Sorry, Freiherr von Knigge, dass ich mir Ihren Buchtitel hier mal “geborgt” habe. Es geht hier nämlich ganz speziell um den Umgang von Ärzten mit jenen Menschen, die sie als “Patienten” bezeichnen. Das Englische kennt dafür sogar einen eigenen Begriff, die “bedside manners” (wörtlich: das Benehmen am Bett) – aber das heißt nicht, dass Ärzte in den USA oder England ihren Kolleginnen und Kollegen in anderen Sprachräumen darin zwangsläufig überlegen sein müssen. Doch das soll sich ändern: Dank einer Spende von 42 Millionen Dollar wird nun an der University of Chicago ein eigenes Ausbildungszentrum für den Umgang mit Patienten eingerichtet – das Buckbaum Institute for Clinical Excellence.

Darüber, dass es immer Raum für Verbesserungen in den Beziehungen zwischen Arzt und Patienten gibt, müssen wir hier, so denke ich, nicht mehr streiten. Ob die von der Uniz zitierten Zahlen, dass sich jeder fünfte Patient in den USA Probleme hat, mit seinem Arzt zu kommunizieren und immerhin jeder zehnte Patient sich nicht respektiert fühlt, nun stimmen oder nicht, kann ich nicht überprüfen (ich habe mir zwar den als Beleg dafür genannten

Bericht

des Commonwealth Fund durchgesehen, kann die Zahlen aber in dieser Form dort nicht finden). Aber auch ohne einen Stapel an Umfragedaten ist es plausibel, dass ein verbesserter Umgang von Ärzten mit Patienten der Gesundheit letzterer und der Effektivität ersterer nur zuträglich sein kann. So gesehen sind die 42 Millionen Dollar vielleicht gar nicht so schlecht angelegt …

Und um mich mit meiner einleitenden Knigge-Referenz ein wenig sattelfester zu fühlen, habe ich übrigens mal bei dem alten Freiherrn (der 1769 starb) reingeschaut. Interessant, wie viele seiner damaligen Beobachtungen auch heute noch – selbst im Web 2.0 – zutreffen:

Wir sehen die erfahrensten, geschicktesten Männer bei alltäglichen Vorfällen unzweckmäßige Mittel wählen, sehen, daß es ihnen mißlingt, auf andre zu wirken, daß sie, mit allem Übergewichte der Vernunft, dennoch oft von fremden Torheiten, Grillen und von dem Eigensinne der Schwächeren abhängen, daß sie von schiefen Köpfen, die nicht wert sind, ihre Schuhriemen aufzulösen, sich müssen regieren und mißhandeln lassen, daß hingegen Schwächlinge und Unmündige an Geist Dinge durchsetzen, die der Weise kaum zu wünschen wagen darf.

Wir sehen manchen Redlichen fast allgemein verkannt.

Wir sehen die witzigsten, hellsten Köpfe in Gesellschaften, wo aller Augen auf sie gerichtet waren und jedermann begierig auf jedes Wort lauerte, das aus ihrem Munde kommen würde, eine nicht vorteilhafte Rolle spielen, sehen, wie sie verstummen oder lauter gemeine Dinge sagen, indes ein andrer äußerst leerer Mensch seine dreiundzwanzig Begriffe, die er hie und da aufgeschnappt hat, so durcheinander zu werfen und aufzustutzen versteht, daß er Aufmerksamkeit erregt und selbst bei Männern von Kenntnissen für etwas gilt.

Aus der Einleitung von Über den Umgang mit Menschen

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Kommentare (17)

  1. #1 rolak
    23. September 2011

    Ha! 23! Alter Illuminat, der Knigge 😉

    btt: /Selbst im Web2.0/ Was soll sich auch in den letzten 250 Jahren am über Jahrzehntausende evolvierten Sozialverhalten des Menschen, seinen Ausprägungen und seiner Ausnutzbarkeit geändert haben? Werdende Rosstäuscher, Quacksalber, Hochstapler – die könnten problemlos und fast verlustlos bei ihren Ur³ahnen in die Schule gehen.

  2. #2 Dagmar Landsberger
    23. September 2011

    Ganz sicher sind diese Millionen dann gut angebracht, wenn es den angehenden Medizinern hilft die Kommunikations und Motivationsprobleme im Umgang mit ihren Patienten besser zu verstehen und ihre persönlichen Begabungen diesbezüglich zu finden und zu fördern. Das ist ein Prozeß, der wahrscheinlich das ganze Arbeitsleben begleiten wird.

    Wie gut Arzt und Patient miteinander arbeiten bestimmt, in weit stärkerem Maße als wir wahr haben wollen, die Gesundheit des Patienten.

    Übrigens auch die Arbeitszufriedenheit und damit auf die Dauer die Lebensqualität und Gesundheit des Arztes.

    Aber: nur “kommunikativ Hochbegabte” können das in “drei-Minuten-Medizin” leisten.

    So schwierig der Arzt Beruf wohl geworden ist, ich bin immer wieder froh zu sehen wieviele Menschen bereit sind in diesem Beruf mehr zu leisten als ihnen vergütet wird. Und traurig, daß man diese Bereitschaft zu Engagement so oft übersieht oder marginalisiert.

    Auch der mündigste und kritischste Bürger braucht im medizinischen Ernstfall einen Mediziner, der ihm das Gefühl geben kann in seiner Not verstanden zu werden, als Mensch und Leidender ernst genommen zu werden, und nach bestem Wissen und nach den neuesten gesicherten Erkenntnissen behandelt zu werden.

    Und wir sollten aufpassen, daß den angehenden und bereits berufstätigen Medizinern ihre Arbeit nicht zu schwer gemacht wird.

    Der Einfluß von “Drittmittel-Medizin” in Forschung und Lehre, sollte z.B. immer mit sehr aufmerksamen Augen betrachtet werden.

  3. #3 Muddi & theBlowfish
    23. September 2011

    Jeder 5. versteht seinen Arzt nicht-jeder 10. fühlt sich nicht respektiert (schliesst ja die Krankenhausärzte mit “Laufkundschaft” mit ein)-ja, kommt bestimmt hin.

    In den Lehrplänen meiner Uni wurde das Thema Umgang mit Patienten immerhin als Wahlpflichtfach angeboten- das war damals schon SUUUPER fortschrittlich.
    (1 Kurs, 25 Plätze, Aushängung der Interessenteliste um 9:00Uhr, Anstellen in der Schlange 7:20, gerade noch den letzten Platz ergattert-jippieeeh)
    Alternative (ahahaha) Wahlfächer:
    Homöopathie (toll was),
    Sportmedizin,
    Anatomie am Lebenden Teil II (bei den Studenten a.k.a. “Bikinigrabbelkurs” oder “Bodypaintingkurs”)
    und “Hausarztmedizin”.
    Sonst läuft das normalerweise so:
    “AAAAH, DU bist der PJler/Famulant/neue Assistenzarzt, da ist die Familie von xyz, erklär denen doch mal, dass Ihr Vater (das war die Leber aus Zi 15)gerade verstorben ist-tschüss, ich muss dann mal weg.”
    Jou, so lernt man Einfühlsamkeit…

    Also, das Fach Umgang mit Patienten fest in den Lehrplan zu integrieren -statt “Voodootanz für Anfänger” Schamenenrasselkurs” oder HP- wäre schon schön…

    Für Mediziner wäre auch die Lektüre von Büchern wie von Werner Bartens (“Das Ärztehasserbuch”) oder auch ganz einfach etwas weniger “direkt” v. Eckhardt v. Hirschhausen (“Arzt-Deutsch/Deutsch-Arzt”) manchmal seeeehr erhellend und vom Vorteil.

  4. #4 Dagmar Landsberger
    23. September 2011

    Es ist sehr viel anstrengender den Patienten ernst zu nehmen, als ihm tröstliche Kinkerlitzchen zu vermitteln.
    Hömoöpathie oder “Notfalltropfen” oder auch Psychopharmaka als scheinbar schnelle Lösungen für Ängste, Wunderkuren statt Auseinandersetzungen mit der Abwägung von Wirkungen und Nebenwirkungen und der Endlichkeit von Leben.

    Auszuhalten daß der Patient sich versucht in seiner Angst anzuklammern, und ihm dennoch offen und ehrlich die Möglichkeiten und Grenzen des medizinisch Möglichen aufzuzeigen, das ist verdammt harte Arbeit, die wenn sie geleistet wird, kaum anerkannt wird.

    Körperliche Erkrankungen die seelische Hintergründe haben, psychiche Symptome die körperliche Ursachen haben, erfordern Zeit in der Interaktion zwischen Arzt und Patient.

    Leider habe ich in den Jahrzehnten in denen ich mit Ärzten am Patienten zusammenarbeiten durfte, erlebt, daß die Rahmenbedingungen für eine gelungene Arzt-Patienten Interaktion immer schlechter werden.

    Immer mehr Aufgaben an immer mehr Patienten und eine Flut von Verwaltungs- und Dokumentationsaufgaben haben den Zeitrahmen für den einzelnen Patienten BRUTAL verkürzt.

    Dabei sind mehr Patienten offensichtlich seelisch belasteter als ich es vor einigen Jahrzehnten erinnere.

    Daß sich Ärzte der Probleme bewußter werden, ist sicher wichtig, kann aber nur dann zur Abhilfe führen, wenn sich die Rahmenbedingungen wieder verbessern.

    Ich bezweifle sehr, daß der momentane Trend zur Privatisierung von Kliniken zu einer solchen Verbesserung führt.

    Auch sehe ich bisher nichts was die Hausärzte entlasten würde, im Gegenteil.

    Da sehe ich die Möglichkeit nur in politischer Arbeit.

    Und da sind die Interessen im Gesundheitssystem Geld einzusparen lebhafter zu spüren als das InteressenÄrzten und Patienten mehr gemeinsame Zeit zu gestatten.

  5. #5 Muddi & theBlowfish
    23. September 2011

    @ Dagmar Landsberger: Wahre Worte…
    dabei ist es SO kurzsichtig, die Zeit für Anamnese und Patientengespräch zu beschneiden, da es hierdurch eher zu Doktor Hopping und Anwendung teurer Diagnoseverfahren kommt.

  6. #6 Dagmar Landsberger
    23. September 2011

    @Muddi&the blowfish

    Natürlich, es würde unglaublich viel Geld, und auf die Dauer auch Arztkontakte sparen, wenn frühzeitig der Patient
    a) verstanden wird, weil alle notwendigen Informationen erfragt wurden,
    b) sich auch verstanden fühlt ( was manchmal mit dem vorherigen Punkt leider wenig zu tun hat)
    c) die richtigen Untersuchungen einmal koordiniert von EINEM zuständigen Arzt verwaltet würden,

    und dann bei einer Medikation die Interaktion so verliefe, daß der Patient sich informiert und rundum einverstanden fühlt, UND bei einer eventuellenm Nebenwirkung mit dem Arzt seines Vertrauens ausarbeitet was man nun tut, statt auf eigenen Faust die Medikation in die Tonne zu treten, oder zu “vergessen”.

    Wie läuft es Heute nur allzuoft?

    Der Patient fühlt sich nicht verstanden (egal ob der Arzt jetzt recht hat oder nicht!)

    hat Angst vor eventuellen Nebenwirkungen,
    nimmt das Medikament entweder gar nicht oder widerwillig ein,
    und weicht beim geringsten Unwohlsein auf “etwas rein pflanzliches” aus.

    Das kann sehr große Kosten verursachen, und dem Patienten viel unnötiges Leid bescheren.

  7. #7 Muddi & theBlowfish
    25. September 2011

    @Dagmar Landsberger:
    Tja und wieviel Zeit braucht ein Hausarzt für eine vernünftige Anamneseerhebung?
    Beim neuen Patienten max. 30, meistens so um 15bis 20 Minuten (dann ist das schon recht ausführlich, bei dann doch seelischen und psychischen Problemen auch mal 30-45Minuten), jeweils inclusive Aufzeigen v. Behandlungsmöglichkeiten und Aufklärung, was da im Körper passiert.
    Ist das echt zuviel verlangt, dass das von den Kassen vernünftig bezahlt wird?

    Was wäre denn das Ergebnis:
    Patient zufrieden, weil er sich ernst genommen fühlt,
    Medikament wirkt, weil es auch tatsächlich eingenommen wird, und der Pat. sich im Umgang mit diesem sicher fühlt,
    der Pat. kennt den Krankheitsverlauf, kommt weder beunruhigt zu früh oder im Notfall viel zu spät wieder zum Arzt
    Der Arzt ist zufrieden im Beruf
    ist glücklicher und ausgeglichener
    dadurch auch wieder netter zu den Patienten
    kriegt keinen Burn-Out
    ist aufmerksamer und kann auch
    “schwierige” Pat. ernst nehmen, weil sie nicht mehr als “Zeitfresser” und “Last” in der Zeitnot und dem Druck, sondern wieder als Menschen wahrgenommen werden.

    Die Fachsprache wurde ja entwickelt, damit sich Fachleute schnell und effizient verständigen können- einem Laien den gleichen Sachverhalt verständlich zu erklären, dauert eben länger-aber auch nicht ewig- im Zeitdruck kriegen viele gar nicht mit, dass sie ihren Patienten (Kunden) Kauderwelsch um die Ohren hauen. Und wenn dem dann noch wieder einfällt, was er eigentlich noch erzählen wollte, steht er schon wieder draussen VOR der Praxis.

    Muss ich, um mir Zeit nehmen und trotzdem meinen Lebensunterhalt verdienen zu können echt meinen Mitmenschen, die hilfesuchend zu mir kommen, anlügen, ihnen unnötige und nicht wirksame Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten (z.B. HP und IGeL) aufschwatzen, kann ich dann überhaupt noch “authentisch” sein?

    Umgang mit Patienten inder Arztausbildung zu lernen ist richtig-aber was nutzt das, wenn ich gar keine Zeit bekomme, überhaupt “Umgang zu pflegen?”

  8. #8 Dagmar Landsberger
    26. September 2011

    @Muddi &the Blowfish

    Ich habe leider wenig Hoffnung, daß sich die Dinge bessern.

    Gerade die Zeit die Mediziner mit ihren Patienten im Gespräch verbringen können und müssen, wie Du ja richtig dargelegt hast, ist in den letzten Jahren/Jahrzehnten ja immer mehr verkürzt worden, und wurde immer schlechter honoriert.

    Einzige Ausnahme: echt Zeit lassen und Geld kriegen ist möglich für eine Homöopathische Erstanamnese…..

    Es läuft wirklich schief woran liegt das?

  9. #9 noch'n Flo
    27. September 2011

    @ Dagmar L.:

    Es läuft wirklich schief woran liegt das?

    An der Lobbyarbeit der Homöopathen.

  10. #10 miesepeter3
    28. September 2011

    @noch’n Flo

    “An der Lobbyarbeit der Homöopathen.”

    Mir kommen die Tränen, die armen, armen Ärzte.
    Wenn ich mit meinem Auto in die Werkstatt fahre, fragt mich der Meister/Monteur oder wer auch immer ziemlich genau und ausführlich nach den Symptomen des Kfz.
    Kommt keiner auf die Idee zu sagen, wenn Du dieses Gespräch nicht bezahlen willst, dann findet es auch nicht statt.
    Wenn ich zufriedene Kunden/Patienten haben will muß ich über die eigentliche Behandlung hinaus (unbezahlte) Zeit aufwenden, sozusagen als Investition in die Zukunft, damit der Kunde/Patient auch wieder zu mir kommt und nicht zur Konkurrenz geht. Aber dieser Servicegedanke hat wohl noch nicht bei allen Arztpraxen Eingang gefunden bzw. ist diesem Berufszweig offensichtlich völlig fremd.
    Ändert nichts aber stöhnt mal ordentlich weiter und die Leute gehen eben wo anders hin.
    Und dann kann man denen ja schön die Schuld in die Schuhe schieben von wegen Esogläubigkeit und ähnliche Diffamierungen. So viel Elfenbein gibt es ja gar nicht, wie man für Eure Türme bräuchte.

  11. #11 Dagmar Landsberger
    28. September 2011

    @ miesepeter3

    Schon mal davon gehört, daß jetzt Arztpraxen so gut wie unverkäuflich sind? Wird eine geschlossen, und ich rede jetzt keineswegs von Praxen auf dem flachen Land, dann bleibt sie oft genug zu.

    Wußten Sie, daß engagierte Ärzte damit rechnen können, wenn sie sich besonders auf schwere Patienten einlassen, mit Regressforderungen konfrontiert werden?

    Ich durte miterleben, wie mehrere Ärzte, weit über ein Jahr, damit rechnen mußten wenn der Regress durchgeht ihr Haus verkaufen zu müssen.
    Und damit das nicht geschah, mußten sie in vielen, vielen Tagen Arbeit schriftlich belegen warum jder einzelne der Patienten dieses oder jenes Medikament brauchte.

    Ein Arzt hatte eine Regressforderung von Zehnatausenden weil er einen Patienten betreute der ein offenens Bein hatte.
    Ein Sesselpfurzer der Kasen hatt4e ausgerechnet, daß eine Amputation wesentlich billiger gekommen wäre.
    Der Arzt hätte beim Patienten die aMPUTATION ALS ERFORDERLICH ANMAHMEN MÜSSEN!

    Manchmal war es einfach daß ein Arzt unter z.B. alten Patienten besonders viele Anhänger hatte, manchmal hatte er einen besonderen Ruf für Diabetiker usw.

    Ärzte haben von jeher mehr getan als ihnen honoriert wurde, nicht alle, aber die überwiegende Mehrheit.

    Als die Krankenkasse die ambulante Arbeit mit krebskranken Kindern nicht finanziert hat, haben die Ärzte unserer Universitätskinderklinik diese Arbeit neben ihrem Klinikalltag geleistet, unbezahlt. und das nach der alltäglichen Arbeit!

    Vielleicht gehen Sie mal eine Tag und gucken sich die Arbeit eines Arztes in einer Klinik oder in einer Praxis an. Wundern Sie sich aber bitte nicht, daß, egal wie groß ihre Geduld ist, der Arzt länger da ist.

    Gerade da ich nicht Arzt bin, kann ich das wirklich sagen, ich wundere mich seit Jahrzehnten darüber wie leicht man den Ärzten die Butter von Brot nehmen konnte und kann.

    Eine Bekannte wollte Frauenärztin werden, hat aber ein Kind. Sie wird ihre Facharzt- Ausbildung erst abschließen können, wenn das Kind alt genug ist den ganzen Tag alleine zu sein.
    Denn genug Geld für eine Kinderbetreuung verdient sie auf keinen Fall.

    Frau von der Leyen gab vor die Facharztausbildung abgeschlossen zu haben, hatte sie aber nicht.

    Diese (setzen sie bitte an diese Stelle das gemeinste Schimpfwort) hätte die Gelegenheit gehabt ehrlich aufzuzeigen warum so viele Frauen riesige Schwierigkeiten haben den Arzt Beruf und Familie zu verbinden, aber sie hat lieber gelogen.

    Solche Politiker brauchen wir!

    Ich habe vor Wut geschäumt als ich das erste Mal gelesen habe, Ärzte sollen wirtschaftlich denken, sie müßten halt auch Igel-Leistungen anbieten.

    Wir sind selbst schuld wenn wir demnächst regelhaft wie in England auf medizinische Leistungen WARTEN dürfen. Und manche Ärzte Dinge anbieten die wissenschaftlich nicht belegt sind, wenn sie nur so überleben können.

    Und um diese Tatsach n zu verschleiern wird das Arzteinkommen als das Einkommen einer Praxis angegeben, Brutto. Als ob der Arzt keine Miete, keine Hilfskräfte und keine Sozialausgaben zu zahlen hätte.

    So wird verschleiert, daß Mediziner sich heute oft selbst ausbeuten wenn sie eine Praxis führen.

    Und sich hoch verschulden, wenn sie Apparate anschaffen, die sie nachher bei Anwendung kaum oder gar nicht honoriert bekommen.

    Warum gehen Ärzte so gerne nach dem Studium in Stellen an denen sie nicht am Patienten arbeiten?

    Doppeltes Geld für halbe Arbeitszeit.

    Daß die Studienzeit jetzt nicht mehr auf die Rente angerechnet wird, nur nebenbei.

    Daß die Arbeit immer härter wird, weil immer mehr Patienten in immer kürzerer Zeit versorgt werden müssen, aber die Haftungsansprüche gestiegen sind, und die Verantwortung die Gleiche bleibt, nur jetzt halt unter noch härteren Bedingungen.

    Vor Jahrzehnten verließen viele Zahnärzte Schweden.

    Wir hatten einen wunderbaren schwedischen Zahnarzt dem verdanke ich folgenden Witz verdanke, mit bitterem Hintergrund.

    “In einer Zahnarzpraxis arbeitet ein Klempner eine Stunde, übergibt dem Arzt die Rechnung.
    Der stutzt und sagt: dafür muß ich ja 3 Stunden arbeiten.
    Der Klempner grinst und sagt: das habe ich mir damals in meiner Praxis auch gesagt.”

    Das ist jetzt gute 30 Jahre her, ich habe damals nur gelacht.

    Was war ich naiv.
    Ungefähr so wie Sie jetzt Miesepeter3

  12. #12 Jürgen Schönstein
    28. September 2011

    @miesepeter3
    Dein Beispiel in allen Ehren, aber es hinkt wie der dreibeinige Hund, den ich heute Morgen vor der Schule meines Sohnes gesehen habe. Denn erstens wird die “Anamnese” von Deiner Werkstatt selbstverständlich in Rechnung gestellt – die Kosten sind, wie auch die Hypothek für die Werkstatt, die Anschaffungskosten für Werkzeuge oder die Gehälter der Belegschaft, in die Betriebskosten eingeflossen, die sich dann wiederum im Stundenpreis niederschlagen. Der Hinker-Gedanke dabei ist aber, dass die Werkstatt eben diese Kosten dann nach Belieben festlegen kann. Das kann der Kassenarzt, so weit ich das weiß, eben nicht – die Krankenkassen entscheiden, welche Leistungen typischer Weise notwendig sind und legt dann auch den Preis dafür fest. Wenn Du mit Deiner Blechkiste in die Werkstatt kämest, weil im Motorraum was klappert, aber der Mechaniker dafür nur einen Ölwechsel und einen Keilriemencheck zu einem vorgegebenen Pauschalpreis in Rechnung stellen darf, dann würdest Du auch sehr schnell merken, dass die “Aufnahmegespräche” sehr einsilbig werden …

  13. #13 miesepeter3
    29. September 2011

    @ Dagmar Landsberger

    Mir ist,als ich Ihren Kommentar las, vom vielen Nicken beinahe der Kopf abgefallen. Ja, stimmt alles und doch haben die Ärzte (ich kenne ein paar davon recht gut) auch eine Mitschuld an diesen Zuständen – sie lassen sich das gefallen!
    Nicht nur im Gesundheitswesen, sondern im ganzen Wirtschaftsbereich werden Lieferanten und Dienstleister von den Auftraggebern so drangsaliert und geknebelt, als ob man diese nie wieder brauchen würde. Die Probleme fast aller Unternehmen sind denen der Ärzte in etwa ähnlich. Selbst die öffentliche Hand beschäftigt (europaweit ausgeschriebene Aufträge) lieber Portugiesen oder Tschechen als deutsche Unternehmen, weil man da noch ein paar Euro mehr rauspressen kann.
    Der Arzt will natürlich auch gerne ein wenig Sicherheit und so begibt er sich schon mehr oder weniger freiwillig unter den Schirm der Kassenzulassung. Er könnte ja auch nur private Patienten behandeln, wie die so angeprangerten Homöopaten. Aber da besteht natürlich die große Gefahr, dass nicht genug Patienten kommen. Alle Ärzte zusammen haben aber ein schönes Druckmittel, sie arbeiten nicht mehr zu diesen zur Zeit gültigen Bedingungen. Aber das erfordert neben Solidarität untereinander auch einen langen Atem, schließlich laufen die Kosten weiter. Das Problem der dann nicht behandelten Patienten käme auch noch dazu. Aber Streiks hat ja schon mal gegeben. In der Wirtschaft gibt es auch immer mehr Unternehmen, die diesen ruinösen Wettbewerb nicht mehr mitmachen und unterhalb bestimmter Grenzen Aufträge nicht mehr annehmen. Das hat in einigen Bereichen schon zu Engpässen und damit zum Umdenken bei den Auftraggebern geführt. Die Krankenkasse, deren Angestellter den Preisunterschied zwischen Behandlung und Amputation zugunsten der Amputation angemahnt hat, hätte ich als Arzt öffentlich bekanntgemacht und blamiert. Und nach wie vor kann man sich auch gegen solche “Behandlungsvorschäge” wehren. Bedauerlicherweise nehmen solche Fälle immer mehr zu und man steht schnell im Rufe eines Querulanten bei den Kassen. Aber solche und ähnliche Probleme gibt es in vielen anderen Berufszweigen auch. Nur jammern und sich selbst bedauern hilft da nicht wirklich.

  14. #14 klauszwingenberger
    29. September 2011

    Sorry, Freiherr von Knigge

    Ein kleiner Hinweis für die Ameisentätowierer unter uns: das “von” hatte der verehrungswürdige Radikalaufklärer und Jakobiner sich ausdrücklich verbeten.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Adolph_Knigge#Das_.E2.80.9Evon.E2.80.9C_im_Namen

  15. #15 miesepeter3
    29. September 2011

    @Jürgen Schönstein

    Natürlich hinkt mein Vergleich, alle Vergleiche hinken, so sagt man. Aber dieser hinkt doch nicht ganz so stark, wie Du es meinst. Selbstverständlich sind die Kosten für die Reparaturannahme in der Preisgestaltung der Werkstatt berücksichtigt. Aber wenn es sich um eine Vertragswerkstatt handelt (vergleichbar mit dem Verhältnis Arzt – Krankenkasse), wird der Stundensatz sehr stark vom Hersteller beeinflußt. Dieser zeigt ziemlich deutlich auf, wieviel Zeit für welche Arbeit aufgewendet und dem Kunden in Rechnung gestellt werden darf. Das ist der sogenannte Stundenverrechnungssatz oder auch Zeiteinheit genannt. Wer mit einer Arbeit darüber liegt, kommt in ziemlichen Erklärungsdruck. Gründe wie z.B. erhöhter Demontageaufwand (alle Schrauben festgerostet) müssen belegt werden, auch dem Kunden gegenüber. Das ist bei der Krankenkasse ähnlich. Mehraufwand in der Behandlung muß begründet werden und wird dann auch bezahlt. Auch die Krankenkassen stehen unter hohem Wirtschaflichkeitdruck und sehen Mehraufwand nicht gerne und versuchen, oft auch mit nicht so ganz einwandfreien Mitteln, den Arzt zu überzeugen, dass er zuviel Mehraufwand betreibt. Auch hier kann man sich wehren. Inwieweit ein Arzt sich diesem Aufwand stellen will oder er doch lieber die Schnauze hält und amputiert anstatt beinerhaltend zu behandeln, ist möglicherweise auch eine Charakterfrage.

  16. #16 Muddi & theBlowfish
    30. September 2011

    mp3
    Bei Widersprüchen spielen die Kassen gerne auf Zeit, die oftmals weder Arzt noch Patient haben.
    Ausserdem gibt es ein Zeitlimit: Der Tag hat nur 24Stunden- auch für Ärzte AKTIVER Widerstand ist also schwierig zu realisieren.
    Zumindest bei dem Thema: Ärzte, wehrt Euch mal, stimme ich ja zu- und nu guck ma, was in Deutschland passiert:
    Es wird mit den Füssen abgestimmt, die Ärzte verlassen Deutschland oder arbeiten nicht am Patienten, es gibt weniger Praxen, ältere und immobile Patienten werden nicht mehr durch Hausbesuche versorgt. OPASSIVER Widerstand
    Das Geld, was ein Arzt in Deutschland übrigens für einen Hausbesuch bekommt mit ALLEM was da dran hängt reicht vielleicht gerade mal, das Benzin zu bezahlen- aber nur, wenn nicht gerade die Ferien anfangen….) Für das, was ein Arzt für den Hausbesuch bekommt, packt der Klemptner nicht mal seine Werkzeugtasche in den Kofferraum…
    Wie wäre es denn mit AKTIVEM Widerstand der Bevölkerung bzw Patienten gegen die Gesundheitsverwalter- wären vielleicht mal ein paar mehr-aber wenn man selbst gesund ist-ist einem das wurscht und wenn man dann erst mal krank ist, fehlt dann eben oft die Kraft und Energie. Gejammert wird erst, wenns schon zu spät ist…

  17. #17 miesepeter3
    30. September 2011

    @Muddi & theBlowfish

    Ja, die rechtlichen Mätzchen kennen wir, sogar aus Nichtkrankenkassenbereichen.
    Mittel dagegen? Klagen vor Gericht! Was die können, kann auch jeder andere.

    “Gejammert wird erst, wenns schon zu spät ist…”

    Jammern ist meist einfacher, als sich zu wehren. Aber es gibt immer mehr Patienten, die gegen die Bevormundung durch ihre Krankenkasse klagen und meist auch Recht bekommen. Wenn die Kasen trotz Urteil dann weiter ihre Spielchen treiben, dann muß man halt mit anderen rechtlichen Mitteln weiterkämpfen. Ich hätte keine Schwierigkeiten, meiner Krankenkasse im Falle eines Falles einen Gerichtsvollzieher auf den Hals zu hetzen. (kann mich bis jetzt aber nicht wirklich beklagen).
    Abgesehen davon, dass Arzt sein heutzutage schwieriger ist, als noch vor 50 Jahren,
    haben auch andere Berufe so ihre Probleme. Der von Dir zitierte Klempner hat auch Schwierigkeiten, sein Geld von den öffentlichen Auftraggebern zu bekommen und muß manchmal klagen, um zu seinem Recht und Geld zu kommen.