Eigentlich sollte man ja das Gegenteil erwarten. Und vermutlich ist es generell immer besser, mehr Transparenz in Politik und Verwaltung zu haben – lange Finger machen ist einfach schwerer, wenn ständig jemand auf dieselben schaut. Doch zumindest für den Vergleich der Nachbarstaaten Argentinien und Chile in den 90-er Jahren kam Viviana Stechina, Promotionskandidatin an der sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität von Uppsala (Schweden) zu dem kontraintuitiven Resultat, dass mehr Transparenz unter bestimmten Voraussetzungen sogar zu mehr Korruption führen kann.


Leider finde ich zu dieser Arbeit nur den Abstract und eine UniPressemitteilung, aber so weit ich die Erklärung verstanden habe, ist meine Zunft – die Journalisten – mal wieder mit dran Schuld: In Argentinien habe es zu jener Zeit zwar eine freiere Presse gegeben als in Chile (wo Korrpution trotz eines autoritäreren Systems weniger stark ausgeprägt war), und daher auch mehr Informationen über politische Entscheidungsprozesse und Handlungen – aber gleichzeitig habe die Presse nicht bewirken können, dass diese korrupten Politiker zur Rechenschaft gezogen wurden. Was dann, der Maxime “Ist der Ruf erst runiert, lebt sich’s weiter ungeniert” folgend, die Korrupten eher noch zum Weitermachen motiviert habe.

Eine auf den ersten Blick interessante These. Aber auch wenn Frau Stechina diese in ihrer Disputation am 3. Oktober verteidigen konnte, wie ich der Uni-Webseite entnehme, hat sie doch nicht mehr Standfestigkeit als eine Stange Schmelzkäse, fürchte ich. Und dazu muss ich nicht mal selbst ein Argument finden – offenbar kam die Akademikerin selbst zu dem Schluss, dass es “andererseits auf lange Sicht größere Vorteile durch mehr Transparenz gab”. Mit anderen Worten: Manchmal brauchen Dinge eben Zeit.

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