Toleranz gilt als oberste Tugend für alle, die sich zu den aufgeklärt Denkenden zählen. Ich zähle mich bereitwillig dazu, soweit es soziale Chancengleichheit und Anti-Diskriminierung aller Art betrifft. Ich erlebe eine geradezu physisch spürbare Abwehrreaktion, wenn ich die intoleranten, misogynen, xeno-, homo- und sonstwie -phoben Sprüche von Politikern (oder sollte ich schreiben “Politikerinnen und Politikern”) der neo-rechten Ausrichtung lesen oder hören muss. Und tappe damit offenbar auch in jene Falle, die der Kolumnist Nicolas Kristof in der New York Times selbstbezichtigend als “liberale Intoleranz” beschrieben hat:

We progressives believe in diversity, and we want women, blacks, Latinos, gays and Muslims at the table — er, so long as they aren’t conservatives. Zu deutsch: Wir Progressiven glauben an Vielfalt, und wir wollen Frauen, Schwarze, Latinos, Schwule und Muslims an den Tisch holen – ahem, so lange sie keine Konservativen sind.

Und er belegt das sogar mit Zahlen: So identifizierten sich zum Beispiel in den Geisteswissenschaften an amerikanischen Hochschulen nur zwischen sechs und elf Prozent aller Professorinnen und Professoren als Republikaner, bei den Sozialwissenschaften sogar nur sieben bis neun Prozent. Gleichzeitig gäben etwa 18 Prozent aller Sozialwissenschaftler an, Marxisten zu sein, es sei daher in manchen Fachrichtungen leichter, einen Marxisten zu finden als einen Republikaner. Doch mehr noch: In verschiedenen Studien habe sich gezeigt, dass die eher links denkenden Akademiker, bei all ihrer selbsterklärten Liebe zur Toleranz, ziemlich intolerant reagieren, wenn es um Stellenbesetzungen oder Mittelvergabe an rechts denkenden und wählende Kolleginnen und Kollegen geht. Und folgert daraus, dass es uns scheinbar Toleranten gut täte, Vielfalt auch auf die Meinungen von Rechts auszudehnen.

So weit, so amerikanisch. Denn um diese Trends richtig interpretieren zu können, muss sich erinnern, wie sich die politischen Spektralfarben in den USA verschieben: Bernie Sanders, der sich selbst gelegentlich als Sozialdemokrat bezeichnet hat, ist wohl der am weitesten links stehende prominente US-Politiker (und Noch-Präsidentschaftskandidat); er findet sich irgendwo inner- oder außerhalb des linken Randes der amerikanischen Demokratischen Partei – doch in Europa würde er, wenn man dem Politischen Kompass vertrauen darf, eher als Mittel-Links-Politiker gelten. Hillary Clinton (und mit ihr die Mehrzahl der Demokraten) gehört auf diesem Kompass ins rechts-autoritäre Feld – ihr wären vermutlich die meisten CDU-Politiker noch zu links. Republikaner hingegen, ob sie nun Trump, Cruz, oder Bush heißen (und mit ihnen die Mehrzahl der zuverlässig konservativ wählenden Amerikaner) stehen so extrem in der rechten und autoritären Ecke dieses Kompasses, dass sie in Europa schon ganz weit am rechten und vor allem fundamentalistischen Rand nach Gleichgesinnten suchen müssten.

Wenn wir nun aber davon ausgehen, dass das intellektuelle Spektrum der akademischen Welt in den USA etwa die gleiche Bandbreite hat wie im Rest der westlichen Welt, dann sieht man, dass diese scheinbare “Linksverschiebung” nicht wirklich den Denkerinnen und Denkern anzulasten ist; es ist der politische Magnetpol in den USA, der diese Missweisung verursacht. In Europa ist es sicher viel leichter, sehr konservative Akademiker und Akademikerinnen zu finden (in Deutschland haben die sogar ihre eigene Partei gegründet – falls sich noch jemand daran erinnern will).

Trotzdem hat Kristof mit seiner (Selbst-)Kritik nicht Unrecht: Jemanden wegen seiner Weltanschauung abzulehnen ist Diskriminierung. Und gerade an Hochschulen muss Platz sein für Denkrichtungen aller Art. Doch das maßgebliche Wort hier ist “Denken” – wie schon Rosa Luxemburg sagte, ist Freiheit immer die Freiheit des Andersdenkenden – was eben voraussetzt, dass dabei überhaupt ein Denkprozess stattgefunden hat. Und ja, mit dem Gedankengut, selbst wenn es von gefährlich weit rechts kommt, wird man sich auseinandersetzen müssen – und sei es nur, weil dies den Zwang für die so Denkenden einschlösse, ihre Position diskursfähig zu artikulieren und aus dem Denken somit auch ein Nachdenken über die eigene Position wird.

Nur die Verhältnisse, die sind leider nicht immer so. Toleranz für Intoleranz ist selbstzerstörerisch; der Unterschied zwischen Religionen (die Toleranz verdienen, egal an welchen Gott oder welche Götter sie glauben) und religiösem Fundamentalismus wird genau da zur kritischen Bruchstelle, wo religiöses Denken durch den Fanatismus abgelöst wird, der Denken, Einsicht und Erkenntnis als Häresie verteufelt. Und das passiert leider nicht nur dort, wo ISIS seine Terrorherrschaft ausübt – ein Blick nach North Carolina beispielsweise genügt, wo die Diskriminierung von Menschen mit anderer sexueller Identität Gesetz wurde, oder Mississippi, wo das Recht, andere wegen ihrer persönlichen Neigungen zu diskriminieren, ausgerechnet als “Schutz vor Diskriminierung” Gesetzesrang erhalten hat. Toleranz für Intoleranz zu fordern ist nicht nur paradox, es ist so absurd wie die Forderung des Elternmörders, als Vollwaise mildernde Umstände zu bekommen.

flattr this!

Kommentare (31)

  1. #1 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    10. Mai 2016

    Gut geschrieben! Tatsächlich ist aber auch in Deutschland die gesamte politische Landschaft nach rechts gerückt. Wer das nicht glauben mag, kann gerne mal folgende Zitate versuchen zuzuordnen:

    1) «So wollte ich jeden Zweifel beseitigt wissen, daß ich die Verwirklichung einer Wirtschaftsverfassung anstrebe, die immer weitere und breitere Schichten unseres Volkes zu Wohlstand zu führen vermag. Am Ausgangspunkt stand der Wunsch, über eine breitgeschichtete Massenkaufkraft die alte konservative soziale Struktur endgültig zu überwinden. Diese überkommene Hierarchie war auf der einen Seite durch eine dünne Oberschicht, welche sich jeden Konsum leisten konnte, wie andererseits durch eine quantitativ sehr breite Unterschicht mit unzureichender Kaufkraft gekennzeichnet.»

    2) “Sie fordert deshalb: […] die allgemeine kontrollierte Abrüstung einschließlich aller Atomwaffen;”

    3) “Frieden in der Welt heißt allgemeine Achtung vor dem Völker- und Menschenrecht, heißt Ende jeder Zwangsherrschaft. […] Keine Hilfe für die Unterdrücker – jede Hilfe für die Unterdrückten.”

    Insbesondere beim letzten Zitat muss ich heute auch an Katar und Saudi-Arabien denken.

    Mit Deinen Thesen im Artikel hast Du trotzdem völlig recht. Denn wer hätte gedacht, welcher Politiker in welchem Land einst diesen Maßnahmenkatalog hier auflegen ließ?

    https://en.wikipedia.org/wiki/New_Deal

  2. #2 Joseph Kuhn
    https://scienceblogs.de/gesundheits-check/
    10. Mai 2016

    Mir kommt das Argument von der “liberalen Intoleranz” etwas gedankenlos vor. Ist die Forderung, Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts oder ihrer Religion nicht zu diskriminieren, wirklich dasselbe wie die Forderung, sie nicht wegen ihrer politischen Einstellungen zu “diskriminieren” (und vor allem zu kritisieren)? Muss man die Hilfe des Verfassungsschutzes für die Neonazis in Thüringen am Ende noch als Antidiskriminierungskampagne sehen?

    Richtig ist die Forderung, dass Positionen an Hochschulen nicht parteipolitisch besetzt werden sollen. Die Tatsache, dass es in den USA in den Sozialwissenschaften mehr “Marxisten” als “Republikaner” geben soll, gibt noch keinen Aufschluss darüber, ob Hochschulstellen in erheblichem Umfang parteipolitisch besetzt werden, schließlich sind “Marxisten” und “Republikaner” auch nicht unbedingt auf einer Skala zu verorten. Der Marxismus ist ein relevanter sozialwissenschaftlicher Ansatz, der “Republikanismus” nicht. 18 % “Marxisten” bedeutet, 82 % Andere, darunter wird es Konservative und Nichtkonservative geben.

  3. #3 Joachim
    10. Mai 2016

    Wie wahr. Denn nur wo Denkprozesse zugelassen werden, kann man auch überzeugen, z.B. extremistische Ansichten abzubauen.
    Man sollte aber auch etwas anderes betrachten: Was in den USA unter rechts verstanden wird ist noch lange nicht das Gleiche was man hierzulande darunter sieht. In den USA muß ein Rechter nicht automatisch ein Rassist sein. In Deutschland assoziiert man aber mit der Aussage rechts immer Rassismus.Das ist aber falsch. Rechts gibt es Rassismus und Antisemitismus, letzteres gibt es aber auch weit links. Persönlich würde ich rechts und links eher als sehr konservativ bis sehr anarchistisch betrachten und punktuell Rassismus und Antisemitismus als zusätzliche und individuelle Indikatoren beifügen. Das ist in meinen Augen dann auch mehr das US-System und weniger die Schwarzweißmalerei in Deutschland.

    @Volker Birk:
    Man kann für alles Zitate finden. Persönlich empfinde ich, daß wir in Deutschland einen linksruck haben oder schlimmstenfalls ein verlassen der Mitte zugunsten von rechts und links, wobei links dominiert.

  4. #4 Alisier
    10. Mai 2016

    Vielleicht sollten wir uns erst mal darüber unterhalten, was “konservativ” oder auch “republikanisch” im amerikanischen Sinne überhaupt heißen soll.
    Das ganze Rechts-Links Gelabele war immer schon wenig sinnvoll. Wer keine Ahnung hat und vor allem auch keine haben will, sondern der Meinung ist, es sei doch glasklar was zu tun ist, den möchte ich nicht so gern als Entscheidungsträger irgendwo sehen. Und solche Leute findet man in allen Gruppen, egal wie sie sich bezeichnen.
    Wer also nicht bereit ist, in einen Diskurs mit echten Argumenten einzutreten, sowie Kompromisse für des Teufels hält, weil es doch gilt “Die Wahrheit” zu verteidigen und durchzusetzen ist eine Plage und mit Toleranz gegenüber solchen geistigen Flachpfeifen ist niemandem geholfen.
    Ich erlaube mir Menschen an ihrem Handeln und Auftreten zu messen: wenn sie echte Gründe und Begründungen liefern, und ich sie als wissbegierig und lernwillig erlebe, dann toleriere ich sie nicht nur, sondern respektiere und schätze sie als Gesprächspartner, gerade wenn sie Dinge vertreten, die mir fremd sind. Dann kann ich nämlich was lernen.
    Wer aber jeden Dialog verweigert, und glaubt immer auf der richtigen Seite zu stehen, sowie stolz darauf ist, seine Position nie geändert zu haben, ist raus.
    Und eine solche Verhaltensweise findet man bei vielen Menschen und allen möglichen Gruppierungen, wie gesagt.

  5. #5 Lercherl
    10. Mai 2016

    manche meinen
    lechts und rinks
    kann man nicht velwechsern
    werch ein illtum

    (Ernst Jandl)

  6. #6 Alisier
    10. Mai 2016

    @ Joachim
    Was heißt denn für Sie “links”? Und wo genau sehen sie einen “Linksruck”?

  7. #7 Tim
    10. Mai 2016

    Hört mir auf mit Eurer Pseudotoleranz. Weitaus konsequenter ist doch die Ausgrenzung von uns Neoliberalen. Keiner interessiert sich für unsere tatsächlichen Positionen, alle schieben uns irgendwelche ausgedachten Quatschpositionen zu und vermuten natürlich dahinter fiese Konzerninteressen, nirgendwo haben wir tatsächlich Einfluß – aber unsere Denkrichtung ist angeblich für jedes zweite Problem der Welt verantwortlich. Sei’s drum.

  8. #8 miesepeter3
    10. Mai 2016

    @ Jürgen Schönstein

    “Toleranz gilt als oberste Tugend für alle, die sich zu den aufgeklärt Denkenden zählen.”

    Ich habe noch nie so viel Intoleranz erlebt, wie bei den Toleranten. Die haben nach meiner Meinung einen ebensolchen “Tunnelblick”, wie Fanatiker.
    Ist aber nur meine persönliche Erfahrung.

  9. #9 DH
    10. Mai 2016

    Der Artikel beschreibt es gut , das ist eine Seite , die vor allem Rechtskonservative nicht wahrhaben wollen , ihr ganzes Weltbild ist sehr häufig darauf ausgerichtet , andere mit ins Boot zu holen und ihnen die eigene Lebensweise aufzunötigen , bitte erst über Diskriminierung jammern , wenn da sowas wie Selbstkritik Einzug hält.
    Auch ist es normal , daß es Pole und Gegenpole gibt , wenn an den Unis mehr linksliberales Potenzial vorhanden ist , dann eben auch deshalb , weil in den Städten viele Leute leben , die fluchtartig das Weite gesucht haben vor der primitiven Schwarz-Weiß – Mentalität , die nicht nur in den USA weit verbreitet ist , was die ländlichen Gebiete angeht.

    Falsch verstandene Toleranz sehe ich eher anderswo , das wird mancher jetzt wieder als rechts oder so einstufen , aber es gibt bei einem Teil der “Toleranten” eine Tendenz , bestimmte Gruppen als pauschale Daueropfer zu sehen und dabei jedes noch so miese Verhalten zu tolerieren , vielleicht nicht so sehr an den Unis , wohl aber im Alltag.

    Meines Erachtens ist das eins der wichtigsten Einfallstore für die Rechten , alleine von Vorurteilen leben die nicht.
    Pauschales Denken ist halt immer schwierig , desaströs wird es , wenn die scheinbar Progressiven selber damit anfangen , schwarz-weiß zu denken .

  10. #10 Earonn
    10. Mai 2016

    In der Regel haben die Ziele der gängigen -Ismen (Homosexuelle, Andersfarbige, Geschlecht Z, Ausländer etc.) sich den Grund der Ablehnung weder ausgesucht noch können sie ihn ändern.

    Bei -Isten ist dies nicht der Fall.
    Sie haben sich dazu entschlossen, andere wegen unabänderlicher Merkmale auszugrenzen, dann müssen sie natürlich auch die Konsequenzen ihrer Entscheidung tragen (“Kannst ruhig Nazi sein. Biste halt sch…” heißt es ja so schön).

    Gruppen wie die “Konservativen”, “Demokraten” oder “Neoliberalen” umfassen ein so weites Spektrum, da ist eine Einordnung kaum möglich. Egal ob in Europa oder den USA. Hier würde ich nur den Einzelnen ablehnen.
    Einige meiner besten Freunde sind Konservative! (SCNR ^^)

    Allerdings gebe ich zu, dass z.B- die Aussage “ich bin Konservativer” mich nervös macht, weil ich zu viele Mitglieder dieser Gruppe kennengelernt habe, die für mich inakzeptable Ansichten hatten (nicht einfach nur “andere” sondern “Grundrechte-verletzende). Da bin ich gebranntes Kind.

    Dies Gefühl als solches ist aber m.E. nicht so schlimm, solange ich mir bewusst bin, dass es nur eine Ahnung ist und mein Gegenüber als Individuum ja zwar von meinen abweichende aber trotzdem mit den Menschenrechten zu vereinbarende Ansichten haben kann. Solange mein Gegenüber also eine faire Chance erhält.

    Bei Christen finde ich es besonders schwierig: es gibt natürlich sehr freundliche, friedliche Menschen darunter. Aber per definitionem berufen sie sich auf ein Buch, das meine Minderwertigkeit und Schlechtigkeit propagiert. Demgegenüber sind viele Christen ja eigentlich gar keine – weil sie ihr eigenes Grundlagenwerk ebensowenig kennen wie befolgen.

  11. #11 Jürgen Schönstein
    10. Mai 2016

    @Joseph

    Ist die Forderung, Menschen wegen ihrer Hautfarbe, ihres Geschlechts oder ihrer Religion nicht zu diskriminieren, wirklich dasselbe wie die Forderung, sie nicht wegen ihrer politischen Einstellungen zu “diskriminieren” (und vor allem zu kritisieren)?

    Vielleicht nicht dasselbe – aber dennoch, historisch gesehen, minderstens gleichwertig. Die Meinungs- und Gedankenfreiheit ist die zentrale Idee der Auflklärung (muss ich aus Schillers Don Carlos zitieren?). Und genau das ist halt das Dilemma – und genau deshalb finde ich, dass zumindest die Latte dessen, was als “Denken” bezeichnet wird, hoch genug liegen muss, um diesen Anspruch zu begrnden. Wer nur nachplappert, was ihm eine Religion vorschreibt, der/die denkt nicht (was übrigens auch dann gelten müsste, wenn die Dogmen dieser Religion sich mit den Erkenntnissen der Wissenschaft deckt, wie ich hier mal durchzudenken versucht habe) – und hat daher weniger Anspruch auf diese Toleranz als eine Person, die ihren Denkprozess versteht und begründen kann. Wenn wir nur angeborene Merkmale (Geschlecht, Herkunft, Hautfarbe etc.) des Schutzes vor Diskriminierung und Unterdrückung würdig ansähen, was sagen wir dann den Journalistinnen und Journalisten, und all den politisch anders Denkenden der Welt, die für ihr anderes Denken tagtäglich inhaftiert und verurteilt werden (in der Türkei, beispielsweise)?

    Und deshalb, @Earonn, sollten wir – finde ich – der Versuchung widerstehen, die “-ismen” einfach nur als beliebig wechselbare Einstellungen abzuwerten. Ich gebe zu, dass es verlockend ist zu sagen: Du musst ja kein Konservativer sein, Du musst ja nicht Trump oder die AfD oder die NPD oder die FPÖ oder LePen etc. wählen wollen, also hast Du Dir das selbst ausgesucht. Aber wenn ich in mein eigenes Bewusstsein schaue, dann sehe ich nicht, wie ich mich zum Beispiel zum Konservativen im Stil der US-Republikaner umwidmen könnte. Ganz ehrlich: Diese “Wahlfreiheit”, doch mit irgend einer politischen Linie konform zu denken, finde ich nicht in mir, so sehr ich auch danach suche. Nur die “Freiheit”, das Maul zu halten, wenn diese Meinung der Mehrheit zu unbequem würde – aber ich fände nicht, dass dies ein erstrebenswerter Zustand wäre.

  12. #12 kdm
    10. Mai 2016

    Wenn ich das zu Ende denke, muss ich also die Nazis und die Neonazis und die Homöopaten und die IS-Krieger und die Antifa-Prügler und die Raser und die Chemtrailanhänger und die Volksmusikmitklatscher und die Nina Hagens dieser Welt, und die Versicherungsvertreter, die Bankster, die Politiker, die Designer, die voneinander abschreibende Journaille, etc. pp. alle tolerieren, gar mit Ihnen über ihre Standpunkte gleichwertig diskutieren (?)
    Da bin ich doch lieber intolerant bis zum geht nicht mehr.

  13. #13 kdm
    10. Mai 2016

    …habe die Gendertröten vergessen, ”tschuldigung.
    DIE nämlich ganz besonders. Die können mich mal!

  14. #14 Earonn
    10. Mai 2016

    @Jürgen
    Ich glaube, dann hab ich mich missverständlich ausgedrückt.

    Ich mache einen Unterschied zwischen der Gruppenzugehörigkeit (kein Grund, den anderen abzulehnen) und konkreten Aussagen (können Grund sein).
    Niemand sollte abgelehnt werden, nur weil er Mitglied der AfD ist.
    Macht die Person hingegen eine Aussage, die den Menschenrechten oder freiheitlich-demokratischen Grundsätzen widersprechen, wäre das ein Ablehnungsgrund (und zwar nicht wegen der Parteizugehörigkeit).

    Wohlgemerkt: widersprechen. Nicht einfach nur: sie anzweifeln.
    Da ist auch ein Unterschied zwischen z.B. Zweifeln an speziellen Geheimhaltungsrechten für Journalisten und der Aussage, Journalisten sollten mit Gewalt zur Preisgabe Ihrer Quellen gezwungen werden.

    Ist vermutlich ein schmaler Grad, und einfach ist die Frage schon gar nicht.
    Und, ja, natürlich gibt es Intoleranz auf allen Seiten und gerade wir, die wir eine tolerantere Welt wollen, müssen aufpassen, nicht selbst intolerant zu sein.
    In der Grundaussage stimme ich dir vollkommen zu.

  15. #15 Jürgen Schönstein
    10. Mai 2016

    @Earonn
    Schon klar. “Toleranz” heißt ja nicht, den anders Denkenden immer Recht zu geben (auch wenn das oft von jenen, die sich – zum Beispiel in den Kommentarspalten dieses Blogs – als “Querdenker” bezeichnen, genau so gefordert wird: Widerspruch empfinden die schon als Einschränkung ihrer Meinungsfreiheit). Toleranz heißt, meiner Auffassung nach, dass Arschlöcher das Recht haben, Arschlöcher zu sein – und ich das Recht habe, sie für Arschlöcher zu halten…

  16. #16 Hobbes
    10. Mai 2016

    Das Rosa Luxemburg Zitat passt hier besser als Beabsichtigt. Meinte sie mit Freiheit der Andersdenkenden ja auch ausschließlich die Strömungen im Sozialismus. Revolutionsverräter waren damit explizit nicht gemeint. Wer den Sozialismus an sich in Frage stellte hatte nach ihrer Meinung keine Freiheit verdient.

    Ansonsten zum Ausgrenzen von Rechts:
    Meiner Meinung ist dies aktuell Mitverantwortlich für die NSU. Genau so war das Verteufeln von Links Mitauslöser für die Radikalisierung der RAF. (Das die RAF um so vieles erfolgreicher war lag an dem größeren Rückhalt in der Bevölkerung so wie der ausländischen Unterstützung) Sicherlich ist nicht jede Ausgrenzung schlecht. Schlecht wird es erst wenn das Ansprechen von Problemen mehr Kritik verursacht als das Problem selber.
    Wer beispielsweise sagt er habe Angst vor dem Islam und sehe Integration als gescheitert an der wird teilweise zurecht ausgegrenzt. Wenn aber trotzdem nicht darüber geredet wird woher diese Person ihre Meinung hat, dann läuft etwas verkehrt. Sicherlich kann man zu dem Entschluss kommen die Person ist verrückt und lebt in einer Parallelwelt. Man muss auch nicht mit Chemtrailanhängern diskutieren. Da es aber mehr als genug Belege für die Probleme von Migrationsströmen gibt und der Islam für mehr als genug angstauslösende Zeitungsbeiträge gibt wäre es Fatal diese Angst als unbegründet ab zu lehnen. Trotzdem wird in Linken Kreisen jede Kritik an Linken Idealen als Phobie abgetan. Also eine “Krankheit” und mit Kranken muss man ja nicht diskutieren. Das hier eine Linkslastigkeit vor liegt sieht man ganz einfach wenn man sich anschaut welche “Phobien” es in den allgemeinen Sprachgebrauch geschafft haben. Die Real vorhandene und gut belegbare Radiophobie jedenfalls nicht. Sicherlich kann man wenn man die Probleme “Islam” und “Integration” bespricht zu dem Ergebnis kommen das es politische Kämpfe sind die nur Vordergründig etwas mit Religion zu tun haben und man kann das Scheitern bestimmter Integration an vielen Stellen Fest machen die nichts mit der Seite der Migranten oder linken Vorstellungen zu tun hat. Das passiert aber nicht. Die Probleme werden größtenteils nicht Diskutiert, da sie für nicht real erklärt werden. Das führt dann dazu das die AFD am meisten Wähler aus dem Wählerpotential der Linkspartei abzieht.

    Was ich damit sagen will. Es ist kein Problem wenn man Leuten gegenüber intolerant ist, welche man nicht leiden kann. Es wird erst zum Problem wenn man Ideen und Ansichten gegenüber intolerant wird nur weil sie nicht ins Weltbild passen.

    Ein weiterer Punkt ist übrigens das immer weniger zwischen Akzeptanz und Toleranz unterschieden wird. Es scheint vielen unbedingt nötig zu seien das alle das was sie wollen Akzeptieren und nicht nur tolerieren. Sätze wie “Ich finde schwule ekelig, aber mir ist egal was Leute in ihren Betten machen” stoßen auf heftigste Gegenwehr. Viele der angeblich Toleranten fordern nämlich schon lange keine Definitionshoheit über Umgangsnormen ein, sie fordern Definitionshoheit über zulässige Meinungen und Weltbilder ein.

    Ach und @TIM #7:
    Das Problem ist, dass Querfrontbemühungen kaum Kritik erfahren. Deshalb hat sich “Neoliberal” in eine inhaltsleere Floskel verwandelt. Es steht nur noch für Böse. Dies wird benötigt da solche Querfronten nur dank gemeinsamen Feindbild existieren können. Und Nazis und Linksextreme brauchen auch einen Grund um Seit an Seit marschieren zu können wenn mal kein Gazakrieg herrscht. Die Schnittmengen sind aber auch einfach zu groß um immer nur einander zu hassen.

  17. #17 cero
    10. Mai 2016

    Schöner Artikel, danke!

    Auch hier stellt sich aber ja wieder die entscheidende Frage: Werden die konservativen Bewerber _bei gleicher Leistung_ benachteiligt? Nur dann liegt meines Erachtens Handlungsbedarf vor. Die Studie scheint das zu bejahen.

    Dann ist aber die entscheidende Frage: Wie wird überhaupt Leistung in den Geisteswissenschaften gemessen? In den Naturwissenschaften kann man recht objektiv, unabhängig von politischen Positionen, Forschung bewerten. Geht das in den Geisteswissenschaften genauso?

    In der quantitativen Sozialwissenschaft dürfte das noch einigermaßen funktionieren, in Qualitativer SoWi, Literaturwissenschaft, Kulturwissenschaft, Philosophie etc. bin ich mir da nicht so sicher, lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.

    Sobald man nicht mehr reine Daten präsentiert, sondern anfängt diese zu interpretieren kann ich mir gut vorstellen, dass dem Wissenschaftszweig selbst die Objektivität abhanden kommt (und dementsprechend z.B. konservative Interpretationen als weniger plausibel betrachtet werden etc.)

  18. #18 Joseph Kuhn
    https://scienceblogs.de/gesundheits-check/
    10. Mai 2016

    @ Jürgen:

    Macht es nicht doch einen Unterschied, ob es um angeborene Merkmale geht oder um politische Ansichten? Parteien sind beispielsweise legitimierte Diskriminierungsvereine: Wer eine klassische Linken-Position vertritt, wird es in der CSU nicht weit bringen, er würde dort aufgrund seiner politischen Ansichten ausgegrenzt. Anders können Parteien gar nicht funktionieren, dito von Parteien gestellte Regierungen. Oder: Kirchen müssen keine geschiedenen Mitarbeiter beschäftigen, als “Tendenzbetriebe” dürfen sie sie diskriminieren. Nur aufgrund des Geschlechts oder der Hautfarbe würde das nicht gehen. Das Diskriminierungsverbot greift, wenn es keine Rechtfertigung für eine “Diskriminierung” gibt, d.h. man muss das je nach Situation differenziert betrachten.

    Dass der Staat auch Menschen mit “unkonventionellen” politischen Ansichten in bestimmten Situationen vor Diskriminierung schützen muss, z.B. wenn ein Arzt einen Patienten aufgrund von dessen Parteizugehörigkeit nicht ärztlich behandeln wollte, da sind wir uns einig.

    @ Hobbes:

    Die RAF hatte mehr Rückhalt in der Bevölkerung als der NSU? Woher haben Sie das denn? Erfühlt? Und das “Ausgrenzen von Rechts” ist mitverantwortlich für den NSU? Bestimmt sind die kritischen Journalisten in der Türkei dann auch verantwortlich für die Radikalisierung Ergogans und Feministinnen für Vergewaltigungen durch frustrierte Männer?

  19. #19 Jürgen Schönstein
    10. Mai 2016

    @Joseph
    Dass Tendenzbetriebe laut Betriebsverfassungsgesetz diskriminieren dürfen, mag zwar rechtlich abgesichert sein – ich finde es trotzdem skandalös und in jedem Fall einer aufgeschlossenen Gesellschaftt unwürdig. Ich sehe ja ein, dass man selbst bei strengster Auslegung der Nicht-Diskriminierung keinen Imam als Pfarrer einer katholischen Gemeinde akzeptieren würde (wobei das wohl eher eine Frage der Qualifikation wäre), und dass ein überzeugter Sozialdemokrat nicht sehr gut auf den Posten eines CSU-Geschäftsführers passen würde, steht auch außer Zweifel. Ich bezweifle aber, dass dies jemals eine realistische Situation wäre. Es ist aber sicher schon etwas anderes, wenn etwa die Buchhalterin einer Pfarrgemeinde (deren Tätigkeit ja eigentlich nichts mit der konfessionellen Ausrichtung der Gemeinde zu tun hat) ihren Job verlöre, wenn sie einen Muslim heiratet. Oder der Gärtner gefeuert würde, weil er seine Konfession von katholisch zu protestantisch geändert hat.

    Ich bin ja selbst ein Beispiel dafür, dass der Tendenzschutz nicht automatisch zur politischen Diskriminierung führen muss: Dass ich links von der Mitte stehe, merkt jede(r) schon nach einem kurzen Gespräch zu tagesaktuellen Themen. Und von denen gab es im Laufe eines beliebigen Tages am Redaktionstisch der WELT in Berlin mehr als genug. Und trotzdem hatte man mich dort als stellvertretenden Ressortleiter (okay, es war das “Vermischte”, aber ich hatte auch ab und zu Gelegenheit, für die politischen Seiten zu schreiben) angeheuert und nach gut zweieinhalb Jahren nur relativ ungern gehen lassen (was mir vom damaligen Chefredakteur sehr klar so gesagt wurde). Und auch beim Auslands-Nachrichtendienst des Axel-Springer-Verlages oder dem FOCUS, wo ich jeweils viele Jahre als US-Korrespondent gearbeitet habe, wurde ich noch nicht mal explizit nach meiner politischen Einstellung gefragt. Nicht mal bei meiner Kündigung, die ja mit wirtschaftlichen Zwängen begründet und von mir vor Gericht angefochten wurde, schien man von der eigentlich viel einfacheren (weil ausdrücklich abgesegneten) Methode Gebrauch machen zu wollen, den Tendenzschutz in Anspruch zu nehmen – ein Blick in mein Blog hätte sicher Material geliefert. Also nur weil etwas rechtlich möglich wäre, ist es noch nicht ethisch vertretbar. Und umgekehrt sehe ich keinen Grund, Menschen allein deswegen abzulehnen, weil sie eine andere Partei wählen als ich, oder am Freitag in die Moschee/Samstag in den Tempel/Sonntag in die Kirche gehen…

    Doch dass natürlich stets die, die am lautesten nach der Toleranz für ihre eigene Weltanschauung/Religion schreien und sich schon diskriminiert fühlen, wenn zwei Menschen gleichen Geschlechts miteinander glücklich sein wollen, generell eher intolerant sind, wenn es um die gleichen Rechte für Andere geht, löse ich dahingehend auf, dass diese Borniertheit mit dem Vorgang des Denkens unvereinbar ist und daher auch nicht den Schutz der Gedankenfreiheit verdient.

  20. #20 DH
    11. Mai 2016

    @Hobbes

    “Viele der angeblich Toleranten fordern nämlich schon lange keine Definitionshoheit über Umgangsnormen ein, sie fordern Definitionshoheit über zulässige Meinungen und Weltbilder ein.”

    Das trifft es auf den Punkt.
    Die wichtigsten Wahlhelfer der AfD sind diejenigen , die sich heute für die “Toleranten” halten , sie liefern den Rechten ein Potenzial , zu dessen Erschließung diese selber niemals in der Lage wären. Das würde auch erklären , warum man bei AfD-Leuten oft den Eindruck hat , daß die immer kurz davor stehen , sich öffentlich scheckig zu lachen über die Vehemenz , mit der man ihnen die Themen nachschmeißt.
    Aber was solls , da kann man sich zurücklehnen und entspannt zuschauen , wie sich die Intoleranten beider Seiten gegenseitig neutralisieren , der lachende Dritte wird mittelfristig eine Neuaufstellung derer sein , die das Merkmal “progressiv” auch wirklich zurecht tragen.

  21. #21 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2016/05/10/hochwasser/
    11. Mai 2016

    @Joseph Kuhn:

    Kirchen müssen keine geschiedenen Mitarbeiter beschäftigen, als “Tendenzbetriebe” dürfen sie sie diskriminieren. Nur aufgrund des Geschlechts oder der Hautfarbe würde das nicht gehen.

    Die katholische Kirche darf auch aufgrund des Geschlechts diskriminieren.

    Dass eine wiederverheiratete Kindergärtnerin oder ein homosexueller Organist gefeuert werden dürfen ist auch nicht in Ordnung. Ein Priester, der vom Glauben abfällt, gerne, aber die Kirche betrachtet die private Lebensführung ihrer Angestellten als eine Art Werbung, die diese für ihren Arbeitgeber betreiben müssen – dabei aber sehr selektiv auf wenige Problembereiche beschränkt.
    Prügelnde Nonnen oder pädokriminelle Priester waren kein Problem. Aber lesbische Krankenschwester – und tschüß!

    Jetzt wird der Gegenwind etwas stärker und auf dem Arbeitsmarkt finden sie nicht immer einen passenden Bewerber, da stellt sich dieses verlogene Pack noch einen Freibrief aus und beschließt, in Zukunft in Einzelfällen Ausnahmen zu machen, nämlich wenn sie von dem Bewerber/Mitarbeiter abhängig sind!

    Dann wollen sie nicht verpflichtet sein, sich von ihm zu trennen oder gar nicht erst als Bewerber zuzulassen. “Alle Freiheiten für mich und meine Gnade den Schäfchen!” – das verkaufen sie dann als ihre neue Toleranz!

    Womit wir beim Thema sind:
    @JürgenSchönstein:

    Nur die Verhältnisse, die sind leider nicht immer so. Toleranz für Intoleranz ist selbstzerstörerisch;

    Nein. Toleranz in einer Position der Stärke, also wenn man selbst am Drücker ist, wird allgemein als großzügig und nett empfunden. Wer glaubt, dass er die besseren Argumente hat, und fähig ist, seine Argumente darzustellen, der muss etwa einen öffentlichen Meinungsaustausch nicht fürchten, sondern sollte darauf vertrauen, die Intoleranz der Anderen am besten dann sichtbar machen zu können, wenn er sie zu Wort kommen lässt.

    In der extremen Linken (die es allerdings kaum noch gibt) werden zum Teil konkurrierende Strömungen niedergeschrien, der Veranstalter unter Druck gesetzt, der Zugang blockiert.

    Ähnlich ergeht es Rechten, deren Veranstaltungen nicht einfach mit Gegenmeinungen begleitet werden, sondern die man zu verhindern versucht. Hat man keine besseren Argumente oder ist es nur die romantische Sehnsucht nach Krawallerlebnissen und Verfolgungserfahrungen, damit man sein Feindbild Bulle festigen kann?

    Ich sage nicht, dass man alles tolerieren muss und dass Gewalt immer falsch ist. Hätte man in Sebnitz rasch genug soviele Leute zusammenbringen können, um den Bus mit Flüchtlingen vor dem rechten Mob zu schützen, in dem man diesen abdrängt, man hätte es tun sollen.

    Aber zu sowas käme man immer zu spät; man erfährt es erst hinterher.

    Aber rechte Demos sollen immer verhindert werden. Wieso?

    Oder Leute die mit der falschen Gesinnung in Unis einen Vortrag halten wollen. Setzt Euch rein und ergreift das Wort zur Diskussion. Zeigt, dass Ihr was auf dem Kasten habt, in der Birne! Oder veranstaltet selbst eine Diskussionsrunde und ladet die Gegenseite ein.

    Wer niederbrüllt, ausgrenzt und Rufmord betreibt, der setzt sich selbst ins Unrecht. An ihren Taten sollt ihr sie messen! Freiheit ist oft nur ein Lippenbekenntnis.

    Allerdings: Wenn es eine starke, demokratische Mitte gäbe, dann würde die für das Recht auf freie Rede sorgen. Es gibt leider nur eine stark opportunistische Mitte, die keinen Ärger will, und wegsieht.

  22. #22 ralph
    11. Mai 2016

    @Hobbes
    “Sicherlich ist nicht jede Ausgrenzung schlecht. Schlecht wird es erst wenn das Ansprechen von Problemen mehr Kritik verursacht als das Problem selber.”
    Das ist genau der Punkt.

    Sehr schön auch der Exkurs über die “Phobien” welche es in den Mainstream geschafft haben, und welche nicht. Den Begriff Radiophobie kannte tatsich noch nicht, wenngleich dieses Phänomen sei Jahzehnten in Deutschland existiert. Gibts eigentlich auch einen Begriff für die krankhafte Angst vor dem Verzehr gentechnisch veränderter Agrarprodukte?

  23. #23 ralph
    11. Mai 2016

    “Ich sehe ja ein, dass man selbst bei strengster Auslegung der Nicht-Diskriminierung keinen Imam als Pfarrer einer katholischen Gemeinde akzeptieren würde”
    Fände ich aber mal einen guten Ansatz:-) Pfarrer und Imame können sich ja weiterbilden. Die monotheistischen Religionen sollen sich nicht so haben. Der abrahmistischen Ökumene muss der Weg bereitet werden. Schliesslich wollen wir keine Parallelgesellschaften oder?

  24. #24 Joseph Kuhn
    https://scienceblogs.de/gesundheits-check/
    11. Mai 2016

    @ user unknown:

    “Die katholische Kirche darf auch aufgrund des Geschlechts diskriminieren.”

    Stimmt, bei den Priestern meint sie einen sachlichen Grund zu haben. Ähnlich wie die Bundeswehr, was immer das bedeuten mag.

    Davon abgesehen werde ich das Gefühl eh nicht los, dass ich das Problem, das uns Jürgen präsentiert, insgesamt noch nicht so recht verstanden habe – z.B. scheint mir das Argument der “liberalen Intoleranz” auch die sachlich nicht begründete Diskriminierung von Menschen und sachlich begründete Kritik an Meinungen zu sehr zu vermischen. Ein Jurist wäre bei dem Thema hilfreich.

  25. #25 Alisier
    11. Mai 2016

    Ich stimme dir zu, Joseph. Deswegen auch mein erster Gedanke weiter oben, dass wir erstmal versuchen sollten uns den unklaren Begriffen durch Definitionen zu nähern.
    So wird das wieder Kraut und Rüben, und nachdem jeder seinen Senf dazugegeben hat, zerfasert es dann vollends.
    Aber Juristen sähe ich nur ungern daran rumschrauben.

  26. #26 Hobbes
    11. Mai 2016

    Ich finde Diskriminierung bei der Anstellung in Tendenzbetrieben eigentlich unproblematisch. Einzige Vorraussetzung die ich machen würde, der Tendenzbetrieb darf auch nur solche Personen als Mitglieder akzeptieren. Wenn die Kirche keine geschiedenen einstellen will, darf sie auch keine geschiedenen Mitglieder akzeptieren. Ausnahmen von der Regel müssten gut begründet sein. (Eine Mädchenmannschaft darf auch in einem gemischten Dachverband auf eine weibliche Trainerin bestehen). Tradition würde ich auch nur bei Traditionsvereinen gelten lassen. Also Schützenkönig darf männlich sein müssen, selbst bei Frauen im Verein. Priester nicht. (Es sei denn die Kirch versteht sich als reiner Traditionsverein 🙂 )

  27. #27 Hobbes
    12. Mai 2016

    Mein anderer Kommentar im Spamfilter gelandet? War nen Link drin.

  28. #28 Beobachter
    13. Mai 2016

    @ Jürgen Schönstein:

    Ihr Beitrag zu “Toleranz”, “Rechts/Links”, “Freiheit des Denkens und Handelns”, Parteipolitik kann offensichtlich recht unterschiedlich interpretiert werden.

    Nebenan bei “Scienceblogs Podcast – Wissenschaft zum Mitnehmen” wird er vom Autor auch interpretiert.
    Meinen Kommentar dort stelle ich der Vollständigkeit halber auch hier ein:

    ” … Ich denke auch ein Neo-Nazi hat das Recht seine Meinung zu äußern. Das bedeutet nicht das er auch das Recht hat danach zu handeln. … ”

    ” … Lasst sie reden, lasst sie schwätzen. … ”

    Sollte man maßgebende AfD-Funktionäre wie Höcke und Petry und ihre Anhänger widerspruchslos einfach “schwätzen lassen”, ihnen nicht vehement und immer wieder (mit allen zur Verfügung stehenden demokratischen und gewaltfreien Mitteln) Paroli bieten?
    Damit meine ich nicht, ihnen das “Denken” und den Mund verbieten zu wollen.

    Auch die rechtsextreme NPD genießt bei ihren Kundgebungen und Aufmärschen Schutz und Begleitung durch Polizei-Großaufgebote.

    Wie oben (# 1) schon angemerkt, sollte man “Toleranz” nicht mit “widerspruchsloser Hinnahme” verwechseln.
    Selbst für “Geschwätz” gibt es Grenzen:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Volksverhetzung

    Was passiert, wenn sich Netzwerke von Neo-Nazis und neurechten Rechtsextremisten sich auch “das Recht” nehmen, “danach zu handeln”?

    STERN (also kein “ideologisch unterwandertes, linkes Hetzblatt”), Printausgabe, Nr. 17 vom 21.04.2016, Seite 54 ff.:

    Sie erfahren

    “Die ganze Milde des Gesetzes

    Brandstiftung, schwere Körperverletzung, Sprengstoffanschläge – die rechte Gewalt in Deutschland explodiert. Doch die Täter werden nur selten bestraft. Wie selten, das können Polizei, Justiz und Ministerien angeblich nicht feststellen. Der STERN hat nachgezählt.”

    Das Ergebnis ist erschreckend.
    Und wie sich Justiz und Behörden im Falle NSU verhalten haben, spricht Bände.

    Dass in Deutschland Behörden und Justiz auf dem rechten Auge blind sind, scheint Tradition zu haben.
    Das stellten schon Kurt Tucholsky, übrigens auch promovierter Jurist, und der Mathematiker und Statistiker Emil Julius Gumbel in Zeiten der Weimarer Republik und Aufkommen des Nationalsozialismus fest:

    https://www.zeit.de/2012/07/Gumbel
    (“Das rechte Auge”)

    https://www.spiegel.de/einestages/statistiker-emil-gumbel-a-947548.html

    Wenn in Südostasien unliebsame Kritiker/Journalisten “verschwinden”, ist das kein Argument dafür, dass man doch zu Verhaftungen//Strafverfolgungen von/Repressalien gegenüber unliebsamen Kritikern/Journalisten in Deutschland und der EU schweigen, es hinnehmen solle – denn woanders sei es ja noch viel schlimmer.

    Bsp. Deutschland:
    https://www.taz.de/!5295140/
    (“Deutsche Waffenexporte
    Erst Grimme-Preis, jetzt Staatsanwalt
    Überraschung in Stuttgart: Behörden in Süddeutschland ermitteln gegen Journalisten, die fragwürdige Waffengeschäfte aufgedeckt haben. … “; 26.04.16)

  29. #29 Anderer Michael
    15. Mai 2016

    Beobachter
    Ihr Link zu den Problemen von Journalisten mit der Staatsanwaltschaft ist erschreckend, wundert mich letztlich nicht. So etwas wie eine Kontrolle durch die Justizminister gibt es nicht oder Haftung für grobes Fehlverhalten nur in Ausnahmefällen. Bürger, wie die Journalisten, brauchen ein dickes Fell, um das durchzuhalten. Zuviel Kritik an unserem Justizminister ist aber auch nicht immer erwünscht.
    https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2016/01/31/donald-trump-was-fuer-eine-farce/#comment-18234

  30. #30 Beobachter
    15. Mai 2016

    @ Jürgen Schönstein:

    Eine kurze Nachfrage:
    Sehen Sie sich in Ihrer Aussage von “ScienceBlogs Podcast – Wissenschaft zum Mitnehmen” richtig interpretiert?

  31. #31 Jürgen Schönstein
    15. Mai 2016

    @Beobachter

    Sehen Sie sich in Ihrer Aussage von “ScienceBlogs Podcast – Wissenschaft zum Mitnehmen” richtig interpretiert?

    Da Thomas in meinem Beitrag nur nimmt, um ausdrücklich seine Meinung zu dem Thema darzustellen, sehe ich mich gar nicht in irgend einer Form interpretiert. Und eine Deutungshoheit würde ich nicht beanspruchen wollen: Das Schlüsselwort ist nunmal “Dilemma”, und das sagt ja gerade, dass es keine widerspruchsfreie Lösung gibt.