der damaligen Zeit und das Heraussuchen der passenden zu rekonstruierenden Fossilien.Was das alles im Einzelnen ist, darüber schrieb ich Teil 2.)
Zu Beginn des Baus stand die mechanische Bearbeitung der zum Abformen ausgewählten Stücke an. Vor allem der Druckluftmeißel war hier das gängige Werkzeug. Die verkieselten Fossilien mussten möglichst großflächig von ihrer Kalksteinauflage befreit werden, damit eine gute Grundlage für die Abformung vorhanden war. Teilweise wurden die Stücke über Nacht hierfür in eine verdünnte Salzsäurelösung gelegt, da HCl den Kalk, aber nicht das SiO2 (Kieselgel- verkieselte Fossilien)
Nachdem die Stücke in ihrer letztendlichen Form vorlagen, konnte mit dem Abformen begonnen werden.
Die rugosen Korallen und die Brachiopoden wurden mittels einer zweiteiligen Silikonkautschukform und anschließendem Ausgießen mit Kunstharz abgeformt. Das Arbeiten mit Zweikomponenten- Werkstoffen hat Vor- und Nachteile. Die Vorteile sind eine hohe Detailgenauigkeit und ihre Wasserresistenz. Die Nachteile sind hohe Kosten und die hohe Anfälligkeit auf Verarbeitungsfehler. So kam es vor, dass eine Silikonkautschukform nach dem Aushärten einige weiche Stellen hatte, die nicht mehr nachträglich zu Härten gingen, denn an diesen Stellen war der Härter nicht gleichmäßig in die Silikonmasse eingerührt worden. Ein zu heftiges Rühren allerdings verursacht eine starke Luftuntermischung, welche zu Blasen führt, die die Form unbrauchbar macht, wenn man sie nicht sorgfältig mit dem Pinsel entfernt. Beide Probleme, die schlechte Vermischung und die Detailzerstörung durch Bläschen, sind auch beim Ausgießen mit Kunstharz aufgetreten.
Deswegen wurde für die tabulaten und die zweite Abformreihe der rugosen Korallen Latex als Abformmittel eingesetzt. Dies ist durch das lagenförmige Auftragen zeitaufwendig und sollte wegen der Geruchsentwicklung möglichst im Freien oder unter einem Abzug geschehen. Allerdings wurden hiermit die besten Ergebnisse erzielt. Latex ist durch die flüssige Konsistenz sehr genau im Abformen der Oberflächenstrukturen, nicht so kostenintensiv wie die Zweikomponenten- Werkstoffe und lässt sich einfach mit einem Pinsel auftragen. Da keine Härter zugesetzt werden müssen, schließen sich die unregelmäßige Endkonsistenz und eingerührte Bläschen aus.
Es wurde auch mit Latex- Verdicker gearbeitet, um am Ende die nötige Schichtdicke von mindestens 2mm zu erreichen. Die so entstandenen Formen waren sehr flexibel und ließen sich ohne Probleme vom teilweise stark und fein unterschnittenen Stein ablösen.
Ausgegossen wurden sie mit stark verflüssigtem Gips. So wurden auch feine Strukturen deutlich abgeformt und selbst große Stücke wir die Tabulatenstöcke konnten massiv hergestellt werden und blieben in einem kostengünstigen Rahmen.
Nachdem die Gipsblöcke und Kunstharzelemente durchgetrocknet waren, was bei ersteren wenige und beim Harz ca. 24h dauert, konnten sie koloriert und rekonstruiert werden.
Für die Korallen wurden aus ofenhärtender Knetmasse der Firma „Fimo” Weichkörper modelliert, die anschließend einzeln bemalt und aufgeklebt wurden. Die Knetmasse eignet sich gut zum Verarbeiten, denn die feinen Tentakeln mussten einzeln geformt und gerichtet werden, um einen realistischen, lebhaften Eindruck zu vermitteln. Die Polypen von
Halysites wurden kleiner als die von Heliolites, und diese wiederum wurden kleiner als die von Favosites nachgebildet. Der Grund liegt in der durch das Gestein vorgegebenen Größe des Skelettquerschnittes. Die Farben wurden willkürlich gewählt, lehnen sich aber an die Leuchtkraft rezenter Riffe an.
Cystiphyllum als Rugose erhielt 16 Tentakeln als Vielfaches von 4, was in der zugrundeliegenden Symmetrie begründet ist. Sicher waren es in Wirklichkeit mehr, allerdings waren unter dem zeitlichen Rahmen derartige Details nicht möglich.
Die Brachiopoden bekamen dezente Farben, da die Individuen klein und unscheinbar waren.
Atrypa wurde ohne Stiel rekonstruiert, da anzunehmen ist, dass adulte Tiere ohne dieses Hilfsmittel auf dem weichen Untergründen auflagen.
Ferganella wurde an eine erhobene Stelle gesetzt, da sie als freie Filtrierer an exponierten Stellen eine bessere Nahrungszufuhr erhält als an versteckten Nischen.
Die beiden Schnecken waren als Originalfossil nicht vollständig erhalten, so dass ein Teil der Schale, vor allem bei Euomphalopterus, aus Knetmasse nachgebildet werden musste. Der Weichkörper ist durch nicht erhaltene Substanz, frei erfunden worden. Der Grundgedanke bei der Gestaltung war eine optimale Anpassung an den Lebensraum. Da Oriostoma ein kleines, kompaktes Gehäuse hat, wurde sie als Felsbewohner gestaltet, mit einem kleinen, schlanken Körper. Die Farben dienen der symbolischen Anpassung an eine Heliolites- Kolonie.
Euomphalopterus hat einen verbreiterten Rand an der letzten Gehäusewindung, das könnte zum Schutz gegen das Einsinken im weiche Sediment dienen, so wurde der Weichkörper mit einer Vergrößerung des Fußes durch einen lamellenartigen Rand geformt.
Die Farben dienen der Tarnung auf dem Sediment in Nähe der Korallen.
Orthoceras dient als Vertreter der Kopffüßer.
Nachdem eine komplette Weichkörperrekonstruktion aus Modellier- und Knetmasse nicht das gewünschte Ergebnis erzielt hatte und die Zoologieabteilung tatkräftige Unterstützung versprach, wurde ein spannendes Experiment gestartet. Die Arme sollten aus echten Oktopus- Teilen hergestellt werden. Hierfür ging ich in eine Feinkostabteilung und kaufte eine Packung Tintenfische. Nach dem Auftauen und dem Sortieren nach Größe und Erhaltung, wurde das zum Gehäuse passendste Exemplar ausgewählt. Der Armteil wurde abgetrennt und mit feinen Drähten konnte eine lebensnahe Haltung nachgebildet werden. Das Metall bis in die feinen Armspitzen zu schieben ohne das zarte Gewebe zu stark zu zerstören, war eine herausfordernde Aufgabe.
Nachdem jedoch eine ansprechende Position gefunden worden war, kam es zum nächsten Schritt. Das Stück wurde eingefrohren und danach 4 Tage lang im Gefriertrockner des zoologischen Präparatoriums konserviert. Hierbei kam es zu einer Schrumpfung und Auffaltung des Fleisches, was optisch nicht gerade toll ist, aber die Tatsache eines gefriergetrockneten Tintenfischteils an einer Orthocerasnachbildung ist cool genug, um das wettzumachen.
Das harte Molluskengehäuse wurde mit Silikonkautschuk abgeformt.
Die verwendeten Farben dienen der Anpassung an die Umwelt und entsprechen dem heutigen Möglichkeiten der Kopffüßer. Da sie im Unter- Silur die vorherrschenden Räuber waren und durch ihre Größe kaum natürliche Feinde hatten, ist nicht sicher, ob sie derartige Tarnmuster bereits entwickelt hatten. Die Jungtiere allerdings waren sicher nicht völlig schutzlos der Umgebung ausgeliefert.
Wichtige Riffbildner waren die Stromatoporen, die mit zwei Individuen nachgebildet wurden. Die Lagenstruktur soll durch die Farbgebung deutlich gemacht werden. Da in den Kalk die Trübstoffe der Umgebung mit eingelagert werden, sind die, wie die Umgebung, in grün-braunen Tönen gehalten.
Nachdem die einzelnen Individuen gestaltet wurden, konnte das Riff zusammengesetzt werden. Um es später in die Sammlung eingliedern zu können, wurde ein Standarttablett der Sammlungsschränke als Grundlage genommen.
Die Tabulata und Stromatopora dienen als „Riffkern” im Hintergrund, sie wurden auf verschieden hohe Styroporplatten gesetzt, um eine natürliche Verteilung nachbilden zu können. Danach wurden die Platten und Abgüsse mit PU- Schaum verbunden. Nachdem dies ausgehärtet war, wurde die wulstige Oberfläche mechanisch geglättet und Bodenunregelmäßigkeiten modelliert. Anschließend wurden die noch vorhandenen Hohlräume zwischen den Korallen und Schwämmen mit einer lufttrocknenden Modelliermasse ausgeschmiert.
Zur großflächigen Oberflächengestaltung diente wieder verwässerter Gips. Nachdem dieser ausgehärtet war, wurde in Senken und Nischen eine Ponal (Holzkaltleim)- Feinsand- Mischung eingepinselt, diese symbolisiert die Zusetzung mit Substrat in Sedimentfallen. Durch den Leim verhärtet der Sand und erhält eine „Nass-Optik”.
Nach diesen Schritten wurde der Holzrand des Tabletts gereinigt und abgeschliffen, anschließend abgeklebt, denn nun konnte der aufgetragene Meeresboden koloriert werden. Wie für die Lebewesen wurden Feinsprühfarben verwendet, die mittels Airbrush- Technik aufgetragen wurden.
Um eine belebte Wirkung zu erzielen, wurde an einer Stelle nach der Farbgebung erneut Ponal- Holzleim aufgetragen und Sand aufgesiebt. Dieser Bereich imitiert einen frischen, noch nicht verunreinigten Sedimenteintrag.
Nach mehreren Wochen Detailarbeit, vielem Gefluche über Korallen, deren Tentakeln und Fimo, Gehänsel über viel zu bunte Farben und Begeisterung über die Fülle an Techniken, war das Diorama schließlich fertig, wurde beschriftet und sollte im Sammlungsschrank verschwinden.
Doch leider ging das nicht
Ich hatte bei meinem Bau nicht bedacht, dass das Maß des Standardtabletts INNEN für die Schränke relevant ist. Da ich meine Stromatoporen aber diesen habe überlappen lassen, ließ sich das Stück nicht mehr in den Schrank schieben.
Na, dann wurde eben kurzerhand eine Vitrine freigeräumt und es als temporäres Ausstellungsstück in den Paläo-gang gestellt. <3
Ich würde gern mal wissen, ob es noch immer da steht…
]]>Und nun zu Riffen.
Was sollte man über rezente, also heute existierende Riffe und deren Faunenzusammensetzung wissen? Fangen wir mal mit einer schnöden Definition an:
Ein Riff ist „… eine maßgeblich von lebenden Organismen aufgebaute, meist bankförmige Struktur, die vom Meeresboden bis zur Wasseroberfläche reicht
und so groß ist, dass sie erheblich die physikalischen und damit auch ökologischen Eigenheiten ihrer Umgebung beeinflusst. Ihre Konsistenz ist hinreichend fest,
den anbrechenden Wasserkräften zu widerstehen und damit einen vieljährigen, charakteristisch gegliederten Raum für spezifisch angepasste Bewohner zu
bilden.” (Vgl. Schuhmacher, H.: Korallenriffe. Ihre Verbreitung, Tierwelt und Ökologie, München 1976.)
Wie entsteht so ein Gebilde?
Aus einem kleinen Bioherm entwickelt sich mit der Zeit ein stabiler Riffkörper. Ein großer Störfaktor bei dessen Entstehung ist die Wasserbewegung. Eine starke Brandung erlaubt kein Wachsen in die Höhe, es bilden sich in dessen Folge weitläufige Biostrome (Äquivalent zu Bioherm, nur ohne Höhenwachstum) aus.
Kann ein Bioherm sich jedoch stabil entwickeln, bilden die Riffbildner, im Allgemeinen Korallen, das Grundgerüst. Gerüstbinder kommen hinzu, das sind meist Algen, deren Kalkabscheidungen die Oberfläche inkrustieren. Die entstehenden Hohlräume werden mit eingetragenem Sediment oder Kalkbruchstücken gefüllt, die im Brandungsbereich abbrechen.
Ein typisches Riff besteht aus 2 Teilen:
Der Riffkern wächst wie eben beschrieben zur Wasseroberfläche, bis er bei Ebbe trockenfällt. Durch den Brandungseffekt bildet sich zur Seeseite eine Schutthalde. An der Riffrückseite schließt sich ein Bereich mit wenig oder keiner Wasserströmung an, die man Lagune nennt.
Und war das im Silur anders?
Jein. Prinzipiell funktionierte das Ganze damals genauso wie heute, nur waren die Riffbildner andere.
Stromatoporen, die man den Schwämmen zuordnen kann, bildeten den Grundstock mit dicken, brandungsresistenten Kalklagen. Ebenso tabulate Korallen, die stockartige Wuchsformen annahmen, nahmen einen großen Stellenwert ein. Dazwischen wuchsen viele Arten von Brachiopoden auf den Kalkgründen, Schnecken weideten die Gebiete ab. Als Räuber spielten Cephalopoden eine wichtige Rolle.
Heute gelten Temperaturen zwischen 22 und 28°C als Bedingung für die Riffbildung, sowie lichtdurchlässige Flachwasserzonen. Für die paläozoischen Riffe nimmt man das selbe an.
Ein typisches Tabulaten- Stromatoporen- Riff entstand in drei Phasen.
Im Pionier- Stadium bestand das Bioherm aus einzelnen, zerbrechlichen rugosen und tabulaten Korallen. Blieben sie stabil, entwickelte sich im Übergang zum Riff ein intermediäres Stadium, indem sich größere, rundlichere Kolonien auf dem abgestorbenen Ausgangsbestand ansiedelten. Das dritte und Reifestadium ist gekennzeichnet durch ein Aufwachsen des Riffes zur Wasseroberfläche. Der Brandungsbereich wurde von dicken Stromatoporen bevölkert, in dessen Leeseite sich vielseitige Formen ansiedeln konnten. In der Lagune konnten feingliedrige Arten bestehen bleiben. Die Rückseite eines solchen Plattformriffs wurde wieder von Stromatoporen geschützt.
Abbildung aus: Stanley, S. M.: Historische Geologie. Eine Einführung in die Geschichte der Erde und des Lebens, Heidelberg, Berlin, Oxford 1994. Seite 347
Und im nächsten Teil dann zeige ich euch, mit welchen unterschiedlichen Präparations- und Moddelierungsverfahren/ techniken ich so eine Riffgemeinschaft nachgebaut habe. Wollt ihr noch einen kleinen Teaser? Bitte sehr:
]]>Im ersten Teil möchte ich grundsätzliche geologische/plattentektonische Dinge klären, damit ihr euch vorstellen könnt, was im Silur global und lokal passiert ist.
Der zweite Teil wird sich mit rezenten und silurischen Riffen beschäftigen, damit auch biologisch alle nötigen Vorkenntnisse geebnet sind.
Der dritte und letzte Teil wird für viele sicher der spannendste sein, denn er wird im Detail beschreiben, was ich wie, mit welchen Materialien und aus welchen Gründen gestaltet habe. Nur soviel als Teaser: von Gips- und Acrylabgüssen geht es am Ende hin zu gefriergetrockneten Tintenfisch. Also, jede Menge Action für so kleine graue Steinchen!
Und los gehts mit dem theoretischen Teil:
Das Silur zählt zusammen mit dem Devon zum mittleren Paläozoikum. Es begann vor 438Millionen Jahren und endete vor 410Millionen Jahren. Gondwana lag noch immer im Süden, die anderen Kontinente, bis auf die Sibirische Plattform nördlich von Baltica, reihten sich in Äquatornähe aneinander. Das wichtigste plattentektonische Ereignis im mittleren Paläozoikum war die Schließung des Iapetus – Ozeans mit der Auffaltung der Kaledoniden im heutigen Europa und des Akadischen Gebirges im Gebiet der heutigen Appalachen.
Die Erde im Silur. (wikipedia via 36ophiuchi)
Die oberordovizischen Vereisungen, die durch die Südpollage Gondwanas bedingt waren, schmolzen langsam ab und es kam in Folge dessen im Unter -Silur zu einem allgemeinen Meeresspiegelanstieg. Ab dem Wenlock ist ein erneutes, stetiges Fallen des Meeresspiegels dokumentiert worden. Das Klima wird als trocken beschrieben, und die Erwärmung der Erde führte in den Flachwassergebieten zu Karbonatablagerungen bis hin zu Evaporiten.
Durch die reduzierte Artenvielfalt nach dem Massenaussterben am Ende des Ordoviziums konnten viele Lebensräume neu besiedelt werden.
Die meisten ordovizischen Taxa erholten sich im Silur wieder und bevölkerten weite Teile des Planeten.
So beherrschten benthonische Brachiopoden und pelagische Graptolithen das Bild. Die Trilobiten erreichen die im älteren Paläozoikum erlangte Artenvielfalt nicht mehr und gingen langsam zurück. In bestimmten, kleinen Bereichen waren Korallen, Mollusken, Bryozoen, Ostracoden und Crinoiden häufig und schlossen sich zu Faunengemeinschaften zusammen. Als aktive Räuber waren nicht allein die Riesenformen der Gehäusecephalopoden dominant. Eurypteriden übernahmen in bestimmten Regionen der Brackwasserzone ihre Rolle.
Als Bereicherung, weniger als ubiquitäre Erscheinungen, gediehen Riffe in den flachwarmen Schelfgebieten sehr gut. Sie erreichten größere Ausmaße als die bisher in der Erdgeschichte aufgetretenen Bryozoenriffe. Die sogenannten Tabulaten- Stromatoporen- Riffe diversifizierten im Unter- Silur und bestanden erfolgreich bis ins Ober- Devon, wo ein Massenaussterben dieser Entwicklung ein Ende setzte.
Geologisch kann man Gotland dem Kontinent Baltica zuordnen. Dieser stellte zu Beginn des Kambriums eine weite, tiefgründig verwitterte Flachlandschaft dar, die nun von einem Meer überflutet wurde. So änderten sich die Festlandsgrenzen beziehungsweise die Wassertiefen, so dass sich unterschiedliche Sedimente ablagern konnten.
Die ältesten kambrischen Ablagerungen sind reine, homogene Sandsteine. Sie sind die Reste der ebenen Fläche, die nach der präkambrischen Verwitterung den Kontinent bedeckten und nun durch die Wasserbewegungen gradiert abgelagert wurden. Dass es Leben gab, bezeugen Spuren grabender Organismen. Die organischen Bestandteile wurden ausgewaschen und gelöst. Kalkschaler wird es nur wenige gegeben haben, da sich im kalten Wasser nur bedingt Kalk abscheiden kann, denn das Lösungsvermögen ist dort im Gegensatz zu warmen Wasser deutlich erhöht. Das kalte Wasser deutet man aus der Lage des Kontinents bei 60-70°s.B. Hier ist es kalt und windig. Die darauf folgenden dunklen Schiefer zeigen eine ruhige Tiefwasserfazies an, die durch den steigenden Meeresspiegel im mittleren Kambrium bedingt ist. Durch die euxinischen Verhältnisse wurde organischer Kohlenstoff nicht komplett abgebaut und so lagerte er sich im Ton an. Auch zu Grunde gesunkene Lebewesen, zum Beispiel Trilobitenreste sind erhalten geblieben, da der Meeresboden unbewohnbar war und somit kein Benthos Zersetzungen vornehmen konnte. In dem sogenannten „Alaunschiefer” des Oberkambriums finden sich auch dunkle Kalkkonkretionen, die linsenartig eingeschaltet sind.
Der Kontinent schob sich immer weiter nordwärts, und das Klima wurde wärmer. Die lebensfeindlichen Bedingungen auf dem Meeresboden besserten sich, was in einer immer helleren Farbe der Tonsteine erkenntlich wird. In den Regionen, die damals küstennah waren, kann man anhand des Orthocerenkalks einen Einblick in die reiche Fauna bekommen, die von Trilobiten, Cephalopoden und Brachiopoden in großer Anzahl erhalten blieben.
Die immer weiter fortschreitende Schließung des Iapetus- Ozeans und die damit immer geringer werdende Ausdehnung eines Tiefwasserbereiches spiegelt sich auch in den Sedimenten wieder. Die Tonschiefer werden geringer, der Kalkanteil erhöht sich und die weiten Flachwasserbereiche dienen als Grundstock für die im Silur einsetzende Riffbildung.
Im Silur hatte Baltica den Äquator erreicht, im Westen näherte sich stetig Laurentia.
Wie bereits erwähnt, kollidierten die beiden Kontinente im weiteren Verlauf und falteten hohe Gebirge auf.
Vorher jedoch überdeckte das Gebiet des heutigen Gotlands ein weit ausgedehntes Flachmeer, in dem sich viele Organismen, die auf pelagische Larvenstadien angewiesen waren, sehr erfolgreich ausbreiten konnten. Festes Land gab es auf einem schmalen Streifen im Westen und großflächig im Norden. Noch gab es keine Landpflanzen, und das tropische Klima führte so zu einer intensiven Verwitterung. Die küstennahen Gebiete, die heute den Gesteinsuntergrund Gotlands darstellen, waren geprägt von lichtdurchfluteten, flachen Wasserbereichen, wo die starken Wellenbewegungen den hohen Detritusanteil im Wasser abtransportieren konnten. Diese Gegend war ideal für die Ansiedlung sessiler, kalkabscheidender Organismen wie Korallen. Diese stehen heute in enger Symbiose mit Zooxanthellen, die auf Licht angewiesen sind, um Photosynthese zu betreiben. Die Korallen nutzen die zusätzliche Kalziumkarbonatquelle zum Aufbau ihrer Kelche. Die starken Wasserbewegungen dienen auch einer Sättigung mit Sauerstoff, so ist für das Plankton eine gute Lebensgrundlage geschaffen. Dieses wird von Filtrierern als Nahrung genutzt.
Dieser Hintergrund lässt nachvollziehen, warum sich über einen so langen Zeitraum derart intensive Riffgemeinschaften gebildet haben.
In Zeiten, in denen die Wasserbewegungen nachließen, erhöhte sich der detritische Anteil in den Ablagerungen, und typische Kalkmergel entstanden.
Gegen Ende des Silurs hatte sich der Iapetus geschlossen und eine deutliche Veränderung der Sedimente wird sichtbar. Weitläufig bildeten sich Sandsteine- ein deutliches Indiz einer Küste oder kontinentalen Inlands. Durch die tropische Lage wurde das neu entstandene Gebirge gleich einer intensiven Verwitterung unterzogen und über große Gebiete streckten sich Sandsteinlagen aus, die den typischen „Old Red- Kontinent” bilden, denn das in den Feldspäten eingeschlossene Eisen verwittert zu Fe(III)2+- Ionen, die eine typisch rostbraune Farbe haben. Dies passierte im Devon.
Da es keine Ablagerungen aus der Zeit des Karbons und Perms gibt, nimmt man an, dass die kontinentale Lage erhalten blieb, die nun im Superkontinent Pangäa vereint war. Das Gebiet von Gotland lag immer auf einer Hochlage, im benachbarten Schonen aber findet man die mesozoischen Ablagerungen bis ins Quartär dokumentiert.
Während des Quartärs wurde Gotland mit beeinflusst. Beim Abschmelzen der Weichselgletscher füllte sich die Ostseesenke, die keine Verbindung mit Weltmeeren hatte, mit diesem Wasser. Der Baltische Eissee entstand, der in komplexen Wechseln von Meereszugang und Abgrenzung stand und durch isostatische Hebung schließlich sein heutiges Brackwasser in Form der Ostsee hält.
Gotland war zum Zeitpunkt des Abschmelzens völlig vom Wasser des Eismeeres bedeckt, so dass Strömungen und Wellen die Oberfläche des Landes wuschen und von den Lockersedimenten befreiten. Vor 11500 Jahren stiegen die ersten Kalkrippen aus dem Wasser, und Gotland wurde im Zuge der Eismeerentleerung herausgehoben.
Die Gerölle der Moränen, die trotz alledem noch vorhanden waren, wurden durch große Sturmereignisse in Form von Wällen auf die Strände aufgeworfen. Sie sind noch heute sichtbar, da sich die Küstenlinie noch immer seewärts verlagert. Teilweise sind so parallele Strandwälle entstanden.
Reste von Moränen haben sich auch in den Gebieten des Kalkmergels erhalten, da dieser weniger verwitterungsresistent ist und geomorphologisch in Mulden in Erscheinung tritt.
Andere glazigene Erscheinungen wie Oser, Gletscherbachtäler und Gletschermühlen sind im harten Kalkstein ersichtlich.
Man kann nicht bestreiten, dass die Eiszeiten und nacheiszeitliche Verwitterungen wie Raukar oder Strandhöhlen die Gestalt der Insel geprägt haben.
Durch Regenwasser ausgelaugte Karsthöhlen sind auch auf Gotland erhalten und ziehen als Tropfsteingrotten heutzutage Touristen an.
So, wer alles bis hier hier gelesen und verstanden hat. Hut ab! Nicht zu fad gewesen? Prima, als Teaser für den Aufhänger des Ganzen hier ein Ausschnitt aus dem finalen Diorama:
Es lohnt sich also, dranzubleiben!
]]>Das Puzzle beginnt im Dunkeln. Irgendwo in einer Sammlung, in einem Laborschrank in einer Holzschublade, in einer durchsichtigen Plastikdose auf einem genau passenden Papieretikett, liegen Zähne. Das Papier wurde vor hundert Jahren mit Feder und Tinte in geschwungenen Buchstaben beschriftet, kaum mehr leserlich.
“Scyliorhinidae indet.” ist dort zu lesen. Die Bedeutung: Undefinierte Katzenhaie. Eine Mischung verschiedenster Formen, unterschiedlicher Erhaltungszustände, teils noch im umgebenden Gestein eingebettet.
Auf den Wissenschaftler warten nun verschiedene Arbeitsschrítte. Am Ende soll bestimmt sein, was an diesem Grabungspunkt vor hundert Jahren gefunden worden ist, und unter welchen Bedingungen welche Tiere wie gelebt haben.
Sammlungsstücke, die noch in (Kalk-)stein eingebettet sind, werden in sanftem Säurebad nach und nach ausgelöst. Sandsteine kann man mit Präparationsnadeln unter dem Binokular entfernen. Hat man ein gut ausgestattetes Präpationslabor, kann man natürlich auch mit Druckluft und Sandstrahl arbeiten.
Im Fall der zu erzählenden Geschichte fand sich jedoch ein kleines Grüppchen zusammengehörender, ca. 2mm langer Zähne, die keiner Präparation mehr nötig machten. Nach Vergleichen mit Fotografien und Beschreibungen war recht schnell klar, dass es sich um Katzenhaie handelte.
Die Familie der Scyliorhinidae bezeichnet die Gruppe der Katzenhaie. Diese zeichnet einschlanker Körperbau aus, der sie perfekt auf das Leben am Meeresboden anpasst. Alle rezenten Arten (bis auf eine Ausnahme- (Pentanchus profundicolus) besitzen zwei Finnen (Rückenflossen), wobei die erste im Unterschied zu allen anderen Familien erst auf Höhe der Bauchflossen beginnt, manchmal sogar erst etwas dahinter.
Namensgebend für diese kleinen Haie (um die 20 bis 170cm Körperlänge) ist die besondere Struktur des Auges, denn die längsgerichtete Pupille erinnert an die von Katzen. Die Nickhaut schließt das Auge von unten nach oben.
Viele moderne Arten haben eine auffällige Zeichnung. Flecken, Bänder, Sättel und unterschiedliche Jugendfärbungen machen die Tiere außerordentlich attraktiv.
Durch ihre Größe und ihr minderaggressives Verhalten sind zum Beispiel der Korallen-Katzenhai (Atelomycterus marmoratus) oder der Kleingefleckte Katzenhai (Scyliorhinus canicula) beliebte Zootiere.
Was kann man von all dem nun auf Fossilien dieser Familie übertragen? Sicherlich nichts hinsichtlich Zeichnung, Färbung oder Verhalten. Was von Haien überliefert wird, sind vornehmlich Zähne. Mit spezieller Technik und viel Glück kann man auch hin und wieder Placoidschuppen untersuchen, aus denen die Haut besteht. Das spezielle Revolvergebiss setzt sich zusammen aus mehreren Schichten speziell umgebildeter Placoidschuppen, die letztlich in ihrer Funktion Zähne darstellen. Natürlich unterscheiden sie sich stark von herkömmlichen Wirbeltierzähnen. Wie die Schuppen der Haut sitzen auch die Zähne lose im Fleisch der Kiefer. Das führt dazu, dass sie schnell ausfallen, sofort ersetzt werden und somit immer scharf bleiben.
Als Laie mag man denken: “Was soll mir so ein Haufen kleiner, unterschiedlicher Zähne denn sagen?” Hier kann man ganz klar antworten: “Eine ganze Menge!” – als erstes kann man untersuchen, in welcher Häufigkeit die Zähne in welcher Art Sediment fossil vorliegen. Das gibt Rückschlüsse auf die Häufigkeit der Lebewesen im erhaltenen Biotop. Die Art des Gesteins sagt uns, welche Bedingungen herrschten. Egal ob strömungsarm, brackig, geröllhaltig oder bewachsenes Flachwasser- eine jede sogenannte Fazies hinterlässt ihr eindeutiges Bild im Gestein. In der Plastikschale der Sammlung fanden sich Reste eines feinen, sandigen Kalksteins.
Kommen Zähne einer Art in Massen vor, kann man davon ausgehen, dass diese Tiere zahlreich vorhanden waren. Natürlich besteht auch immer die Möglichkeit, dass nur wenige Tiere ungewöhnlich viele Zeitzeugen hinterlassen haben und andere Arten, die tatsächlich höhere Individuenzahlen hatten, aus unbekannten Gründen nicht überliefert wurden. Hier geht man aber nach dem Vorsatz vor: Was ist wahrscheinlicher? Und wenn es keine Anzeichen für besondere Umstände gibt, kann man direkt proportional annehmen, dass viele Zähne = viele Individuen aussagen.
Doch nicht nur die blanke Auszählung der Einzelzähne und die Gesteinsanalyse bringen wertvolle Daten. Die Zähne an sich sind voller wertvoller Informationen. Findet man in einer großen Menge recht einheitlicher Zähne drei Exemplare einer anderen Art, zum Beispiel der Spezies Scyliorhinus destombesi (CAPETTA 1977) – sagt dies zum Beispiel folgendes aus:
Die Art S. destombesi lebte zeitgleich mit der recht individuenstarken Art X in einem klar definierten Biotop. S. destombesi lebte in einer anderen Nische, mit einem wahrscheinlich anderen Verhalten als Art X. Scyliorhinus destombesi kann nicht so umfassend beschrieben werden wie Art X, da weniger Analysematerial vorliegt. Im konkreten Fall sind es 3 Zähne. Eine sehr gut erhaltene Krone, zwei weitere in Bruchstücken, aber mit erhaltener Wurzel.
Zahn 1 (hier in der Lingualansicht), die charakteristische Krone, wuchs relativ weit vorn, aber immer noch seitlich im Kiefer. Das erkennt man unter anderem am Verhältnis der Länge zur Höhe des Exemplars. Eine massive Hauptspitze und ausgeprägte Nebenspitzen bieten mehrere Bestimmungsmerkmale. Im konkreten Fall ist dies die Verschmelzung der Nebenzähne mit der Hauptspitze im basalen Bereich, die kräftige Schmelzstreifung, die Abflachung der Labialseite des Zahns (zur Lippe hin = labial) und der deutliche Überhang der Krone zur Wurzel. Ist eine solche vorhanden, kann man Haie sehr sicher bestimmen. Typische “Löcher”, Furchen oder Formen sind einzigartig.
Zähne 2 und 3 wuchsen recht weit hinten, auch seitlich im Kiefer. Sie sind schmaler und spitzer als Zahn 1 (in der Abbildung als Labialansicht) und weisen Merkmale auf, die speziell bei anterioren Exemplaren vorhanden sein können- zum Beispiel der Verlust der typischen Struktur. (Phänomen der Ausglättung – MÜLLER, 1991)
Anhand dieser Merkmale kann der Paläontologe recht sicher eine Art bestimmen. Stößt man nun in der Oberkreide Sachsens auf Scyliorhinus destombesi und vergleicht diese Zahnstrukturen mit rezenten Katzenhaien, wird man sehr starke Übereinstimmungen finden. Nun kann man beginnen, weitere Rückschlüsse zu ziehen, indem man die Biologie der rezenten Arten den Strukturen der Fossilien gegenüberstellt.
Durch die Ähnlichkeit kann man auf ähnliche Körpergrößen schließen. Im konkreten Fall hatten die Zähne eine Höhe von knapp 2mm. Somit kann man für die Rekonstruktion des ausgestorbenen Tieres eine Körperlänge von etwas unter einen Meter annehmen, wenn man davon ausgeht, dass die gefundenen Zähne Adulttieren zugeordnet werden. Struktur und Aufbau zeigen, dass die Art der Nahrung sich nicht geändert hat. Rezente Katzenhaie ernähren sich von Wirbellosen und kleinen Fischen, die aktiv gejagt werden.
Katzenhaie findet man heute in Schelfgebieten bis in Tiefen um 2000m. Man kann sie somit in den Bereich von Normal- bis Schwellenfazies eingruppieren. Dies entspricht auch dem eingangs untersuchten Umgebungsgestein, welches als feiner sandiger Kalkstein angesprochen werden kann. Dies legt nahe, dass sich das Habitat, also bodennahe (benthische), langsame, meist nachtaktive und standorttreue Lebensweise, schon damals ausgeprägt hatte.
Die Wissenschaft der Paläontologie setzt sich, wie an diesem Beispiel dargelegt, daraus zusammen, aufmerksam zu beobachten, alle verfügbaren Daten zu sammeln, nichts zu verändern und am Ende Schlussfolgerungen zu ziehen. Wenn man es richtig macht, wird aus drei kleinen, unscheinbaren Zähnchen ein schlanker, langsamer, versteckt lebender Hai der Oberkreide, der auf Jagd ging und dabei Zähne verlor. Heute liegen sie säuberlichst beschriftet und in durchsichtige Plastikdosen sortiert, in einem Museum in Sachsen. Mit neuem, computerbedrucktem Etikett. Darauf wartend, dass in einhundert Jahren, mit neuen technischen Möglichkeiten noch viel mehr spannende Details erkundet werden können.
Interessiert an Fachliteratur dazu? Bitte sehr:
CAPETTA, H. 1977: “Observations sur quelques selachiens du cretace superieur d’angleterre avec la description d’un genre nouveau”
MÜLLER, A. & DIEDRICH, C. 1991: “Selachier (Pisces, Chondrichthyes) aus dem Cenomanium von Aschersloh am Teutoburger Wald (Nordrhein-Westphalen, NW-Deutschland)”
MEIER, A. 2004: “Selachier der Sächsischen Kreide”
]]>Eine weite Reise haben die 4 kleinen Steinchen hinter sich, die an diesem Nachmittag in meinen Besitz übergegangen sind. Ausgehend von einer Frage: „Ich fliege nach Colorado Springs, kann ich dir etwas mitbringen?” und meiner Antwort: „Klar, ein paar Steinchen und Bilder dazu, wie es dort ausschaut.” wurde die kleine Sammlung, die eine ganz schön lange Geschichte erzählt.
Sie beginnt vor ca. 1.6 Milliarden Jahren, als der Granit des Pikes Peak als Pluton im Untergrund des heutigen Colorado erstarrte. Im Verlauf der Zeit und der ersten Anhebungsperiode vor 300 Millionen Jahren wurde diese erstarrte Blase (Batholith) nach und nach freigelegt und von der Erosion angegriffen. Als vor 60 Millionen Jahren die Laramid-Orogenese begann, wurde das Massiv langsam durch das Abtauchen der Pazifischen unter der nordamerikanische Platte und einer damit verbundenen Aufwölbung der kontinentalen Kruste nach oben gehoben. Dann, vor ca. 10 Millionen Jahren, kam es zur letzten und bis heute andauernden Anhebung des Granits. Die absolute Höhe des Pikes Peak wird durch die fortschreitende Abtragung, vor allem durch Frostsprengung, konstant gehalten.
Das besondere am Granit von Pikes Peak sind die außergewöhnlich großen Kristalle roten Orthoklases. Die Variationen in der Farbe dieses Feldspates reichen bis hin zum deutlichen Pink. Dazu kommen Quarzkörner von Murmelgröße.
Die heute im „Garden of the Gods” anstehenden Gesteine sind Relikte dieser drei Anhebungsperioden. Die „Alten Rockies”, die in der ersten Orogenese entstanden, wurden als grobkörnige Konglomerate in Sedimentationsbecken geschwemmt. Sie liegen heute als kompakte Lagen makrokristalliner Granitstückchen vor. („Fountain Formation”)
Darüber schichten sich feine Sandsteine („Red and White Lyons”), die zeitlich direkt anschließen (Beginn vor ca. 280 Mill. Jahren). Sie sind gut sortiert äolisch abgelagert worden und unterscheiden sich durch ihre Farbe. Die weißen Schichten sind saubere Quarzsande. In den roten Sanden wurden Eisenminerale untergemengt, die durch das warme, trockene Klima entstanden. Sie dienen auch als Kleber, der die roten Bereiche fester zusammenhält. Man findet hier Schrägschichtung und Rippelmarken, die auf Dünenbildung hinweisen.
In einem anderen Teil des Geoparks sind mesozoische Sande und Kalksteine zu finden, die in Lagunen und im Schwemmbereich der Flüsse abgelagert wurden.
Im Paleogen schließlich wurden die ganzen Gesteinskomplexe um 90° gekippt und stehen nun aufrecht. Die leicht erosiv angreifbaren Pakete bilden heute für Touristen und Fotografen, nicht zuletzt durch den rot/weiß Kontrast, eine wunderbare Kulisse.
Die Proben, die mir mitgebracht wurden, repräsentieren die ersten beiden Formationen. Ich habe hier 2 Stücke des Konglomerates (Im Bild oben die 1 und 2) mit wunderbaren Kristallen, sowie einen roten (4) und einen weißen Sandstein (3) mit schon herausgewitterten Eisenmineralen (schwarze Punkte). So ist das in der Geologie. Aus einfachen, hübschen Mitbringseln werden Geschichten. Spannende, komplexe, wunderschöne. Geologie ist wirklich cool.