Der nachfolgene Beitrag war in seiner ursprünglichen Form als Kommentar zum Eintrag Placebo erklärt erschienen. Auf meine Anregung hin hat der Autor Florian Albrecht, praktizierender Mediziner in der Schweiz, ihn hier noch einmal – in überarbeiteter und ergänzter Form – als Gastbeitrag eingestellt.

Verwirrung um BÄK-Stellungnahme: Sollen Placebos wirksame Medikamente ersetzen?

von Florian Albrecht

In den letzten Tagen hatte es auf verschiedenen Blogs ein paar Irritationen wegen einer im vergangenen Sommer herausgegebenen Stellungnahme der Bundesärztekammer (BÄK) zum Thema „Placebo in der Medizin” gegeben. In deren Folge war in einigen Medien geäussert worden, die BÄK fordere den vermehrten Einsatz von Placebos zur Kostensenkung im Gesundheitswesen. Dieser Eindruck wurde auch noch durch einen Artikel von Prof. Dr. Giovanni Maio, Medizinethiker an der Universität Freiburg i.Br., verstärkt, der aber mE auch ein wenig an der Kernaussage der BÄK-Stellungnahme vorbeigeht.

Denn es geht in diesem Papier erst einmal gar nicht darum, wirksame Medikamententherapien plötzlich durch Placebo-Behandlungen zu ersetzen. Sondern vielmehr darum, den Placebo-Effekt überhaupt erst einmal besser zu erforschen. Erst dann kann überhaupt darüber nachgedacht werden, ihn künftig vermehrt und vor allem viel gezielter in der Medizin einzusetzen. Außerdem würde man auch sehr viel über die Wirkungsweise der bereits im Gebrauch befindlichen medizinischen Wirkstoffe (Verum) erfahren, da auch bei deren Anwendung mutmaßlich ein gewisser Placebo-Effekt mit im Spiel sein dürfte.

Eine ganz besondere Rolle spielen die sog. „Schein-Placebos”. Das sind Medikamente, die zwar eine nachweisliche Wirkung im menschlichen Körper haben, bei denen jedoch die tatsächlich festgestellten Effekte auf die Erkrankung des Patienten noch darüber hinaus gehen. Sollten diese Schein-Placebos ohne größere Probleme durch „echte” Placebos ersetzt werden können, könnte eine Menge Geld im Gesundheitswesen eingespart werden.

Aber, wie gesagt, die Intention der BÄK-Stellungnahme ist keineswegs, wirksame Medikamenten-Therapien durch Placebos zu ersetzen. Das wird in der Stellungnahme auch eindeutig festgehalten:

Da die experimentelle Placeboforschung zeigt, welchen Nutzen der Patient aus einer Placebogabe ziehen kann (z. B. Verringerung von Nebenwirkungen), so hält die Mehrheit der Mitglieder des Arbeitskreises aus ethischer Sicht die bewußte Anwendung von reinem Placebo oder so genanntem „Pseudo-Placebo” in der therapeutischen Praxis (außerhalb Klinischer Studien) durchaus für vertretbar, und zwar unter folgenden Voraussetzungen und unter Beachtung der herrschenden Rechtsaufassung:

  • Es ist keine geprüfte wirksame (Pharmako-)therapie vorhanden.
  • Es handelt sich um relativ geringe Beschwerden und es liegt der ausdrückliche Wunsch des Patienten nach einer Behandlung vor
  • Es besteht Aussicht auf Erfolg einer Placebobehandlung.bei dieser Erkrankung

Also soll eine künftige Placebo-Therapie eher eine Art Ergänzung zur konventionellen Behandlung sein. Dem kann man sich ja so ohne weiteres auch nicht verschließen.

Somit könnte man dieses Thema ja erst einmal abhaken. Wenn nicht die gesamte Stellungnahme sowohl in der allgemeinen Presse, als auch in Ärztekreisen erst einmal gründlich mißverstanden worden wäre. Und auch hier auf den ScienceBlogs war es nicht anders. Da kamen in den letzten 3 Tagen ein paar grundsätzliche Debatten über die Frage, ob der Einsatz von Placebos in der Medizin überhaupt ethisch vertretbar ist, auf.

Ich muß zugeben: ich habe auch erstmal eine Weile gebraucht, bevor ich die BÄK-Stellungnahme korrekt verstanden hatte. Und ich habe mich auch durch das Medienecho dazu irritieren lassen. Deshalb habe ich auch auf Jürgens Blog einen Kommentar verfasst, der sich mit der Problematik der Placebo-Anwendung im Allgemeinen auseinandersetzt.

Hier ist nun dieser Kommentar (mit ein paar kleineren Korrekturen und Anpassungen):

Zuerst einmal ist der Placebo-Effekt nicht kalkulierbar. Nehmen wir z.B. einmal chronische Schmerzerkrankungen. Hier kann der Placebo-Effekt sicherlich dazu führen, daß ein Patient weniger bzw. weniger starke Schmerzmittel braucht. Was ja sowohl vom wirtschaftlichen Aspekt, als auch im Sinne eines verminderten Suchtrisikos (vor allem bei sehr starken Schmerzmitteln) wünschenswert wäre. Das Problem ist nur: bei manchen Patienten wird das Placebo eine sehr gute „Wirkung” zeigen, bei manchen aber auch überhaupt keine. Das ist nicht voraußehbar. Da es aber eine gewisse Zeit dauert, bis ich als Arzt einschätzen kann, ob der Patient tatsächlich vom Placeboeffekt profitiert, bedeutet das uU, den Patienten unnötig leiden zu lassen. „Unnötig” deshalb, weil ich als Arzt ihm eine wirksame Therapie vorenthalte. Das ist unethisch!

Ein vergleichbarer Ansatz gilt für Antidepressiva und Beruhigungsmittel. Auch hier können Placebos manchmal sehr hilfreich sein. Aber eben auch überhaupt nicht. Im schlimmsten Fall kann die Gabe eines Placebos sogar dazu führen, daß ein Patient so sehr verzweifelt (weil die ihm vom Arzt verordneten und als großartig angepriesenen Medikamente ihm auch nicht helfen können – was die Befürchtung verstärkt, nichts und niemand könne ihm mehr helfen), daß der Patient sich suizidiert. Was unter einer Verum-Therapie mit Antidepressiva höchstwahrscheinlich vermeidbar gewesen wäre. Also ist auch hier der Einsatz von Placebos unethisch.

Grundsätzlich wären aber sicherlich diejenigen Krankheiten und Symptombilder, bei denen die bewußte und unterbewußte Wahrnehmung eine große Rolle spielen, am besten für eine Placebotherapie geeignet. Insbesondere Schmerzen und Schmerzwahrnehmung sind etwas sehr Subjektives, dazu gibt es viele Studien. Auch leichtere Depressionen oder Angsterkrankungen wären geeignete „Kandidaten”. Aber schon bei Erkrankungen aus dem psychotischen Formenkreis wird es schwierig, weil diesen oft gravierende Ungleichgewichte der Neurotransmitter (Botenstoffe im Hirnstoffwechsel) zugrunde liegen. Diese sind der „Heilkraft des Geistes” dann schon nicht mehr so ohne weiteres zugänglich. Auch dies wurde in diversen Studien belegt, außerdem lehrt uns schon allein die Medizingeschichte diese Lektion, wenn man sich einmal anschaut, wie die Erfolgsaussichten einer psychiatrischen Therapie vor der Erfindung der Neuroleptika aussahen.

Noch viel drastischer wird es bei rein organischen Therapien, bei denen der Hirnstoffwechsel keinerlei Rolle spielt. Ich möchte dazu einmal zwei Beispiele anführen: Antibiotika und Insulin.

Zugegeben, nicht jede Infektion, die heutzutage mit Antibiotika behandelt wird, fordert zwingend solche Medikamente (ich fürchte, daß dieser Satz wieder einmal aus dem Zusammenhang gerissen und als Trollfutter verwendet wird, aber ich schreibe es trotzdem). Auch mit vielen bakteriellen Infektionen kann ein gesunder Körper oftmals gut fertig werden. Aber eben nicht immer. Und als Arzt weiß ich eben nicht im voraus, ob es bei einem Patienten Komplikationen geben wird. Weil ich gar nicht alle beteiligten Faktoren bestimmen kann. Ein Beispiel wäre eine bakterielle Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung). Viele davon heilen nach einer gewissen Zeit von selber wieder aus. Die Symptome sind zwar lästig und die ganze Angelegenheit kann recht schmerzvoll sein, aber in vielen Fällen wird ein gesunder Körper recht gut damit fertig. Aber es gibt ein Reihe von Risikofaktoren. Einer der harmloseren wäre noch, wenn sich die Bakterien von den Kieferhöhlen ausgehend in den Kieferknochen ausbreiten. Dies kann dann den Patienten durchaus mal den einen oder anderen Zahn kosten. Oder sogar den Oberkiefernerv angreifen, woraus eine chronische Nervenentzündung mit nachfolgend chronischen Gesichtsschmerzen resultieren kann. Deutlich schwerwiegender wäre der Fall dann, wenn die Bakterien im oberen Nasenraum das sog. „Siebbein” (einen – wie der Name schon andeutet – recht porösen Knochen) passieren. Direkt dahinter liegt nämlich schon das Gehirn – eine Meningitis (Hirnhautentzündung) oder gar Encephalitis (Hirnmassenentzündung) wäre die Folge. Und die kann zu bleibenden Hirnschäden oder sogar zum Tod führen.

Ein weiteres Risiko einer bakteriellen Sinusitis liegt darin, daß die Nase sehr gut durchblutet ist. Treten Bakterien in die Blutbahn über, so können sie praktisch alle inneren Organe befallen. Die dadurch entstehenden Schäden können so schwerwiegend sein, daß die entsprechenden Organe zeitweise oder sogar auf Dauer ausfallen. Im Falle eines Nierenausfalls bedeutet dies eventuell lebenslange Dialyse, es sei denn, es wird ein Organspender gefunden. Bei der Leber wird es uU noch dramatischer. Weil man die komplizierten Entgiftungsfunktionen der Leber noch nicht so wirklich durch Apparate ersetzen kann, bedeutet ein Leberausfall meist: entweder es wird innerhalb weniger Stunden ein Spenderorgan gefunden, oder der Patient stirbt. Von den schweren Schäden, die Bakterien am menschlichen Herzen anrichten können, will ich mal gar nicht sprechen.

Zugegeben, die Wahrscheinlichkeit für derartige Probleme ist bei der Sinusitis nicht sonderlich hoch. Bei einer Pneumonie (Lungenentzündung) ist sie schon viel höher. In der Zeit vor der Entdeckung der Antibiotika gab es ja auch immer wieder Menschen, die eine bakterielle Lungenentzündung ohne Folgen überlebt haben. Auch heute gibt es die noch. Aber sie sind in der Minderheit. Und wenn ich einen Patienten mit über 99%iger Wahrscheinlichkeit vor schweren Folgen oder gar dem Tod bewahren kann, dann ziehe ich eine solch’ zuverlässige Therapie in jedem Fall der Alternative, daß der Patient mit 30, 50 oder sogar 70% Wahrscheinlichkeit schwere Schäden aus der Nichtbehandlung davonträgt, vor.

Man sieht: es gibt gute Gründe, bei bakteriellen Infektionen stets frühzeitig Antibiotika anzuwenden, und eben nicht nur auf die Selbstheilungskräfte des Körpers zu vertrauen. Wobei ich da in meiner eigenen Praxis durchaus differenziere: bei einer bakteriellen Lungen- oder Rachen-/Mandel-/Kehlkopf-entzündung gebe ich sofort Antibiotika, da hier der Verlauf der Infektion uU sehr schnell voranschreiten kann. Bei Patienten mit Blasenentzündung gebe ich oftmals die Anweisung (nach Ausschluss einer bereits beginnenden Nierenbeteiligung, denn diese müßte wiederum sofort antibiotisch behandelt werden), erst einmal 1-2 Tage viel zu trinken (gegebenenfalls auch noch Preiselbeersaft, da dessen Nieren-Metabolite tatsächlich im Urogenitalsystem eine leichte entzündungshemmende und antibakterielle Wirkung entfaltet); falls es sich dann nicht bessert (oder sogar schlimmer wird), bekommt der Patient dann doch Antibiotika. Auch bei einer leichten Sinusitis verfahre ich manchmal so – der Patient soll inhalieren und Nasenspray gegen die Entzündung anwenden. Auch pflanzliche Präparate auf der Basis von Enzianwurzel, Schlüsselblumen- und Holunderblüten (im Handel u.a. Unter dem Namen „Sinupret”™ erhältlich) können sinnvoll sein. Ist es nach 2-3 Tagen nicht deutlich besser, soll er wiederkommen und sich ein Antibiotikum abholen.

Aber bei dieser Verfahrensweise brauche ich zu keinem Zeitpunkt Placebos. Ich sehe auch nirgendwo einen Platz dafür. Wichtig ist die genaue Aufklärung des Patienten über Warnsymptome und mögliche Komplikationen sowie die korrekten Verhaltensweisen im Alltag. Damit kann man dann immer wieder tatsächlich das Antibiotikum einsparen – aber eben nicht durch den Einsatz von Placebos. Im Gegenteil: ein Placebo könnte dem Patienten sogar eine falsche Sicherheit vorgaukeln, so daß der Patient die Warnzeichen einer Verschlechterung nicht früh genug realisiert und nicht rechtzeitig wieder zum Arzt geht (in der Homöopathie wird dies ja als “Erstverschlechterung” verklärt – mit bisweilen dramatischen Folgen).

Zweites Beispiel: Insulin. Hier ist es noch wesentlich klarer und eindeutiger. Die Bauchspeicheldrüse eines Typ-I-Diabetikers ist schlicht und ergreifend nicht in der Lage, (ausreichend) Insulin zu produzieren. Da hilft auch kein Glaube und keine Selbsheilungskraft! Wenn der Blutzuckerspiegel nicht reguliert wird, kommt es zwangsläufig zu Komplikationen, zu Organschäden, im schlimmsten Falle zum Koma oder gar zum Tod. Ich glaube, da brauchen wir gar nicht zu diskutieren – bei solchen Erkrankungen gibt es keinerlei Anwendungsbereich für Placebos.

In dem Artikel von Prof. Maio wird noch ein weiteres Problem der Placebo-Behandlung deutlich: einerseits darf der Patient nicht erfahren, womit er behandelt wird, andererseits soll er aber über die „Therapie” bestmöglich aufgeklärt werden. Das ist für den behandelnden Arzt bereits ein großes Dilemma. Und dieses geht dann beim Apotheker weiter.

Denn dem „Medikament” müßte ja korrekterweise auch ein Beipackzettel beigefügt werden, der u.a. den enthaltenen Wirkstoff, aber auch die möglichen Risiken und Nebenwirkungen auflistet. In unserer heutigen Informationsgesellschaft googeln aber viele Patienten bereits nach Details ihrer Erkrankung genauso, wie nach den ihnen verordneten Wirkstoffen. Insbesondere bei chronisch Kranken ist diese Vorgehensweise sehr verbreitet. Nehmen wir noch einmal den chronischen Schmerzpatienten als Beispiel: er würde in vielen fällen recht schnell bemerken, daß ihm der Arzt Zuckerpillen verordnet hat. Das kann dann das Vertrauen in diesen Arzt (oder im Extremfall sogar in alle Ärzte) schwer erschüttern. Und wie wollte man bei einem Placebo überhaupt einen Beipackzettel so überzeugend gestalten, daß der Patient einem die Wirksamkeit abkauft? Man müßte schon einige (nicht vorhandene) Nebenwirkungen aufzählen – was strenggenommen eine Urkundenfälschung darstellt. Manch ein Patient würde sogar nach Lektüre des Beipackzettels genau diese Nebenwirkungen bei sich feststellen (ja: auch das beinhaltet der Placebo-Effekt – mehrere Studien haben bereits bewiesen, daß Patienten, die stets sehr aufmerksam den Beipackzettel studieren, deutlich mehr bzw. häufiger die darin beschriebenen Nebenwirkungen bei sich bemerken, als diejenigen, die den Beipackzettel nur oberflächlich oder sogar gar nicht lesen!). Damit wäre ein wichtiges Ziel der Placebo-Therapie verfehlt.

Und der verordnende Arzt – und auch der abgebende Apotheker – müssen außerdem über ein gewisses schauspielerisches Grundtalent verfügen. Sie müssen nämlich sehr überzeugend beim Patienten ‘rüberkommen, der Patient muß ja schliesslich an das Medikament glauben. Und dabei spielt es eine grosse Rolle, ob er das Gefühl hat, der Arzt sei von dem Medikament überzeugt.

Aus genau diesem Grunde werden ja auch Arzneimittelstudien “doppelverblindet” durchgeführt, d.h. nicht nur der Patient hat keine Ahnung, ob er nun ein Placebo oder das Verum erhält, auch der Arzt weiß es nicht. Weil er nämlich sonst – und sei es nur auf einer sehr subtilen unterbewussten Ebene – den Patienten (und damit auch das Studienergebnis) beeinflussen könnte.

In dem genannten Artikel wird auch der wirtschaftliche Gesichtspunkt angesprochen: Placebo-Therapie sei billiger als die Behandlung mit Verum. Vordergründig mag dies ja stimmen, aber wenn ich die Gefahr mit einrechne, daß zugunsten eines Versuchs einer Placebo-Behandlung eine Therapie mit Verum zu spät begonnen wird, was dann uU zu Komplikationen führen kann, deren Behandlung am Ende viel teurer kommt als das ursprüngliche Einsparpotential, so verliert das monetäre Argument doch wieder deutlich an Gewicht. Genau dieser Faktor ist ja auch ein grosses Problem der Homöopathie, die ja immer wieder behauptet, im Versagensfall könne ja später immer noch mit „schulmedizinischen” Medikamenten behandelt werden.

Außerdem werden sicherlich manche Patienten mißtrauisch werden, wenn ihre Therapie nach der Umstellung auf ein Placebo plötzlich so billig wird. Beim durchschnittlichen deutschen Kassenpatienten ist dies sicherlich noch nicht so sehr der Fall – der weiß ja im Regelfall gar nicht, wie teuer seine Medikamente sind, weil die Kasse direkt mit dem Apotheker abrechnet. Bei Privatpatienten wird das dann schon schwieriger – die zahlen das Medikament in der Apotheke zunächst selber und reichen dann die Rechnung bei ihrer Versicherung zur Erstattung ein. Daher wissen sie stets sehr genau, wie teuer ihre Pillen sind.

Und in Ländern, in denen die Patienten grundsätzlich für ihre Medikamente in Vorleistung treten bzw. an den Arzneimittelkosten prozentual beteiligt werden (wie z.B. hier in der Schweiz), ist es dasselbe Problem.

Eventuell kann man den Placebo-Effekt ja bei stationären Behandlungen im Spital nutzen. Was auch durchaus geschieht. Sehr oft erhalten z.B. Patienten nach Operationen Schmerzmittel im Wechsel mit Placebos, um die Schmerzmittel-Gesamtdosis niedrig zu halten. Auch bei Patienten, die über Schlafstörungen während des Klinikaufenthaltes klagen, helfen Placebos oftmals recht gut.

All dies habe ich während meines Studiums an der Medizinischen Hochschule Hannover selber erlebt. Insgesamt recht beeindruckend. Aber damit erschöpfen sich dann auch die Möglichkeiten. Und bei einem Patienten im Spital habe ich als Arzt natürlich auch ganz andere (vor allem schnellere) Überwachungs- und Interventionsmöglichkeiten, als in der Praxis.

Abgesehen davon entstehen manchmal auch Probleme nach der Entlassung aus dem Spital, wenn der Patient „das tolle Medikament aus der Klinik” plötzlich auch vom Hausarzt weiter verordnet haben möchte.

Zusammenfassend kann man also sagen:
1. Der Placeboeffekt ist nicht kontrollierbar und unterliegt starken Schwankungen

2. Auch bei ein- und derselben Erkrankung kann niemals sicher abgeschätzt werden, welche Komplikationen sich einstellen, und vor allem wie schnell.

3. Die Umsetzung einer Placebo-Behandlung in einem ambulanten Setting ist sehr schwierig und weist etliche Fallstricke auf. Im schlimmsten Fall kann der Patient dadurch das Vertrauen in seinen Arzt oder sogar die gesamte Ärzteschaft verlieren.

4. Bei vielen Krankheiten kommt ein Placebo-Einsatz gar nicht erst in Frage. Und bei den übrigen Erkrankungen kann er ein ethisches Problem darstellen.

Aber ich muß auch noch erwähnen, daß Placebo-Effekte auch in der alltäglichen Praxis vorkommen. Allerdings eher ungewollt. Es gibt nämlich Medikamente, die aufgrund von Studien und Laborversuchen sehr viel schlechter respektive seltener wirken müßten, als sie es in der Realität tun. Ein sehr gutes Beispiel sind die sog. „Expectoranzien”. Das sind Medikamente, die bei schweren Erkältungen, vor allem mit Beteiligung der Bronchien, das Lösen und Abhusten des Schleims fördern sollen. Und allen voran sei hier das „Acetylcystein” (ACC) erwähnt. Da wurde nämlich in der jüngeren Vergangenheit festgestellt, daß rund 30-40% aller Patienten überhaupt nicht auf die Gabe dieses Medikaments ansprechen können – weil ihnen ein bestimmtes Enzym fehlt. Und auch beim Rest der Bevölkerung dürfte ACC lange nicht so gut wirken, wie es das augenscheinlich tut. In Befragungen geben aber über 3/4 der Patienten an, ACC hätte ihnen gut bei der Schleimlösung geholfen. Wie kommt das?

Eine diskutierte Erklärung ist, daß die Einnahme von ACC die tägliche Trinkmenge erhöht. Denn ACC ist ein Pulver, welches in einem Glas Wasser aufgelöst und dann getrunken wird. Und es ist bewiesen, daß sich der Schleim auf den Atemwegen umso besser löst, je mehr ein Patient trinkt. Wird nun ACC dreimal täglich (Standarddosis 3x200mg) eingenommen, so werden allein dadurch 5-6 dl Flüssigkeit zusätzlich aufgenommen.

Aber es gibt auch eine Darreichungsform von ACC, die im Körper verzögert freigesetzt wird (ein sog. „Retard-Präparat”), so daß eine einmal tägliche Einnahme von 600mg morgens ausreichend wäre. Wobei dann nur 1-2 dl Flüssigkeit zusätzlich aufgenommen werden. Und dieses Retard-Präparat scheint nur marginal schlechter zu wirken, als die nichtretardierte Form, die mehrmals täglich eingenommen wird.

Allerdings ist es auch sehr schwierig, die Fälle miteinander zu vergleichen. Zum einen wird kaum darauf eingegangen, wieviel der Patient sonst noch über den Tag trinkt. Oder auch, wieviel er normalerweise (also wenn er nicht krank ist) so trinkt – der Wasserhaushalt des menschlichen Körpers ist nämlich bis zu einem gewissen Grad sehr individuell, weshalb sich auch kleinere Erhöhungen der Trinkmenge im Krankheitsfall sehr stark auswirken können. Und dann kommen noch Faktoren ins Spiel wie: inhaliert der Patient noch begleitend? Hängt er vielleicht noch feuchte Tücher in der Wohnung auf, um die Raumluft anzufeuchten (was definitiv einen Effekt hat, da die Schleimhäute der Atemwege nicht so schnell austrocknen, was wiederum die Entzündungsreaktion des Körpers vermindert und damit zu einer geringeren Schleimproduktion führt)? Wendet er noch irgendwelche anderen Hausmittel an?

Oder hat ACC doch einen größeren Placeboeffekt, als bisher vermutet? Falls ja, müßte es als sog. „Pseudo-Placebo” eingestuft werden, also als ein Medikament, welches über die biochemisch erklärbare Wirkung hinaus noch einen anderen Effekt hat.

Nichtsdestotrotz verordnen sehr viele Hausärzte ACC bei Atemwegsinfekten – und das, obwohl sie wissen, daß es nicht oder nur wenig nutzt. Oftmals tun sie es, weil es die Patienten einfach erwarten. Auch dazu gibt es Studien: Patienten, die von ihrem Hausarzt bei einem banalen Infekt kein Rezept erhalten, sondern nur Anweisungen zur Selbstbehandlung mit einfachen Mitteln, gehen oftmals direkt nach dem Arztbesuch in die nächste Apotheke und kaufen sich dort irgendein freiverkäufliches Mittel, welches der Apotheker gerade empfiehlt. Und nicht selten sind diese Medikamente sehr viel fragwürdiger als das, was der Arzt verordnet hätte. Da dienen die Apotheker und ihre Helferinnen dem Patienten dann nicht selten Globuli oder Mode-Medikamente, wie z.B. Echinacea, an, die dann gleich gar keine Wirkung haben.
(Bevor jetzt Proteste kommen: nein, Echinacea hat keinen nachgewiesenen Effekt bei einer bereits bestehenden Infektion. Es regt zwar tatsächlich das Immunsystem an, aber dies tut es nur, weil es für den Körper ein Fremdstoff ist, der durch die Immunabwehr bekämpft wird. Aber bei einem bereits bestehenden Infekt ist die Immunabwehr ja sowieso schon in Alarmbereitschaft – ein zusätzlicher „Feind” wird daran nicht viel verbessern, sondern im schlimmsten Fall eher dafür sorgen, daß Ressourcen an Stellen abgezogen werden, wo sie eigentlich dringend gebraucht würden.
So daß dann eigentlich harmlose Infektionen in machen Fällen sogar heftiger oder mit mehr Komplikationen verlaufen, als wenn man das Sonnenhut-Präparat gar nicht erst genommen hätte. Und auch die vorbeugende Einnahme von Echinacea (z.B. während der Wintermonate), hat so ihre Tücken. Wird das Präparat nämlich über Wochen und Monate kontinuierlich eingenommen, so gewöhnt sich der Körper allmählich daran – und fährt das Immunsystem peu-à-peu wieder auf ein normales Maß herunter.
Das einzige, was vorbeugend wirklich dem Immunsystem hilft, ist eine regelmässige Vitamin-C-Zufuhr (wobei deren Wirkung dank Linus Pauling bis heute maßlos überschätzt wird), aber nicht aus Tabletten oder Kapseln, sondern durch Zufuhr über entsprechende Nahrungsmittel. Aus denen kann der Darm das Vitamin C nämlich bis zu 4x besser aufnehmen, als aus sog. „Nahrungsergänzungsmitteln” (weshalb diese heutzutage teilweise dermaßen überdosiert sind, daß der Urin der Einnehmenden, über den der Überschuß vom Körper wieder “rausgeworfen” wird, nicht selten eigentlich als „Sondermüll” deklariert werden müßte). Im akuten Infekt kann dann auch noch Zink recht wirksam sein, da es auch schon die bereits ablaufende Immunreaktion verstärkt. Aber Vorsicht: der Infekt wird zwar kürzer, dafür aber auch heftiger! Aber am besten wirkt bei leichten Atemwegsinfekten immer noch Hühnersuppe. Und die ist nicht nur rezeptfrei, sondern die Zutaten sind sogar in jedem Supermarkt problemlos erhältlich. Abgesehen davon handelt es sich hierbei um eine der schmackhaftesten medizinischen Therapien überhaupt.
Ende des Exkurses über die Behandlung des banalen Schnupfens.)

Letztlich steckt der (Haus-) Arzt also in vielen Fällen in einer Zwickmühle. Er muß einen Mittelweg finden zwischen den Erwartungen des Patienten und einer sinnvollen Behandlung. Und genau diese Erwartungen treten nicht immer so offen zutage, der Arzt ist also auch auf sein Gespür angewiesen. Dabei den richtigen Weg zu finden und auch immer wieder die Vertrauensbasis mit dem Patienten zu festigen ist ein sehr komplizierter Vorgang. Meiner Meinung nach würden zusätzliche Erwägungen, ob eine Placebo-Therapie im einzelnen Fall in Frage kommt, diesen Prozeß nur unnötig verkomplizieren und in einigen Fällen sogar gefährden.

Soweit erst einmal zu den grundlegenden Problemen einer Behandlung mit Placebo. Wie bereits ganz oben erwähnt, ist ein Ersatz der wirksamen Medikamente durch Placebo ja bisher auch gar nicht in Planung. Aber trotzdem sollten wir den Placebo-Effekt weiter erforschen. Und zwar nicht nur, um daraus Schlußfolgerungen für künftige Verum-Therapien zu ziehen, sondern auch, um endlich einmal einem in der letzten Zeit immer häufiger präsentierten „Argument” der Homöopathie zu entgegnen.

Da wird nämlich immer wieder gesagt (sinngemäß): „Selbst wenn die Homöopathie nur durch den Placebo-Effekt wirkt, kann die Anwendung durchaus sinnvoll sein. Weil es ja dem Patienten hilft.” Tja, wenn denn die Wirkung so zuverlässig wäre, wie die von medizinischen Arzneien, wäre dagegen ja auch gar nichts einzuwenden. Aber daß dem eben nicht so ist, sollte durch meine Ausführungen (hoffentlich) klar geworden sein.

In diesem Sinne: verlaßt Euch lieber auf das nicht nur „Bewährte”, sondern auch Bewiesene. Euer Körper wird es Euch danken.

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Kommentare (25)

  1. #1 rolak
    9. März 2011

    Erste Gehversuche 🙂 Der Kommentar war doch schon derart gut – da kann doch kaum etwas schiefgehen.
    Wurdest Du bei Deiner bisherigen gegen-echinacea-Rede eigentlich auch schon so oft als ~”unwissender Defätist” einsortiert? Wegen “Aber mir hat es doch geholfen”?
    ACC hat bei mir einmal funktioniert, danach (noch 2, 3 mal probiert) nicht mehr. Und das war weit vor dem Lesen von der Untersuchung um die Wirksamkeit. Der mehr-getrunken-Ansatz wäre bei mir allerdings keine Erklärung gewesen, da ich auch sonst locker 3l/d tanke.
    Oh etwas noch, da nicht eindeutig formuliert: Die Hühnersuppe sollte gemacht und nicht gerührt sein.

  2. #2 muddy&the Blowfish
    9. März 2011

    Genau, Instant Suppe ist nämlich nur ein Huhn Placebo…

  3. #3 Physiker
    9. März 2011

    Ist es denn wirklich gesichert, dass Placebos nicht (oder nicht mehr so gut) wirken, wenn der Patient darüber bescheid weiß, dass es sich um Placebos handelt?
    Die oben ausführlich diskutierte Variante, den Patienten zu Belügen, darf sich niemals durchsetzen.

  4. #4 noch'n Flo
    9. März 2011

    @ Physiker:

    Ist es denn wirklich gesichert, dass Placebos nicht (oder nicht mehr so gut) wirken, wenn der Patient darüber bescheid weiß, dass es sich um Placebos handelt?

    Yep, in diversen Studien. Und ich kann es auch aus eigener Beobachtung bestätigen.

    Ist doch wohl auch logisch: wenn ich einem Patienten erzähle, dass er eine wirkstofffreie Tablette erhalten hat, fällt ja schlagartig die gesamte neurobiochemische Komponente des Placebo-Effekts weg.

    Ein wenig geht auch die BÄK-Stellungnahme darauf ein, in Kapitel 3 und 4.

  5. #5 MartinS
    9. März 2011

    Sehr schöner Artikel, der mich aber wieder zu meiner alten Idee zurückbringt: Die Homöopathie ausschließlich in die Hände der Mediziner zu legen (in Deutschland). Der Mediziner hätte dann die ausschließliche Kontrolle über den Gesundheitszustand des Patienten und könnte entscheiden, ob Medizin oder Glaubuli eingesetzt werden könnte / müsste / sollte. Bei banalen Wehwehchen könnte er die beliebten Zuckerkügelchen als warmen Heilregen ausschütten, nach zwei, drei Tagen einen Kontrollbesuch anberaumen und ggf zu wirksamen Medikamenten übergehen. Einer “weit verbreiteten Meinung nach”, wird bei der Verabreichung der Zuckerlis weder der Arzt noch der Apotheker zu Lügen gezwungen (und nun bin ich mir unsicher, ob ich hier ein 🙂 oder 🙁 Smiley machen sollte).
    Placebos dürfen aber auf gar keinen Fall unter rein wirtschaftlichen Gesichtspunkten bewertet werden!
    Gaaanz ketzerisch: Dass ‘echte’ Placebos in der Schachtel der Firma Merck, Pfizer, Bayer o.ä. daherkommen, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Hersteller der ‘Kügelchen’ ebenfalls große Placeboerfolge vorweisen können, die vielleicht sogar noch erfolgreicher als die von ‘Big-Pharma’ sind!
    [Um ein Bild zu bemühen: Ich versuche auf einem Baumstamm in kabbeligem Wasser zu balancieren – und das war noch nicht mal auf einem Surfboard immer einfach!]

  6. #6 noch'n Flo
    9. März 2011

    @ MartinS:

    Kein schlechter Vorschlag, aber bedenke, dass dies “unechte” Homöopathie wäre. Kein 3stündiges Anamnesegespräch, kein wildes Sammeln irgendwelcher unbedeutender Symptome, die der HPler dann nach eigenem Gutdünken in eine Rangfolge bringt, so dass die ursprünglichen Beschwerden, deretwegen der Patient den Arzt eigentlich aufgesucht hat, völlig untergehen.

    Nein, für das, was Du Dir vorstellst, müsste ein kausales Denken vorhanden sein. Man müsste die Ursache der Beschwerden behandeln wollen, nicht die Beschwerden selber. Das hat dann aber nichts mehr mit Homöopathie zu tun.

    Und die Kügelchen wären insgesamt doch recht teure Placebos – es sei denn der Arzt gibt dem Patienten einfach Glaubuli ohne irgendeine aufgeträufelte “Information”. Wäre im Übrigen ganz praktisch: der Arzt könnte in seinem Sprechzimmer ein riesiges Regal mit hunderten vonm Gläschen aufbauen, jedes befüllt mit den gleichen “Blind-Globuli”. Sobald er sich die Probleme des Patienten angehört hat, kratzt er sich bedeutungsvoll am Kinn, wirft einen langen, prüfenden Blick auf die vielen Gläser, hat dann einen Geistesblitz, greift zielsicher ins Regal (Fehlgriffe kann es ja logischerweise nicht geben) und gibt dem Patienten sein individuelles “Medikament”.

    Der Patient ist glücklich und schon wieder halb gesundet.

    Hey, hat hier ausser mir noch jemand das Gefühl, dass der Hase bereits genau so läuft?

  7. #7 Wolfgang
    9. März 2011

    Martin S schreibt:

    Sehr schöner Artikel, der mich aber wieder zu meiner alten Idee zurückbringt: Die Homöopathie ausschließlich in die Hände der Mediziner zu legen (in Deutschland). Der Mediziner hätte dann die ausschließliche Kontrolle über den Gesundheitszustand des Patienten und könnte entscheiden, ob Medizin oder Glaubuli eingesetzt werden könnte / müsste / sollte. Bei banalen Wehwehchen könnte er die beliebten Zuckerkügelchen als warmen Heilregen ausschütten, nach zwei, drei Tagen einen Kontrollbesuch anberaumen und ggf zu wirksamen Medikamenten übergehen.

    Bitte nicht die HP in die Hände der Ärzte geben.
    Esoterik hat dort nichts zu suchen. Es ist ja auch ein Irrglaube es würde dann im Zweifelsfall nach state of art therapiert.
    In Österreich ist ja die Ausübung der Medizin dem Arzt vorbehalten. Und dann gibts halt Ärzte die behaupten, Homöopathie heilt jede Krankheit prompt und ohne Nebenwirkungen, gegen Globuli bei einem Kind mit massivem Diabetes Verdacht (Kind wurde dann am nächsten tag im diabetischen Koma stationär aufgenommen).
    Dann gibts so esoterische Ärzte die behaupten Viren, Bakterien und Pilze wurden sich bei Bedarf ineinander umwandeln.

    https://kritischgedacht.wordpress.com/2008/03/06/pisa-schock-in-der-arztpraxis/

    Es wird behauptet Infektionserreger wären die Freunde der Menschen und bei einer Verwundung kommen die Tetanus Keime aus dem Körperinneren zur schadhaften Stelle und beginnen dort ihre Reparaturarbeit.

    Daher strikte Trennung von Eso-Medizin und wissenschaftlicher Medizin- ganz im Sinne von Hahnemann- der wollte das auch nicht vermischen. Entweder Homöopathie oder Allopathie. Da hat er Recht. Ich bin halt nur der Meinung, welche Medizin auch immer- wirksam muss sie sein. Und daher gibt es nur eine Medizin.

  8. #8 MartinS
    9. März 2011

    @noch’n Flo
    Hurra! Du hast es begriffen!

    Sobald er sich die Probleme des Patienten angehört hat, kratzt er sich bedeutungsvoll am Kinn, wirft einen langen, prüfenden Blick auf die vielen Gläser, hat dann einen Geistesblitz, greift zielsicher ins Regal (Fehlgriffe kann es ja logischerweise nicht geben) und gibt dem Patienten sein individuelles “Medikament”.

    Statt EKG “Herr Doktor, dat EhKaJe hat mir letzesmal so jut jetan!” gibt es jetzt Kügelchen.
    Der Dreh- und Angelpunkt ist doch die medizinische Kontrolle, der der Patient unterworfen ist! Ernste Erkrankungen werden angemessen behandelt, während die ‘vegetative Montagsdystonie’ Kugellager gesteuert behandelt werden kann.
    Unter der Voraussetzung, dass sich die HP nicht ausrotten lässt, sollte man doch überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, sie zumindest ungefährlich zu machen. Medizinische Kompetenz und Integrität vorausgesetzt (was fragwürdig ist), sollte das Risiko der Heilpraktik etc doch minimiert werden können, wenn es in rein EBM-Händen liegt.

  9. #9 noch'n Flo
    9. März 2011

    @ MartinS:

    Medizinische Kompetenz und Integrität vorausgesetzt (was fragwürdig ist), sollte das Risiko der Heilpraktik etc doch minimiert werden können, wenn es in rein EBM-Händen liegt.

    Und genau da liegt doch wohl das Problem.

  10. #10 MartinS
    9. März 2011

    @Wolfgang
    Den Aufschrei kann ich durchaus verstehen, aber fehlgeleitete Idioten gibt es bedauerlicherweise überall – bis hin zu Professoren/innen. Meine Hoffnung ist ja nur, dass der eine oder andere Mediziner, der der HP nicht abgeneigt ist, vielleicht dann doch rechtzeitig die Notbremse ziehen kann, während der Heilpraktiker einfach weiter wurstelt. Ich habe keine Ahnung, wie es mit der Haftung in Österreich bei fehlerhaften Therapien (Deinem Beispiel entsprechend) aussieht, aber ich bin sicher, dass in Deutschland der Arzt bei einer derartigen Fehldiagnose, bzw falscher Therapie ziemlich übel dran wäre.
    Nur so ins Unreine gedacht: wenn Medikamente und Therapien afaik in Deutschland nur für bestimmte Diagnosen zugelassen sind, dann müsste man das eben auch für Heilpraktik so gestalten. Es darf absolut keine Gleichstellung geben!

  11. #11 Hel
    9. März 2011

    @Flo

    Freut mich, deinen großartigen Beitrag jetzt an noch exponierterer Stelle zu lesen 🙂

    Er rückt das zurecht bzw problematisiert, was im Medienecho auf die BÄK-Stellungnahme verzerrt oder gar nicht auftaucht. Allem voran die Frage: Für wen sind Placebos unter welchen Umständen in der Praxis-Behandlung überhaupt sinnvoll?

    In etlichen Medienberichten wird munter von der “Heilkraft der Placebos” drauflos fabuliert, es wird nicht zwischen Erkrankung und Symptomen differenziert. In Interviews äußert der federführende Historiker Robert Jütte, vgl https://www.n-tv.de/wissen/Placebogabe-muss-nicht-heimlich-sein-article2778481.html :

    Placebos wirken häufig bei Schmerzen, bei Depression und Schlafstörungen, aber auch bei Reizdarm und Magendarmbeschwerden.

    Warum das gerade bei Schmerzen und Depression nicht so einfach und schon gar nicht zuverlässig funktioniert, hast du sehr gut erklärt.

    Ich sehe inzwischen auch eine große Diskrepanz zwischen dem, was in der Stellungnahme steht und dem, was die Medien, angefacht durch simplifizierende Aussagen vom Komplementärmedizin-Lobbyisten Jütte, daraus machen.

    Die Verknüpfung der Empfehlung zu Placebo-Vergabe mit dem Kosten-Argument lässt bei mir auch großes Unbehagen aufkommen. Hinzu kommen praktische Probleme, wenn es gar um “Verordnung” geht, zumindest bei reinen Placebos. Wie verordnet man die denn, wie rechnet man sie ab? Wenn es um so etwas wie Vitamine oder rezeptfreie Mittel geht: Die müssen doch eigentlich eh selbst gezahlt werden, oder…?

    Bzgl ACC: Das half bei mir auch nie. Daraufhin empfahl mein Hausarzt mir Eukalyptus-Kapseln. Die müssen ebenfalls mit viel Flüssigkeit eingenommen und wirkten viel besser, gefühlt jedenfalls 😉 Wenn man aufstößt, entweicht eine ätherische Wolke aus einem, das hat doch was. Diese Kapseln muss ich aber sowieso selbst bezahlen. Bei richtig schwerem, schon schmerzhaften Husten jedoch tendiere ich zu Codein.

    Als “Pseudo-Placebo” wird in der Stellungnahme auch die Vergabe von Antibiotika bei Viruserkrankungen aufgeführt. Ist das nicht aber vielmehr ein nicht unriskanter Behandlungsfehler? So etwas würde mein Hausarzt nie machen, er ist sehr achtsam bei der Antibiotika-Verordnung, zumal mir deren Nebenwirkungen durchaus ziemlich zusetzen.

    Bzgl Homöopathie nur von Ärzten: Ganz schwierige Frage… Einerseits fände ich es auch gut, den Heilpraktikern damit eine wichtige Geschäftsgrundlage zu entziehen, andererseits würde das die Homöopathie wiederum “auf Augenhöhe” mit der wissenschaftlichen Medizin heben, was nicht wünschenswert ist, schon gar nicht allgemein im GKV-Leistungskatalog. Müsste sie grundsätzlich privat bezahlt werden, so würde ich diese Einnahmen Medizinern mehr gönnen, allerdings würde ich niemals einen Mediziner aufsuchen, der auch Homöopathie anbietet.

    Ich habe immer noch den Verdacht, dass Robert Jütte diese Stellungnahme dazu missbrauchen wird, die sogenannte Komplementärmedizin als nützlich, wirksam und wissenschaftlich darzustellen. Wenn in der Öffentlichkeit ankommt, Placebos hätten grundsätzlich “Heilkraft” und seien noch dazu günstig, so ist dies ein relativ starkes Argument dafür, allen möglichen pseudomedizinischen Humbug in den GKV-Leistungskatalog zu übernehmen.

    In dieser Rezension zu “Gesund ohne Pillen” von Simon Singh und Edzard Ernst entlarvt sich Robert Jüttes Haltung bzw sein Glauben hierzu ganz deutlich, siehe https://www.faz.net/s/RubC17179D529AB4E2BBEDB095D7C41F468/Doc~E5B1EA84E9695444F89A47A666C42AEF0~ATpl~Ecommon~Scontent.html?rss_googlefeed

  12. #12 Rincewind
    9. März 2011

    Hel:

    Ich habe immer noch den Verdacht, dass Robert Jütte diese Stellungnahme dazu missbrauchen wird, die sogenannte Komplementärmedizin als nützlich, wirksam und wissenschaftlich darzustellen. Wenn in der Öffentlichkeit ankommt, Placebos hätten grundsätzlich “Heilkraft” und seien noch dazu günstig, so ist dies ein relativ starkes Argument dafür, allen möglichen pseudomedizinischen Humbug in den GKV-Leistungskatalog zu übernehmen.

    Das war mein allererster Gedanke. Nachdem der intelligentere Teil der Homöopathen-Fraktion langsam gemerkt hat, dass es mit validen positiven Studien wohl nix wird, versucht man Placebo zu mystifizieren. Denn Placebo kommt ja in jeder Studie vor! Semantisch nicht blöd … Diesen Trend kann man seit ein paar Jahren beobachten.

    Die Strategie dazu kann man wohl heimtückisch nennen insofern, dass die spitzfindigen, in Einzelsätzen richtigen Formulierungen in der Medienlandschaft mit Sicherheit meist falsch interpretiert werden. Was am Schluss rüberkommt ist: Placebo kann eine Alternative für potente Medikamente sein. Und das ist grottenfalsch, so diese Medikamente nicht falsch indiziert wurden.

    Es wird auch gerne verschwiegen, dass es hier nicht um ein neues Phänomen geht. Forschung dazu immer gerne, aber wir befinden uns bereits in einem Bereich, wo das Prinzip ziemlich gut verstanden ist und die Diskussion letztlich um Feinheiten geht. Z.B. die Art und Weise der neurologischen Rückkopplung. Hier von großartigen Aussichten zu schwadronieren (Natürlich immer nur auf die subversive Methode) ist übel und manipulativ. Natürlich muss man sehen, dass Manipulieren und Zurechtbiegen die erste Kunst des Homöopathen ist. In dem Fall wird die halt nicht gegen einen Patienten, sondern gegen die Öffentlichkeit angewendet. Das ist durchaus konsistent.

    Eine Anmerkung noch zu Antibiotika und Anwendung bei Vireninfektion: Das ist besonders daneben und auch ein altes Märchen, hier Ärzten zu unterstellen (Ich red mal von normalen Ärzten, also ca. 99%) sie würden nicht wissen, dass Viren auf ABs nicht ansprechen. ABS werden hier im Bedarfsfall gegeben, um bei einem geschwächten Gesammtzustand einer ev. Superinfektion durch Bakterien vorzubeugen.

  13. #13 rolak
    9. März 2011

    hmmja, Jütte ist ja bisher nicht gerade als unvorbelastet oder besonders ausgewogen aufgefallen.

    Nein, noch’n Flo, ich sehe eher ein Faß mit Globulis, einen Karton mit Fläschchen und einen Ordner mit schicken Selbstklebeetiketten. Da muß der Schamane kreativ aktiv werden, es ist tatsächlich irgendwie individuell – und verstärkt vielleicht sogar die Placebowirkung, wenn der Guru höchstpersönlich ins Laaabor hinabsteigt wie weiland bei der Addams Family.

  14. #14 noch'n Flo
    10. März 2011

    @ Hel:

    Bei richtig schwerem, schon schmerzhaften Husten jedoch tendiere ich zu Codein.

    Aber hoffentlich nur, wenn es sich um einen trockenen Reizhusten handelt. Die Einnahme von Codein (oder anderen Hustenblockern) bei einem produktiven Husten wäre nämlich grundfalsch.

    Zu den Antibiotika:
    Es ist ja für den Arzt oftmals gar nicht so leicht zu erkennen, ob der Patient denn nun einen viralen oder einen bakteriellen Infekt hat. Zwar kann man sich ein wenig am Verlauf und den Symptomen orientieren, aber Sicherheit gibt nur eine Laboruntersuchung von Blutbild und CRP (C-reaktives Protein, ein Entzündungsmarker). Da aber in Deutschland solche Untersuchungen grunsätzlich im Fremdlabor gemacht werden, dauert es ein paar Tage, bis die Ergebnisse vorliegen.

    Hat er nun einen Risikopatienten vor sich, wird der Arzt auch bei nur schwachem Verdacht auf einen bakteriellen Infekt vorsorglich Antibiotika geben, einfach um nichts zu verpassen. Und dann nach 3-4 Tagen (sobal die Laborwerte vorliegen) das AB wieder absetzen – was uU dazu führen kann, dass Angehörige der physiologischen Bakterienflora des Menschen Resistenzen entwickeln. Im schlimmsten Fall geben sie dann bei einem späteren bakteriellen Infekt diese Informationen weiter.

    Allein dies wäre mE schon ein Grund, auch in Deutschland das Praxislabor wiedereinuführen. Ich schätze diese zusätzliche diagnostische Sicherheit in meiner Praxis sehr – und meine Patienten auch.

  15. #15 Hel
    11. März 2011

    @Flo

    Aber hoffentlich nur, wenn es sich um einen trockenen Reizhusten handelt.

    Aber natürlich, und es kommt auch nicht allzu oft vor 🙂

    @Rincewind

    Nachdem der intelligentere Teil der Homöopathen-Fraktion langsam gemerkt hat, dass es mit validen positiven Studien wohl nix wird, versucht man Placebo zu mystifizieren. Denn Placebo kommt ja in jeder Studie vor! Semantisch nicht blöd …

    Yep, ganz genau… Placebo in der “Schulmedizin”, Placebo in der EBM! Zudem war eigentlich niemand anders als Samuel Hahnemann himself DER Placebo- und Verblindungspionier, vgl S. 24 der BÄK-Stellungnahme:

    Um die Langzeitwirkung von homöopathischen Arzneien zu beobachten, setzte Hahnemann ebenfalls solche „unarzneilichen“ Gaben ein: „Keine, auch noch so schädliche alte Einführung im Volke läßt sich plötzlich abstellen. So kann auch der homöopathische Arzt nicht umhin, einen neuen chronischen Kranken täglich wenigstens ein Pülverchen einnehmen zu lassen – (der Abstand gegen das allöopathische viele Arznei-Geben bleibt doch noch immer sehr groß). Bei diesem täglichen Einnehmen eines Pülverchens nach der Nummer ist es eine große Wohlthat für den armen, oft von Verleumdern der bessern Heilkunst eingeschüchterten Kranken, daß er weder wisse, ob in jedem Pulver eine Arznei-Gabe sey, noch auch, in welcher? Wüßte er das letztere, und wüßte, daß die heutige Nummer die Arznei enthielte, von welcher er soviel erwartet, so würde ihm oft seine Phantasie einen
    übeln Streich spielen und er sich einbilden, Empfindungen und Veränderungen in seinem Körper zu fühlen, die nicht da sind, eingebildete Symptome aufzeichnen und in steter Gemüths-Unruhe schweben, statt daß, wenn er täglich einnimmt und täglich keine bösen Angriffe auf sein Befinden bemerkt, er gleichmüthiger wird (durch die Erfahrung belehrt), nichts Arges mehr erwartet und gelassener die wirklich empfundenen Veränderungen in seinem Befinden ruhig bemerkt und so seinem Arzte nur Wahrheit berichten kann. Deßhalb ist es sehr gut, daß er täglich einnehme, ohne zu erfahren, ob in allen oder in einem gewissen Pulver Arznei für ihn vorhanden sey, und so beim Einnehmen des heutigen Pulvers nicht mehr erwarte, als vom gestrigen, oder vorgestrigen“ [Hahnemann, 1835, I, 161]. Hahnemann war damit seiner Zeit voraus und vermutlich der erste Arzt zu Beginn des 19. Jahrhunderts, der systematisch den Placeboeffekt in seine Therapie einbaute und mit der Methode der
    einfachen Verblindung arbeitete.

    Die Medien haben ja auch begierig aufgegriffen, wie viele Schweizer oder bayerische Hausärzte angeblich Placebos verwenden, und hauen erstmal munter die hohen Prozentsätze aus ein paar Studien mit uneinheitlichen Definitionen von Placebos raus. Das generiert noch mehr Credibility-Plus. PLACEBO: ALLE TUN ES! Kliniken, Pharma-Industrie, Forscher, Hausärzte – und der Hahnemann und seine Homöopathen wussten sogar schon viel früher damit zu umzugehen *ggg*

  16. #16 werner
    22. März 2011

    Ich sehe inzwischen auch eine große Diskrepanz davon

  17. #17 Claus Fritzsche
    11. September 2011

    Florian Albrecht schreibt:
    ——————————
    “Außerdem würde man auch sehr viel über die Wirkungsweise der bereits im Gebrauch befindlichen medizinischen Wirkstoffe (Verum) erfahren, da auch bei deren Anwendung mutmaßlich ein gewisser Placebo-Effekt mit im Spiel sein dürfte.”

    Kommentar dazu:
    ———————–
    Auch wenn die Diskussion schon etwas älter ist, erlaube ich mir noch eine Anmerkung. Der Beitrag von Florian Albrecht deutet auf eine Vorstellung von “Placeboeffekten” hin, die weit verbreitet ist … die jedoch zu großen Teilen FALSCH ist.

    Der spezifische (über Placebo hinausgehende) Effekt eines Verums ist – das hat die Placeboforschung der letzten Jahre gezeigt – oftmals viel kleiner als der unspezifische Effekt (umgangsprachlich Placeboeffekt genannt).

    Unspezifische Effekte sind sehr wahrscheinlich in vielen (!) Fällen die eigentlichen Träger bzw. das Fundament der Heilung. Dies gilt insbesondere für chronische Erkrankungen, bei denen die heutige Medizin kaum kurative (heilende) Interventionen anbietet.

    Siehe hierzu auch:
    ———————–

    Alles Placebo in der Schulmedizink?
    https://dzvhae-homoeopathie-blog.de/?p=2557

    Placeboeffekte in der Medizin: evidente hirnphysiologisch und hirnanatomisch lokalisierbare Prozesse. Interview mit Prof. Dr. Stefan Schmidt.
    https://www.neuraltherapie-blog.de/?p=3683

    Dass unspezifische Faktoren so extrem stark sind und spezifische Faktoren teils relativ schwach, haben u.a. auch die gerac-Akupunkturstudien gezeigt. Hier war der Unterschied zwischen echter Akupunktur und Scheinakupunktur nur minimal, was auf einen geringen spezifischen Effekt hindeutet. Gleichzeitig war jedoch selbst Scheinakupunktur (bei den erforschten Indikationen) teils fast doppelt so effektiv wie eine konventionelle (Luxus-) Behandlung.

    Prof. Harald Walach hat dieses Phänomen in seinem Artikel “Das Wirksamkeitsparadox in der Komplementärmedizin” ausführlich beschrieben:

    https://bit.ly/nifr6z

  18. #18 Bullet
    12. September 2011

    Lol? Placebo”forschung” auf einem Homöotenblog?
    Ich werf mich weg.

  19. #19 rolak
    12. September 2011

    Du weißt doch: Fischers Fritzsche fischt frisch im Trüben…

  20. #20 noch'n Flo
    7. Oktober 2011

    Hmmm, war schon lange nicht mehr hier… welche Ehre, dass mir sogar schon ein professioneller Pseudomedizin-Spindoctor antwortet. Dass dabei allerdings nur Schwurbelei und Dummfug herauskommt, war aber wohl zu erwarten.

  21. #21 Eisentor
    7. Oktober 2011

    Der spezifische (über Placebo hinausgehende) Effekt eines Verums ist – das hat die Placeboforschung der letzten Jahre gezeigt – oftmals viel kleiner als der unspezifische Effekt (umgangsprachlich Placeboeffekt genannt).

    Herr Fritzsche bezieht sich hier vermutlich auf die Homöopathie. Hier ist der spezifische Effekt wirklich sehr sehr klein, also gegen wenn nicht sogar gleich Null.

    Ich finde für diese Erkenntnis sollten wir den Homöopathen gratulieren.

  22. #22 Jürgen Schönstein
    9. Oktober 2011

    Ja, Herr Fritzsche, das wüsste ich jetzt auch sehr gerne: Wie hoch schätzen Sie dann den Placeboeffekt homöopathischer Präparate ein? Bitte konkret begründen, vor allem vielleicht mit eine hübschen kleinen Pyramidenzeichnung, wie in der Abbildung in dem von Ihnen verlinkten Artikel? Und was sagt das dann über die “Wirksamkeit” und vor allem den “Wirkmechanismus” der Homöopathie aus?

  23. #23 rolak
    9. Oktober 2011

    Ach ‘oftmals viel kleiner’ ist doch nur eine Gebrauchtwagenverkäufer-Formulierung, kombiniert mit ‘wahrscheinlich’ und dem gebetsmühlenartigen Wiederholen der falschen Gerac-Interpretation wird so ein Text zum wirkungsoptimierten Geschwurbel. Dummerweise halt auch zum schnell Erkennbaren.
    ‘Oftmals viel’ entspricht dem ‘bis zu 5000€ für ihren alten’ – letzteres schließt insbesondere auch €cent-Beträge ein, bei ersterem weiß niemand, ob ein ε mit 0≠ε«1 nicht schon wegen des ‘≠0’ des Redners Formulierung bzgl des relativen Unterschiedes erfüllt. Wohlklingende Worthülsen: Bedeutungsschwanger und inhaltsleer.

  24. #24 roel
    *****
    27. August 2013

    @noch’n Flo
    Was spricht dagegen den Placebo-Effekt in der Medizin mehr einzubinden? Irgendwie lese ich aus deinem Beitrag und Kommentaren immer nur ein Entweder/Oder heraus. Warum kombiniert man nicht vermehrt und gezielt die Wirkung von Medizin mit dem Placebo-Effekt?

    Ich halte nichts von einer reinen Placebotheraphie, oder von Mitteln, die nur aufgrund des Placebo-Effektes wirken. Aber ich denke, dass der Placebo-Effekt viel bewusster genutzt werden kann. Man weiß, dass die Größe, Farbe und der Geschmack der Pillen Einfluß auf den Placebo-Effekt haben. Und doch wird dieser Einfluß kaum genutzt. Man weiß, dass Vertrauen zum Arzt einen Einfluß hat und doch wird dem Arzt die Zeit genommen, um mehr Vertrauen aufbauen zu können.

  25. #25 noch'n Flo
    Schoggiland
    4. November 2013

    @ roel:

    Sorry, habe Deinen Kommentar erst heute durch Zufall gesehen.

    Der Plazebo-Effekt ist ja bereits bei jeder Verum-Therapie bereits vorhanden – mehr oder weniger. Aber auch hier ist sein Auftreten und Umfang nicht kalkulierbar (das Kardinalproblem). Und natürlich kannst Du mit Farbe und Grösse der Pillen etwas bewirken – aber bei welchen Pillen sollst Du das machen? Bei den Blutdruckmedikamenten? Bei den Schmerzmitteln?

    Wenn nämlich plötzlich alle Pillen gross und rot sind, verschwindet der Effekt ganz schnell wieder.

    Nebenbei: in gewisser Hinsicht nutze ich den Placeboeffekt durchaus in meiner Praxis mit: bei Patienten, die ungern überhaupt Tabletten nehmen, gibt es eine halbe Tablette in stärkerer Dosierung. Das stärkt die Compliance. Patienten, die immer viele Tabletten “brauchen”, kriegen 2 Tabletten mit niedriger Dosisstärke. Et voilà: es geht ihnen besser. Dabei haben beide Patienten im Endeffekt dieselbe Menge Wirkstoff bekommen…