Was den Europäern ihre Champions League, das ist den Amerikanern die Super Bowl – das größte Balltreter- und Fernsehereignis des Jahres (wobei der Ball im American Football kein Ball, sondern ein verlängertes Rotationsellipsoid ist und auch nur in ganz seltenen Momenten mit dem Fuß getreten wird). Die Super Bowl der National Football League ist das Endspiel der Saison; es wird entweder am letzten Sonntag im Januar oder – wie heute – am ersten Sonntag im Februar ausgetragen.

Hier muss ich die Überschrift über diesen Beitrag nun ein bisschen korrigieren: Dieses Endspiel, das diesmal zwischen den Teams New England Patriots(der Heimmannschaft von Boston) und den Seattle Seahawks im Stadion der University of Phoenix in Glendale (Arizona) ausgetragen wird, war zu keinem Zeitpunkt wirklich organisatorisch gefährdet – aber ein Skandal nach dem Halbfinale am 18. Januar zwischen den Patriots und den Indianapolis Colts hätte zumindest die Legitimität der Patriots als Endspielteilnehmer in Zweifel gezogen und damit ein bisschen die Luft aus dem Mega-Ereignis gelassen.

Und mit dieser “entlüftenden” Metapher bin ich auch bei dem Thema, wo die Wissenschaft ins Spiel kam: Offenbar war in der Halbzeit des Patriot-Colts-Matches aufgefallen, dass das Dutzend Spielbälle, das die Patriots mitgebracht hatten, nicht prall genug aufgepumpt war – genaue Angaben wurden zwar keine gemacht, aber die Rede ist davon, dass sie statt mit 1,86 bis 1,93 bar Innendruck nur höchstens mit 1,8 bar aufgepumpt waren. Und prompt wurde der Verdacht laut, dass sie sich damit einen Vorteil erschleichen wollten.

Und was hat dieser als Deflategate in die Football-Geschichte eingegangene Skandal nun mit Wissenschaft zu tun? Die Patriots beauftragten die HeadSmart Labs – ein Team von ForscherInnen der Carnegie Mellon University und der University of Pittsburgh – mit der Untersuchungen des Mysteriums. Und die fanden heraus, dass allein schon die am Spieltag registrierte Temperaturdifferenz von etwa 14 Celsiusgraden von zwischen der Gerätekammer, wo die Bälle gelagert waren, und dem Spielfeld ausreichen würde, um den Innendruck eines ordnungsgemäß gefüllten Footballs um etwa 0,6 0,06 bar reduzieren würde, da kalte Luft weniger Volumen hat als warme. Und wenn dann noch die Ausdehnung des Lederballes durch hohe Luft- oder Bodenfeuchtigkeit hinzu kommt, kann der Druck noch einmal um runde 0,45 0,045 bar absinken; im Report des HeadSmart-Team wird sogar von einer Höchstdifferenz von etwa 1,2 0,12 bar berichtet – genug also, um die Differenz auf natürlich Weise und ohne verdächtige Manipulationen zu erklären.

Ob man diesem Report glauben darf oder nicht hängt aber vor allem von einem Faktor ab: Welchem Team man die Daumen drückt. Und darum kommt der Seahawks-Fan Bill Nye in einem eigenen Versuch (Achtung: Satire!) zum Resultat, dass das doch alles nur heiße Luft sei:

flattr this!

Kommentare (10)

  1. #1 smyier
    1. Februar 2015

    Die “Forscher” haben das Phänomen falsch erklärt und die Druckangaben sind eine Größenordnung zu hoch.

  2. #2 Carsten Kemper
    1. Februar 2015

    Ein Geograph sollte vielleicht nicht über Physik schreiben. Einheiten verstehen und Rechnen für Drittklässler sind dafür nämlich die Grundvorraussetzung.

  3. #3 Jürgen Schönstein
    1. Februar 2015

    @smyier @Carsten Kemper
    Der Fehler war meiner, und es war, was man zu meinen Zeiten einen Folgefehler nannte – ein einmal eingetippter Fehler, der sich dann fortgesetzt hat und nun korrigiert ist. Danke für den Hinweis (der ohne das ad hominem auch angekommen wäre).

  4. #4 smyier
    1. Februar 2015

    Ok, die Druckänderungen hast du korrigiert. Die Erklärung des Phänomens mit Volumenabnahme ist aber immer noch falsch.
    Vielmehr sinkt bei Temperaturabnahme die mittlere kinetische Energie und damit die Geschwindigkeit der Gasteilchen, was zu einer geringeren Stoßanzahl/pro Zeiteinheit der Gasteilchen an die Footballinnenwand und damit zu einem niedrigeren Druck führt. Bei einem flexiblen Footballmaterial führt das dann zu einer Volumenverkleinerung. In einem stabilen Gefäß bleibt das Volumen konstant.

  5. #5 Alex
    1. Februar 2015

    Die Patriots, bekannt für ihre Schummeleien, beauftragen also ein Forschungsinstitut, das genau zu dem Ergebnis kommt, das die Pats hören wollen. Das ist keine Wissenschaft, das ist Auftragsforschung von ihrer abstoßenden Seite.

    Und bitte der Super Bowl. Der. Der! Alles andere verursacht körperliche Schmerzen in der Größenordnung eines Sacks durch J .J. Watt. 😉

  6. #6 Jürgen Schönstein
    1. Februar 2015

    @Alex #5
    Wieso “der” Super Bowl? Das Wort “Bowl” kommt vom Wort für “Schüssel” (benannt, ursprünglich, nach der Schüsselform der Football-Stadien), und Schüssel ist, zumindest so weit ich das weiß, weiblich – “die Schüssel”. Es ist NICHT die Bezeichnung für den Pokal.

  7. #7 ElSaxo
    2. Februar 2015

    Genau, es heißt auch DIE Erdbeerbowle.

  8. #8 Bullet
    2. Februar 2015

    @#2, Kemper:
    schomma was von “Glashaus” in Verbindung mit “Stein” gehört, du Horst?

    […]sind dafür nämlich die Grundvorraussetzung.

    Grundvoraussetzung für solch einen Kommentar ist zumindest ein Mindestmaß an orthografischer Sattelfestigkeit.

    Mann, wie mir immer der Hut hochgeht bei solchen Schwätzern …

  9. […] interessiert, ob die Bälle in einer Art Halbfinalspiel der US-Footballwelt vor eineinhalb Jahren ein bisschen zu platt waren oder nicht? In Deutschland vielleicht niemanden, auch wenn’s hier – vor allem im Großraum Boston, […]

  10. […] meine neuenglischen Landsleute vermutlich mit einigem Zittern der 51. Super Bowl (genauer gesagt: Superbowl LI, da ja mit römischen Ziffern gezählt wird) zuschauen, weil es um […]