Wie schon das Luftreinhaltungsgesetz (Clean Air Act), so war auch das Artenschutzgesetz (Endangered Species Act) vor allem den konservativen Republikanern stets ein Dorn im Auge. Und nachdem alle Versuche, dieses Gesetz zu untergraben, seit 20 Jahren im Kongress gescheitert waren, hat die Bush-Regierung nun ein Schlupfloch gefunden: Sie will neue Verfahrensvorschriften erlassen, die die bisher verbindlich vorgeschriebenen unabhängigen Umweltgutachten für staatlich finanzierte Projekte abschaffen. Da es sich nicht um eine Gesetzesändertung handelt, sondern um eine veränderte Verfahrensvorschrift, braucht dies keine Zustimmung durch den Senat und/oder das Abgeordnetenhaus.

Künftig bleibt es den zuständigen Behörden selbst überlassen, ob und wann sie ein solches Umweltgutachten – das natürlich immer Zeit und Geld kostet und so manches Megaprojekt um Jahre verzögern könnte – in Auftrag geben werden. Sie müssen lediglich den den für Artenschutz zuständigen U.S. Fish and Wildlife Service oder die für den Meeresschutz verantwortliche National Oceanic and Atmospheric Administration “konsultieren” – wobei ein formloses Schreiben oder gar ein Anruf genügt, um diese Auflage zu erfüllen. Und wenn diese beiden Behörden nicht innerhalb von 60 Tagen Bedenken angemeldet haben, dann müssen sie im weiteren Verlauf der Planungen auch nicht mehr berücksichtigt werden. Dies soll, so behauptet das Innenministerium, ein “weniger zeitaufwändiges Verfahren und eine effizientere Nutzung unserer Ressourcen” garantieren.

Mit anderen Worten: Quasi aus dem Stegreif müssen die Leute bei der NOAA und dem Fish and Wildlife Service (FWS) sagen können, ob und welche Artenschutzbedenken es bei einem geplanten Projekt (das vom Straßenbau bis hin zum Atommüll-Endlager reichen könnte) geben wird. Zwei Wochen reichen nicht mal, um eine Bestandsaufnahme zu machen, aus der sich eventuelle Bedrohungen überhaupt erst abschätzen ließen. Und irgendwelche Fernwirkungen – zum Beispiel von Emissionen – zu berücksichtigen, ist den Naturschützern sogar ausdrücklich verboten: “Die vorgeschlagene Regelung ist im Einklang mit dem gegenwärtigen Verständnis des FWS, dass es nicht möglich ist, eine direkte kausale Verbindung zwischen Treibhausgas-Emissionen und entfernten Beobachtungen von Folgen für Arten zu ziehen.” Also wenn den Eisbären wegen des Klimwandels der Lebensraum wegschmilzt oder Korallen durch Erwärmung und Übersäuerung absterben, dann darf dies nicht als Argument zur Einleitung eies Umweltgutachtens (!) verwendet werden

Origineller Weise macht die Behörde gar kein Geheimnis daraus, worum es ihr dabei wirklich geht: Sie will ausdrücklich verhindern, dass das Artenschutzgesetz als Instrument des Umweltschutzes eingesetzt wird. In den Worten des Innenministers Dirk Kempthorne: “Diese Regulierung wird helfen, den Missbrauch des Artenschutzgesetzes zur Regulierung des Klimawandels zu verhindern.”

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