Die Diskussion um transgenen Mais und vergleichbar modifizierte Nutzpflanzen – oder auch die publikumswirksame Angsterzeugung vor selbigen – rotiert zumeist um die befürchteten und angeblichen gesundheitlichen Schäden, die der Verzehr solcher Produkte für den Menschen hat. Ich kann zwar nicht nachvollziehen, warum sich eine breite Bevölkerungsschicht davor fürchtet, von ihren Lebensmittellieferanten gezielt vergiftet zu werden (dazu sag’ ich gleich noch etwas*), aber ich gehe jetzt einfach mal davon aus, dass dies nur ein Scheinproblem ist. Was aber nicht heißt, dass es keine Probleme beim Einsatz transgener Pflanzen gibt. Die New York Times hat heute einen großen Artikel dazu in ihrem Wirtschaftsteil, und ich will nur mal die zwei Punkte heraus greifen und zur Diskussion stellen, die mir dabei besonders aufgefallen sind:

i-fd9b0d406995ef66565515ed51c5736a-Herbicide_effect100710-thumb-272x204.jpg

Da ist zum einen das Problem (das ich hier auch schon mal angeschnitten hatte), dass die bereits etablierten, gegen ein spezifisches Pestizid resistenten Sorten – beispielsweise das Roundup-Ready-Sortiment von Monsanto – dazu führen, dass die unerwünschten “Beikräuter” ihrerseits eine Resistenz gegen das Pestizid entwickeln. Das wird dann sehr schnell zum Rennen zwischen dem Hasen und dem Igel, und der Volksmund wird seine “Weisheit” vom nicht vergehenden Unkraut bestätigt sehen.

Ein zweiter Aspekt, und der steht im Vordergrund des NYTImes-Beitrags, ist das Problem, dass diese Unkrautvernichtungsmittel, im konkreten Fall beispielsweise 2,4-D , beim Sprühen auf benachbarte Felder geraten – und die dortigen Nutzpflanzen, die ja nicht resistent sind, beschädigen.

Beide Effekte haben nicht mit der Verbraucherwahrnehmung zu tun, sondern betreffen direkt den ökonomischen und ökologischen Nutzen solcher als umweltfreundlich vermarkteter Saatgüter. Und wenn diese Vorwürfe stimmen (plausibel sind sie jedenfalls, und zumindest anekdotischen Belege sind auch schon vorhanden), dann sollte dies in der Diskussion auch berücksichtigt werden.

* Ich bin wirklich schon lange genug auf der Welt, um den einen oder anderen Lebensmittelskandal, von Medikamentenmissbrauch (Antibiotika, Steroide) bis hin zum Flüssigei er- und überlebt zu haben Und immer wieder mal gibt’s e. coli im Salat (oder was auch immer), oder Dioxine in Eiern. Alle haben ein Merkmal gemeinsam: Schlampigkeit im Umgang mit den Produkten. Die Sorge um die Ernährung ist also erstens berechtigt und zweitens nachvollziehbar. Was jedoch nicht plausibel wäre, ist die systematische Vergiftungsabsicht, die den Anbietern genetisch modifizierter Produkte unterstellt wird – die Logik, warum ein ganzer Industriezweig sich die Ausrottung seiner Kundschaft zu Ziel gemacht haben sollte, erschließt sich mir auch nach größerer geistiger Anstrengung nicht. Was aber nicht bedeutet, dass jeder nun GMO-Produkte essen muss – ebenso, wie ich beim Kaffee oder der Schokolade die Wahlmöglichkeit haben will, organisch/fair-trade/vogelfreundlich angebaute Sorten zu kaufen, würde ich als Konsument die Entscheidungsfreiheit haben wollen, ob ich GMO oder nicht-GMO kaufen will.

Foto: Victor M. Vicente Selvas, via Wikimedia Commons

flattr this!

Kommentare (5)

  1. #1 para
    27. April 2012

    Hi,

    also klar ist, Resitenzen sind ein heftiges Probelm– aber eines der GMO ?
    Behandelt werden Pflanzen überall, ob GMO oder nicht, Ausbildungen von Resistenzen gibt es daher in allen Fällen. Notwendig wäre hier mal ein Vergleich über Geschwindigkeit von Resitenzbildungen in Gegenwart von GMO und von nicht-GMO (allerdings ist wohl das Design “knifflig”). Erst dann könnte man feststellen ob es ist tatsächlich um ein Problem von GMO– oder doch generell, der Landwirtschaft handelt.
    Schwierig ist ja auch dass die Anwendung von Herbiziden. ob übermäßig oder zu gering- beides fördert Resitenzbildungen, einen enormen Einfluss hat. Wenn die “Nachbarflora” ihre Resitenzen erwarb, weil es irgendwie zu einem Gentransfer mit GMO kam, dann sind GMO ein Problem. Wenn die Resitenzen allerdings über die Zeit durch Anpassung gekommen sind weil der Stoffwechsel so langsam mit den Giften fertig wird, hat das streng genommen mit GMO nichts mehr zu tun sondern der Handhabung jener.

  2. #2 Ania
    27. April 2012

    [Quote/]Was jedoch nicht plausibel wäre, ist die systematische Vergiftungsabsicht, die den Anbietern genetisch modifizierter Produkte unterstellt wird – die Logik, warum ein ganzer Industriezweig sich die Ausrottung seiner Kundschaft zu Ziel gemacht haben sollte, erschließt sich mir auch nach größerer geistiger Anstrengung nicht.[/Quote]

    Sicher will keiner, das sein Kunde sofort stirbt. Aber wie wenig Skrupel in der Lebensmittelherstellung herrschen, sieht man an immer wieder kehrenden Gammelfleischskandalen, unterirdischen Hygienestandards in Großbäckereien oder der übermäßigen Antibiotikagabe in der Fleischproduktion.
    Haupsache, die Kunden sterben nicht sofort weg. Wenn es ihnen mal dreckig gehen sollte, oder sie richtig krank werden… egal. Essen müssen sie trotzdem.
    Und ob die Lebenserwartung durch ungesundes Essen sinkt, ist der Industrie doch auch egal. Erstens sieht man es nicht direkt in der Jahresbilanz und außerdem wird man (wegen steigender Weltbevölkerung) sein Produkt auf jeden Fall los, besonders Grundnahrungsmittel.

  3. #3 Jürgen Schönstein
    27. April 2012

    @para
    Die genetische Modifizierung ist natuerlich nicht die Ursache der Resistenzen – die sind eher die unausweichliche Folge des Pestizid-Einsatzes. Aber das Problem ist ja, dass diese transgenen Sorten speziell so konstruiert sind, dass sie gegen ein einziges und sehr spezifisches (und sehr aggressives, vermute ich mal) Pestizid resistent sind. Sobald aber die “Beikraeuter” eine Resistenz gegen dieses Pestizid entwickeln, dann haben die gentischen Modifikationen ihren Zweck verloren – was heisst, es muessen staendig neue GMO nachentwickelt werden. Und das ist nicht unbedingt der sinnvollste Einsatz von Ressourcen, um es mal vorsichtig auszudruecken.

  4. #4 Hans Brandl
    28. April 2012

    Und wieder ein Beispiel das zeigt wie wenig, schlecht recherierte Artikel von meist inkompetenten Journalisten zb. in der NewYork Times oder in De in der Sueddeutschen Zeitung die Realität wiederspiegeln. Dafür werden solche Texte die mit relativ geringen Nachrichtenbeschaffungskosten von Interessengruppen (meist Spendensammelvereinen) gleich mit den nötigen Schuldzuweisungen gespickt und dann nahezu druckfertig verteilt. Sehr ähnliche Artikel mit den gleichen verzerrenden Inhalten tauchen in einschlägigen europäischen Medien schon seit ca. 3-2 Monaten auf.
    Meist beziehen sich diese Blätter dann auf irgendwelche Experten, die ausser Greenpeace in der Fachwelt fast immer unbekannt sind .
    Und wenn das in das bekannte grüne Angst- und Beuteschema passt, dann wird so etwas natürlich auch hier unkritisch bei Hrn. Schönstein wiedergegeben.

    Am entlarvendsten sind solche Artikel wenn man sie von der Struktur her analysiert.
    Bei der New York Times beginnt das dann damit dass man zuerst einmal die Angst basierend auf dem bekannten Agent Orange 2,4,5-T Dioxin hochzieht und das dann für einfachere Gemüter auch auf das seit den 40er Jahren bekannte und vielfach untersuchte und verwendete 2,4-D Herbizid überträgt, einem vollkommen anderen Stoff (Die Zahlen sehen so ähnlich aus also muss es wohl auch ähnlich gefährlich sein ?).
    Mit Resistenzbildung hat das noch gar nichts zu tun, aber es stimmt schon mal einfachere Gemüter richtig ein, dass jetzt etwas ganz gefährliches kommt.
    Was jetzt aber kommt ist die ganz normale Beschreibung von Herbizid-Unkraut (oder Beikraut)-Management allerdings mit einer gehörigen Packung FUD :
    Es ist jedem Landwirt aus der Berufsschule oder Biochemiker aus dem Studium natürlich bekannt , dass bei fortlaufender Verwendung des gleichen Herbizids sich Resistenzen herausbilden können, vor allem dann wenn man sehr geringe Dosen verwendet. Und das gilt unabhängig davon ob konventionelle oder gv Züchtungen im Spiel sind . Die einfachste Gegenmassnahme ist die Verwendung verschiedener Mittel über die Jahre hinweg. Diese Überlegungen gelten natürlich auch für die Züchtung von Herbizid resistenten Nutzpflanzen durch konventionelle oder gentechnische Verfahren. Auch hier sind verschiedene Herbizide notwendig um Unkraut-Resistenzen zu verhindern. Während der simple Journalist und der von ihm abhängige Leser nur Roundup (Glyphosat) von Monsanto kennt (dessen Patent übrigens schon lange abgelaufen ist und das nun vor allen von chin. Herstellern produziert und importiert wird) gibt es in der praktischen Anwendung wesentlich mehr dieser sogenannten Breitband-Herbizide (die gegen alle Pflanzen wirken) eben wegen der Resistenzgefahr. Dass einige Landwirte, nicht nur in den USA, eben nicht ausreichendes Unkraut-Management betreiben, kommt auch vor und rächt sich eben dann nach 10 oder 20 Jahren.

    Als Folge dieser Vielfalt an Herbiziden sind in den letzen 20 Jahren natürlich auch Nutzpflanzen gezüchtet worden, die dagegen immun sind. Als Beispiel nur einige dieser Sorten:
    – Liberty-Link-Soja, resistent gegen Glufosinat von Bayer CropScience
    – Dicamba-Soja, die eine Entwicklung der Universität von Nebeaska ist, also mit den bösen Konzernen nichts zu tun hat, und sicher noch einige Jahre benötigen wird,
    – 2,4-D-Soja, eben derzeit bei Dow in Entwicklung die noch einige Jahre dauern wird,
    – Imidazolinon-Soja, die mit Gentechnik absolut nichts zu tun hat (konventionelle Züchtung) , und die es auch schon längst gibt.

    Der Einsatz solcher Herbizide hat zudem den Vorteil dass eben in der Regel deutlich weniger der verschiedensten Pflanzenschutzmitteln gespritzt werden muss (Auch Herbizide kosten Geld !) und damit eigentlich den Forderungen der Öko-Fraktion genügt wird . Mit anderen Worten, wenn der Landwirt sein Metier beherrscht, wird er alleine schon aus anderen Gründen in regelmässigen Abständen sein Herbizid wechseln, unabhängig davon ob er gv Pflanzen anbaut oder konventionell (und vielleicht sollte sich auch Hr. Schönstein überlegen wie denn die von ihm präferierten sogenannten organisch angebauten Feldern unkrautfrei gehalten werden oder hat er vielleicht schon mal in den USA auf den riesigen Flächen Menschen gesehen die das Unkraut mechnisch beseitigen ).
    Und aus den gleichen Grümden ist dann eben auch Saatgut nötig, dass gegen das jeweils verwendete Herbizid immun ist, deshalb die aktuellen Entwicklungen. Für “organischen” Anbau nimmt man eben dann Imidazolinon-Soja und alles ist Bio und damit gut. Genauso wenig zieht der Hinweis dass Herbizide beim Sprühen nicht auf benachbarte Felder geraten dürfen. Das ist allgemeine Praxis, kein Landwirt ist wild darauf seinem Nachbarn Schadenersatz zu leisten. Dass kilometerweit entfernte Felder davon betroffen sind wie in dem Artikel , ist wohl eher als einfache Schuldzuweisung des wackeren Landwirts aus der Einleitung zu verstehen sowie journalistischer Kreativität geschuldet.
    Peinlich ist da schon eher der Hinweis zum Schluß ” dass die unerwünschten “Beikräuter” ihrerseits eine Resistenz gegen das Pestizid entwickeln” . Beikraut ist nur der grün korrekte Name für Unkraut. Was wenn nicht die Beikräuter sollen denn Resistenzen entwickeln, die angesprochenen Nutzpflanzen sind ja gerade resistent.

  5. #5 torben hoffmeister
    2. Mai 2012

    Dem Kommentar von Hans Brandl ist nichts hinzuzufügen. Das Thema wird auch gerade im Transgen-Forum diskutiert. Und wie so oft ist festzustellen: Beim Thema gentechnisch veränderte Pflanzen setzt der Verstand aus. Es ist ein Thema, dass insbesondere in Europa stigmatisiert wurde und nur noch mit Reflexen und abgedroschenen Phrasen verbunden ist. Die Diskussion kann man sich hier schenken, hat doch der Unverstand gesiegt. Und wie es scheint, sind die Aktivisten gerade dabei, das Feld in den USA zu bestellen oder besser abzuräumen, haben sie doch hier nichts mehr zu tun.