Naja, streng genommen ist es gar kein “echter” Nobelpreis, den der Yale-Wirtschaftswissenschaftler Robert Shiller Anfang dieser Woche erhalten hat, auch wenn dies am Montag vom Nobel-Komitee bekannt gegeben wurde: Offiziell heißt der Preis “The Sveriges Riksbank Prize in Economic Sciences in Memory of Alfred Nobel” (Preis der Schwedischen Reichsbank für Wirtschaftswissenschaften, im Gedenken an Alfred Nobel). Erhalten hat Shiller den Preis, den er sich mit Eugene Fama und Lars Peter Hansen (beide von der University of Chicago) teilt, für seine Arbeit über das Verhältnis von Aktienkursen zu Unternehmensgewinnen (genauer gesagt: Dividenden). Shiller ist ein sehr deutlicher Kritiker spekulativer Märkte, vor allem der Aktien- und Immobilienmärkte. Ich hatte im Lauf der Jahre mehrfach das Vergnügen, den Yale-Professor zu sprechen; einen Auszug aus einem der Gespräche, die ich als FOCUS-Korrespondent geführt hatte, hänge ich hier nun an. Ich hatte Shiller damals relativ kurz nach dem (ersten) Amtsantritt Barack Obamas im Jahr 2009 gesprochen:

Sie hatten in ihrem Buch “Irrational Exuberance” vor neun Jahren schon einmal das Platzen einer Blase – der Internet-Tech-Blase – korrekt vorher gesagt. Warum hat man dann nicht auf Sie gehört, als sie 2008 vor den Risiken der Immobilien-Blase, mit all ihren Folgen für die globale Wirtschaft, gewarnt hatten?

Wo soll ich da anfangen? Ein Problem ist, dass man die Zukunft nicht beweisen kann. Hinzu kommt das Gruppendenken – die “gängige Meinung”, wie es John Kenneth Galbraith bezeichnet hat – das von vielen Menschen mit der Realität verwechselt wird. Als ich noch im wissenschaftlichen Beirat der Federal Reserve Bank von New York saß, bis etwa 2003, hatte ich schon mehrfach vor dieser neuen Blase gewarnt. Ich muss wie eine kaputte Schallplatte geklungen haben, aber niemand wollte es hören – nach ihrer gängigen Auffassung spielte das, was ich zu sagen hatte, keine Rolle, und ich war nur jemand, der nervt.

Eine Warnung vor einer neuen Blase will also keiner gerne hören?

Ja, das ist fast schon eine Form der Selbstzensur.

Weil solche regelmäßigen Blasen ja auch der gängigen Auffassung widersprechen, dass Märkte im Wesentlichen rationale Resultate produzieren?


Ja. Ich hatte schon 1981 in einem Artikel für die American Economical Review statistisch nachgewiesen, dass die meisten Preisschwankungen der Aktienmärkte nur ein statistisches Rauschen sind. Und damit hatte ich die akademische Finanzwelt verärgert, die von der Effizienz der Märkte ausging. Aber widerlegen konnten sie meine Analyse bisher nicht.

Die Effizienz der Märkte wird bis heute als gängige Lehrmeinung akzeptiert …

Ja. Selbst Alan Greenspan hatte sich nicht getraut, dem Markt zu widersprechen. Nur ein einziges Mal hatte er den Begriff des “irrationalen Überschwangs” benutzt. Mein Widerspruch war hier nicht sehr willkommen.

Ein rationaler Markt würde voraussetzen, dass auch alle Risiken bekannt sind, damit Entscheidungen entsprechend getroffen werden. Doch Börsianer handeln vor allem mit dem Geld anderer Leute – können sie da solche Risiken überhaupt noch wahrnehmen?

Das trifft sogar noch viel mehr auf die Rating-Agenturen zu. Die übernehmen keinerlei Verantwortung, wenn ihre Ratings daneben lagen.

Zumindest im Nachhinein ist, wie wir nun sehen, jeder klüger. Aber was kann getan werden, dass die Wirtschaft aus dem Loch, in das sie gefallen ist, wieder heraus kommt?

Das ist, wie ich in meinem neuen Buch “Animal Spirits” (Erscheinungstermin: März 2009) beschreibe, auch eine Frage der Psychologie. Und dafür sind die Instrumente, die einer Regierung zur Verfügung stehen, nicht wirklich geeignet – Zentralbanken, Steuergesetze, Ausgabenpolitik und so weiter. Das ist etwa so, als ob man ein Eheberater ist, der das fehlende Vertrauen eines Paares nur über ihr Bankkonto wieder herstellen soll. Wir brauchen eine expansive Finanzpolitik, wie Keynes sie vorgeschagen hat, und zwar schnell, wenn es keine irreparablen Vertrauensverluste geben soll. Aber wir müssen auch das Kreditwesen wieder ankurbeln, denn das Vertrauen leidet auch darunter, dass keine Kredite mehr zu bekommen sind, was Unternehmen zu Aufgeben zwingen kann.

flattr this!

1 / 2 / 3 / Auf einer Seite lesen

Kommentare (1)

  1. #1 Astrid Schühle
    17. Oktober 2013

    Interessanter Artikel aber durch die vielen Fehler werde ich den Text nochmal zu einer anderen Zeit lesen müssen, wenn ich mehr Muße habe.