In meinem Beitrag darüber, ob Wissenschaftler mit Kreationisten debattieren (also “auf Augenhöhe” reden) sollen, habe ich die Frage ja schon angeschnitten. Aber der Beitrag True Believers, on Both Sides aus der New York Times vom Montag belegt noch einmal deutlich, wie fehlgeleitet die Annahme ist, dass man den Differenzen zwischen der Evolutionstheorie und dem Kreationismus in all seinen Ausprägungen (Junge-Erde-Kreationismus, beispielsweise, oder die Annahme eines Intelligenten Designers) in einer “ausgewogenen” Gegenüberstellung gerecht werden könnte. Es handelt sich in dem NYTimes-Beitrag zwar “nur” um die Fernsehkritik der HBO-Sendung Questioning Darwin; diese Sendung konnte ich, mangels eines HBO-Abos, nicht sehen, weiß also nicht, ob der Rezensent hier primär seine eigenen Ansichten (= Vorurteile) referiert, oder ob er hier Erkenntnisse aus der Dokumentation gewonnen hat, wenn er die Evolutionslehre als ein “belief system”, ein Glaubenssystem also, bezeichnet. Sicher ist, dass er damit so falsch liegt, wie man nur falsch liegen kann: Die Akzeptanz der Evolutionslehre beruht nicht auf (blindem) Glauben, wie ihn eine Religion einfordern muss, sondern auf das – gegebenenfalls nachprüfbare – Vertrauen in die wissenschaftliche Erkenntnisse.

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Kommentare (78)

  1. #1 Trottelreiner
    10. Februar 2014

    Ähm, ich bin mir nicht so sicher, daß mit dem “belief system” Darwins die Evolutionstheorie gemeint ist. Im Absatz davor wird der Wandel Darwins nach dem Tod seiner Tochter beschrieben, nach dem er nach den entsprechenden Quellen nicht mehr an einen “guten, liebenden christlichen Gott” glauben konnte. Entsprechend könnte man auch annehmen, daß Darwins Skeptizismus mit dem Glauben der Kreationisten verglichen wird.

    Obwohl dieser Absatz natürlich etwas undeutlich ist.

  2. #2 Jürgen Schönstein
    10. Februar 2014

    @Trottelreiner
    Das wäre zwar eine mögliche Interpretation, die aber angesichts der Übeschrift des Artikels nicht die erste wäre, die mir in den Sinn kommt.

  3. #3 Alderamin
    10. Februar 2014

    Ist zwar ein bisschen Off-Topic, aber vergangenen Samstag Abend lief der Spielfilm “Agora, Säulen des Himmels” auf 3Sat (?). Ein sehr deprimierender Film, der über das Wirken der Hypatia in Alexandria handelte. Wie die Bibliothek dem religiösen Eifer der Christen zum Opfer fiel und wie Hypata, als sie gerade dabei war, die Ellipsenbahn der Erde um die Sonne zu entdecken, von den Christen gelyncht worden war, weil sich nicht dem christlichen Bischof Kyrill unterwerfen wollte.

    Wie weit könnte die Menschheit heute sein, wenn sie nicht ständig darüber streiten würde, wer den besseren imaginären Freund hat? Die Entwicklung, die gerade in den USA abläuft, aber auch nach Europa herüber schwappt, so wie 9/11, die Kriege im mittleren Osten, die Entwicklung in Pakistan und Syrien, weisen den Weg in eine ungewisse Zukunft.

    Stand das vergangene Jahrhundert unter den Konflikten, die aus dem hegemonialen Spätkolonialismus des 19. Jahrhunderts entsprangen, so wird das 21. Jahrhundert wohl ein Jahrhundert der religiösen Auseinandersetzungen werden. Ich hoffe, unsereins wird nicht wie die einsam nach Vernunft rufende Hypatia von religiösen Eiferern überrannt werden.

  4. #4 Trottelreiner
    10. Februar 2014

    @Jürgen:
    ACK, nur ergibt der Text ansonsten eben nur Sinn, wenn jemand mal wieder methodologischen Naturalismus (Evolutionstheorie) und metaphysischen Naturalismus (es gibt keinen guten, liebenden Gott) verwechselt hat; wohl ein Erfolg für die Kreationisten und Artverwandte, aber als Agnostiker bin ich auch nicht unbedingt ein Fan von Antitheisten die die Naturwissenschaft heranziehen.

    Als ich neulich ein paar Musels im Zug die Evolutionstheorie erklärt habe stellte ich auch fest, daß sie nichts darüber aussagt ob Gott existiert oder nicht, sondern daß sie nur erklärt, wie sich das Leben entwickelt hat; Darwin war da am Ende von “Origin of Species” recht diplomatisch, inwiefern das seine Meinung war, sei dahingestellt. Ob sie die Zusatzannahme, also Gott behalten wollen können sie dann später entscheiden.

    Keine Ahnung BTW warum solche Gespräche immer mir passieren…

  5. #5 Trottelreiner
    11. Februar 2014

    @Alderamin:
    Vorsicht, der heilige(ächz) Kyril ist so mit eine der Gestalten, denen ich gerne die Gelegenheit zum Märtyrerdasein gegeben hätte, obwohl, wahrscheinlich hätte er das sogar gemocht, und seine Mönche hätten sich wohl sehr gut mit den etwas gewalttätigeren Teilen der Muslimbrüder verstanden.

    Das Problem ist, daß du Hypatia nicht als säkuläre Naturwissenschaftlerin im heutigen Sinne verstehen darfst, die Dame war eine Anhängerin des Neuplatonismus, einer spätantiken Philosophie oder Quasi-Religion:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Neuplatonismus

    Und die Neuplatoniker verachteten die Materie und achteten nur den Geist bzw. mathematische Ideen, heute würde man sie eher mit diversen “Esoterikern” vergleichen, genau genommen waren sie sogar im Gegensatz zu diesen wirklich Esoteriker, da dieser Begriff eigentlich für die in die innerschulischen Schriften eines Philosophen Eingeweihten wie Aristoteles, Platon oder Plotin verwendet wurde.

    Entsprechend wäre es durchaus fraglich, ob eine Neuplatonikerin eine von der perfekten Kreisform abweichende Ellipsenbahn akzeptiert hätte. Mal ganz abgesehn von einer sich bewegenden Erde, die ja nur mit einigen Zusatzannahmen wie Masseträgheit etc. funktioniert. Ob wir ohne Christentum so viel weiter wären würde ich also etwas bezweifeln, zumal Teile des Neuplatonismus ins Christentum eingingen. BTW gab es auch etliche christliche Autoren, die sich recht positiv über Hyapatia äußerten, aber daß die Geschichte von radikalen Minderheiten/knappen Mehrheiten geschrieben gestaltet wird ist ja keine neue These.

    Abschließend noch zwei Dinge, erstens, nur weil eine Gruppe dem frühen Christentum feindlich gegenüberstand, muß das nicht unbedingt bedeuten daß sie “fortschrittlicher” war, viele gnostische Gruppen etc. unterschieden sich z.B. vom christlichen Mainstream dadurch, daß der Mainstream um etliches WENIGER misogyn war.

    Zweitens, die Gegenüberstellung von Religion und Naturwissenschaft ist ein Relikt des 19. Jhdts.,

    https://en.wikipedia.org/wiki/Conflict_thesis

    das sich insbesondere auf eine bestimmte Interpretation des Verfahrens gegen Galilei und der Geschichte mit Kolumbus stützte. Nun wissen wir heute, daß eigentlich Kolumbus Gegner recht hatten und daß die Vorgänge um Galilei etwas komplexer war. Nein, die katholische Kirche hat nicht richtig gehandelt. Nein, Galilei war nicht der strahlende Held, als den viele ihn sehen. Und nein, Reformation und Aufklärung müssen nicht Hand in Hand gehen, wie uns die Evangelikalen zeigen.

  6. #6 michael
    11. Februar 2014

    > weil sich nicht dem christlichen Bischof Kyrill unterwerfen wollte.

    Naja, das stellt Wikipedia etwas anders da:

    … . Schließlich wurde sie aber das Opfer eines politischen Machtkampfs, in dem religiöse Gegensätze instrumentalisiert wurden..

    Dass sie dabei war ‘die Ellipsenbahn der Erde um die Sonne zu entdecken’, woher will man das wissen.

  7. #7 Toni
    11. Februar 2014

    Herr Schönstein,

    sie unterliegen da einem Trugschluß. Nicht jede Religion ist blind und fordert Glauben wo keine Evidenz ist!

    Der christliche Glaube z.B. ist weder blind noch fordert er glauben ohne Belege/Indizien!

    So schreibt z.B. der Evangelist Lukas, der sich als her-
    vorragender Historiker erwiesen hat, dem römischen Beamten Theophilus, dass er allem (der Geschichte vom Leben, Handeln, Sterben Jesu, der Auferstehung und seiner Lehre/Botschaft) von Anfang an der Reihe nach sorgfältig nachgegangen wäre (anhand der Augenzeugen) und sie für ihn aufgeschrieben habe, damit Theophilus sich seiner Überzeugung = in dem was er unterrichtet wurde, gewiss sein könne. Lukas berichtet außerdem, Paulus habe in seiner Rede vor den Philosophen in Athen gesagt, Gott habe jedermann einen Beleg dafür geliefert, dass Jesus der war, der er zu sein beanspruchte, indem er ihn von den Toten auferweckte. Zu diesen historischen Belegen kommt die Bestätigung durch die persönliche Erfahrung. Denn nach der
    christlichen Lehre ist der Glaube an Gott keineswegs blind, sondern eine rationale, persönliche Festlegung aufgrund vielfältiger Belege und Einsicht des Herzens.

    Und weil dem so ist, kann, darf und will der christliche Glaube geprüft und hinterfragt werden und “fürchtet” auch keine weltlichen/naturwissenschaftlichen Erkenntnisse. Paulus schreibt vielmehr: “Prüfet alles und behaltet das gute”. Und schon im AT steht: “Forschet nach im Buch des Ewigen und leset”.

    Der christliche Glaube ist also aus vielerlei Gründen kein blinder Glaube sondern auch in historisch nachprüfbaren Fakten begründet.

    Ließen sich diese historischen Aussagen widerlegen (z.B. die Hisorizität der Person Jesu und seine Auferstehung), dann wäre mein / der christliche Glaube auf der Stelle Tod!

    Gruß

  8. #8 Trottelreiner
    11. Februar 2014

    Nachtrag zu Hyapatia:
    Wir haben allem Anschein nach zwei christliche Quellen über sie, Socrates Scholasticus, der ungefähr zeitgleich ist, und Johannes von Nikiu, einen mehr als 200 Jahre nach ihrem Tod schreibenden Kopten. Socrates schreibt nicht gerade freundlich über Kyril und meint, der Mord an Hypatia wäre mit den Grundsätzen des Christentums nicht vereinbar. Johannes verteidigt Kyril und schreibt so, wie man es von einem Relidioten erwartet.

    Daraus kann man dann machen, was man will.

  9. #9 Trottelreiner
    11. Februar 2014

    @michael:
    Bitte, die Spätantike ist doch traditionsgemäß das Projektionsfeld verschiedener Ideologien, irgendwo liegt hier ja “Ein Kampf um Rom” herum, vielleicht sollte man Vorlesen desselben als “erweitertes Verhör” einsetzen…

  10. #10 wernerb
    11. Februar 2014

    @ Alderamin:
    Ich halte diese Verallgemeinerungen für nicht eben sinnvoll; ebenso könnte man sagen:
    Wie weit wären wir, wenn nicht diese Atheisten wie Stalin, Mao, Hitler etc. etliche Millionen Menschen in den Tod geschickt hätten.
    Es ist schlichtweg zu kurz gegriffen, politische Handlungen rein religiös begründen zu wollen, sei es bei Christen, Muslimen, Hinduisten, Atheisten etc.
    Zudem wurde die Bibliothek in Alexandria -soweit ich weiß – nicht von Christen zerstört, sondern bereits im 1.Jh.

    @Trottelreiner:
    Vielen Dank für Ihren Beitrag.
    Ein methodischer Fehler, der leider immer wieder begangen wird, ist eben der, naturwissenschaftliche Theorien in die Metaphysik zu projizieren und umgekehrt.
    Weder kann die Naturwissenschaft eine theologische Aussage tätigen, noch die Theologie eine naturwissenschaftliche, weil beide auf unterschiedlichen Fundamenten stehen. Was der Naturwissenschaft die Empirie, ist der Theologie die Offenbarung als grundlegende Axiomatik.
    So kann z.B. die Physik nie zu einer Antwort über metaphysische und die Theologie nicht zu einer über naturwissenschaftliche Zusammenhänge gelangen -wenn beide sauber betrieben werden.
    Zu einer guten naturwissenschaftlichen Hypothese gehört es eben, sich der Grenzen des Erklärungspotentials dieser Theorie bewusst zu sein.
    Hier haben sich in der Vergangenheit leider weder die Religionen noch die Naturwissenschaften mit Ruhm bekleckert; dies liegt jedoch nicht in der Natur der Sache, sondern wohl eher an der Überheblichkeit Einzelner.
    Ich kann leider weder die größtenteils unangebrachte Hetze vieler Naturwissenschaftler gegen die Religion an sich, noch die prinzipielle Ablehnung naturwissenschaftlicher Erkenntnisse von seiten mancher religiöser Gruppen nachvollziehen.

  11. #11 Jürgen Schönstein
    11. Februar 2014

    @Toni
    Soso, die “Auferstehung” (das heißt, die Wiederbelebung eines drei Tage Herz- und Hirntoten) ist also ein nachprüfbares Faktum. Dazu hätte ich gerne die nachprüfbaren (!) Belege.

  12. #12 Toni
    11. Februar 2014

    @ Jürgen Schönstein

    Nun gut, an der Stelle (der Auferstehung) muß nun schon noch ein klein wenig geglaubt werden, auch wenn es namhafte Religionswissenschaftler wie z.B. den Juden Pinchas Lapide gibt bzw. gegeben hat (leider schon verstorben), der sagte:

    “Die Auferstehung Jesu als geschichtliches Ereignis muß stattgefunden haben, weil nur so der Aufstieg des Christentums aus dem Judentum überhaupt erklärbar ist. Es wäre noch ein viel größeres Wunder, wenn all dies ohne die leibliche Auferstehung Jesu möglich gewesen sein sollte”.

    Hier sind ein paar Indizien dafür zusammengetragen, die für die Auferstehung Jesu sprechen:

    https://jesus-der-christus.info/histaufj.htm

    Eines davon picke ich bloß mal stellvertretend heraus – daß Grab Jesu muß leer gewesen sein und der Leichnahm Jesu verschwunden, weil sonst die ganze Tempelpriesterschaft den Christen diesen Leichnahm “um den Kopf geschlagen hätten” und die Behauptung der Christen von der Auferstehung Jesu in Jerusalem keine Sekunde bestand hätte haben können.

    Hier ein Vortrag des Althistorikers Jürgen Spieß zum Thema (leider nicht vollständig):

    https://www.youtube.com/watch?v=2fT6wXNuBBY

    und des leider auch schon verstorbenen Prof. Carsten Thiede.

    https://www.youtube.com/watch?v=r8P9Z5humLA

    Übrigens – die Auferstehung Jesu ist nicht die einzige Auferstehungsgeschichte im Neuen Testament. Jesus hat zuvor bereits mehrere Totenauferweckungen bewirkt. Am eindrücklichsten und bewegensten ist die “Auferweckung des Lazarus (Freund Jesu) in Bethanien kurz vor seinem Einzug und der Hinrichtung in Jerusalem – zu finden im Johannesevangelium Kapitel 11:

    https://www.bibleserver.com/text/EU/Johannes11

    Der Unterschied zur Auferstehung Jesu besteht dabei darin, daß diese Toten zum erneuten (leiblichen, irdischen) Tode auferweckt wurden, während Jesus ins Ewige Leben / direkt ins Reich Gottes auferstanden ist.

    Kurz vor der Auferweckung des Lazarus (der Rollstein der Grabanlage war bereits zur Seite gerollt) wird Jesus übrigens seitens von Marta, Schwester des Verstorbenen, auch noch das folgende “naturwissenschaftliche Argument” entgegengehalten:

    “Herr er riecht aber schon, denn es ist bereits der vierte Tag!”

    Jesus erwiderte darauf nur:

    “Habe ich dir nicht gesagt: Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit Gottes sehen? Nachdem er dies gesagt hatte, rief er mit lauter Stimme: Lazarus, komm heraus!
    44 Da kam der Verstorbene heraus; seine Füße und Hände waren mit Binden umwickelt, und sein Gesicht war mit einem Schweißtuch verhüllt. Jesus sagte zu ihnen: Löst ihm die Binden und lasst ihn weggehen!

    Was lernen wir daraus:

    Wenn die Stimme Gottes erschallt, interessieren keine naturwissenschaftlichen/irdischen Begrenzungen mehr. Genauso wie dem Urknall nichts anderes übrig blieb als “aus dem Nichts ins Dasein zu Fliegen” als Gott “zu sprechen begann”, so blieb Lazarus auch nichts anderes übrig als von den Toten aufzustehen, als der Auftrag dazu erging.

    Gute Nacht

  13. #13 Frank S
    11. Februar 2014

    “Zu einer guten naturwissenschaftlichen Hypothese gehört es eben, sich der Grenzen des Erklärungspotentials dieser Theorie bewusst zu sein.”

    Ich kann ja noch hinnehmen, dass Naturwissenschaften nichts über Götter aussagen können.

    Aber ich verstehe nicht, woher so viele die Überzeugung nehmen, dass RELIGIONEN solche Aussage treffen können.

    Weil sie behaupten, das zu können? Weil es sonst keiner kann, und irgendwer muss es doch können? Weil sie es schon so lange versucht?

    Wobei Kreationisten ja im Grunde ein ähnlich ungerechtfertigtes Entweder/Oder unterstellen…
    Entweder stimmt die Evolutionstheorie… Oder der Kreationismus.
    Daher glauben auch so viele Kreationisten, dass Angriffe auf die Evolutionstheorie zwangsläufig ihre Theorie unterstützen müsste.
    Natürlich Unsinn, es könnten auch beide falsch sein… genau so, wie weder Wissenschaft noch Religion eine Grundlage haben, um über Götter Aussagen treffen zu können.

    Und was das Widerlegen der Evolutionstheorie betrifft… im Grunde finde ich das eigentlich am entlarvendsten, eben die Frage “Was könnte Sie dazu bringen, an der Evolutionstheorie / am Kreationismus zu zweifeln?”

    Anhänger der Evolutionstheorie sprechen dann von Dingen wie Fossilien einer modernen Spezies in einer Erdschicht, die viele Millionen Jahre alt ist, vom Entstehen einer komplett neuen Spezies ohne irgendwelche Übergangsformen oder ähnlichen, nachprüfbaren Beweisen.

    Kreationisten machen es sich oft genug einfach. “Gar nichts”.

    Eine Haltung, die nicht auf rationalen Gründen beruht, wird eben leider selten aus rationalen Gründen aufgegeben.

  14. #14 Trottelreiner
    11. Februar 2014

    @weinerb:
    Kleine Korrektur, ob Hitler Atheist war weiß man nicht, er selbst redete ja regelmäßig von der Vorsehung, was eher ein religiöses Weltbild voraussetzen würde. Stalin und Mao waren selbsterklärte Atheisten, obwohl man den DIAMAT ja für einen versteckten Pantheismus halten könnte. Und insgesamt ist das Verhältnis zwischen dem Verhalten von Kollektiven und dem ihrer Mitgliedern eh ziemlich kompliziert, siehe auch das Overton-Fenster zu den zu einer bestimmten Zeit vertretbaren Meinungen.

    Über die Rolle der Offenbarung in der Theologie könnte man jetzt diskutieren, ich würde Theologie eher mal etwas hegelnd als Antithese der Offenbarung ansehen, so behandelt sie welche Offenbarungen man überhaupt zulässt, wie sie zu interpretieren sind etc. Entsprechend ist sie zum Teil durchaus einem “wissenschaftlichen Diskurs” zugänglich, zumindest nach einigen Lesarten der Theologie. Aber lassen wir das, darüber haben ich schon die Scholastiker gestritten…

    Zu guter Letzt, ich denke mal, wir denken da beide im Sinne der nichtüberlappenden Lehrämter

    https://de.wikipedia.org/wiki/Nonoverlapping_Magisteria

    nur ist die Realität eben, wie üblich bei Dingen aus der “Ideensphäre” etwas komplizierter. Und es muß noch nicht einmal unbedingt Konkurrenz, wie z.B. bei den Ursprungsmythologien sein. Z.B. läßt sich die These eines Konfliktes z.T. daraus erklären, daß die mittelalterliche Religion die Wissenschaft nicht unbedingt bekämpfte, sondern ihre Lehren zu ihrer Bestätigung verwendete, siehe Scholastik. Entsprechend begannen die Probleme dann, als sich die Lehren der Wissenschaft schnell änderten.

  15. #15 Trottelreiner
    11. Februar 2014

    @Frank S.:
    Mit Verlaub, wenn Religion Aussagen über Götter beinhaltet, ist jede Aussage über Götter Religion.

    Ansonsten “glaube” ich nicht an die Evolutionstheorie, wie ich an einen Gott oder meinetwegen auch die Zuneigung eines Menschen[1] glauben würde, sie ist nur die beste Erklärung für bestimmte Sachverhalte und läßt sich auch beobachten, inklusive der Artbildung.

    [1] Man verzeihe mir diesen etwas abgeschmackten Vergleich, aber aus meiner persönlichen Erfahrung mit, ähm, Bewußtseinszuständen sind die ersten paar Wochen einer entsprechenden Beziehung das beste Modell für das Denken eines tiefreligiösen Menschen. Das grenzdebile Dauergrinsen ist glücklicherweise nur optional, aber die unbeirrbare Tendenz, an einer bestimmten Interpretation festzuhalten etc. ist IMHO durchaus vergleichbar. Könnte eventuell an ähnlichen neurologischen Substraten liegen. Wobei das eben in beiden Fällen nichts über die reale Existenz des entsprechenden Gegenstandes aussagt.

  16. #16 Jürgen Schönstein
    11. Februar 2014

    @Toni

    Nun gut, an der Stelle (der Auferstehung) muß nun schon noch ein klein wenig geglaubt werden

    Da, und an allen anderen Stellen, die Sie hier zitieren. Schon die Formulierungen, die Sie wählen und die nur Varianten von “das muss so gewesen sein, denn sonst ergäbe das, was ich glaube, keinen Sinn” sagt alles aus. Nur so viel: Religion verlangt den Glauben aus Prinzip. Im Christentum wird dies sogar explizit gefordert – “Selig sind, die nicht sehen und doch glauben”, heißt es in in der Anekdote vom ungläubigen Thomas (Johannes 20:19-29). Hier ist, was ich schon vor einiger Zeit mal dazu geschrieben hatte:

    (Sie) ist letztlich die Wurzel dessen, was dem (christlichen) Glauben seinen wissens- und wissenschaftsfeindlichen Beigeschmack gegeben hat: Wer Beweise fordert, ist kein guter Christ – “Selig, die nicht sehen und doch glauben.” Dabei hatte Thomas anfänglich nur getan, was jeder vernüftige Mensch tun würde: Die Behauptung, ein Mensch sei von den Toten auferstanden, erschien ihm so absurd, dass er sie nicht glauben wollte. Nicht mal seinen Augen würde er trauen, nein, wenn schon, dann wollte er die Beweise – in diesem Fall die Kreuzigungswunden – untersuchen, erforschen. Doch in nur zehn Sätzen dreht das Johannesevangeliums den “gesunden Menschenverstand” um: Wer wissen will, der frevelt. Nur der im wörtlichen Sinn blinde Glaube (= nicht sehend) zählt.

  17. #17 Toni
    11. Februar 2014

    @ Jürgen Schönstein

    1. “Meine Formulierung(en)” sind hier und da absichtlich etwas überspitzt, ironisch bzw. spaßig….

    2. Na klar, muß noch geglaubt werden und gibt es keine definitiven (naturw.) Beweise für die zentralen Glaubenswahrheiten des Christentums (wie z.B. die Auferstehung). Das wird von mir nicht bestritten.

    Mein Punkt ist, daß das Christentum keinen blinden Glauben verlangt sondern sehr wohl auch rationale, vernünftige und historisch nachprüfbare Gründe/Indizien liefert, auf deren Basis geglaubt werden kann, aber eben nicht muß .

    Ich glaube sogar, daß Gott es extra auf allen Ebenen so eingefädelt hat. Der Glaube soll am Schluß eine Frage des Herzenswunsches / der Präferenz bleiben, weil es bei ihm im Kern um eine freiwillige (Liebes-)Beziehung geht.

    3. Und das “Selig dich nicht sehen und doch Glauben” steht für mich auch nicht für die Forderung nach “blindem Glauben”.

    Es steht für mich für “selig die aus Einsicht des Herzens an mich den Gott der Liebe/Warheit glauben, nach mir gesucht haben und eine Beziehung zu mir wünschen/aufgebaut haben”.

    4. Es gibt auch noch andere “mysteriöse Indizien” / Phänomene die auf Gott verweisen und für viele Menschen sehr wichtig sind. Ich rede z.B. vom “ewigen Mysterium Turiner Grabtuch”.

    Hier z.B. eine sehr interessante und noch recht junge Doku dazu auf Arte, wo aufgezeigt wird warum die letzte Altersdatierung des Grabtuches falsch ist und mittlerweile sogar die an der letzten Untersuchung beteiligten Wissenschaftler eine neue Untersuchung einfordern:

    https://www.youtube.com/watch?v=w5NrMw9-e9Y

    Klarstellender Hinweis:
    Für meinen persönlichen Glauben ist es völlig irrelevant, ob das Grabtuch echt oder falsch ist. Es ist aber wirklich ein sehr spannendes Mysterium.

  18. #18 Ketzer
    11. Februar 2014

    Wer von Euch hat jemals einen ernsthaften Versuch unternommen, die Evolutionstheorie zu falsifizieren? Oder geht die Diskussion nur darum, wem man glauben soll?

    Zusatzfrage: Kann es wissenschaftliche Belege für die Überlegenheit der Wissenschaft als Erkenntnisprozess gegenüber anderen Systemen geben?

  19. #19 Bettina Wurche
    11. Februar 2014

    Das Problem an “der Evolutionstheorie” ist, dass sie so komplex ist.
    Darwin hat (nach eigenen jahrelangen Forschungen und Beobachtungen seines Opas!!!) eine ganze Reihe von Theorien formuliert.
    Die fünf wichtigsten sind:
    1. Die Veränderlichkeit der Arten
    2. Abstammung valler Lebewesen von gemeinsamen Vorfahren
    3. allmählicher Ablauf der Evolution
    4. Vermehrung der Arten
    5. natürliche Selektion

    Das ist im Laufe der Zeit entwickelt weitergedacht worden.
    Heute sprechen wir von der “Synthetischen Evolutionstheorie”, die auch die Genetik berücksichtigt.

    Um das wirklich zu verstehen, muss man sehr viel biologisches Wissen haben oder sich aneignen.
    ich toleriere, dass das nicht jede(r) hat.
    Man muss allerdings dann zugeben können, dass auch Dinge existieren können, die über den eigenen Horizont hinausgehen.
    Mein Lieblingsbeispiel ist die Herztranplantation:
    Ich kann das nicht und verstehe es nicht vollkommen.
    Aber ich weiss, dass es Leute gibt, die das können. Und darum glaube ich, dass es Herztransplantationen gibt.

    Zur Evolutionstheorie empfehle ich Ernst May “Das ist Evolution” und Neil Shubin “Der Fisch in uns”.

  20. #20 Alderamin
    11. Februar 2014

    @Trottelreiner, wernerb

    Bei den historischen Fakten zu Hypatia kenne ich mich nicht aus. Dass der Film ein paar Fehler hat, steht auch im Wikipedia-Artikel, den ich oben verlinkt hatte. Hier stehen noch ein paar Anmerkungen. Nach diesen schien mir die Handlung jedenfalls schon halbwegs korrekt wiedergegeben zu sein.

    Ob Hypatia die Ellipse als Bahnform der Erde erkannt hat, lässt sich allerdings nur mutmaßen. Im Film war die Rede davon, dass die Sonne mal größer, mal kleiner am Himmel erscheine. Der Unterschied macht tatsächlich gerade mal eine Bogenminute aus, das ist etwa die Auflösung des menschlichen Auges. Wenn man die Breite der Sonne über die Drehung der Erde und Kimme und Korn gemessen hätte (Zeit messen, die sie braucht, um ihren Durchmesser zurück zu legen) hätte man 2 Minuten auf 4 Sekunden genau messen müssen. Mit einem tropfenden Gefäß wäre das möglicherweise machbar gewesen (einfacher ist es beim Mond). Aber wenn Hypatia das Materielle ablehnte (wie die griechischen Philosophen ja auch), dann hat sie wohl keine derartigen Messungen durchgeführt.

    Es ist aber auch völlig Wurst, der Film ist, historisch korrekt oder nicht, eine Parabel über den Konflikt zwischen Glaube und Wissenschaft (weswegen er hier nicht Off-Topic ist), und jedenfalls dauerte es noch bis Kopernikus und Galilei, bis wissenschaftlich an die goldenen Zeiten der Antike angeknüpft werden konnte, sicher 1000 verlorene Technolige-Jahre. Auch wenn die Religion nur den Vorwand für weltliche Machtansprüche lieferte (wozu auch andere Ideologien geeignet sind), so bietet sie durch ihre Kombination aus Heilsversprechen, Welterklärung und Geboten/Verboten eine perfekte Plattform, mit der auch einfache Menschen leicht auf Linie gebracht werden können. Bis zum Märtyrertod. Motivier’ mal jemand zum Selbstmordattentat mit der Mao-Bibel oder Schicklgrubers “Mein Kampf”.

  21. #21 Alderamin
    11. Februar 2014

    @Ketzer

    Kann es wissenschaftliche Belege für die Überlegenheit der Wissenschaft als Erkenntnisprozess gegenüber anderen Systemen geben?

    Guck’ Dir doch die Kiste an, auf die Du gerade schaust. Wer hat’s erfunden? Na?

  22. #22 CM
    11. Februar 2014

    @Ketzer: Der Punkt, dass die Evolutionstheorie nicht falsifizierbar sei und damit nicht sonderlich wissenschaftlich ist nicht neu (vgl. https://en.wikipedia.org/wiki/Objections_to_evolution#Unfalsifiability ) und ausgiebigst diskutiert. In wissenschaftlicher Arbeit kann man in der Tat nicht stets Hypothesen und Theorien dritter prüfen, die Einfluss auf die eigene Arbeit haben. Wer nicht Evolutionsbiologe zumindest im weiteren Sinn ist (z. B. Genetiker mit entsprechendem Arbeitsfokus), wird selten in den Genuss kommen entsprechende Experimente durchzuführen.

    Du zum Beispiel arbeitest mit den Ergebnissen der QED/QFT, wenn Du Nachrichten am Computer ins Forum schreibst – hierbei versuchst Du nicht diese Theorie zu falsifizieren, sondern nutzt die Ergebnisse. Nichts Anderes machen Biologen in ihrer täglichen Routine: Wenn eine Theorie gut genug ausgearbeitet ist, so mag hier und da noch daran gefeilt werden, man kann aber damit arbeiten. (Z. B. in einigen meiner Paper – welche nur sehr indirekt etwas mit Evolution zu tun haben, aber irgendwo sinnlos wären, gäbe es Evolution nicht zumindest größtenteils so, wie wir uns das bislang erklären).

    Die Zusatzfrage ist irgendwie Metaphysik – und überhaupt nicht der Punkt, um den es hier geht – nämlich: (Natur)Wissenschaft ist ein Prozeß neue Erkenntnis zu gewinnen und zu testen. Glauben ist das nicht. Die Abgrenzung zu anderen Erkenntnisprozess/-wegen (welche z. B.?) ist hier gar nicht postuliert, sondern das Postulat ist: Evolution ist kein Glaubens- bzw. belief system.

  23. #23 Lulu
    11. Februar 2014

    Abo

  24. #24 Frank S
    11. Februar 2014

    @ Trottelreiner

    “Mit Verlaub, wenn Religion Aussagen über Götter beinhaltet, ist jede Aussage über Götter Religion.”

    Moment, es ging nicht um die Frage, ob Religion automatisch Gott oder Gott automatisch Religion bedeutet, sondern darum, was Wissenschaft kann, und was nicht.

    Die Aussage, dass das Verständnis von Göttern jenseits der “Zuständigkeit” der Wissenschaft liegt, war auch nicht meine eigene, sondern ursprünglich von “wernerb”, in Beitrag #11.

    Und natürlich “glaubt” man (hoffentlich) nicht an die Evolutionstheorie, sondern vertritt sie als die den vorliegenden Beobachtungen am besten entsprechende Erklärung für die Entstehung der unterschiedlichen Arten.

    Habe ich wirklich an irgend einer Stelle den gegenteiligen Eindruck erweckt?

  25. #25 wernerb
    11. Februar 2014

    @ Alderamin
    Dass auch atheistische Ideologien sich bestens dazu eignen, Verbrechen zu rechtfertigen, dürfte kein Geheimnis sein – angefangen bei der frz. Revolution etc. Das ist aber nicht das Thema.
    “Die grichische Philosophie” – wie Sie verallgemeinern, lehnt nicht komplett das Materielle ab. Im platonischen Denken findet sich diese Anschauung jedoch, dass nämlich die materielle Welt lediglich ein Schatten der Ideenwelt ist (vgl. Platon:Höhlengleichnis). Dennoch schließt dies nicht die Möglichkeit aus, aus materiellen Dingen zu Erkenntnissen zu gelangen.
    Der Neuplatonismus hat übrigens maßgeblich die ersten Jahrhunderte christlicher Theologie geprägt (Boethius, Augustinus etc.), dieser Gegensatz kann also auch nicht aufgebaut werden.
    Bei Aristoteles zeigt sich ein wesentlich differenzierteres Bild bzgl. der Erkenntnisfähigkeit durch die Empirie, das sich weitgehend mit der modernen naturwissenschaftlichen Epistemologie deckt.
    Die Übernahme dieses Konzepts in die christliche Theologie durch die Scholastik und die europäische Universitätslandschaft bildet u.a. auch die Grundlage des naturwissenschaftlichen Schaffens, wie wir es heute kennen. Das Mittelalter als 1000 Jahre Leerlauf zu bezeichnen, ist schlichtweg falsch; dies geht auf den (erfolgreichen) Versuch aufklärerischer Strömungen zurück, ein wissenschaftsfeindliches Bild vom “finsteren Mittelalter” und der Religion zu zeichnen und sich dann davon abzuheben.
    Warum es aber bei einem recht sachbezogenen Thema immer wieder zu einer historischen Grundsatzdiskussion kommt, erschließt sich mir nicht.

    Um also zum eigentlichen Thema zurückzukommen: Kann man mit Kreationisten auf Augenhöhe über die Evolution diskutieren?
    Meine Ansicht: Nein, da die Evolution eben ein naturwissenschaftliches Gebiet ist und daher die Diskussion auf naturwissenschaftlicher Basis geführt werden muss. Wenn sich nun eine Gruppe dieser Basis verschließt, ist eine Diskussion sinnlos.
    Und anders herum: Ebenso kann auf rein (im modernen Sinne) materiell-naturwissenschaftlichem Gebiet keine Aussage über Essenz und Existenz von Dingen getroffen werden, die über das Materielle hinausgehen.
    Dieser methodische(!!!) Atheismus/Materialismus ist für die Naturwissenschaften notwendig, darf aber nicht mit dem -von Trottelreiner angesprochenen- philosophischen Atheismus verwechselt werden. Ersteres ist eben eine Methode, letzteres eine Weltanschauung.

  26. #26 Heino
    11. Februar 2014

    @Toni
    #Nun gut, an der Stelle (der Auferstehung) muß nun schon noch ein klein wenig geglaubt werden,#

    wenn er denn überhaupt tot war …

    https://de.wikipedia.org/wiki/Holger_Kersten

    egal, wie weit man dieser Argumentation folgen will (Indien muss ja nicht sein), wenn man sich nur auf die Angaben aus dem Johannes-Evangelium stützt, könnte er die Kreuzigung durchaus überlebt haben.

    # auch wenn es namhafte Religionswissenschaftler wie z.B. den Juden Pinchas Lapide gibt bzw. gegeben hat (leider schon verstorben), der sagte:

    “Die Auferstehung Jesu als geschichtliches Ereignis muß stattgefunden haben, weil nur so der Aufstieg des Christentums aus dem Judentum überhaupt erklärbar ist. #

    Ein ziemlich schwaches Argument. (Das geschichtliche Groß-Ereignis X kann nur dann stattgefunden haben, wenn dem ein geschichtliches Klein-Ereignis Y vorausgegangen, ALLE ANDEREN Ereignisse, auch wenn sie ähnlich wären, sind ausgeschlossen.

    Überdies schließt dieses Argument medizinische Fehldiagnosen nicht aus.

  27. #27 Heino
    11. Februar 2014

    @Alderamin

    #Ob Hypatia die Ellipse als Bahnform der Erde erkannt hat, lässt sich allerdings nur mutmaßen.#

    Muss man dazu die Sonne vermessen? Reicht es nicht, wenn man feststellt, dass die Anzahlen von Tagen zwischen den Sonnenwenden und den Tag- und Nachtgleichen unterschiedlich sind?

  28. #28 Alderamin
    11. Februar 2014

    @Heino

    Wenn man Kepler 2 kennt, schon. Kannte man aber nicht…

    Ich frage mich gerade, ob Kepler so auf sein 2. Gesetz gekommen ist.

  29. #29 Heino
    11. Februar 2014

    @Alderamin

    #Ich frage mich gerade, ob Kepler so auf sein 2. Gesetz gekommen ist.#

    Dann hätte er nur 1 und 3 gefunden und das andere müsste man Hypatia 1 nennen.

    🙂

  30. #30 WolfStark
    11. Februar 2014

    Man dürfte wohl nicht nur anzweifeln ob Jesus gestorben ist, sondern ob es diese Person überhaupt gab.

    Davon abgesehen zum eigentlichen Thema, ist es wirklich absurd wie jedes Mal so getan wird als wenn Dinge wie Evolution eine Frage des Glaubens wären, wie als wenn diese Theorie nicht durch umfangreiche Forschungsarbeiten und damit verbundene harte Fakten gestützt würde. Trauerspiel.

  31. #31 Heino
    11. Februar 2014

    Und was sagst du dazu dass Evolutionstheorie nicht falsifizierbar ist?

    https://scienceblogs.de/geograffitico/2014/02/10/new-york-times-evolution-eine-glaubensfrage/#comment-21699

  32. #32 Alderamin
    11. Februar 2014

    @Heino

    Na und, die Kosmologie ja auch nicht. Oder die Psychologie. Eigentlich alles, was keine mathematisch präzisen Vorhersagen macht, die man nachprüfen kann.

  33. #33 Heino
    11. Februar 2014

    Ja, eben.

    Und deshalb sieht man zb. in der Psychologie, dass sich das im Laufe der Zeit stark gewandelt hat. Und wir sind sicher noch nicht in einem stabilen Zustand. Und selbst wenn – wenn ich therapieren kann, ist es eigentlich egal, ob mein Modell gestimmt hat. Eigentlich reicht da die Wirkung, selbst wenn gar keine Ursache da gewesen wäre.

  34. #34 Alderamin
    11. Februar 2014

    @Heino

    Sie lässt sich aber, wie die Kosmologie, belegen. Z.B. durch die genetische Verwandschaft allen Lebens, Fossilien, Lokale Diversifizierung, Anpassungen an Lebensräume, Entwicklung von antibiotikaresistenten Bakterienstämmen etc. etc. pp.

  35. #35 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com/2014/01/21/mach-mir-den-hirsch/
    12. Februar 2014

    Bei Herztransplantationen kommt sicherlich hinzu, dass man keine vernünftigen Gründe gehört hat, die gegen solche sprechen.

    Bei Religionen kennt man aber bereits viele mit Exklusivitätsanspruch, die sich gegenseitig also ausschließen, und auch sonst manche Ähnlichkeit haben. Wie kann denn Scientology so beliebt sein, wenn Hubbart nicht wirklich ein Auserwählter ist? Oder die Mormonen mit ihrem Propheten des 19. Jhr. Gibt es irgendeine Mariensichtung wo die Pilgerströme hinlaufen, die doch nicht dahinliefen, wenn es nicht echt wäre.

    Oder die Bildzeitung – das muss alles stimmen, denn sonst würden es die Leute nicht kaufen!

    Ewiger Mythos – so ein Bullshit! Wenn ich recht informiert bin hat die C14-Methode ergeben, dass das Tuch kaum älter als seine sog. Entdeckung ist. Jetzt wird bekrittelt, dass das Tuch ausgebessert worden sei, und die Probe aus dem ausgebesserten Teil gezogen wurde – eine neue will man aber nicht veranlassen.

    Man kann sich die mäßige Dokumentation “Die 17 Häupter des Johannes” anschauen – der Titel sagt es bereits. Darin wird deutlich was die Doktrin der Kirche zu all den bekannten Fälschungen ist, die längst bekannt geworden sind: Dass das dumme Volk an die Heiligkeit der Fetische glaubt macht diese wirklich heilig, und die Kirche respektiert diesen frommen Volksglauben bla, bla, bla – geäußert von einem Domheini des Trierer Doms zur dortigen Fälschung “Heiliger Rock”, die wenige Jahre später “entdeckt” wurde, nachdem im nicht fernen Prüm die “heiligen Sandalen Jesu” auftauchten, und man eifersüchtig auf die Pilgerströme wurde.

    Das ist ein großes Geschäft, dass die Kirchen da machen, und wenn einer aufhört hören die anderen noch lange nicht auf.

    Wenn sich jemand wegen 72 Jungfrauen (oder Rosinen, je nach Lesart) in die Luft sprengt, dann muss das doch auch wahr sein – sonst würde er es doch kaum machen!

    So ein blödes Argument.

    Den Hausherrn (oh, klingt das schon böse 🙂 ) muss ich aber fragen, ob ein einziger Journalist, der aus der Diskussion nichts mitgenommen hat, beweist, dass niemand etwas davon mitgenommen hat.

  36. #36 Jürgen Schönstein
    12. Februar 2014

    @Stefan W. #35
    Was Deine Frage and den “Hausherrn” angeht: Nein, natürlich beweist ein einzelner fehlgeleiteter Beitrag – ich will nicht mal so weit gehen, dass dieser die ehrliche Sichtweise des Schreibers ausdrückt – gar nichts. Aber ich kenne die Branche lange genug (sind drei Jahrzehnte genug, um hier als erfahren zu gelten?), um zu erkennen, dass man a) entweder einen Rezensenten ausgewählt hat, der mit seinen Ansichten keine religösen Gefühle verletzt oder b) der Journalist, wissend um die möglichen Empörungsstürme, die eine auch nur als ansatzweise die Schöpfung kritisierend empfundene TV-Rezension in fundamentalistischen Kreisen auslösen würde, auf die besondere “Ausgewogenheit” des Textes besonnen war. So oder so finde ich es beunruhigend. Ich kenne es ja aus eigener Anschauung, wenn Themen wie beispielsweise Klimawandel (dies bitte jetzt nicht als Nebenschauplatz hier aufgreifen) vielleicht im Wissenschaftsteil unterkommen kann, aber auf den Politik- oder Wirtschaftsseiten absolut diskreditiert wird (weil man ja hier der Kundschaft auf die ideologisch verhornten) Zehen treten könnte.

  37. #37 Heino
    12. Februar 2014

    @Alderamin

    #Sie lässt sich aber, wie die Kosmologie, belegen… #

    ich sage ja nicht, dass sie aus der Luft gegriffen ist oder gar falsch sei. Aber sie entspringt menschlichem Vorstellungsvermögen. Bekanntlich lässt sich die menschliche Wahrnehmung leicht täuschen. Und auch unsere Vorstellungskraft ist nicht auf die Erforschung des Weltalls ausgelegt, sondern darauf, von Liane zu Liane zu schwingen und Tiere mit Speeren zu erlegen (Vereinfacht gesagt).

    Deshalb verwenden wir bei der Physik einen Formalismus, bei dem die menschliche Vorstellungskraft nicht benötigt wird und nicht störend einwirkt. Das ist bei der Evolutionstheorie nicht der Fall.

    Viele Leute kennen den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität nicht. Es könnte zb. sein, dass in der Evolutionstheorie Zusammenhänge lediglich korreliert sind und die “dahinter” stehende Kausalität nicht erkannt ist. (Ich rede nicht von einem Kreator. Das wäre zu billig).

    Und belegen ist weniger als beweisen.

  38. #38 Lulu
    12. Februar 2014

    @Heino

    Und belegen ist weniger als beweisen.

    Und dennoch wird in der Wissenschaft – auch in der Naturwissenschaft – nicht mehr endgültig “bewiesen”, sondern “belegt”.

  39. #39 Alderamin
    12. Februar 2014

    @Heino

    Und belegen ist weniger als beweisen.

    Beweisen geht ja in der Naturwissenschaft bekanntlich generell nicht (nur in der Mathematik).

    Viele Leute kennen den Unterschied zwischen Korrelation und Kausalität nicht. Es könnte zb. sein, dass in der Evolutionstheorie Zusammenhänge lediglich korreliert sind und die “dahinter” stehende Kausalität nicht erkannt ist.

    Man kann in der Evolutionstheorie zwar kein Pendant zu den Einsteinschen Feldgleichungen aufstellen, man kann aber Wahrscheinlichkeitsanalysen machen. Alle Säugetiere (und auch die meisten anderen Wirbeltiere) haben z.B. fünf Finger und Zehen (zumindest im Knochenbau angedeutet). Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, dass in allen möglichen Lebensräumen, ob im Baum oder in der Prärie oder im Dschungel, alle Organismen 5 Finger entwickeln? Man findet (wenn ich mich recht entsinne) auch aus der Frühzeit der Wirbeltiere, als diese an Land gingen, Varianten mit 8 Fingern, die jedoch ausstarben. Die einzige schlüssige Erklärung ist, dass die 8-fingrigen Arten verschwanden und nur die 5-fingrigen übrig blieben.

    Der genetische Code des Menschen umfasst 23000 Gene mit 3,27 Milliarden Basenpaaren. Das des Schimpansen ist mit unserem zu 95% identisch. Eine unabhängige Entstehung ist daher statistisch vollkommen ausgeschlossen.

    Wenn man die mittleren Mutationsraten des Genoms betrachtet, kann man ausrechnen, wann zwei Arten gemeinsame Vorfahren gehabt haben. Dies passt mit der Datierung von Fossilien bei vielen betrachteten Fällen gut zusammen

    Man kann der Evolution auch live zuschauen. In Australien gibt es, wenn ich mich recht entsinne, eine Art Wettrüsten zwischen einer Krötenart und einer Schlangenart, wobei die Kröte an Giftigkeit zulegt und die Schlange an Gifttoleranz. Oder wenn Genome von Krankheitserregern so mutieren, dass sie z.B. vom Tier auf den Menschen oder von Mensch zu Mensch übertragbar werden.

    Überhaupt ist die Evolutionstheorie die einzige schlüssige Theorie, die uns erklärt, wie so hochkomplexe Strukturen wie Lebewesen überhaupt zustande kommen können. Eine zufällige Entstehung eines Säugetiergenoms aus dem Nichts ist schlicht unmöglich (hier greift mal das Argument der Evolutionsgegner, dass ein komplexer Organismus nicht zufällig entstehen kann; sie beziehen sich auf die Mutation, vergessen nur stets Vererbung und Selektion, die den Evolutionsmechanismus erst möglich machen).

    Will heißen: das ist ein bisschen zu viel Korrelation für nicht vorhandene Kausalität.

    Ähnliches gilt in der Kosmologie: auch da kann man z.B. “fossile” Galaxien finden, wenn man weit genug in die Ferne (und damit Vergangenheit) schaut. Auch da kann man die Entwicklung von Galaxien an Beispielen nachvollziehen. Der Mutationsrate des Gencodes entspricht dort der Metallreichtum der Sterne. Die beiden Disziplinen stützen sich also auf ähnliche Belege. Auch in der Kosmologie ist die Kausalität nicht direkt offensichtlich, man kann Galaxien nicht bei Veränderungen direkt zuschauen.

    Aber sie entspringt menschlichem Vorstellungsvermögen. Bekanntlich lässt sich die menschliche Wahrnehmung leicht täuschen.

    Es gibt gute Belege für die Evolution, sie ist mehr als eine nette Idee und diese Belege stehen auch ohne den Bias der menschlichen Wahrnehmung, wie die obigen Beispiele zeigen. Ich sehe da keinen großen Nachteil gegenüber der Methodik in der Kosmologie.

  40. #40 Heino
    12. Februar 2014

    @Alderamin

    #Es gibt gute Belege für die Evolution, sie ist mehr als eine nette Idee und diese Belege stehen auch ohne den Bias der menschlichen Wahrnehmung, wie die obigen Beispiele zeigen. Ich sehe da keinen großen Nachteil gegenüber der Methodik in der Kosmologie.#

    Ich habe nicht behauptet, dass sie “bloss eine nette Idee” ist. Und die Methodik des zurückführens auf gemeinsame Vorfahren ist ebenfalls schlüssig. Dennoch ist es weniger fundiert, als wenn es eine mathematische Theorie dahinter gäbe und die Messwerte übereinstimmen.

    #Die einzige schlüssige Erklärung ist, dass die 8-fingrigen Arten verschwanden und nur die 5-fingrigen übrig blieben.#

    Apropos – ab und zu gibts auch 6-fingerige Menschen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Polydaktylie

    da steht übrigens auch

    https://de.wikipedia.org/wiki/Polydaktylie#Konsequenzen_f.C3.BCr_die_Evolutionstheorie

    Es ist noch nicht alles verstanden. In 100 Jahren werden sie mitleidig über uns lächeln und mit “Steinzeit” titulieren.

  41. #41 Alderamin
    12. Februar 2014

    @Heino

    Dennoch ist es weniger fundiert, als wenn es eine mathematische Theorie dahinter gäbe und die Messwerte übereinstimmen.

    Und ich hab’ anhand der Rückrechnung von Mutationsraten auf das Alter gemeinsamer Vorfahren ein Beispiel gebracht, wo genau dies der Fall ist.

    Ich bin kein Biologe, die könnten sicherlich noch weitere Beispiele aufzählen.

    Apropos – ab und zu gibts auch 6-fingerige Menschen.

    Das sind Fehlbildungen und nicht der Regelfall. Hat also nichts mit dem Grundargument zu tun, dass alle (Land-)Säugetiere fünf Finger/Zehen angelegt haben (sondern zeigt vielmehr, dass das Genom durchaus nicht gezwungen ist, sich auf fünf Finger beschränken zu müssen).

    Es ist noch nicht alles verstanden. In 100 Jahren werden sie mitleidig über uns lächeln und mit “Steinzeit” titulieren.

    So wie wir heute über Einstein und Newton lächeln?

    Wie werden wohl nie alles verstehen. Das heißt aber nicht, dass wir gar nichts verstehen. Wir wissen schon eine Menge darüber, wie die Welt funktioniert.

  42. #42 Heino
    12. Februar 2014

    @Alderamin

    #Das sind Fehlbildungen und nicht der Regelfall.#

    Könnte aber zur Abspaltung von neuen Gattungen, Arten, oder wasauchimmer führen.

    #So wie wir heute über Einstein und Newton lächeln? #

    Vielleicht nicht über Einstein. Aber Newton, der den Apfel auf den Kopf gekriegt hat? Zb. Hypatia stehen manche recht kritisch gegenüber, weil sie Kepler nicht gelesen hat, obwohl sie auch die Tage zwischen den Tag-und-Nachtgleichen hätte zählen können.

    Manche zweifeln die Mondlandung an, weil der Bordcomputer nur die Intelligenz einer Waschmaschine hatte. Die Wertigkeit guter Ingenieursleistung aus früheren Zeiten wird halt nicht anerkannt. Was ein Analogrechner ist, weiss wohl heute keiner mehr. Und dass man früher viel mehr gerechnet, statt simuliert hat. Wert hat heutzutage Rechenleistung, statt Gehirnschmalz.

    #Wir wissen schon eine Menge darüber, wie die Welt funktioniert.#

    Das dürfte Hypathia auch gedacht haben.

  43. #43 Alderamin
    12. Februar 2014

    @Heino

    Könnte aber zur Abspaltung von neuen Gattungen, Arten, oder wasauchimmer führen.

    Dazu reicht es aber nicht, wenn nur irgendein Individuum das Merkmal erhält. Es muss eine gewisse Isolation des Genpools herrschen, damit sich so etwas dort durchsetzen kann und nicht von anderen Genen massenmäßig einfach wieder verdrängt wird, und es muss einen Selektionsvorteil bieten. Wenn hingegen ein Merkmal wie Achtfingrigkeit schon in der gesamten Population vorhanden ist, dann verschwindet es nicht notwendigerweise, wenn kein Selektionsnachteil damit verbunden ist.

    Aber Newton, der den Apfel auf den Kopf gekriegt hat?

    Hat er gar nicht. Es gäbe aber auch wenig Grund zu lachen. Neben dem Gravitationsgesetz und den Grundlagen der Bewegung (F=m*a, Actio = Reactio etc.) hat er nebenbei noch die Differential-, Integralrechnung und das Spiegelteleskop erfunden. Alles Dinge, die heute noch benutzt werden. Es war übrigens auch Newton der gesagt hat, er konnte ein wenig weiter schauen als andere, weil er auf den Schultern von Riesen stehe.

    Manche zweifeln die Mondlandung an, weil der Bordcomputer nur die Intelligenz einer Waschmaschine hatte. Die Wertigkeit guter Ingenieursleistung aus früheren Zeiten wird halt nicht anerkannt.

    Diese Leute sollten nicht vergessen, dass derzeit niemand in der Lage wäre, einen Menschen auf dem Mond zu landen und wieder zur Erde zurück zu bringen. Die Rakete dafür muss erst wieder gebaut werden (ist in der Mache). Die Landefähre ebenso (wurde ersatzlos gestrichen).

    #Wir wissen schon eine Menge darüber, wie die Welt funktioniert.#

    Das dürfte Hypathia auch gedacht haben.

    Wohl kaum. Damals war man sich sicherlich darüber im Klaren, dass man nicht wusste, was die Planeten sind, warum die Sonne scheint, was ein Blitz ist. Diese Lücken wurden dann von vielen mit Göttern gestopft. Aber in der Antike war man schon schlau genug, die Kugelgestalt der Erde zu erkennen und sogar ihren Umfang zu messen, sowie Atome als Bausteine der Materie zu vermuten. Die Denker haben sich nicht mit den Göttern der Lücke abgefunden. Und Atheisten gab’s damals auch schon.

    Unsere heutige Physik erklärt uns schon die komplette Alltagswelt (und diese Erklärungen sind, anders als viele Vorstellungen in der Antike, durch Experimente abgesichert). Die Herausforderungen der heutigen Naturwissenschaft liegen im Allerkleinsten, Allergrößten, und in der Komplexität chaotischer Systeme.

  44. #44 Basilius
    Tari Tari
    12. Februar 2014

    @Heino

    Manche zweifeln die Mondlandung an, weil der Bordcomputer nur die Intelligenz einer Waschmaschine hatte.

    Das hat IMHO weniger mit der “Intelligenz” des Bordcomputers zu tun, als viel mehr mit dem Bildungstand von “Manche”.

    Die Wertigkeit guter Ingenieursleistung aus früheren Zeiten wird halt nicht anerkannt.

    So pauschal stimmt das sicherlich nicht. Die Wertigkeit haben “Manche” aber früher schon genau so wenig anerkannt. Daran ändert sich doch im Laufe der Zeit recht wenig.

    Was ein Analogrechner ist, weiss wohl heute keiner mehr.

    Wieso soll das keiner mehr wissen? Wie kommst Du auf diese Idee? Immerhin kann jeder, den es interessiert nachlesen was das ist. Gibt es ja heute auch noch. Ich denke, daß es auch hier so sein dürfte, daß die, die das heute nicht wissen genau dieselbe Art Menschen sind, die das früher auch schon nicht interessiert hat.

    Und dass man früher viel mehr gerechnet, statt simuliert hat. Wert hat heutzutage Rechenleistung, statt Gehirnschmalz.

    Auch das sehe ich völlig anders. Klar, im Gegensatz zu früher gibt es viel mehr Simulationen. Es wird heutzutage aber parallel dazu trotzdem viel mehr “gerechnet” als früher. Und reine Rechenleistung ohne Gehirnschmalz nützt Dir heutzutage genau so wenig wie damals was. Schlau musst Du schon trotzdem sein, auch wenn sich die zur Verfügung stehenden Methoden erweitert haben.

    Schätzt Du Die Wertigkeit guter Ingenieursleistung aus früheren Zeiten höher ein, als die Wertigkeit guter Ingenieursleistung aus heutigen Zeiten?

    Siehst Du die Simulationen als was Schlechtes an?

    Findest Du es schlimm, daß man heutzutage auf Analogrechner meist verzichten kann, weil sich für die meisten Aufgaben Digitalrechner besser eignen?

  45. #45 Toni
    13. Februar 2014

    @ Heino

    “wenn er denn überhaupt tot war …”

    und

    “Nach den Aussagen des Johannesevangelium könnte er die Kreuzigung durchaus überlebt haben”.

    Die Spekulation das Jesus nicht tot gewesen sein könnte, entbehrt jeder Grundlage.

    1. Die Römer waren Profis im Kreuzigen (bei Aufständen und kriegerischen Auseinandersetzungen wurden oftmals tausende Gefange an Ort und Stelle gekreuzigt) und wußten daher auch wie man sicherstellt, daß ein Gekreuzigter wirklich tot ist (Beine zerschlagen; Lanzenstich ins Herz).

    2. Jesus war nicht irgendjemand sondern wurde als “König der Juden” = vermeintlicher Messias/Volksaufwiegler, Gefahr für die Autorität Roms, bekannte Persönlichkeit ect. hingerichtet. Da gingen die römischen Soldaten natürlich sogar besonders gründlich bei ihrer “Todesfeststellung-/Sicherstellung” vor (Unzuverlässigkeit in solchen Fällen hätte wohl nicht nur die “Karriere” der beteiligten Soldaten gefährdet sondern vielleicht auch ihr eigenes Leben bzw. ihre Freiheit)!

    Und gerade auch in der Zeit in der Jesus hingerichtet wurde – zur Zeit des Pesachfestes in Jerusalem hatten die Soldaten auch ein Eigeninteresse bei “Aufwieglern/Auständischen” besonders gründlich zu sein – warum?

    Weil daß zur Zeit Jesu wohl keine 50.000 Einwohner große Jerusalem zu diesem Fest jährlich zu einer (Mehr-)Millionenstadt anschwoll, da die Juden Opfer nur im Tempel zu Jerusalem darbringen konnten und daher zu dieser Zeit das ganze Land nach Jerusalem hinaufzog! Es wimmelte in und in den Zeltstädten um Jerusalem herum zu dieser Zeit also von Menschen und das wahr natürlich auch für die Römer gefährlich, weil sie jedes Jahr aus neue Aufstände fürchteten und fürchten mußten (im Vorfeld des großen jüdischen Krieges um 70. n. Chr. wurde von den Juden eine ganze römische Legion nebst Hilftruppen = 30.000 Mann niedergemacht!).

    3. Johannes berichtet, daß Jesus in die Seite – Herzgegend gestochen wurde. Die These das dabei bei einem Toten kein Blut/Wasser mehr hätte austreten können, ist einfach nur “absurd”. Wir reden hier nicht davon, daß ihm Wochen später in die Seite gestochen wurde sondern kurz nach seinem Tode und da läuft natürlich noch “Flüssigkeit” insbesonder aus dem Herzen aus….

    4. Und selbst wenn Jesus nicht Tod gewesen wäre nach seiner Kreuzesabnahme – wie und wo hätte er im verborgenen die Tortur der Kreuzigung überleben und es danach aus der Stadt / dem Land schaffen sollen!?

    Josefus Flavius berichtet übrigens, daß zwei seiner Freunde, die er zufällig bei einer Massenhinrichtung am Kreuz vorfand, auf Geheiß von Tiberius (dem späteren Kaiser) noch lebend vom Kreuz abgenommen wurden und trotz der bestmöglichen Krankenpflege diese Tortur nicht überlebten und an den Folgen Kreuzigung starben.

    Die Spekulation das Jesus die Kreuzigung überlebt haben könnte ist genauso absurd wie die Annahme es hätte den historischen Jesus nie gegeben. Kein ernsthafter Historiker/Mediziner ect. vertritt heute noch solche Thesen.

    Gruß!

  46. #46 Jürgen Schönstein
    13. Februar 2014

    @Toni #45
    Sie sind hier schon auf Moderation gestellt, weil Ihre Beiträge in aller Regel nur marginal, wenn überhaupt, auf das eigentliche Thema eingehen. Und Beispiele wie dieses hier (Nr. 45) sind noch nicht mal in sich selbst konsistent:Entweder reden wir von der Bereitschaft zu Glauben, was im so genannten Neuen Testament steht (das selbst beim besten Wohlwollen nur als ein Hörensagenbericht einer späteren Generation – frühestens ein paar Jahrzehnte nach den geschidlerten Ereignssen verfasst – gelten kann), na gut, dann sind das eben Glaubensfragen. Oder man gibt Belege: Und in historischen Quellen außerhalb des Neuen Testaments gibt es keine Belege für einen historischen Jesus. Keinen jedenfalls, der solche massen angezogen und mit einem großen Spektakel hingerichtet wurde. Das NT hier als “Beweis” anzuführen ist absurd. Genauso gut könnte ich Moby Dick als Beweis dafür angeben, dass ein Qäker aus Nantucket auf der Jad nach einem weißen Pottwal sein gesamtes Schiff bis auf einen Leichtmatrosen versenkt hat.

    Um es kurz zu machen: Alle weiteren Kommentare werden in der Moderationsschleife hängen bleiben. Ich habe nämlich wirklich die Nase voll davon, dass Sie mit Ihren Bibelsprüchen jede Diskussion off-topic drängen. Sie nehmen ja eh’ nicht zur Kenntnis, was andere Ihnen erklären – dann können Sie auch gleich in der Moderationsschleife Ihre Selbstgespräche führen.

  47. #47 Adent
    13. Februar 2014

    @Jürgen
    Ich sag nur einfach entvokalisieren, bei Cornelius hat er es auch gerade wieder geschafft. Ewig das gleiche Gepredige eines Märchens für das es keinerlei Belege gibt, ausser denen von Gläubigen, nervig.
    Zu Heino
    Man kann das Ganze sehr viel weiter zurückverfolgen, viele der Gene (>20%), die es heute in Pflanzen und Tieren (und Pilzen, die ja ein eigenes Reich bilden) gibt, besitzen eine Genstruktur, die nur so zu erklären ist, dass das Gen, welches heute vorkommt bereits in dem gemeinsamen Vorläufer von Tieren und Pflanzen so aussah. Mit Genstruktur ist gemeint die Abfolge von Exons (für das Protein kodierender Bereich) und Introns (nicht kodierender Bereiche in einem Gen, die bei Herstellung der mRNA herausgeschnitten werden). Diese Introns gibt es sehr wahrscheinlich bereits seit mehr als 1 Millarde Jahren, man findet sie auch in Algen und teilweise in Protisten. Will sagen, für einige Gene lässt sich zeigen, dass sie so alt sind und vor langer langer Zeit im Vorläufer der heutigen verschiedenen Reiche so vorlagen.
    Wollte man das anderweitig erklären, benötigt man einen großen Haufen weniger wahrscheinlicherer Hypothesen.
    Mal ganz davon ab, das es zum Beispiel das Gen, welches bei erblichem Brustkrebs mutiert ist ebenfalls in Pflanzen gibt, es kodiert nämlich für ein DNA-Reparaturprotein. Ebenso ist der gesamte Transkriptions- und Translationsapparat älter als die Aufspaltung der Organismenreiche, was eigentlich auch sehr klar zeigt, dass wir alle miteinander verwandt sind, ich oder du zum Beispiel mit dem Affen, der Qualle, dem Raps oder der Tulpe völlig wurscht was du hernimmst.

  48. #48 Wilhelm Leonhard Schuster
    13. Februar 2014

    : x, ist nicht gleich y – dürfte doch eine klare Aussage sein.
    Oder: Physik, ist nicht gleich Metaphysik!
    Noch Fragen?
    Skatpartner sind gefragt!

  49. #49 wernerb
    13. Februar 2014

    @Jürgen Schönstein

    Hier muss ich Toni teilweise in Schutz nehmen – auch wenn ich diese Themenabschweife nicht sehr mag -, aber die Frage nach der historischen Existenz Jesu wurde von WolfStark hier als erstes aufgeworfen.
    Zum Inhalt: Den Evangelien ihren Charakter als historische Quelle abzusprechen, entbehrt meiner Ansicht nach jeglicher Logik. Ich spreche hier noch nicht von Glaubensfragen, sondern rein geschichtlich. So sind biblische Berichte an sich historisch genauso zu beurteilen und abzuwägen wie jede andere Quelle auch.
    Der Vergleich mit Moby Dick, das als bewusst fiktives Werk geschrieben wurde, geht ins Leere.
    Wenn man argumentieren will, die Historizität der Evangelien sei durch eine Intention des Verfassers beeinflusst, muss man dies auch auf jede andere historische Quelle beziehen, denn kein Werk – vor allem nicht in der Antike – wurde ohne eine Absicht verfasst.
    Zum Thema “Historizität der Person Jesus von Nazareth”: Wenn man die These ausstellt, Jesus habe nie existiert, muss man auch über mögliche Implikationen nachdenken: Angenommen, die Evangelisten hätten alles (inkl. der Person) erfunden, geht das argumentativ schon in Richtung “Die Mondlandung hat nie stattgefunden”, was die unterstellte Beteiligung der Mitwirkenden angeht. Setzt man – und das ist schon eine sehr späte Datierung – das erste Evangelium auf die 60er Jahre des 1.Jhs an, haben auf jeden Fall noch Augenzeugen gelebt, wodurch eine eventuelle Fälschung leicht zu entlarven wäre.
    Die These, es hätte die Person Jesus nie gegeben, wird tatsächlich historisch kaum noch vertreten(Ausnahmen gibt es immer, siehe Mondlandung 😉 ).
    Zu den außerbiblischen Quellen:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Außerchristliche_antike_Quellen_zu_Jesus_von_Nazaret#Historische_Einordnung

  50. #50 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com/2014/01/30/logikhuber/
    13. Februar 2014

    @WernerB:
    Zu historischen Belegen der Existenz Jesus siehe Detering: https://hpd.de/node/12044

    Die Belege mit der Mondlandung gleichzusetzen ist einfach lachhaft. M.W. sind auch die ersten Schriften nicht i.d. 60er sondern 70er Jahren entstanden. Dass damals noch Augenzeugen gelebt haben sollen mag sein, die Frage ist allerdings wo, und wo wurden die Texte, auf die die Evangelien zurückgehen, verfasst? Was hätten Augenzeugen tun können, wenn diese sich anders an die Geschichte erinnern? Vor allem: Wer könnte als Augenzeuge bezeugen, dass all das nicht passiert ist – es ist ja nicht präzise datiert.

    Die ältesten erhaltenen Texte sind aber deutlich jünger, aus dem 2. Jhr. erst und sind Abschriften von Abschriften die dann später gesammelt u. geordnet und kanonisiert wurden, aber nicht unter Gesichtspunkten historischer Authentizität.

    Zu Problemen der Textrekonstruktion siehe Lüdemann: https://hpd.de/node/17337

  51. #51 Heino
    13. Februar 2014

    @Alderamin

    #Es muss eine gewisse Isolation des Genpools herrschen, …#

    Schon klar. Die Existenz von Fehlbildungen führt nicht zwingend zu neuen Arten. Kann aber daran beteiligt sein. Ob in unserer eigenen Evolution eine wichtige Eigenschaft so hinzukam – wissen wir nicht.

    #Hat er gar nicht. Es gäbe aber auch wenig Grund zu lachen. Neben dem Gravitationsgesetz …#

    Das war eigentlich das, was ich sagen wollte. Newtons Größe wird durch die Apfel-Geschichte (die zu dem nicht stimmt) ins Lächerliche gezogen. Das schmälert seine sonstigen Leistungen. Genau so wie die großartige Leistung der Mondlandung mit der Waschmaschinenintelligenz klein geredet wird.

    #Damals war man sich sicherlich darüber im Klaren, dass man nicht wusste, was die Planeten sind, warum die Sonne scheint, was ein Blitz ist. Diese Lücken wurden dann von vielen mit Göttern gestopft. …#

    Wenn “man” sich damals da so im Klaren war, warum gibts dann heute Kreationisten? Zirkelschlüsse in Argumenten sind eine schöne Methode um Behauptungen zu “beweisen”. Schön einfach.

    # … und diese Erklärungen sind, anders als viele Vorstellungen in der Antike, durch Experimente abgesichert#

    Ich glaube nicht, dass die Menschen der Antike das als Mangel empfunden haben. Ich glaube vielmehr, dass die mit ihrem Weltbild zufrieden waren. Die Götter haben sie nicht gestört und sie hatten kein Bedürfnis, Götter durch Naturwissenschaft zu ersetzen.

  52. #52 wernerb
    13. Februar 2014

    @ Stefan W.

    Um kurz auf die angeführten Dokumente einzugehen:
    1. Datierung: Das mit den 70er-Jahren habe ich auch schon gehört, scheint mir aber wenig schlüssig. Ein gewichtiges Argument ist die Apostelgeschichte, die zwar die Reise des Paulus nach Rom, nicht aber seinen Tod dort ein paar Jahre später anführt. Geht man daher davon aus, dass die Apg zwischen 60-64 verfasst wurde und sich Lukas auf sein früheres Werk (Lk-Ev.) bezieht (die Identität beider Verfasser gilt als gesichert), ist das Lk-Ev. vor 64 geschrieben worden. Dass Mk und Mt als älter anzusetzen sind, ist auch bezeugt. Einzelne hebr. Fragm. des Mt-Ev. wurden in die spätern 40er-Jahre datiert, ob es sich bereits um Teile eines vollständigen Ev.s gehandelt hat, ist aber umstritten.
    2. Ort: Die Entstehung des Mt-Ev.s in Palästina gilt aber als gesichert. Das Mk-Ev. geht aus der römischen Tradition hervor. Die anderen beiden werden im hellenistischen Umfeld verortet, ist aber auch nicht sicher.

    Der von Ihnen angeführte Artikel ist schon sehr spekulativ (um nicht zu sagen hanebüchen). Der Verfasser behauptet eine Ev-Entstehung im 2.Jh, ohne diese zu belegen und lässt schlichtweg keine früheren Quellen gelten, so kann man es auch machen 😉 Tacitus, Plinius und Sueton z.B. wurden mit Sicherheit nicht christlich überarbeitet. Ebenso postuliert er, dass die Verfasserangaben nicht stimmen -wiederum ohne Beleg etc.
    Eine derart späte Datierung hätte definitiv unterschiedliche Varianten der Evangelien zur Folge, bedenkt man dass sich die Kirche bereits im 1.Jh. weit verbreitet hatte.

    Um den Spieß einmal umzudrehen: Ich habe bisher noch von keinem halbwegs plausiblen Szenario gelesen, das die Entstehung der Kirche ohne die Existenz Jesu erklären könnte. Ein solches Szenario müsste zumindest folgendes beinhalten:
    -Die Entstehung und Verbreitung einer Gruppe ohne eine Gründergestalt aus einer Provinz am Rand des röm. Reiches über die gesamte damals bekannte Welt innerhalb weniger Jahrzehnte.
    – Der Zusammenschluss einiger palästinischer Fischer und Handwerker
    -Das Motiv für Zusammenschluss und Verbreitung
    -Das Fehlen jeglicher Zweifel an der Gründergestalt innerhalb der paganen Literatur. Es wäre z.B. für den Statthalter von Palästina ein Leichtes gewesen, an Hand von Prozessakten nachzuweisen, dass keine Person namens Jesus (am 14. Nisan 30) gekreuzigt worden wäre.
    etc.

  53. #53 Heino
    13. Februar 2014

    @Toni

    #1. Die Römer waren Profis im Kreuzigen …#

    Solche Allgemeinaussagen beweisen nichts für Einzelfälle.

    #Beine zerschlagen; Lanzenstich ins Herz#

    Beine zerschlagen war genau das, was man bei Jesus nach dem Johannesevangelium NICHT gemacht hat.

    #2 … Da gingen die römischen Soldaten natürlich sogar besonders gründlich bei ihrer …#

    Gerade die “natürlich”- Argumente sind besonders verdächtig! Also Beweis durch Suggestion.

    # … und da läuft natürlich noch “Flüssigkeit” insbesonder aus dem Herzen aus…. #

    Der Auslauf von Blut/Wasser ist aber kein Beweis für das Eintreten des Todes. Viele Wunden bluten.

    # …wie und wo hätte er im verborgenen die Tortur der Kreuzigung überleben und es danach aus der Stadt / dem Land schaffen sollen!?#

    Das ist eine Gegenfrage und somit ein recht schwaches Argument, wenn man AUSSCHLIEßEN will, dass er überlebt hat.

    Fakt ist, wenn man dem NT folgt muss man ENTWEDER die Auferstehung von den Toten glauben, ODER das Überleben der Speerwunde und die Erholung bei geringer Pflege. Wer jetzt sagt, dass die Auferstehung von den Toten das wahrscheinlichere Ereignis ist, der müsste um sich herum noch viel mehr Auferstehungen feststellen können. Ansonsten wird er wohl die Wahrscheinlichkeit falsch eingeschätzt haben.

  54. #54 Alderamin
    13. Februar 2014

    @Heino

    Das war eigentlich das, was ich sagen wollte. Newtons Größe wird durch die Apfel-Geschichte (die zu dem nicht stimmt) ins Lächerliche gezogen. Das schmälert seine sonstigen Leistungen. Genau so wie die großartige Leistung der Mondlandung mit der Waschmaschinenintelligenz klein geredet wird.

    Es ging doch darum ob “wir” (also die Menschheit im allgemeinen) die Leistungen früherer Generation anerkennt oder nicht. Dass einzelne das nicht tun, steht außer Frage. Dumme Leute gibt’s immer. Wer in der Schule aufgepasst hat, sollte allerdings Newtons Leistungen zu schätzen wissen, und die Physiker tun das auch.

    Wenn “man” sich damals da so im Klaren war, warum gibts dann heute Kreationisten?

    Weil ich mit “man” nicht alle meine, sondern die damaligen Gelehrten. Heute sind die Kreationisten ja auch eine Minderheit.

    Ich glaube nicht, dass die Menschen der Antike das als Mangel empfunden haben.

    Das ist auch weniger ein Argument dagegen, dass die Menschen der Antike ihr Wissen richtig einschätzen konnten oder nicht, sondern vielmehr eines dafür, dass wir es heute können.

    Die Götter haben sie nicht gestört und sie hatten kein Bedürfnis, Götter durch Naturwissenschaft zu ersetzen.

    Warum hat Ptolemäus sich dann Gedanken zu den Epizyklen der Planeten gemacht? Das waren ja die Götter. Wenn man sich mit diesen zufrieden gegeben hätte, hätte die Antwort doch wohl gelautet, die Götter können so über den Himmel laufen, wie sie gerne möchten (und ihre Wege sind ohnehin unergründlich). Natürlich gab’s in der Antike Naturwissenschaft, nur nicht so systematische, wie heute.

  55. #55 Heino
    13. Februar 2014

    #Dass einzelne das nicht tun, steht außer Frage. Dumme Leute gibt’s immer. #

    Das ist die Frage, ob das nur einzelne sind. Meiner nicht repräsentativen Beobachtung nach sind es viele. Ich tippe auf die übewiegende Mehrheit. Xenophobie ist im Menschen angelegt. Und auch, sich für besser zu halten als andere. Unter die “anderen” fallen auch zb. das “finstere” Mittelalter. Und was fällt einem ein, wenn man an die Bibliothek von Alexandria denkt? Dass es das gesammelte Wissen war, oder dass sie verbrannt ist?

    Wie gesagt – ohne Beweis.

    #Natürlich gab’s in der Antike Naturwissenschaft, nur nicht so systematische, wie heute.#

    ja, natürlich gabs auch Naturwissenschaft. Aber nicht so wie heute. Die Frage des Experiments stellte sich nicht. Die Philosophie stand über der Natur und es gab jede Menge Mystik. Die Unterwelt, der Hades usw waren durchaus real. Dass wir das nicht nachvollziehen können ändert es nicht. Vielleicht sind wir durch die fehlende Mystik verarmt. Aber ich fühle mich nicht so. Ich fühle mich eher reicher. Die aus der Antike würden vermutlich den Kopf schütteln.

  56. #56 Trottelreiner
    15. Februar 2014

    @Alderamin:
    Ich denke mal es ist am Besten, wenn ich das nach einzelnen Punkten aufdrösel, in einigen Dingen sind wir wohl derselben Meinung, in Anderen gibt es wohl ein paar Unterschiede:

    1.) Ich denke, daß der Mord an Hypatia ein Beispiel für religiösen Fanatismus darstellt, daß das Ganze im Rahmen eines politischen Konfliktes erfolgte ändert daran nichts; andernfalls würde es keine Opfer religiöser Gewalt geben, weil religiöse Konflikte immer eine politische Komponente haben, im Zweifelsfall die politische Entscheidung, welche religiöse Gruppe recht hat.

    Insbesondere zeigt dieses Ereignis, daß das Christentum eben nicht unbedingt friedfertiger als gewisse andere mono- und polytheistische Religionen ist, und eine eventuelle Bedrohung des Christentums läßt sich schwer konstruieren.

    Solche Konflikte waren allerdings nicht auf das Christentum beschränkt und auch nichts Neues in der römischen Geschichte oder der Geschichte Alexandrias. Ein guter Teil dessen, was wir vor der Entzifferung der Hieroglyphen über das alte Ägypten wußten kommt daher, daß sich Ägypter, Juden und Griechen darüber stritten, wer denn nun die älteste Kultur sei,

    https://de.wikipedia.org/wiki/Manetho

    und hin und wieder wurden diese Auseinandersetzungen etwas, äh, mehr gewalttätig:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Alexandria_riot_(66)

    Hin und wieder rebellierten die Juden, hin und wieder machten sich Griechen einen Spaß daraus, direkt vor einer Synagoge ein paar heidnischen Göttern zu opfern, die Ägypter drehten hin und wieder auch durch etc.

    Es ist anzunehmen, daß die intellektuellen Anführer der verfeindeten Gruppen durchaus Ziele dieser Gewalt wurden.

    Die Einordnung solcher Konflikte ist etwas schwierig, da politische, soziale und religiöse Identität in der Spätantike eng verbunden waren; ob man den Nika-Aufstand

    https://de.wikipedia.org/wiki/Nika-Aufstand

    jetzt als soziale Unruhe, religiösen Konflikt oder “a sport fanatics riot gone really, really wrong” ansieht, ist auch eine Geschmacksfrage.

    2.) Ich denke nicht, daß dieser Mord einen Hintergrund in einem Kampf Religion gegen Wissenschaft hat, Hypatia wurde wohl hauptsächlich wegen ihrer Nähe zum Statthalter Orestes ermordet; eventuell spielte auch ihre Nähe zum Neuplatonismus eine Rolle, aber eher weil dieser eben durchaus eine religiöse Komponente hatte. Gerade deswegen wurden ja auch einige Neuplatoniker Christen bzw. Christen vom Neuplatonismus beeinflußt, etliche Neuplatoniker hingen aber anderen Religionen an, egal ob diese nun jüdisch, römisch, griechisch oder altägyptisch war.

    Inwiefern es einen solchen Gegensatz überhaupt gab, ist fraglich, viele Christen lehnten die heidnische Bildung ab, andrererseits gab es in der damaligen Wissenschaft wenig, was dem christlichen Glauben hätte widersprechen können, um genau zu sein sind viele der späteren Konflikte z.B. mit Galilei ja dadurch zu erklären, daß sich das Christentum die damalige Wissenschaft, z.B. Ptolemäus etwas zu sehr zu eigen machte.

    BTW benennen wir ja auch nicht Archimedes’ Ende ein Beispiel für den Gegensatz zwischen Wissenschaft und Milität, wobei mir das eher als ein “suicide by legionaire”

    https://en.wikipedia.org/wiki/Suicide_by_cop

    denn als ein Mord vorkommt…

    3.) Ich stimme dir zu, daß es verwundert, wieso die wissenschaftliche Entwicklung bei dem Wissen der Antike nicht schneller stattfand, aber meiner Meinung nach zeigt sich dieses Paradox schon viel früher als in der Spätantike und im Frühmittelalter; Heron von Alexandria baute eine primitive Wärmemaschine, außerdem ist der Heronsbrunnen nach ihm benannt,

    https://de.wikipedia.org/wiki/Heron_von_Alexandria

    Auch wenn diese “Dampfmaschine” eher schlecht Arbeit verrichten konnte, hätte man z.B. darüber eine Art primitive Raketen- oder Jettechnologie entwerfen können. Wir wissen nicht genau wann Heron lebte, am wahrscheinlichsten ist das 1. Jhdt. n.Chr. Das Christentum gewann ungeführt im 3. Jhdt. die Oberhand, also was ist in den dazwischenliegenden 200 Jahren passiert?
    Es wird noch merkwürdiger, einige Entwürfe Herons wurden wohl von Ktesibios entwickelt,

    https://de.wikipedia.org/wiki/Ktesibios

    dieser lebte im 3. Jhdt. v.Chr. Wo blieb in diesen 300 Jahren der Fortschritt? Die einfachste Erklärung wäre, daß es in der europäischen Industriellen und wissenschaftlichen Entwicklung einen beschleunigenden Faktor, eventuell auch eine rückkopplung gab, die es in der Antike nicht gab. Welche das ware, ob z.B. die Sklaverei technologische Entwicklungen behinderte, oder ob die Automatenbauer praktische Anwendungen in der Industrie unter ihrer Würde ansahen, keine Ahnung. Vielleicht liegt dies auch an einer Fehleinschätzung unsererseits, denn…

    5a.) Erster Unterpunkt, ich denke, daß wir die antike Wissenschaft sowohl über- als auch unterschätzen. Nehmen wir einmal an, Hypatia hätte die Veränderungen in der Größe der Sonne wahrgenommen; das hätte allerdings für die damaligen Wissenschaftler absolut kein Problem dargestellt, denn sie hatten schon lange erkannt, daß sich die Planeten nicht so verhalten, als ob sie auf kreisrunden Bahnen um die Erde kreisen würden. Hier unterschätzen wir die Antike.

    Allerdings gab es eben einen gewichtigen Gründ, der für eine ruhende Erde sprach, nämlich daß wir von dieser Bewegung nichts mitkriegten. Außerdem ging man davon aus, daß ewige Bewegungen nur kreisförmig sein könnten. Die Lösung des Problems? Epizykel:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Epizykeltheorie

    Hätte man nun beobachtet, daß die Sonne ihre Entfernung von der Erde verändert, wäre dies entsprechend leicht erklärbar gewesen. Eventuell wäre dies sogar als Bestätigung des geozentrischen Weltbildes gefeiert worden. Hier überschätzen wir also die Möglichkeiten der antiken Wissenschaft.

    Allem Anschein nach waren die Unregelmäßigkeiten der Bahn der Sonne nebenbei schon vorher beobachtet worden, man behalf sich mit dem Äquant:

    https://mathpages.com/home/kmath639/kmath639.htm

    Das diese Modelle

    https://www.philoscience.unibe.ch/documents/kursarchiv/WS05/weltbilder.pdf

    für “himmliche” Materie etwas andere Eigenschaften forderten als für die irdische ist unschön, aber nicht unbedingt etwas Besonderes, Galilei sah Kometen als Wetterphänomene an, weil sie nicht wie andere Himmelphänomene unveränderlich waren, und etwas polemisch könnte man anmerken, daß wir heute die Dunkle Materie verwenden, um Galaxien zu erklären…

    5b.) Zweiter Unterpunkt, es ist fraglich, inwiefern der Tod eines Wissenschaftlers die Forschung um Jahrhunderte aufhalten kann. Ja, dieses Argument zählt nicht, wenn sich dieses Morden hundertmal wiederholt, aber ganz allgemein gilt, erledige Newton, erfindet eben Leibniz die Differentialgleichungen.

    6.) Ich stimme zu, daß es am Ender der Antike zu einem extremen Verlust an Wissenkam. Dieser war allerdings im Westen stärker als im Osten des Reiches:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bücherverluste_in_der_Spätantike

    6a.) Ich bin mir nicht sicher, ob wir diese hauptsächlich dem Christentum anlasten können. Wäre das Christentum alleine ursächlich für diesen Niedergang, müßte dieser im Osten des Reiches eigentlich tiefgreifender gewesen sein als im Westen, viele Zentren der christlichen Religion lagen im oströmischen Reich, während im weströmischen Reich im Zuge der Auflösung teilweise sogar heidnischer Aberglaube ein Comeback hatte. Tatsächlich jedoch erwähnen diverse oströmische Autoren noch ihnen allem anschein nach vorliegende Werke, die im Westen schon verloren waren. Was nahelegt, daß das Christentum eventuell am Verlust der antiken Bildung beteiligt war, aber nicht der ausschlaggebende Faktor war. Ein Versuch, das Christentum als alleine verantwortlich darzustellen, ist mindestens genauso übertrieben wie die entgegengesetzte Interpretation der mittelalterlichen Mönche als alleinige Bewahrer der Antike, die den ganzen Tag nur Aristoteles und Plato abschreiben. Einige solche Kopisten gab es sicher auch, aber es gab auch etliche Mönche die nicht schreiben und lesen konnten.

    Der höhere Bildungsstand des oströmischen Reiches ist wohl auch der Grund für den hohen technologischen Stand der islamischen Welt im Mittelalter; diese erober^w, äh beerbte eben hauptsächlich den Osten des Reiches; as sie selbst beitrug müßte man nachsehen, aber nebenbei erledigte sie auch gleich das Reich der Sassaniden, wobei die Rivalität zwischen diesem und Rom durchaus am Niedergang des Römischen Reiches beteiligt sein dürfte. Dazu später mehr. Einige Beispiele der damaligen Technologie findet man hier:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Book_of_Ingenious_Devices

    6b.) Es wäre auch zu bezweifeln, daß der Niedergang Roms ursächlich mit dem Christentum verbunden ist; eigentlich begann die Krise Roms ja schon vor der Kaiserzeit, und gerade im 3. Jhdt. zeigten sich Probleme in vielen Bereichen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Reichskrise_des_3._Jahrhunderts

    Man könnte das Christentum auch eher als Symptom dieses Niedergangs bezeichnen, eventuell hat es den Niedergang auch etwas aufgefedert. Die kirchliche Verwaltung blieb ja auch nach dem Untergang Westroms bestehen.

    6c.) Wie es mit der Bibliothek von Alexandria genau stand, ist schwer zu sagen, sie wird einfach irgendwann nicht mehr erwähnt. Kann sein, daß sie schon im Römischen Bürgerkrieg abfackelte, aber das ist eher unwahrscheinlich. Wir wissen, daß die Christen den Tempel der Serapis “schlossen”, die auch eine Bibliothek enthielt, aber wie sich das zum Ende des “Musentempels” verhielt wissen wir nicht:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bibliothek_von_Alexandria#Das_Ende_der_Bibliothek

    6d.) Auffällig ist, daß der Verlust der antiken Bildung mit der Auflösung der antiken Stadtkultur korreliert, egal was die Verluste eigentlcih bewirkte. Geht man von dieser Korrelation aus, ist das Ende der Antike ein denkbar schlechte Modell für ein eventuelles zukünftiges “dunkles Zeitalter”, da momentan überall auf der Welt die Verstädterung zunimmt:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Urbanisierung

    Puh, erst mal eine Pause, ich verlege Punkt 7, also die Frage inwiefern sich die damaligen Ereignisse als Parabel eignen auf ein anderes Posting.

  57. #57 Trottelreiner
    15. Februar 2014

    OK, weiter:

    7.) Ja, das Ende der Antike und die Wissensverluste in diesem eignet sich wunderbar als Lehrstück. Fragt sich nur wofür.

    7a.) Über die Ursachen des Niedergangs äußerten sich schon die Zeitgenossen; diverse römische Autoren nannten den Niedergang der alten römischen Tugenden, später scheint es immerhin genügend Autoren gegeben zu haben , die das den Christen vorwarfen, eventuell weil diese nicht opferten, daß Augustinus darauf in seinen Schriften eingeht:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Streit_um_den_Victoriaaltar#Symmachus.E2.80.99_Argumentation

    Für Augustinus war es dann wohl wieder der Sittenverfall.

    Und seitdem interpretiert jeder das Ende Westroms so, daß es natürlich genau an dem liegt, was er gerade bekämpft:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Decline_of_the_Roman_Empire

    Für Mises ist es z.B. eine Geldentwertung. Überraschenderweise ist sind Mises und seine Anhänger große Fans des Goldstandards, für andere ist es Umweltverschmutzung, Verlust der Tugenden ist immer wieder gern gesehen, und auf die Versuche, das Ganze auf Überfremdung oder mangelnden Integration der einwandernden Germanen zurückzuführen warte ich noch.

    Persönlich mag ich Toynbees Idee mit der Raubwirtschaft, vor allem weil das Osmanische Reich gerade damit die Fortsetzung der römischen Politik darstellte, was einem befreundeten Byzanzfan wohl ziemlich wütend machen würde. He, ich sagte nicht, daß ich nicht auch recht private Gründe einfließen lasse.

    7b.) Bei den Wissensverlusten ist es so ähnlich, einen kleinen Überblick gibt ja

    https://de.wikipedia.org/wiki/Bücherverluste_in_der_Spätantike

    Wie schon gesagt, das Christentum KANN eine Rolle gespielt haben, aber wenn es der wichtigste Grund war, warum war der verlust dann im durchchristianisierten Osten weniger stark? BTW fehlt auf der Grafik der Bibliotheken das “Haus des Weisheit” in Bagdad

    https://de.wikipedia.org/wiki/Haus_der_Weisheit_(Bagdad)

    dessen Bücherbestand durchaus in der größenordnung der Bibliothek von Konstantinopel lag. Das wurde dann von den Mongolen zerstört, Hülegü scheint ja ein netter Kollege von Tamer”Berg von abgeschlagenen Köpfen”lan gewesen zu sein.

    7c.) Aber wenn ich es so betrachte kann ich nicht widerstehen, auch ein paar Erklärungen für die Wissensverluste anzugeben, daß diese rein zufällig mit Dingen übereinstimmen, die ich heute als schadhaft erachte, ja, dafür kann ich nichts…

    a) Eine mangelhafte Lagerung der Informationsträger und ein Unterlassen der Vervielfältigung. Das damalige Schreibmaterial konnte zwar gut gelagert etliche Jahrhunderte überdauern, aber die Betonung liegt auf “gut gelagert”. Außerdem besteht bei mangelnder Vervielfältigung eben immer die Gefahr, das Rexemplar bei einem Brand etc. zu verlieren. Oder der örtliche Germanengäuptlich verwendet den Codex nach der Plünderung als Toilettenpapier. In diesem Zusammenhang wäre ja die Verlagerung auf digitale Datenträger interessant, einerseits sind etliche derselben, wie Festplatten etc. nur mit einer begrenzten Lebensdauer gesegnet, andererseits stellt sich ja die Frage, was digitalisiert wird. auf dem 30C3 stand BTW so ein Teil herum:

    https://www.diybookscanner.org/

    b) Schließung öffentlicher Bibliotheken. Das Ende der antiken Stadtkultur, die wirtschaftlichen Krisen und der Verlust des Interesses der Elite an öffentlichen Engagement gint mit der Auslöschung der antiken Bibliothekskultur einher; ein Problem, daß wir auch heute haben:

    https://www.ruhrbarone.de/buchereiensterben-eine-frage-des-einflusses/17994

    c) Zugangsbeschränkungen zu “gefährlichem” Wissen. Viele der Bücherzerstörungen durch Christen beschreiben eigentlich die Zerstörung von Zauberbüchern. Nun kann man es irgendwie nachvollziehen, daß man Anleitungen zum magischen Hinmeucheln seiner Feinde oder zur zwanghaften Verkopulierung mit nicht einwilligender Paarunspartnern nicht unbedingt im Umlauf lassen möchte, Cornelius hat auf blood’n’acid ja gerade einen kleinen Artikel über ein modernes Pendant. Aber bei diesen Zerstörungen dürfte auch viel z.B. medizinisches Wissen verloren gegangen sein. Wenn man betrachtet, welchen Spaß man heute bei der Besorgung gewisser Chemikalien, z.B. H2O2 hat, und wie sich z.B. Caplan über den Zugang zu gewissen Informationen äußert:

    https://medinfo.netbib.de/archives/2006/04/06/1295

    d) Kampf gegen die Religion; das Christentum trug zum Wissensverlust hauptsächlich durch die Schließung heidnischer Tempel, die auch als Bibliotheken dienten bei. Ebenso wurden auch während der Christenverfolgungen Wissen christlicher Autoren zerstört. Auch heute noch stehen viele Bildungseinrichtungen diversen Religionen nahe. Auch wenn eine extreme Lesart des Laizismus

    https://de.wikipedia.org/wiki/Laizismus

    eine Schließung dieser Einrichtungen nahelegen würde, zeigt die Spätantike doch, daß dabei auch Wissen verlorengehen würde. Im Zweifelsfall wäre eher auf eine Überprüfung des vermittelten Wissens zu drängen, was wohl am ehesten durch eine art Zweckbündnis zu bewerkstelligen ist.

    e) Zerstörung von Wissen und Kulturgütern durch wirtschaftliche Not und kriegsähnliche Zustände. Kommentar erübrigt sich.

    f) Nebenbei korrelierte der Wissensverlust auch mit einem Zusammenbruch der Fernhandelsnetze, ähnlich wie der sogra noch etwas desaströsere spätbronzezeitliche Kollaps:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Late_Bronze_Age_collapse

    Man kann sich überlegen, was ich über Globalisierungsgegner (nicht zu verwechseln mit Kritikern) denke.

    8.) Insgesamt ist es eben so, daß man die Wissensverluste am Ende der Spätantike nicht unbedingt dem Christentum anlasten kann; ebenso könnten z.B. gewisse italienische oder griechische Organisationen es ja den germanischen, barbarischen Eroberern anlasten, daß das Wissen verlorenging, eventuell sogar mit etwas mehr recht, wenn man die Situation in Rom mit Byzanz vergleicht.

    Wobei eben beides eher Symptom als Ursache der Krise des Römischen Reiches war. Ein weiteres Problem ist, daß diese Hochschätzung der Antike oft mit einer Verachtung des Mittelalters einhergeht, wobei vieles dessen, was wir am Mittelalter verachten eben eine direkte Weiterführung der Antike ist. Es ist auch nicht so, daß es im Mittelalter keinen Fortschritt gegenüber der Antike gegeben hätte:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Medieval_technology

    Ehrlich gesagt ist mir der schwere Pflug, der eine bessere Versorgung auch einer wachsenden städtischen Bevölkerung mit ihrem Bildungspotential ermöglicht

    https://en.wikipedia.org/wiki/Carruca

    hundertmal mehr wert als ein paar mechanische Vögelchen, aber man mag da streiten, ich bin da eben etwas marxistisch angehaucht. 😉

    Aber die Lebensumstände im Frühmittelalter wären jetzt ein anderes Thema. BTW geht die Verachtung des Mittelalters nicht so sehr auf die Aufklärung, sondern auf die Renaissance zurück. Ob die Zeitgenossen von

    https://de.wikipedia.org/wiki/Alexander_VI.

    nun ein Fortschritt gegenüber dem Mittelalter waren, muß jeder selbst entscheiden…

  58. #58 Stefan W.
    15. Februar 2014

    @wernerb:

    Um den Spieß einmal umzudrehen: Ich habe bisher noch von keinem halbwegs plausiblen Szenario gelesen, das die Entstehung der Kirche ohne die Existenz Jesu erklären könnte.

    Und glaubst Du auch an alle anderen Götter, für die sich eine Kirche gebildet hat? Scientology wäre ein Verein jüngeren Datums, dass sich leichter erforschen lässt.

    Aber auch an Abraham glauben massig Gläubige. Ist der auch historisch, deswegen?

    Der Zusammenschluss einiger palästinischer Fischer und Handwerker

    Du meinst dieser wäre historisch belegt?

    Das Fehlen jeglicher Zweifel an der Gründergestalt innerhalb der paganen Literatur. Es wäre z.B. für den Statthalter von Palästina ein Leichtes gewesen, an Hand von Prozessakten nachzuweisen, dass keine Person namens Jesus (am 14. Nisan 30) gekreuzigt worden wäre.

    Wann sollte der Statthalter das nachgewiesen haben und wozu? Was ist das für ein Datum, überhaupt? Das genaue Datum von Jesu Geburt oder Tod anzugeben, darauf lässt sich doch niemand ein..

    Gefeiert wird unverdrossen an einem Karfreitag der Tod, und 3 Tage später die Auferstehung am Ostersonntag. Das sind zwar nur 2 Tage später aber egal – auf die Richtigkeit biblischer Angaben kann man sich eh nicht verlassen. Je nach Evangelium ist Jesus ja auch mal am Tag vor dem Pessachfest gestorben, mal am Tag danach.

    Was Du mit “die Identität beider Verfasser gilt als gesichert” meinst ist auch unklar. Die Evangelien sind anonym verfasst worden, die namentlichen Zuschreibungen sind spätere Erfindungen, wie so vieles. 😉

  59. #59 Alderamin
    15. Februar 2014

    @Trottelreiner

    Puh, viel Text. Danke für die ausführlichen Erläuterungen. Ich bin kein Historiker, Du kennst Dich da offenbar besser aus.

    Was den Verlust der alten Werke im Westen betrifft, könnte da die Völkerwanderung eine Rolle gespielt haben? Die war doch auch maßgeblich für den Untergang des weströmischen Reiches. Ich hab’ mal gehört, im Mittelalter war man nicht mehr in der Lage, Glasgefäße wie die Römer herzustellen und behandelte diese wie Heiligtümer (das glaube ich sofort, nachdem ich einen Becher im römisch-germanischen Museum in Köln gesehen habe, mit einer äußeren Lage von fein zieseliertem Ornament, etwa so wie dieser hier, von dem es hieß, man habe heute keine Ahnung, wie die Römer das hinbekommen hatten).

    Jedenfalls hatten wohl die Araber das Erbe der antiken Forschung übernommen und die Mathematik und Astronomie weiter geführt, während in Europa eine Weile Funkstille herrschte. Es heißt, seien in der Anfangszeit wesentlich lebensfroher und weniger dogmatisch gewesen, als die heutigen Muslime. Kann man das so sagen?

  60. #60 Lulu
    15. Februar 2014

    @Alderamin

    von dem es hieß, man habe heute keine Ahnung, wie die Römer das hinbekommen hatten

    Das geht nicht nur den Römern so. Habe bei einer Keltenausstellung diese Glasarmringe gesehen. Von denen man auch nicht weiß, wie die Kelten sie nahtlos hinbekommen haben. Es ist schon einiges an Wissen verloren gegangen über die Zeit.

  61. #61 rolak
    15. Februar 2014

    Kelten, Römer — einiges an Wissen verloren gegangen

    Nun ja – bedingt durch hochriskante Lagerung: Im Gedächtnis Einzelner, geht es doch typischerweise um Handwerkstechniken, dem damaligen Brauch vom Meister auf den Nachfolger vererbt. So etwas ist ja nicht unmöglich nachzumachen, nur eben bei Beschränkung auf die damaligen Mittel von heute aus nicht immer nachvollziehbar. Doch diese Wissenslücken werden nach und nach durch Experimente aufgefüllt, wie zB in der kürzlich wiederholten 2011er arte-Doku über das Ulfberht-Schwert schön zu sehen war. Übrigens auch ein Beispiel für ein deutlich zeitnäheres Rätsel dieser Art.

  62. #62 Trottelreiner
    16. Februar 2014

    @Alderamin:
    Naja, zunächst einmal entschuldigung für den langen Text, aber das Problem ist eben nicht so sehr ein Problem der kategorischen Verneinung, sondern eines der Abstufung.
    Ich bin auch kein Historiker, nur historisch interessiert. Naja, vielleicht etwas stark interessiert. 😉

    Ansonsten sind Historiker ein zänkisches Geschlecht, und wenn sie mal einer Meinung sein sollten, gibt es sicherlich einen Historiker, der das ganz anders sieht. Weil er es kann und Forschungsgelder und Buchtantiemen heiß umkämpft sind. Persönlich werde ich beim Thema Spätantike nur immer etwas hellhörig, weil da eben immer die aktuelle Politik etwas mitschwingt.

    Die Völkerwanderung wird durchaus direkt und indirekt ihren Teil zu den Bildungsverlusten beigetragen haben, wobei die Römer allerdings schon vorher mit Barbareninvasionen zu tun hatten:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Markomannenkriege

    Und es handelte sich wohl auch nicht um ganze “Völker”, die da wanderten, sondern um “bewaffnete Haufen” von wechselnden Kriegern und ein paar Familienangehörigen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Völkerwanderung

    Interessanterweise wurden die Goten des 3. Jhdts. auch als Skythen bezeichnet, was bei der damaligen Nomenklatur einerseits bedeuten könnte, daß sie aus dem Bereich nördlich des schwarzen Meeres stammten, oder daß sie nach Art der Reiternomaden kämpften. Wobei letzteres eine Entwicklung von Technologie und Strategie nahelegen würde, was erklären könnte, warum die Völkerwanderung etwas anders endete als die Markomannenkriege.

    Wobei die Zerstörungen nicht unbedingt nur durch die Invasion der Germanen an und für sich erfolgen mußte, denn einerseits gab es dann auch römische Versuche der Rückeroberung, das hin und her konnte sich dann lange hinziehen, und während dieser Zeit lebten die Soldaten von dem, was sie steh^w, eh, requirieren konnten. Zur Erklärung des Unterschiedes Alfred Tetzlaff ab ca. 20:40

    https://www.youtube.com/watch?v=CH3FlHOCJYg

    Andererseits könnte man auch überlegen, daß zum Schutz vor solchen Invasionen den Provinzen stärkere Militärverbände zugeteilt wurden, deren Befehlshaber sich dann überlegten, ob sie nicht selbst Kaiser werden wollten. Insofern hätte die “Völkerwanderung” auch die spätrömischen Bürgerkriege befördert.

    Allerdings muß man sich das vielleicht auch nicht so vorstellen, daß die Invasoren erst einmal die Bibliotheken niederbrannten, immerhin wollte man es sich ja im gemachten Nest des römischen Imperiums gut gehen lassen, da sind weiträumige Zerstörungen eher kontraproduktiv.

    Ich denke mal, daß wir beim Ende der Antike und den nachfolgenden Wissensverlusten nicht von EINER Ursache sprechen können, eher kamen verschiedene unabhängige Probleme zusammen, ähnlich wie bei einem “perfekten Sturm”:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Perfect_storm

    Zum frühen Islam, auch da bin ich nicht unbedingt der Experte, aber ich denke, daß man hier ebenso einerseits eine Darstellung als alles zerstörende Eroberer wie später die Mongolen vermeiden sollte, andererseits aber auch nicht so tun sollte, als wären diese supertolerante Wohltäter gewesen. Außerdem muß man sich bei Vergleichen mit dem heutigen Islam vor Augen führen, daß unser heutiges Bild vom islamischen Fundamentalismus von Bewegungen geprägt ist, die z.T. erst im 18. Jhdt. entstanden sind:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Wahhabiten

    Andererseits hatten etliche islamische Denker durchaus ihre Probleme mit ihren strenggläubigeren Glaubensbrüdern:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Ibn_Ruschd

    Nebenbei ist vieles von dem, was wir als “arabische” Kultur und Wissenschaft betrachten ja eigentlich eher von den Griechen, Römern, Persen etc. übernommen. Andererseits erinnere ich mich da an eine durchaus wohlwollende Rezension einer Rockgruppe (AFAIR waren es die Guano Apes) mit dem Inhalt “ja, alles nur geklaut, aber nur vom Besten”.

    Wichtiger ist, die arabischen Eroberer haben zwar auch Bücher zerstört, aber sie ließen die Stadtkultur relativ unangetastet; ebenso scheint es ihnen in der Frühzeit nicht unbedingt um die Bekehrung der Eroberten gegangen zu sein, AFAIK war der Irak bis den Verheerungen Tamer”Berge von abgeschlagenen Köpfen”lan mehrheitlich christlich. Was nebenbei wohl zumindest in Persien mit einem Verbot von Mischehen zwischern Persern und Araberinnen einherging, worüber diverse Muslims, z.B. Ali nicht so erfreut waren, zumindest werden solche Geschichten als Beleg für die Perserfreundlichkeit Alis erwähnt.

    Wie schon gesagt, ein Vorteil dürfte gewesen sein, daß die Terminierung mit extremen Vorurteil des Sassanidenreiches ein Ender der Perserkriege bedeutete,

    https://de.wikipedia.org/wiki/Römisch-Persische_Kriege

    die die Region vorher verherrt hatten; Byzantiner und Araber lieferten sich danach immer noch regelmäßig Scharmützel, aber diese lagen AFAIK eher in Anatolien.

    BTW, um noch einmal auf historische Parabeln zurückzukommen, allem Anschein nach war Kyril von Alexandria

    https://en.wikipedia.org/wiki/Cyril_of_Alexandria

    gar nicht ein Vertreter des Extremsten, was an Christen damals herumlief, die von ihm verfolgten Novatiner scheinen noch radikaler gewesen zu sein:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Novatians

    Und als gewählter Bischof konnte man ihn im Gegensatz zu Orestes ja als irgendwie demokratisch legitimiert ansehen. Tja, schon merkwürdig, der Murs^w, äh, Kyril…

  63. #63 Trottelreiner
    16. Februar 2014

    @Alderamin, Lulu & rolak:
    Verlorene Technologie muß nicht einmal “Hochtechnologie” wie Glas- oder Stahlherstellung sein, auch “primitive” Techniken der Steinbearbeitung sind gar nicht so einfach:

    https://www.ancientcraft.co.uk/experi_arch/experimental_archaeology.html

    Merke, Wissensverluste müssen nicht unbedingt nur technologischen Stillstand bedeuten, daß selbst heitige Meister des Bronzegießens meinen, solche Schwerter wie aus der Bronzezeit könnten sie nicht erreichen, mag am Wissensverlust des spätbronzezeitlichen Kollaps liegen:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Late_Bronze_Age_collapse

    Aber auch daran, daß Eisenschwerter einige Vorteile hatten und man entsprechend keine Bronzeschwerter mehr herstellen musste.

    BTW, da wir uns gerade über das frühe Christentum unterhielten, hier eine römische Satire über einen Herren, bei dem ich irgendwie an diverse Typen beim “Leben des Brian”[1] denken muß. Oder diversen Damen und Herren aus Talkshows, sei ihr Weg nun von Esoterik oder Politik gezeichnet…

    https://de.wikisource.org/wiki/Der_Tod_des_Peregrinus

    [1] Ihr wißt schon, derjenige der sagt “Du bist der Messias, und ich muß es wissen, denn ich bin schon vielen nachgelaufen.”

  64. #64 Trottelreiner
    16. Februar 2014

    @Heino, Alderamin et al.

    Wobei vieles in der Evolution vielleicht gar nicht so sehr mit Unterschieden in der Proteinsequenz und eher damit zu tun hat, wann die entsprechenden Proteine abgelesen werden und wann nicht. Zumindest scheint das bei den Unterschieden zwischen Homo und Pan eine Rolle zu spielen:

    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/22300767

    Ansonsten hätte ich über die Zusammenhänge zwischen Erbkrankheiten und Evolution ja Linus Pauling anzubieten:

    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC1750607/

  65. #65 Trottelreiner
    16. Februar 2014

    @Stefan W.
    Naja, bei der Co$ bezweifeln wohl die meisten nicht die Existenz L. Ron Hubbards, wobei wir hier natürlich eine sehr viel bessere Quellenlage haben:

    https://www.uni-marburg.de/fb03/ivk/mjr/pdfs/1999/articles/frenschkowski1999.pdf

    Wir können uns natürlich darüber streiten, ob alle ihm zugeschriebenen Werke von ihm geschrieben wurden, ob einige seiner Werke von anderen Autoren stammen oder ob einige anderen Autoren zugeschriebenen Werke von LRH stammen, das gilt sowohl für die SF als auch religiösen Schriften der Co$. Ich wüßte allerdings nicht, inwiefern es Ansätze für solche Überlegungen gibt.

    Wo wir uns schon etwas mehr streiten können ist die Biographie LRHs, als Extrema könnten hier die offizielle Lesart der Co$ einerseits und einige besonders negative Kritiker andererseits gelten, Frenschkowski führt ja einige Beispiele an.

    Zu guter Letzt kommen wir zur Glaubenslehre der Co$, also dem ganzen Spaß mit den Thetanen etc. Die Co$ ist da etwas problematisch, weil sie viele Inhalte mit anderen religiösen Bewegungen, insbesondere in the sog. “Esoterik” (ja, ich mnag das Wort in dem Zusammenhang immer noch nicht, lassen wir das) gemein hat, die auch an Wiedergeburt, Besessenheit etc. glauben, aber es dürfte eine gewisse Wahrscheinlichkeit bestehen, daß Personen, die einen bestimmten Prozentsatz dieser Lehren bejahen und bestimmte Wörter wie “Thetan” verwenden entweder Mitglieder der Co$ sind, dieser nahestehen bzw. im “clearing”[1] sind oder zu den Freezonern gehören:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Freie_Zone_(Scientology)

    He, weniger als 50 Jahre alt und schon das erste Schisma, Respekt.

    Bei anderen Gruppen mag man über die Existenz ihrer Gründer geteilter Meinung sein, ob Madame Blavatskys Meister außerhalb ihres möglicherweise bekifften[2] Kopfes existierten wird eher bezweifelt.

    Beim Christentum halte ich es auch für wahrscheinlich, daß Jesus auf eine historische Gestalt zurückgeht, allerdings möglicherweise auch zwei, drei oder mehrere. Zumindest kann man so etwas bei Überlieferungen IMHO nicht ausschließen.

    Um mal ein rezentes Beispiel zu nehmen, im Zug unterhielt sich neulich eine Frau vor mir mit ihrem Mann über den Chef von TEPCO, der ein Glas Wasser vor Fukushima getrunken hätte und jetzt an Speiseröhrenkrebs gestorben sei. Zunächst einmal sei ganz allgemein bezweifelt, daß ein Glas verstrahltes Meerwasser a) hundertprozentig Krebs erzeugt, in der entsprechenden Konzentration erhöht es höchstens das Risiko und b) das dieser Krebs in ein oder zwei Jahren tödlich ist. Ansonsten wäre mir an öffentlichem Wassertrinken nur ein japanischer Politiker bekannt, der sich aber wohl noch guter Gesundheit erfreut:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Yasuhiro_Sonoda

    Und dann war der Herr, der an Speiseröhrenkrebs starb Masao Yoshida, der Manager, der meines Wissens kein entsprechende Meerwasser getrunken hat:

    https://en.wikipedia.org/wiki/Masao_Yoshida_(nuclear_engineer)

    Entsprechend wäre es eben für einen Historiker durchaus möglich, daß einige Geschichten aus den Evangelien eher andere Personen beschreiben. Inwiefern eine solche Meinung für einen Gläubigen möglich ist, wäre etwas komplizierter, allerdings bliebe selbst bei nachgewiesener fremder Herkunft eines Zitates ja der Ausweg, daß dieses “im Geist Jesu” gewesen wäre. Hier gäbe es schon einen gewissen Unterschied zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen.

    Anschließend hätten wir dann natürlich die Frage, ob die Christen bestimmte Zitate richtig auslegen, wo der Unterschied zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen noch deutlicher werden dürfte.

    Und letztendlich wären dann eher metaphysische Konzepte wie der Messiasgedanke, die Gottessohnschaft etc. wo es natürlich auch gewisse Überschneidungen zu anderen Religionen gibt, insgesamt aber die meisten bejahenden Personen a) Gläubige und b) Christen sind.

    Wenn wir es mal so betrachten ergibt sich da eine gewisse hierarchise Staffelung des Für-wahr-Haltens bestimmter Informationen; bei der Literatur und in den Wissenschaften ist es oft eher umgekehrt. Auch wenn Shakespeare ein Pseudonym war, bleibt der literarische Wert seiner werke wohl erhalten. Bei der Evolutionstheorie ist es ähnlich, auch wenn sich Darwin als literarische Fiktion herausstellte oder in Wirklichkeit Huyley und Wallace seine Ghostwriter ware, berührt das die Grundzüge seiner Theorie nicht, wobei Wallace ja wirklich etwas später auf dieselbe Idee kam…

    [1] Ob von Thetanen, negativen Engrammen oder dem lieben Geld sei mal dahingestellt.
    [2] Zumindest legt eine Sammlung ihrer Schriften, die hier rumliegt das nahe. Chaosium gibt schon lustige Hilfsmaterialien für Rollenspiele aus, und ich war jung, hatte das Geld und staubte das ganze zusammen mit einer Sammlung von Chambers-Geschichten im Zuge eines Ausverkaufes ab. Eh, nur zur Verteidigung für meine Privatbibliothek.

  66. #66 rolak
    16. Februar 2014

    nicht einmal “Hochtechnologie”

    Im Prinzip ja, Trottelreiner, doch ich gebe zu bedenken, daß die (Feuer)Steinbearbeitung lange Zeit ebenfalls Hochtechnologie war – wenn sich auch das Wissen darum nicht auf einige Wenige der Gesamtbevölkerung beschränkte.

  67. #67 Trottelreiner
    16. Februar 2014

    @rolak:
    Ich mag ja die Hypothese, daß die Faustkeilherstellung Teil der paläolithischen Werberituale war.

    Tja, das waren noch Zeiten, “darf ich dir meinen großen (ominöse Pause) Faustkeil zeigen”, heute ist man schon froh, wenn der oder die Angebetete die eigenen handwerklichen Fähigkeiten zu schätzen weiß. Obwohl, vielleicht hat sich da ja doch nicht so viel verändert…

  68. #68 rolak
    16. Februar 2014

    doch nicht so viel verändert…

    Nö – flinke funktionale Finger sind allzeit beliebt 😉
    Allzeit unbeliebt dagegen (zumindest im Nachhinein) sind flinke freche Faktenverdreher, die zB Evolutionstheorie und <Schöpfungslehre> als im Prinzip dasselbe, als Glaubenswelt darstellen.

  69. #69 Trottelreiner
    16. Februar 2014

    @rolak:
    Schön wäre es ja, aber die Erfahrung mit diversen politisch, religiös oder sonst öffentlich aktiven Personen zeigt, das selbst überführte Faktenverdreher beliebt bleiben, oft sogar noch beliebter werden.

    Was z.B. “Konservative” an Guttenberg und FJS finden entzieht sich irgendwie meinem Verständnis. In der “linken” Ecke sieht es auch nicht viel anders aus. Von noch extremeren exemplaren ganz zu schweigen. Obwohl Negationisten

    https://de.wikipedia.org/wiki/Negationismus

    die darüber schwadronieren, wie man es den Verleumdern heimzahlen werde ein unterhaltsamer Anblick sind. Für etwas kranke Werte von “unterhaltsam”.

  70. #70 rolak
    16. Februar 2014

    selbst überführte Faktenverdreher beliebt bleiben

    Das ist eine UnterlassungsÜberlesungssünde, Trottelreiner *zwinker* Das für die Übersicht unnötige und daher geklammerte, jedoch für die Einsicht wesentliche “zumindest im Nachhinein”, bedingt ein der aktuellen Verblendung bereits entkommen sein. Ist ja von VT-Beobachtung her bekannt: Alles gegen die VT sprechende ist Teil bzw kommt von der Verschwörung, schwächt also nicht den Glauben, sondern bestärkt ihn sogar.

    Eine gute Freundin teilte kürzlich jenen clip, der ein automagisch geschehendes online-Einbetten in das präferierte Weltbild nahelegt, ein Effekt, der mir zwar schon ‘irgendwie’ bekannt war, dessen Auswirkungen auf die Stabilisierung auch krudester Anschauungen imho untersucht werden müßte.

  71. #71 Trottelreiner
    16. Februar 2014

    @rolak:
    Ich gestehe meine Sünde ein, hoffe aber, daß das eher eine lässliche denn eine Todsünde ist. 😉

    Wobei das Ausfiltern den eigenen Erwartungen arg widersprechender Daten ja durchaus eine sinnvolle Heuristik sein kann, siehe “extraordinary claims require extraordinary evidence”, aber wie alle Heuristiken eben auch gewisse Anfälligkeiten hat.

  72. #72 rolak
    16. Februar 2014

    Ultraläßlich, Trottelreiner, eindeutig.

    claims require..

    Dagegen ist ja garnichts einzuwenden, doch gemeint war eine andere Reaktion: Das Bewerten der Daten je nach Passung der Behauptung. Ist letztere Eigenweltbild-feindlich, wird alles damit Zusammenhängende, insbesondere aber alles Stützende verworfen bzw von vorneherein ignoriert. Ist ja schon verfilmt worden: ‘Resistance is futile. We are the <blockheads>’.
    Und ein anderer Effekt war auch gemeint: Das Anwerfen der Suchmaschine mit einer Frage und die Feststellung “Da schau, die denken genauso wie ich, also habe ich recht mit meiner Eistellung”.

  73. #73 rolak
    16. Februar 2014

    Eistellung

    m( eieiei – mit Eiern scheine ich es heute zu haben. Einstellung.

  74. #74 Trottelreiner
    17. Februar 2014

    @rolak:
    Ich danke für das Verständnis; nachdem ich nun meine Sünde gebeichtet und hoffentlich Wiedergutmachung geleistet habe, stände noch die Befriedigung meiner OCD mit einer Buße aus. Wären die ersten zweh Stellen von pi, tau oder der Eulerschen Zahl ausreichend?[1]

    Mit den Eiern kann ich leider nicht helfen, mein letztes Blutbild war ganz OK, aber bei meinem Cholesterinwert guckte die Ärztin etwas besorgt, und auch wenn das meiste Cholesterin ja von meiner Leber selbst erzeugt wird, scheint etwas Diät mit tierischen Produkten sinnvoll, wobei ich andererseits (etwas selektiv) ein paar studien gefunden hatte, nach denen zuwenig Cholesterin auf die kognitiven Fähigkeiten gehen soll…

    Was ich eigentlich damit ausdrücken wollte ist, daß sich die Denkprozesse eines Skeptikers und eines, ehem, “Limotrinkers”

    https://rationalwiki.org/wiki/Kool-Aid_drinker

    vielleicht nicht so sehr qualitativ als vielmehr quantitativ unterscheiden, und daß die bei unseren “Limotrinkern” aus dem Ruder gelaufenen Denkprozesse durchaus adaptiv sein können, welche Rolle Lernen und genetische Prädisposition spielen sei jetzt mal dahingestellt. Es gibt ja auch die These, daß das menschliche Gehirn nicht unbedingt dadurch wuchs, weil gute Denker besser die Wahrheit herausfinden konnten, sondern weil gute Denker besser andere Halbaffen zu Dingen überreden konnten, die für diese nicht unbedingt die besten Ergebnisse zeitigen…

    https://de.wikipedia.org/wiki/Machiavellische_Intelligenz

    Das Problem ist, daß ich bei der Aussage eines anderen Menschen nicht unbedingt weiß, inwiefern diese wahrheitsgemäß ist. Das muß noch nicht einmal unbedingt bedeute, daß eine aktive Täuschung vorliegt, im Grenzfall wäre ja auch eine verkürzung möglich, weil eine nuancierte Darstellung der Situation zu lange dauern würde. Und letztendlich ist auch das menschliche Gedächtnis recht fehleranfällig, das Warum wäre wieder ein anderes Thema:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Erinnerungsverfälschung

    Entsprechend ist es eben durchaus sinnvoll, eingehende Tatsachen zunächst einmal einer Plausibilitätprüfung anhand des eigenen Weltbildes zu unterwerfen.

    Das bringt jetzt aber mehrere Probleme mit sich; zunächst einmal wäre das Ganze ja schön und gut, wenn ich diese Aussagen einfach nur als “ungeprüfte Aussagen mit bestimmter Wahrheitswahrscheinlichkeit” abspeichern würde, aber allem Anschein nach gehen diese Aussagen dann selbst wieder in das Weltbild ein, anhand dem dann neue Aussagen bewertet weden. Wobei man sich ja auch fragen kann, wann eine Aussage wirklich bestätigt ist. Entsprechend wäre dieser Mechanismus dann selbst wieder eine Heuristik:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Heuristik

    Mehr oder weniger ein richtiger Bug wäre dann ein anderes Phänomen, denn außerdem finden wir es ganz allgemein “angenehm”, wenn unsere Erwartungen bestätigt werden und es keine allzu großen Widersprüche in unserer Denke gibt,

    https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz

    in gewisser Weise ist das ja auch ein Mechanismus,um sich widersprechende Informationen zu verarbeiten. Nur führt das eben auch dazu, daß dem Weltbild widersprechende Infos sehr viel mehr hinterfragt werden als zutreffende.

    IMHO kann man nur den häufiger von Sagan geäußerten Slogan in gewisser Weise als eine Form dieses Informationsbewertungssystems ansehen, und mit etwas Pech wird das dann auch so eine Eigenweltbild-Stütze. Im Endergebnis unterschiede sich der Skeptiker vom “Limotrinker” IMHO eben nicht so sehr in der “qualitativen” Art seiner Informationsverarbeitung, sondern in den “quantitativen” Anteilen der verschiedenen Unterprozesse. Äh, ja, ich weiß das Quantität ihre ganz eigene Qualität hat, da hat Stalin ausnahmsweise mal Recht…

    Im Endergebis kommt es dann darauf an, das richtige Mittel zu finden, ganz im Sinne gewisser Tugendlehren[2],

    https://de.wikipedia.org/wiki/Nikomachische_Ethik#Ethische_Tugenden

    Oder auch: “Keeping an open mind is a virtue, but not so open that your brains fall out.” -J. Oberg

    Ja, ich weiß das diese Theorie bestimmte Dinge in der “Esoterik” und bei Verschwörungstheorien nicht erklärt, sie erklärt auch nicht das Phänomen des “crank magnetism”, aber im Sinne einer CBT, äh, kognitive Verhaltenstherapie

    https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Verhaltenstherapie

    nicht Cock and Ball Torture,

    https://de.wikipedia.org/wiki/Cock_and_Ball_Torture

    woran denkt ihr denn wieder, ergeben sich da gewisse Ansätze, z.B. das “Bekehrungen” erst langsam, dann schneller erfolgen.

    Und es ergeben sich bestimmte Vorhersagen über Persönlichkeitsmerkmale der “Limotrinke”.

    Sorry, nur mal so drauflosschwadroniert… 😉

    [1] Erfahrungsgemäß ist das höhere Personal bei der RKK für solche Witze oft besser zu haben als diverse Schäfchen, zumindest wenn ich an meinen priesterlichen Ex-Nachbar denke…
    [2] Wenn der liebe Herr Pfarrer bei der Firmvorbereitung etwas weniger stumpfe Moralpredigten und etwas mehr Scholastik eingebaut hätte, hätte ich dem Verein eventuell etwas mehr abgewinnen können…

  75. #75 Stefan W.
    https://demystifikation.wordpress.com/2014/02/16/diy-fetisch/
    17. Februar 2014

    @Trottelreiner:
    Danke für die ausführlichen Einsichten. Ich kenne die Co$ nur höchst oberflächlich und dachte die hätten auch eine Erlösergestalt mit Wunderkräften, nur im Weltraum verortet.

    Haben die als Symbol nicht auch ein Kreuz? Wieso eigentlich?

  76. #76 Trottelreiner
    17. Februar 2014

    @Stefan:
    Naja, AFAIK hat nach der Co$-Doktrin ja LRH seine Hülle (vollkepump mit psychotropen Antihistaminika) zurückgelassen, um wichtige Arbeiten zu übernehmen. 😉

    BTW sind viele der entsprechenden Lehren (OT3 etc.) Teil der esoterischen (im ursprünglichen Sinne des Wortes) Doktrin, also erst nach ein paar Jahren Auditing, ein paar Spenden und eventuell einem Arbeitsvertrag über die nächsten paar Millionen Jahren erhältlich, wurden aber irgendwann geleakt, entsprechend sind einige Religionswissenschaftler sich nicht sicher, wie man diese verwenden darf. Links habe ich gerade nicht zur Hand, aber OT3 reicht als Suchbegriff. Legal Disclaimer, nach Co$ kann die Lektüre dieser Schriften bei nicht hinreichend geclearten Individuen über ein Implantat zu einer tödlichen Lungenentzündung führen[1].

    Eine kurze Zusammenfassung eines zentralen Ereignisses der “space opera” findest du hier:

    https://www.southpark.de/clips/104274/what-scientologist-actually-believe

    Zum Kreuz, das müßte ich nachsehen, aber AFAIK entwickelte LRH zunächst die Dianetik, ein pseudowissenschaftliches Therapieverfahren. Als er dann feststellte, daß er sich dieses Verfahren nicht schützen konnte und Steuern bezahlen mußte gründete er die Co$; IMHO dürfte er das Kreuz gewählt haben, weil das seiner Meinung nach zu einer “Kirche” dazugehörte, obwohl Jesus in der Co$ keine Rolle spielt, außer vielleicht als eine der Illusionen, die uns Xenu eingepflanzt hat. Oder war das Incident I, ach, kompliziert das Ganze ist…

    https://en.wikipedia.org/wiki/Incident_(Scientology)#Incident_I

    Ansonsten spiele ich ja mit dem Gedanken, bei einem SF-Con mal einen Vortrag über Außerirdischen in Religionen zu halten, angefangen bei den Mormonen…

    https://en.wikipedia.org/wiki/Kolob

    [1] Hohe Dosen Amphetamine während des Schreibenprozesses führen oft zu etwas merkwürdigen Ergebnissen, und LRH war nach halbwegs neutralen Quellen ein durchaus begabter Autor, aber kein Philip K. Dick.

  77. #77 Trottelreiner
    17. Februar 2014

    Nachtrag, hin und wieder findet man Bücher wie “Dianetik” auf Bücherflohmärkten, meiner etwas unklaren Erinnerung nach hatte ich die entsprechende Kiste wegen ein paar Diederichs-Bänden

    https://de.wikipedia.org/wiki/Diederichs_Gelbe_Reihe

    durchgekramt[1], daß kann aber auch ein Fall von “meine Erinnerung packt zusammen, was für sie zusammen gehört” sein.

    [1] Wie Wiki ja anführt, “Die Reihe wendet sich an ein breites Lesepublikum, daher ist die Qualität der Bände teilweise recht uneben.”. Genzmers Edda-Übersetzung ist berühmt, Rätsch hat ein wirklich enzyklopädisches Wissen bezüglich psychoaktiver Pflanzen, und das entsprechende Buch macht sich ganz gut in meiner Toxikologieecke, über seine neoschamanistischen Schriften mag man anderer Ansicht sein. Und über einige andere Titel und Autoren hüllen wir uns lieber in Schweigen…

  78. #78 Wilhelm Leonhard Schuster
    23. Februar 2014

    Deshalb warte ich immer noch auf Skat- Partner