Die Pro- und Contra-Diskussion um die Gentechnik in der Landwirtschaft wird in Deutschland ja erstens extrem emotional geführt, und rankt sich zweitens vor allem um die Frage, ob mit Hilfe der Gentechnik produzierte Lebensmittel gesundheitsschädlich oder – da sie zum Beispiel den verringerten Einsatz von Giftstoffen in der Landwirtschaft ermöglichen sollen – gesundheitsförderlich sind. (Wer jetzt einwirft, dass es sich ja auch bei der traditionellen Pflanzenzucht, die in dieser Diskussion als antagonistisch zur genetischen Modifikation, auch nur um “Gentechnik” handele – geschenkt. Wir alle wissen sehr genau, worum es in dieser Diskussion geht, und dass es dabei sehr klar erkennbare Unterschiede in der jeweiligen Methode gibt, das genetische Rüstzeug der Pflanzen zu modifizieren.) Die Frage, ob die Gentechnik ihre eigenen Versprechen dabei einlöst, tritt in dieser emotional geladenen Atmosphäre in den Hintergrund; ich gestehe, ganz persönlich für mich, dass ich selbst immer davon ausgegangen bin, dass dieser Anspruch der Produktivitätssteigerung in der Tat erfüllt wird.

Darum fand ich diesen aktuellen Artikel in der New York Times in jedem Fall lesenswert: Doubts About the Promised Bounty of Genetically Modified Crops. Darin wurden die landwirtschaftlichen Produktivitäten in Europa (wo GMOs verboten sind) und Nordamerika (wo sie seit Jahrzehnten der Normalfall sind) vergleichen, ebenso der Verbrauch an Herbiziden und Pestiziden. Und die Antwort ist ziemlich überraschend: Es gibt keinen erkennbaren Vorteil durch Gentechnik.
Gentechnik1
Gentechnik2

Die dabei zu Grunde gelegten Daten stammen übrigens nicht von irgendwelchen gentechnikfeindichen Aktivisten, sondern unter anderem von den Vereinten Nationen und dem US Geological Survey. Und es ist keineswegs so, dass in dem Artikel vor allem die Gentechnik-Gegner zu Wort kommen – im Gegenteil. Aber lest selbst…

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Kommentare (56)

  1. #1 JW
    30. Oktober 2016

    Ohne den Artikel gelesen zu haben, ich kann man an keine angepriesene GMO erinnern, welche die Produktivität erhöhen sollte. Nur an versprechen bzgl Pestizidverbrauch. Ich erinnere mich auch dunkel an einen Artikel um die Jahrtausendwende, der die ersten resistenten Maiszünsler in Nordamerika beschrieb. Auch z.B. Trockenstressresistente Pflanzen sind noch lange nicht ausgereift. Von einer Änderung im Modellorganismus bis zum feldfähigen Produkt ist ein weiter Weg. So ist die größte Überraschung an diesem Blogpost die Einheit hektogramm je hektar

  2. #2 anderer Michael
    30. Oktober 2016

    Das war bestimmt kein “Maiszünzler” (Schmetterling)sondern ein “Maiswurzelbohrer”(Käfer). Die beste Methode gegen den Maiszünsler ist das spätherbstliche tiefe Unterpflügen des abgeernteten Maisstoppelfeldes. In Wuchszeit Insektizide, Trichogammaschlupfwespen oder das biologische relativ selektive Gift BT. Ein gentechnisch veränderter Genmais, Bt-Mais, ist für mich und von meinem Wissenstandes her überflüssig.
    Im Zuge der GMO wurde in den USA beginnend die bodenerhaltende Einsaat propagiert ( conservation tillage). Während man ansonsten durch tiefe Plug den Besatz von konkurrierenden Pflanzen versuchte weitgehend zu reduzieren, ist bei dieser Technik erstmal das Vernichten der Pflanzendecke durch Pestizide(Round-up) notwendig, um dann eine pfluglose Einsaat durchzuführen .
    Es wundert mich nicht, dass Resistenzen und vermehrter Einsatz diverser Pestizide notwendig wurden.
    Cave: Ich bin kein Landwirt, aber an Landwirtschaft interessiert. Sofern ein Landwirt mitliest, ich lasse mich gerne kortigieren.

    Falls ich in Leitungsfunktion bei Bayer wäre, würde ich mir den Kauf von Monsanto genau überlegen. Irgendeinen Grund muss es doch geben, dass ein Filetstück der US-Industrie scheinbar so bereitwillig und widerstandslos an die naiven “Krauts” verhökert wird.
    Evtl. hat Herr Schönstein die am dunklen Horizont auftauchenden Gewitterwolken plastisch uns vorgeführt. Ein Desaster für Bayer könnte der WirtschaftsStandort Deutschland so locker nicht wegstecken. Hoffentlich lesen die Bayer-Aktionäre mit.

  3. #3 Jürgen Schönstein
    30. Oktober 2016

    @JW
    Das Argument, dass wir die grüne Gentechnik brauchen, um die Weltbevölkerung ernähren zu können (= mehr anzubauen = die Produktivität des Anbaus steigern), ist das “Totschlagargument” gegenüber Gentechnikkritkern.

  4. #4 hinrich7
    30. Oktober 2016

    Mich würde die monetäre Entwicklung interessieren. Das Hauptversprechen ist der sinkende Aufwand beim Pflanzenschutz und die damit verbundene monetäre Ertragssteigerung. Eine Steigerung der Erntemenge hat doch nie jemand versprochen.

  5. #5 Tim
    30. Oktober 2016

    Also sind die Landwirte, die GMOs einsetzen, allesamt Trottel? Eher unwahrscheinlich …

  6. #6 Michel
    Sofa
    30. Oktober 2016

    Weiter forschen und noch besser machen und nicht alles den Giganten überlassen, das sollte die Devise sein. Leider können sich kleine Biotech-Firmen mit ihren Produkten nicht gegen Greenpeace und Co, sprich öffentliche Meinung, durchsetzen. So werden eben die Grossen die Anwendung ihrer Produkte forcieren, selbst wenn sie nicht die besten sind.

  7. #7 anderer Michael
    30. Oktober 2016

    Die Bauern mit und ohne Einsatz von GMO sind in ihrer Gesamtheit keine Trottel. 80%des weltweiten Sojas sind GMO, Raps und Mais über 30%, bei Baumwolle scheint nicht GMO eine Nische zu sein. In den USA und Argentinien sind mehr als die Hälfte der Anbaufläche mit grüner Gentechnik bewirtschaftet. In Deutschland lehnen die Bauern aktuell diese ab, weil der Markt/Verbraucher diese nicht will und auf Seiten der Bauernschaft Angst vor weiterer Abhängigkeit besteht.
    Die Frage ist wirklich, ob der tatsächliche Ertrag (Ernte und Gewinn) gestiegen (im Vergleich zu Europa) und Pestizideinsatz gesunken ist.
    Das scheint nicht der Fall.
    Was jetzt?

  8. #8 JW
    30. Oktober 2016

    Jau, Maiswurzelbohrer könnte stimmen. Habe das ganze vor locker 15 Jahren gelesen.
    und @Jürgen: Das mag sein, aber zu der Zeit, zu der ich das näher (auch aus der Forschung) verfolgt habe, war nichts direkt produktionssteigerndes in der pipeline, sondern im wesentlichen “nur” Resistenzen gegen Schädlinge und Herbizide. Die Ausbildung einer Resistenz kann auch zu Produktivitätsverlusten führen. Ich muss diese Eigenschaft ja auch erst vernünftig in eine unter den gegebenen Bedingungen produktive Sorte bekommen.
    Sorten, die unter problematischen Bedingungen (Dürre, usw) produktiver sind, fehlen meines Wissens noch. Bin allerdings seit 10 Jahren nicht mehr ganz auf dem laufenden.
    Das “Totschlagargument” ist also ein ungedeckter Scheck auf zukünftige Erfolge.

  9. #9 Jürgen Schönstein
    31. Oktober 2016

    @Tim

    Also sind die Landwirte, die GMOs einsetzen, allesamt Trottel? Eher unwahrscheinlich …

    Soll das ein Argument sein? Wenn Mehrheiten sich nicht irren können, dann ist die Notwendigkeit der GMO-Lebensmittel in Europa bereits geklärt, denn der politische Wille ist dagegen. Aber um eine direkte Antwort zu geben: Nein, nicht dümmer – aber auch, wie die Zahlen zeigen, nicht gescheiter. Und was sagt uns das dann?

    @JW

    Sorten, die unter problematischen Bedingungen (Dürre, usw) produktiver sind, fehlen meines Wissens noch.

    Das ist ja das Problem: Die Forschung hat sich bisher offenbar vor allem auf Produkte konzentriert, die eben keinen Beitrag zur Verbesserung der Welternährung leisten – obwohl genau damit die grüne Gentechnik am besten zu verteidigen wäre. Statt dessen wird politisches Kapital mit dem Bemühen verspielt, den europäischen KonsumentInnen Produkte aufzuzwingen, die sie ausdrücklich nicht wollen, und auch nicht wollen müssen. Da wurde dann sogar mit dem Argument gedroschen, dass ein Deutschland ohne GMO-Mais ein Deutschland ohne jegliche Zukunft für die Forschung sei (und ja, dieses Ende war für die Forschung schlechthin, nicht nur für eine spezielle Sparte der Gentechnik prognostiziert). Ist schon ein paar Jahre her, so etwa viereinhalb – und die Begräbnisglocken für die deutsche Forschung läuten immer noch nicht. Zumindest nicht aus diesen Gründen: lausige Bezahlung für den wissenschaftlichen Nachwuchs ist da eim Größenordnungen drastischeres Problem.

  10. #10 Jürgen Schönstein
    31. Oktober 2016

    @hinrich7

    Eine Steigerung der Erntemenge hat doch nie jemand versprochen.

    Darum geht es auch nicht, sondern um die Steigerung der Produktivität – gemeint ist: der Ertrag relativ zum Aufwand. Und dieser Aufwand schließt den Kapitaleinsatz mit ein. Der “monetäre Einsatz” ist dabei also ausdrücklich berücksichtigt.

    @michel

    Leider können sich kleine Biotech-Firmen mit ihren Produkten nicht gegen Greenpeace und Co, sprich öffentliche Meinung, durchsetzen.

    Der Antagonismus zwischen den kleinen Biotechfirmen und den Verbrauchern müsste erst noch bewiesen werden. Hier liest sich das jedenfalls anders. Und wie ich schon mal geschrieben habe: Für ihr Image ist die Gentechnik-Industrie selbst verantwortlich. Und wenn so getan wird, als ob die arme kleine Agroindustrie mit ihren jährlichen Milliardenumsätzen von der mit ein paar Sendenmillionen finanzierten finsteren Übermacht namens Greenpeace unterdrückt wird, dann ist das, wie ich hier schon einmal geschrieben habe, bestenfalls peinlich.

  11. #11 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2016/10/21/inktober-big/
    31. Oktober 2016

    Die Gentechnik soll sich mal um Nützliches kümmern, etwa kalorienarme Mandeln.

    Kürzlich entdeckte ich ein Rezept, bei dem man 180g Zucker durch kalorienfreies Ethrithrit o.s.ä. (Xucker) ersetzt um dann auf den Packungen zu lesen, dass die 200g Mandeln mehr Kalorien einbringen, als eine gleiche Menge Zucker.
    D.h. ich muss die 2,5fache Menge Marzipan essen, um die Kalorien einer Portion einzusparen. 😉

  12. #12 Bullet
    31. Oktober 2016

    @uu:

    kalorienarme Mandeln.

    Klar, oder Trockenwasser. Kann man dann an Siemens-Lufthaken hängen.
    Kalorienarmes Fett – aba sischa doch.

  13. #13 Tim
    31. Oktober 2016

    @ Jürgen Schönstein

    Wenn Mehrheiten sich nicht irren können, dann ist die Notwendigkeit der GMO-Lebensmittel in Europa bereits geklärt, denn der politische Wille ist dagegen. Aber um eine direkte Antwort zu geben: Nein, nicht dümmer – aber auch, wie die Zahlen zeigen, nicht gescheiter. Und was sagt uns das dann?

    Die Zahlen in dem zitierten Artikel geben jedenfalls nicht die Aussage her, daß die Gentechnik ihr Versprechen gebrochen habe. Dazu hätte untersucht werden müssen, wie sich die Erträge in den USA ohne Gentechnik entwickelt hätten. Es kann ja durchaus sein, daß sich z.B. die Umweltbedingungen in den USA im Untersuchungszeitraum anders als in Europa entwickelt haben (Beispiel: der amerikanische Südwesten). Dazu sagt der Artikel leider nichts. Mit anderen Worten: Er vergleicht Äpfel mit Bananen.

    Abgesehen davon müßten GMO eigentlich vor allem in problematischen Anbaugebieten hilfreich sein (zu feucht / zu trocken / zu wechselhaft). Besonders wenig Nutzen haben GMO wahrscheinlich in Gegenden mit optimalen Böden und Bedingungen.

  14. #14 Tim
    31. Oktober 2016

    @ Jürgen Schönstein

    Und wenn so getan wird, als ob die arme kleine Agroindustrie mit ihren jährlichen Milliardenumsätzen von der mit ein paar Sendenmillionen finanzierten finsteren Übermacht namens Greenpeace unterdrückt wird, dann ist das, wie ich hier schon einmal geschrieben habe, bestenfalls peinlich.

    Genau. Es ist völlig undenkbar, daß Greenpeace mit Quatschargumenten z.B. eine böse Firma wie Shell in die Knie zwingen kann. Peinlich, wenn das auch nur jemand annähme!

  15. #15 Bob
    31. Oktober 2016

    @Tim

    na dann sollte der Kommunkationsbereich des Konzerns Shell neu besetzt werden, wenn “Quatschargumente” ausreichen um diesen in die Knie zu zwingen.

  16. #16 Jürgen Schönstein
    31. Oktober 2016

    @Tim
    Im Fall Brent Spar ging es um etwas ganz anderes: um die Frage, ob ein Megamilliardenkonzern seinen Dreck einfach im Meer versenken darf oder nicht. Greenpeace war NICHT der maßgebliche Streiter, sondern die öffentliche Meinung (ich erinnere mich sehr gut an diesen Fall) wäre auch ohne Greenpeace gegen die Versenkung gewesen – aus Prinzip. Die Bananenschale, die ich auf der Straße wegwerfe, ist biologisch unbedenklich und ernährt sicher auch eine ganze Menge Mikroben. Eine Sauerei ist sie trotzdem – und das ist es, was Shell nicht kapieren wollte.

    Was die angeblichen “Bananen”-Ernten (naja, Mais-Ernten, aber wegen des Äpfel-Bananen-Vergleichs und so) im amerikanischen Südwesten angeht: Erstens würden diese im Langzeitvergleich seit 1985 kaum ins Gewicht fallen – und Mais wird im Südwesten sowieso kaum angebaut. “Quatschargument” wäre hier also perfekt angebracht.

  17. #17 Ulf
    31. Oktober 2016

    Könnte man den armen Landwirten nicht bescheid geben, dasss die Produktivität mit genverändertem Gemüse nicht besser ist als mit dem alten Gemüse?

    Dann könnten sich die armen Landwirte sparen das teuere Saatgut zu kaufen. Saatgut für altes Gemüse ist viel billiger.

  18. #18 Tim
    31. Oktober 2016

    @ Bob

    na dann sollte der Kommunkationsbereich des Konzerns Shell neu besetzt werden, wenn “Quatschargumente” ausreichen um diesen in die Knie zu zwingen.

    Quatschargumente können in der öffentliche Debatte heute eine ungeahnte Kraft entwickeln. Man denke nur an die Position, die sich z.B. die Homöopathie inzwischen gegen jede Vernunft erarbeitet hat. Die jahrzehntelange Irrsinnskampagne gegen die Gentechnik ist allerdings ohne Vergleich.

  19. #19 Tim
    31. Oktober 2016

    @ Jürgen Schönstein

    Erstens würden diese im Langzeitvergleich seit 1985 kaum ins Gewicht fallen

    Bitte? Der amerikanische Südwesten gilt geradezu als Paradebeispiel für klimatische Veränderungen, die Landwirtschaft erschweren. Mir ist in Europa keine Region mit vergleichbaren Schwierigkeiten bekannt. Dies wird im zitierten Artikel überhaupt nicht berücksichtigt – wissenschaftlich fragwürdig.

  20. #20 Jürgen Schönstein
    31. Oktober 2016

    @Tim
    Es bleibt ein Quatschargument (Deine Worte, nicht meine): Die klimatischen Verhältnisse des amerikanischen Südwestens sind schon sehr lange als gegeben bekannt – die haben sich nicht grundsätzlich verändert. (1) Wie sie sich also auf Entwicklung der Produktivität auswirken sollen, erschließt sich aus diesem “Argument” nicht. Von wegen “Paradebeispiel für klimatische Veränderungen” und so… Und wie gesagt: Der maßgebliche Maisanbau findet sowieso nicht dort statt.

    (1) Die gegenwärtige Dürre ist genau das – gegenwärtig.

    Und was die “Irrsinnskampagne” gehen die Gentechnologie betrifft: Dafür ist sie letzlich selbst verantwortlich. Das habe ich nun schon oft genug hier dargelegt, und keine brauchbaren Gegenargumente dazu erhalten. Ich bin vermutlich ein stärkerer Befürworter der Gentechnik-Forschung als Du, und gerade deshalb ärgert es mich, wenn der Goodwill für diese Wissenschaft auf Produkte verschwendet wird, die in Europa wirklich keiner haben will.

    Ich habe in meinem Blogs schon mehrfach die einfache Frage gestellt: Warum sollte ein europäischer Konsument diese gentechnisch veränderten Lebensmittelprodikte haben wollen? Was hätte er oder sie davon? Und bisher habe keine Antwort bekommen – nicht mal ansatzweise.

  21. #21 Tim
    31. Oktober 2016

    @ Jürgen Schönstein

    Warum sollte ein europäischer Konsument diese gentechnisch veränderten Lebensmittelprodikte haben wollen? Was hätte er oder sie davon? Und bisher habe keine Antwort bekommen – nicht mal ansatzweise.

    Nicht Dein Ernst, oder? Eine GMO-Tomate, die schnell groß wächst und trotzdem Geschmack hat, wäre so ein Vorteil für den Konsumenten. Oder eine Banane, die nicht so schnell braun wird. Karotten, die länger knackig bleiben. Auch Optimierungen an Pflanzenstrukturen, so daß sie sich leichter ernten läßt – der Konsument hätte dann einen indirekten Kostenvorteil. Eben alles, was in der klassischen Zucht auch so gebastelt wird.

    Aber der Zug ist längst abgefahren, da die Leute GMO nun mal für Teufelszeug halten.

  22. #22 lindita
    31. Oktober 2016

    Bei uns in Brüssel kosten 1kg Kirschen 8Euro. Weintrauben 5Euro-kg.

    In Spanien kostet alles (Obst und Gemüse) locker die Hälfte (waren diesen Sommer dort campen).

    Ich hätte gerne GMO, wenn es keine andere Möglichkeit gibt die Preise in der EU anzugleichen. Würde auch demonstrativ
    alles voressen. Ist bestimmt weniger gefährlich als herkömmliche Selektion, bei der sich kein Mensch aufregt, obwohl sie weniger kontrollierbar und gleichzeitig weniger kontrollirt wird als GMO. GMO kann demnach nur eine verbesserte Methode sein, die durch irrationale Angst der Bevölkerung Monopolmächte entstehen lässt, dann werden in Zukunft wieder die selben rumheulen, dass es nur einen gibt, der das macht.

  23. #23 Thomas
    31. Oktober 2016

    Eine Kritik des schlechten NYT Artikels findet sich zB hier:
    https://www.geneticliteracyproject.org/2016/10/31/strawmen-selective-statistics-new-york-times-botch-critique-gmo-crops/
    Es ist schade, dass Scienceblogs so etwas unüberprüft übernimmt. Ich verstehe auch nicht warum eine offensichtlich fachfremde Person unbedingt über Gentechnik schreiben will.

  24. #24 Jürgen Schönstein
    31. Oktober 2016

    @Thomas
    Diese (verlinkte) Kritik ist selbst ein Strohmann: Die New York Times hat nicht behauptet, jeden einzelnen Aspekt der agroindustriellen Gentechnologie abzuwägen – das muss sie auch nicht, denn sie hat sich vor allem auf die zwei Haupt-Versprechen konzentriert: Die versprochene Steigerung der Produktivität, und die versprochene Senkung des Einsatzes von Pflanzenschutzmitteln. Beides hat sich, wie anhand amtlicher Statistiken über den Zeitraum von drei Jahrzehnten (!) gezeigt wird, nicht erfüllt. Auch diese Kritik von Andrew Kniss kann dem nicht widersprechen – die Daten, die dort bemüht werden, scheinen die NYT sogar eher zu bestätigen: Kniss selbst argumentiert ja damit, dass die agroindustrielle Gentechnologie auf diese beiden Aspekte keinen großen Einfluss haben kann (und zu behaupten, das sei nie das versprechen gewesen, ist eine ziemlich dreiste Torpfostenverschiebung – genau das war immer das Versprechen an die Kandwirte und Verbraucher gewesen, und wird auch heute noch in praktisch jeder Diskussion als der raison d’être der agrarwirtschaftlichen Gentechnik angeführt). Ich sehe aber immer noch nicht, warum das irgend etwas in dem von mir als Lesetipp (!) vorgestellten Artikel “schlecht” macht. Nur weil manche gerne einen anderen Artikel gesehen hätten? Tja… Und von wegen “ungeprüft übernimmt”: Dies ist ein Lesetipp, in dem ich das Thema zur Diskussion stelle. Weil Diskussion nämlich etwas ist, das in der Wissenschaft als notwendig anerkannt ist.

    @Tim @lindita
    Ihr merkt aber beide schon, dass Ihr im Konditionalis argumentiert? Es “wäre” schön, das eine oder andere zu haben. Hat man aber nicht. Auch in den USA nicht, wo ja niemand die agroindustrielle Forschung daran hindert. Vielleicht habt Ihr gesehen, dass das Problem, um das es hier geht, nicht die Gentechnologie ist, sondern deren nicht eingelöste Versprechen. Und ja, ich hätte auch gerne all diese tollen, begehrenswerten Produkte – leider gibt’s die nicht. Ah, ja, verstehe:

    …der Zug ist längst abgefahren…

    Der Zug hatte jahrzehntelang Zeit, seinen Anschluss zu finden. Und er könnte es heute noch fahrbereit sein – aber man muss halt wissen, wo die Konsumenten hinwollen. Daran scheint es, auch nach zwei Jahrzehnten des Herumtastens auf dem Markt, zu fehlen.

    ich sag’ es gerne noch einmal: Es ist das Recht der Konsumentinnen und Konsumenten, nicht begeistert zu sein. Es ist die Aufgabe der Anbieter, ihr Image zu verbessern.

  25. #25 Thomas
    1. November 2016

    Wenn ein Artikel, wie der NYT Artikel so mit Zahlen trickst, dann hat er nichts in einem wissenschaftlichen Blog verloren. Ansonsten begeben wir uns aus Bert Ehgartner Niveau.

    Ich zitiere aus dem GLP Artikel:

    “The NYT provides a few charts in the article, one of which supports the statement about France’s reduced pesticide use. But the figures used to compare pesticide use in France vs the USA are convoluted and misleading. First, the data is presented in different units (thousand metric tons for France, compared to million pounds in the US), making a direct comparison nearly impossible. Second, the pesticide amounts are not standardized per unit area, which is critically important since the USA has over 9 times the amount of farmland that France does; it would be shocking if the U.S. didn’t use far more pesticide when expressed this way. So took the data presented by Mr. Hakim and converted it into the same units, and standardized by arable land, and this is what that same data looks like:”

    Das Resultat: Frankreich verwendet deutlich mehr Insektizide und Fungizide/ Hektar.

    Der Herbizidverbrauch ist aehnlich aber die USA verwenden natuerlich anteilsmaessig mehr Glyphosat, ein sehr billiges, sehr gut umweltvertraegliches und schnell abbaubares Herbizid.

    Darueber hinaus gilt:
    Glyphosat ermoeglicht Direktsaat und hilft dadurch Bodenerosion zu verhindern.

    Glyphosat hat den Verbrauch anderer, aggressiverer Herbizide, wie Atrazin, in den USA deutlich verringert.

    Bt resistenter Mais ist aufgrund der verringerten Insektenverbisses bereits trockenresistenter als herkoemmlicher Mais und enthaelt aus demselben Grund weniger Mykotoxine.

    Neue trockenresistente Maissorten sind entweder bereits auf dem Markt (Draughtguard) oder in Entwicklung(ARGOS8).

    Bt Brinja (Augerginen) in Bangladesh reduzieren den Einsatz von Pestiziden enorm.

    Direkte Vorteile fuer Konsumenten:

    Der geringer Preis von Soja, Mais, Baumwolle aufgrund geringerer Produktionskosten (trotz hoeheren Saatgutspreises).

    Geringere Belastung von Bt Mais mit Mykotoxinen

    Das Wissen dass Glyphosat und Direktsaat die Bodenerosion verringern und so einen wertvollen Beitrag zur Bodengesundheit liefern.

    Das Wissen dass Farmer dank Bt resistenter Pflanzen und Glyphost weniger stark schaedlicheren Pestiziden ausgesetzt sind.

    Ich moechte noch anmerken, dass in allen Laendern in denen GMOs zugelassen sind, sie gerne von Farmern verwendet werden, obwohl es immer einen Ueberschuss an herkoemmlichen Sorten gibt.

  26. #26 Omnivor
    Am 'Nordpol' von NRW
    1. November 2016

    In https://weedcontrolfreaks.com/2016/10/the-tiresome-discussion-of-initial-gmo-expectations/
    wird der NYT Artikel zerrissen und die Frage gestellt, warum eigentlich in Europa nur mit Frankreich verglichen wurde. Es werden in einer Grafik Daten aus verschiedenen Ländern von 1990 bis 2014 gezeigt. In der Schweiz ging der Herbizitverbrauch bis 2000 stark nach unten, um dann wieder auf den alten Wert zu steigen. In UK verdoppelte er sich, um dann stark zu sinken. In Deutschland blieb er bis 2005 konstant und stieg dann auf französische Werte.

    Der Artikel https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5020710/ meint, das bei modifizierten Soya und Mais mindestens soviel Herbizit wie bei unmodifiziertem gebraucht wird, aber bei BT Mais weniger Insektizide.

  27. #27 Laie
    3. November 2016

    Schöner Kontrapunkt zur sonstigen in den Foren hier vertretenen Meinung bezüglich Gentechnik in Nahrungsmitteln.

  28. #28 anderer Michael
    3. November 2016

    Thomas
    Du scheinst dich gut auszukennen.
    1.Welchen Vorteil soll die Direktsaat in West und Süddeutschland haben.Dort ist eher Bodenverdichtung das größere Probleme, weniger die Erosion?
    2.Zum Mais.
    Welche Mykotoxine meinst du? In welchen Konzentrationen? Meines Wissens beeinträchtigt BT die Larvenentwicklung beim Maiszünsler, aber nicht den fertigen Kleinschmetterling. ( suche gerade erfolglos die Literaturstelle dazu)An sich gibt es beim Mais bereits adäquate Methoden gegen den Maiszünsler. Warum also in Deutschland BT -Mais?

  29. #29 anderer Michael
    3. November 2016

    Gefunden beim Landesamt für Landwirtschaft Bayern :Fusarienkolbenfäule und Maisbeulenbrand sind die Pilzfolgeerkrankungen nach Maiszünslerbefall. Die Larven sind durch ihre Bohrtätigkeit das Problem, sie überwintern in den unteren Anteilen. Im Frühjahr schlüpft der Schmetterling.Tiefes Unterpflügen (und Fruchtwechsel) sind , soweit ich es verstanden habe, die einfachste wirksame Bekämpfungsmaßnahme . BT verhindert nicht die EiAblage um Mais.

  30. #30 Thomas
    3. November 2016

    @anderer Michael:
    Die wissenschaftliche Literatur zu Mycotoxin und Mais:
    1. Transgenic Res. 2006 Jun;15(3):277-89.
    Mycotoxin reduction in Bt corn: potential economic, health, and regulatory impacts.

    2. https://link.springer.com/article/10.1051/agro/2010005

    Es geht um fumonisin und aflatoxin. Die Ursache fuer weniger Mykotoxinbelastung ist der generell geringere Insektenbefall, und dadurch geringere Pilzinfektionen.
    Spanien baut Bt Mais an und ist damit erfolgreich. Unterpflügen foerdert Bodenerosion, ist Arbeits- und Geräte-aufwändig und ist keine bevorzugte Methode. Beizen mit Neonikotinoiden ist oder war ebenfalls eine wichtige Methode, wird aber stark reglementiert oder verboten.
    Aflatoxin Kontamination war in der Vergangenheit in Frankreich, Italien und Südeuropa ein Problem. Frankreich bemüht sich deswegen um ein Anheben der Grenzwerte für Aflatoxin, mir persönlich ist Bt Protein lieber.

  31. #31 Thomas
    3. November 2016

    Nachtrag: Unterpflügen wäre eine Alternative zu Direktsaat mit Glyphosat resistentem Mais, Bt Mais ist Insekten resistent. Glyphosat resistenter Mais wird in Europa nicht angebaut.
    Auch in den USA ist die Insektenresistenz der wichtigere Faktor, in der “dust bowl” sind natuerlich auch Glyphosat und Direktsaat sehr wichtig. Die speziellen klimatischen Bedingungen in West und Süddeutschland kenne ich nicht, ich bin nicht in Deutschland tätig. Ich bezweifle, dass man Schadinsekten mit Unterpflügen alleine gut kontrollieren kann, der westliche Maiswurzelbohrer breitet sich in Europa aus, Verbote bein Einsatz von Neonicotinoiden werden diesen Trend noch verstärken, Bt Mais ist sowohl gegen Maiszünsler als auch Maiswurzelbohrer resistent.

  32. #32 anderer Michael
    3. November 2016

    Thomas
    Die Bayern kochen auch nur mit Wasser. Die dortigen Ämter für Landwirtschaft arbeiten ,soweit ich es überblicken kann, sorgfältig und eher agarindustriell geneigt ( vorsichtige Einschätzung meinserseits).

    Zum Maiszünsler: das tiefe Unterpflügen , 25 cm tief, verhindert, dass die überwinternden Larven (oder Puppen?) im Frühjahr ausschlüpfen können.

    Zum Maiswurzelbohrer: Dieser hat vereinzelt Deutschland erreicht. Ein Fruchtwechsel, optimal nur jedes dritte Jahr Maisanbau, und das Problem ist erledigt. Der Käfer hat keine Chance aufgrund seines Lebenszyklus.

    Die Einschätzung des Herrn Schönstein, dass der Goodwill der Gentechnik für Produkte verschwendet werde,die keiner in Europa wolle, möchte ich in Bezug auf den Mais und die beiden Schädlinge dahingehend erweiterten, “die man auch nicht braucht.”

    Das ist selbstverständlich nur ein winziger Teil der grünen Gentechnik.Aber hier sehe ich keinen Sinn in der Gentechnik.

    Ich vermute, dass mit dust bowl die Gebiete mitten in den USA gemeint sind , die besonders erosionsgefährdet sind ( sowie zum Teil auch Ostdeutschland ), je weiter südlicher man kommt. Die dortigen Agrarregionen kommen einen von Europa gesehen vollkommen wie eine andere Welt vor . Riesige Monokulturen, selten Fruchtwechsel, die natürlichen Ressourcen verbrauchender, angefangen von Überweidung bis zur Bewässerung und nachfolgender Versalzung ( Bitterroot Valley Montana). In Mitteleuropa sind Natur und Böden nicht ganz so empfindlich wie in den USA, die in Süddeutschland noch vorherrschende bäuerlichen Familienbetriebe haben noch ein anderes Selbstverständnis zum Umgang mit den natürlichen Ressourcen ( bei aller Kritik an der modernen Landwirtschaft, dort ist auch nicht jeder Mist mit Gold gleichzusetzen). In der eher großindustriellen Landwirtschaft der USA mit geringem Nachhaltigkeitsanspruch(1) ist die Grüne Gentechnik als monopolistisches Wirtschaftinstrument zur Gewinnmaximierung eher akzeptiert als in Europa.

    1.In dieser Absolutheit ist das natürlich ein Vorurteil.Erstens sind die Amerikaner auch nicht dümmer als die Europäer und zweitens ist mir bekannt, dass man sich zum Beispiel zur Vermeidung der Erosion sehr viel Gedanken macht

  33. #33 adent
    4. November 2016

    @Jürgen
    https://www.transgen.de/aktuell/2574.kartoffel-cisgen-wageningen.html
    Geht um eine gentechnisch veränderte Kartoffel resistent gegen Phytopthora. Du darfst dreimal raten warum die in Europa nicht angebaut werden wird.
    In Amerika hingegen schon.
    https://www.transgen.de/aktuell/337.usa-gentechnik-kartoffel-zugelassen.html
    Ich finde es ist ein ziemlich hohes Ross auf dem du sitzt und behauptest, warum sollte das in Europa jemand haben wollen. Das impliziert zunächst mal, dass Gentechnik per se schlecht ist und dafür gibt es numal gar keinen Beleg, und das nach 25 Jahren Sicherheitsforschung.
    Die Frage soltle also nicht lauten, warum soltle man das in Europa wollen, sondern warum nicht? Dafür wäre ich froh mal eine vernünftigen Grund zu hören, der kommt leider nicht, weder von dir noch von anderen.
    Dafür, dass du angeblich pro Gentechnik bist (so behauptest du jedenfalls) übenimmst du hier ziemlich voiel Propagandapositionen der gut geölten Greenpeace-Maschinerie. Was hältst du eigentlich von Mark Lynas und seinen Äußerungen/Whistleblowing, der war immerhin der führende Greenpeace Anti-GMO Aktivist.
    Ist der ein Spinner, oder was?
    Zu den anderen Themen wurden dir schon von Thomas genügend Beispiel genannt.

  34. #34 adent
    4. November 2016

    Unter dem Link steckt ein Kurzbericht von Mark Lynas über die nicht ganz so harmlosen Aktivitäten der Anti-GMO Lobby in den USA:
    https://www.marklynas.org/2016/08/anti-gmo-group-usrtk-attacks-uc-davis-scientists-refusing-answer-questions-anti-vaccination-links/
    Ein Kollege von mir wurde auch bereits von USRTK kontaktiert, da er in Europa sitzt konnten die ihn aber nicht zu einer Freigabe seiner Emails der letzten Jahre zwingen, stattdessen haben sie dann einen seiner amerikanischen Kooperationspartner dazu gezwungen.

  35. #35 Jürgen Schönstein
    4. November 2016

    @Adent
    Hohe Rösser sind manchmal ganz nützlich, wenn man den Über- und Weitblick behalten will 😉 Aber mal im Ernst:

    Das impliziert zunächst mal, dass Gentechnik per se schlecht ist

    Das ist ein echter Strohmann: Denn wie Du wohl schon oft genug bei mir gelesen hast, bin ich der Meinung, dass die Gentechnologie an sich gut ist – aber ihr Image ist schlecht, weil sie die Wahrnehmung und Wünsche der Verbraucher ignoriert. Ich schreibe hier, weil ich mir Sorgen darum mache, dass diese idiotische Haltung – ja, sie ist idiotisch – der Agroindustrie letztlich dazu führt, dass dabei wirklich wichtige und nützliche Fortschritte für die globale Ernährung verbaut und versaut werden.

    Lies doch Deinen eigenen Kommentar noch einmal: Das Beispiel, das Du anführst, ist erstens eine cisgene Manipulation (also eine, die sich auch durch sorgfältiges Kreuzen erreichen ließe), und damit schon mal ganz anders gelagert als die umstrittene transgene Züchtung. Ja, ich gebe Dir recht, dass es nicht sein müsste, so ein Produkt zu verbieten – gibst Du mir wenigstens ein bisschen recht in meiner Position, dass dieses Verbot die Folge einer hundsmiserablen Aufklärungsarbeit seitens der Anbieter ist? Müssen wir wirklich darüber streiten, dass die Industrie die Sache selbst in den Dreck gefahren hat, weil sie eben nach Produkten geforscht hat, die primär den Anbietern dienen sollen, die Wünsche der Verbraucher aber komplett ignorieren? Aber zweitens redet selbst der Text, den Du verlinkts, in erster Linie nur von den Vorteilen für die Erzeuger und Vermarkter. Und das Vertrauen in jene, dass sie ihre Interessen mit denen der Verbraucher abgleichen, ist leider schon um einige Lebensmittelskandale zuviel verringert worden…

    Ich verlinke hier gerne noch einmal diese Grafik, die zeigt, was das wahre Problem ist: Food Variety Tree.

    Der Verlust an Sortenvielfalt, der als eine Folge der zunehmend industriellen Landwirtschaft – die nunmal ohne Monokultur und vor allem relative “Sortenreinheit” des Sortiments nicht zu funktionieren scheint – unausweichlich schien, ist eben keine Errungenschaft, sondern ein Verlust (man kann’s nicht oft genug betonen, darum steht es ja zweimal in einem Satz). Und die Idee hinter diesen neuen Sorten ist ja, dass sie bestehende Sorten ablösen sollen (das war der Trend in der Vergangenheit, und es gibt keine Indizien dafür, dass mehr Sortenvielfalt ein Ziel der Gentechnik werden könnte). Bemühungen, von diesem Agroindustriekomplex in der Ernährungsproduktion wegzukommen, gibt es – doch die gleichen Leute, die sich über Kritik an der Gentechnik empören, ziehen auch diese Versuche der Rückkehr von Komplexität durch Sortenvielfalt ins Lächerliche. Zumindest wenn sie in meinem Blog kommentieren… Hohe Rösser gibt es viele.

  36. #36 adent
    5. November 2016

    @Jürgen
    Ich bin teilweise einverstanden mit der Behauptung, dass die Industrie den Karren durch ungeschickte Auswahl der Traits in den Dreck fährt/gefahren hat. MIndestens ebensoviel Schuld daran, dass der Karren dort feststeckt hat allerdings die Anti-GMO Lobby (nicht nur Greenpeace, aber als Hauptakteur weltweit).
    Das andauernde und sehr geschickte Schüren von definitiv falschen Ängsten in der Bevölkerung suggeriert dieser, dass Gentechnik giftig und gefährlich sei und überhaupt das Übel der Welt. Sieht man auch ganz gut an deiner Replik, was genau hat die Gentechnik mit der Sortenverarmung zu tun? Nichts, diese Sortenverarmung hat mit dem System der großflächigen Landwirtschaft zu tun, glaubst du im Ernst, dass Greenpeace zu neuen Sorten, die mit Gentechnik hergestellt werden (und nichts anderes sind zum Beispiel diese cisgenen Kartoffeln) begeistert Hurra sagt?
    Weiterhin angenommen, wir haben zwei Sorten, eine ist Phytopthora resistent, die andere nicht (egal jetzt wie sie hergestellt wurde), glaubst du irgendein Bauer baut dann frewillig die anfällige Sorte an, warum sollte er dies tun?
    Insofern verstehe ic hdas Verbraucherargument nur halb, der Vebraucher hat eine ganze Menge davon, dass der Landwirt die für ihn besten Sorten nimmt, nur merkt er dies nicht direkt sondern nur daran, dass er nicht unendlich viel dafür bezahlen muß, bzw. überhaupt genug Essen hat.
    Die Züchtung an sich ist logischerweise eine Entwicklung hin zu weniger aber dafür “leistungsfähigeren” Sorten, wobei leistungsfähig sich auf Ertrag, Resistenz gegen Umwelteinflüße und die Reproduzierbarkeit dieser Faktoren bezieht.
    Kein Mensch züchtet fancy Pflanzen die dann auf dem Acker verrecken sobald ein Pathogen vorbeischaut.
    Insofern ist es wie ich schon vorher sagte ein verdammt hohes Roß auf dem die Amerikaner und Europäer die moderne Landwirtschaft ablehnen. Und ich glaube nicht, dass es sich sehr gut sieht von diesem hohen, dicken Roß zumal auch der Reiter (nicht du) ziemlich fettleibig ist.

  37. #37 Jürgen Schönstein
    5. November 2016

    @adent

    Weiterhin angenommen, wir haben zwei Sorten, eine ist Phytopthora resistent, die andere nicht (egal jetzt wie sie hergestellt wurde), glaubst du irgendein Bauer baut dann frewillig die anfällige Sorte an, …

    Das ist doch eine falsche Dichotomie: Es gibt nicht nur zwei Sorten – oder besser: wenn es nur noch zwei Sorten gäbe, dann haben wir genau das Problem, vor dem ich ja warne.

    warum sollte er dies tun?

    Vielleicht, weil er weiß, wie er sein Feld bestellen muss und die anfälligere Sorte zu einem angemessenen (und trotz der eventuellen Ernteausfälle) insgesamt mit einem besseren Einkommen verkaufen kann als die resistente, die vom Markt abgelehnt wird? Landwirtschaft ist eine Produktion für den Markt, das heißt: sie ist davon abhängig, was nachgefragt wird. Warum soll das hier anders sein als bei jedem anderen Produkt?

    Und wenn Du schreibst, dass ohne die Gentechnik dieser idealisierte Verbraucher dann “unendlich viel dafür bezahlen” oder gar hungern muss, ignorierst Du zwei Dinge: Der Zahlenvergleich im oben präsentiert Artikel belegt ja gerade, dass es eben keine Vorteile bei der Produktivität (das ist also Ertragsmenge relativ zu Kosten) gibt, und zweitens reden wir bei allem (nicht vergessen: es geht um Gentechnik in Europa) von Regionen, die eher an Über- als an Unterernährung leiden, wie Du ja in Deinem letzten Satz selbst bestätigst.

    Aber wenn Du sagst, dass “kein Mensch … fancy Pflanzen (züchtet) die dann auf dem Acker verrecken sobald ein Pathogen vorbeischaut” – wirklich? Das ist bestenfalls naiv, denn genau das ist eines der grundsätzlichen (und grundsätzlich bekannten!) Risiken jeder Monokultur.

    Ich sag’s noch einmal deutlich: Das Problem mit der Gentechnik in der Landwirtschaft ist ja nicht nur die Transgenik, vor der manche Leute Angst haben (begründet oder unbegründet – darüber kann und muss man diskutieren), sondern vor allem, dass diese Gentechnik die bereits vorhandenen Risiken der Monokultur noch verstärkt. Und die Gefahren der Monokultur sind nun wirklich hinreichend dokumentiert und bekannt. So zu tun, als wäre das reine – und von Greenpeace geschürte – Hysterie ist, wie gesagt, bestenfalls ignorant und schlimmstenfalls Betrug an der Öffentlichkeit.

  38. #38 rolak
    5. November 2016

    Kein Mensch züchtet fancy Pflanzen

    Bis auf die Linda-Fans et al, adent, oder meiner einer mit ollen, aber leckeren Tomatensorten auf dem Balkönchen – doch zugegeben, alles Liebhaberei, kein versorgender Großanbau.

  39. #39 Thomas
    5. November 2016

    @Jürgen Schönstein
    Die wissenschaftliche Literatur sagt etwas anderes als der NYT Artikel:
    zB:
    Klumper W and Qaim M (2014) A meta-analysis of the impacts of genetically modified crops. PLoS ONE 9: e111629

    oder klar verstaendlich aufbereitet:
    https://www.geneticliteracyproject.org/2016/10/31/danny-hakims-new-york-times-gmo-expose-misleads/

    @anderer Michel
    Sicher, wenn man nur alle drei Jahre Mais anbaut hat man weniger Probleme mit Pathogenen. Man hat dann aber auch nur jedes dritte Jahr Mais. Man kann auch ohne Bt Mais in Europa auskommen wenn man will, nur warum sollte man auf eine moderne und erfolgreiche Methode der Pflanzenzucht verzichten?

  40. #40 anderer Michael
    5. November 2016

    Thomas
    Zunächst, allzu viel Ahnung habe ich von Gentechnik nicht, nutze aber diese Diskussion um mich zu informieren.
    Zum Maisanbau in Europa : In dieser Form und Intensität braucht man ihn nicht. Es ist reines wirtschaftliches Kalkül. Das ist keine Anklage, sondern eine Feststellung. Ein bäuerlicher Familienbetrieb braucht nach Abzug der Betriebskosten 100.000 Euro , damit die Familie leben kann und Investitionen getätigt werden können. Diese vermehrte Maisproduktion wird für Biogas und Tiermast benötigt. Von schöner Landschaft und guten Worten können Landwirte nicht leben. Den versprochenen Beitrag der Gentechnik zur Lösung des weltweiten Hungers sehe ich bei diesem Genmais nicht.

    Adent
    Kann man denn von dieser Kartoffel überhaupt von einer Pflanze sprechen, deren Genom gentechnisch so verändert wurde, dass eine Chimäre entstand?
    Theoretisch hätte man diese Kartoffel auch herkömmlich nach Jahrzehnten züchten können, mit Gentechnik eben schneller ,es ist und bleibt eine Kartoffel als Ergebnis.Goldenen Reis oder BT-Mais zu züchten wäre doch kaum vorstellbar?
    Und ganz theoretisch gefragt: Auch mit traditioneller Züchtung könnte man eine Pflanze erzeugen, deren Eigenschaften verheerend sind und ganze Ökosysteme beeinträchtigen oder gesundheitliche Probleme hervorrufen ( als nicht ganz passende Beispiel eingeschleppte Arten wie indisches Springkraut und Ambrosia).Oder?

  41. #41 adent
    5. November 2016

    @anderer Michael
    Beides korrekt, die CIsgene Pflanze ist nur auf dem Papier als GVO zu bewerten (auf Grund der seltsamen europäischen Gesetze) und mit normaler Züchtung könnte man gefährliche Pflanzen erzeugen, tut man auch, die fliegen nur vorher bei der Sortenbewertung raus.

  42. #42 adent
    5. November 2016

    @Jürgen
    Entschuldige, ich wollte sachlich bleiben, aber wenn du so ignorant diskutierst, dann kann ich das auch. Das ist schlichtweg falsch was du schreibst, die Gentechnik verstärkt mitnichten die Monokulturen, dass ist wie von Greenpeace ausgezeichnet vorgelogen einfach unwahr.
    Ich sags auch nochmal ganz deutlich, vielleicht solltest du ein bischen besser recherchieren bevor du so etwas öffentlich schreibst.
    Ich habe dir nahegelegt Mark Lynas Seite zu lesen, Thomas legt dir nahe den Verriß des NYT Artikels zu lesen, darüber hinaus darfst du gern noch den EASAC Report von 2012 oder jeden anderen der nationalen und internationalen Akademien der letzten Jahre lesen gern auch den von der Schweiz nach ihrem ersten Moratorium etc, pp. (sind alle ein bischen lang, aber ist es wert). In keiner dieser Veröffentlichungen (und den Untersuchungen dazu) ist ein Risiko der Gentechnik bezüglich Umwelt oder Mensch zu finden und nirgendwo findest du, dass die Gentechnik die Monokulturen befördert. Vielleicht verbreitest du dann nicht mehr einen derart unrichtigen Standpunkt.
    Das mit den zwei Kartoffelsorten hast du übrigens auch falsch verstanden, es geht nicht darum, dass es nur zwei Sorten gibt oder geben wird (es gibt meines Wissens einige hundert Kartoffelsorten und keine ist resistent gegen Phytopthora und bringt gleichzeitig Ertrag und keiner schafft es bisher die konventionell aus den Wildsorten einzukreuzen, da die Kartoffel ein wahres Kreuzungsbiest ist).
    Ich arbeite seit 30 Jahren in und mit der Pflanzengentechnik, weiß also vielleicht ein kleines bischen besser was läuft und wer da mit welchen Lügen gegen wen arbeitet. Mein Chef zum Beispiel wird regelmäßig von Anti-GMOlern verleumdet (er wäre Industriebüttel, würde von Monsanto bezahlt, hätte Gentechnik-Patente etc., alles schlichtweg gelogen, dass sich die Balken biegen), sei es in der Süddeutschen, bei Arte oder in Radioberichten. Was glaubst du wo die ebenso regelmäßigen Gegendarstellungen von ihm zu finden sind? Weiterhin gibt es in Deutschland eine schwarze Liste der Gentechnikbefürworter, die regelmäßig wieder veröffentlicht wird und wo die Top 10 angeprangert werden, noch weiterhin erinnerst du vielleicht die Feldzerstörungen, die letztendlich dazu führten, dass es i nDeutschladn keien Freisetzungsversuche mehr gibt, auf genau diesem Niveau arbeiten die Anti-GMoler
    Abschließend, wer letztendlich für die Monokulturen verantwortlich ist sind die Firmen, die Bauern und die Verbraucher die die Produkte kaufen weil sie halt schön billig sind, es ist nicht ganz so einfach wie du es dir hier machst. Die Gentechnik ist genausoviel/wenig dafür verantwortlich wie die Hybridzüchtung, die radioaktive Strahlungszüchtung, die Kreuzungszüchtung und andere ältere oder moderne Methoden der Pflanzenzüchtung.
    Man kann auch ganz ketzerisch sagen mit Gentechnik kann ich sogar mehr Sorten und mehr Sortenvielfalt erzeugen, aber das will natürlich keiner hören und deshalb wirds verboten (zumindest in Europa).

  43. #43 adent
    5. November 2016

    Ups, jetzt bin ich im Moderationsfilter gelandet, war es zu lang?

  44. #44 adent
    5. November 2016

    Ach nee, war der Kommentar 42, Douglas Adams läßt grüßen 🙂

  45. #45 adent
    5. November 2016

    Und noch ein Missverständniss, mit fancy Pflanzen meinte ich solche, die wie du erwähntest, der Verbraucher gerne hätte (anderer Geschmack, anderes Aussehen oder was weiß ich, was dir vorschwebte). Und das macht niemand, wenn die nicht auch gleichzeitig vernünftigen Ertrag bringen und nicht bei jedem Pathogenbefall spürbare Ernteverluste zu beklagen sind. Ich meinte damit nicht fancy-Pflanzen die in Monokulturen angebaut werden.

  46. #46 anderer Michael
    5. November 2016

    Ich weiß nicht ,ob es von Bedeutung ist. Ich habe mir Gedanken über Sortenschutz und Patentschutz gemacht. Sortenschutz ist ein Rechtsgut für Saatgut.Früher durften Landwirte Teile ihrer Ernte als Saatgut für den nächsten Anbau verwenden. Für Saatguthersteller nachteilig, deswegen Hybridsorten. Inzwischen gibt es Sortenschutz, dabei kann gegen Gebühr die Ernte als Saat verwendet werden (im eigenen Betrieb). Patentschutz ist weitreichender und finanziell einträglicher. GVO fallen unter Patentschutz und bei konventionellem Saatgut ist man sich in der EU immer noch unschlüssig, ob es patentierbar sei.
    Der Saatgutherstellerbereich besteht aus rund 10 Unternehmen, drei halten einen Marktanteil von 53%, bei GVO Monsanto um die 90%.
    Ganz früher waren die Herstellung von Saatgut in den Händen der Bauern. So ist bzw war es noch vor kurzem in der dritten Welt. Diese ist aber ein riesiger Markt. So drängt die Agroindustrie auf diese Märkte, um bei problematischen Produkten (z B Auberginen in Indien und Bangladesh ) ihr GVO-Saatgut patentiert monopolistisch auf den Markt zu bringen. Letztendlich zuerst mal auf Kosten der Diversität regionaler Arten und der Unabhängigkeit der lokalen Bauern. In der Konsequenz könnte das Ende sein, dass einige Unternehmen die Kontrolle über unser Essen haben. Wenn dieses selbstlos und mit tatsächlich verbesserter landwirtschaftlicher Produktion einhergeht, wäre es kein Problem.Aber das wäre einmalig in der Menschheitsgeschichte.
    Ich weiß nicht, ob meine Analyse richtig ist. Wenn doch, macht mir die Entwicklung große Sorgen.

  47. #47 Jürgen Schönstein
    7. November 2016

    @adent
    Wir reden aneinander vorbei. Der Trend zur Monokultur in der Landwirtschaft ist unbestreitbar – können wir uns darauf einigen? Und dass die bisher im Sortiment verfügbaren (und angebauten) GMO-Saatmittel primär dazu dienen, diesen Trend zu unterstützen? (Schau Dir doch mal die von Dir als leuchtendes Beispiel angeführte US-Landwirtschaft an!) Und dass die Strukturprobleme der deutschen Landwirtschaft eben NICHT darin liegen, dass auf unseren Böden nichts wächst oder dass ihnen die Schädlinge alles wegfressen? Und auch darauf, dass wir uns in Deutschland und der EU primär mit dem Problem der Überproduktion rumschlagen? Dass die Verbraucherpreise absolut NICHTS mit den Erzeugerpreisen zu tun haben, weil letztere sowieso schon durch Stützungskäufe der EU massiv subventioniert werden? Und dass dieses simple Marktbild, in dem “der Verbraucher” die Erzeugerpreise bestimmt, weit von der Realität entfernt ist? Dass also das Argument, der Verbraucher sei schuld, nicht greift; davon abgesehen, dass Du ja geradezu forderst, dass der Verbraucherwille zu ignorieren sei – wie geht das zusammen? Siehst Du den logischen Widerspruch in Deiner Bewertung der Verbraucher-Macht?

    Ich habe oft genug hier geschrieben, dass man aufhören muss, den Nutzen der wissenschaftlichen Gentechnik mit den kommerziellen Interessen der Agroindustrie zu verklappen, und dazu stehe ich auch weiterhin. Gentechnik kann einen ernormen Beitrag zur Welternährung leisten – aber nur, wenn sie ihren Goodwill nicht mutwillig verhampelt. Und genau das tut sie, wenn sie “den Verbraucher” zum unmündigen Deppen abkanzelt, der ja eh nur auf Greenpeace reingefallen ist. Du tappst hier in Deine eigenen Bias-Falle: Weil Du Dir nicht vorstellen kannst oder willst, dass es vernünftige Argumente sowohl für als auch gegen den Einsatz von Gentechnik gibt, wird jede/r, der/die Kritik an der Gentechnik auf deutschen Feldern (wo ihr Nutzen wirklich nicht belegbar ist, siehe oben) übt, zum Ignoranten gestempelt. Das ist genau die Haltung, die der Gentechnik letztlich nur schadet.

    @Thomas

    Man kann auch ohne Bt Mais in Europa auskommen wenn man will, nur warum sollte man auf eine moderne und erfolgreiche Methode der Pflanzenzucht verzichten?

    Der erste Teil des Satzes beantwortet schon den zweiten Teil ganz von alleine.

  48. #48 Adent
    7. November 2016

    @Jürgen

    Und dass dieses simple Marktbild, in dem “der Verbraucher” die Erzeugerpreise bestimmt, weit von der Realität entfernt ist? Dass also das Argument, der Verbraucher sei schuld, nicht greift

    Vielleicht liest du nochmal, was ich geschrieben habe?
    Warte, ich helfe (ich in #42):

    Abschließend, wer letztendlich für die Monokulturen verantwortlich ist sind die Firmen, die Bauern und die Verbraucher die die Produkte kaufen weil sie halt schön billig sind, es ist nicht ganz so einfach wie du es dir hier machst. Die Gentechnik ist genausoviel/wenig dafür verantwortlich wie die Hybridzüchtung, die radioaktive Strahlungszüchtung, die Kreuzungszüchtung und andere ältere oder moderne Methoden der Pflanzenzüchtung.

    Kannst du mir kurz und knapp erklären, wie und warum du aus meiner Aussage deine nachweislich so falsche machst?
    Und du unterstellst mir ein naives Marktbild, ernsthaft jetzt?

    Zur Anmerkung, ob ich mir nicht vorstellen könnte, dass es auch vernünftige Argumente gegen Gentechnik gibt. Vorstellen kann ich mir eine Menge, gehört habe ich noch keins, alles was bisher kommt ist: Braucht man nicht (sagt und bestimmt wer?), Monokulturen (siehe oben dazu meine Meinung), böse Multis (hat nichts mit Gentechnik per se zu tun, findet wie du selber schreibst schon lange statt, ob die Gentechnik dies speziell befördert ist allein deine Meinung, Hybridsaaten haben dies schon immer getan und tun es weiter und haben nichts mit Gentechnik zu tun, ist also insgesamt eher ein Strohmannargument), Einschränkung der Biodiversität (hat ebenfalls nichts mit Gentechnik zu tun, im Gegenteil, die Verwendung von Gentechnik erhöht die Anzahl an neuen Sorten) etc. pp.

    Also, ich bin offen für jedes vernünftige Argument, mach den Anfang!

  49. #49 Orci
    8. November 2016

    #46 (anderer Michael)

    Zu diesem Thema möchte mal ein bisschen des Teufels Advokaten mimen:

    Die Saatguthersteller sind ja genau deswegen so groß geworden, weil es für die Bauern irgendwann unterm Strich günstiger war, eben kein Saatgut aus der eigenen Ernte mehr zu erzeugen, sondern weil der Saatguthersteller das zu einem Preis und in einer Qualität macht, die ein Bauer selbst nur mit sehr viel Aufwand erreichen kann. Außerdem kann er beim Saatguthersteller genau die richtige Menge kaufen. Die Abhängigkeit vom Lieferanten, in die man sich als Kunde immer gibt, wenn man sich für “buy” statt “make” entscheidet, nimmt einem auch eine Last von den Schultern.

    Das hat seine Nachteile, aber die Vorteile scheinen in meinen Augen zu überwiegen. Ich möchte in diesem Zusammenhang daran erinnern, dass es vor der Petrochemie mal eine Steinkohlenteer-Chemie gegeben hat, deren Vorprodukt vor allem von einer Vielzahl regionaler Gaswerke bereitgestellt wurde. Irgendwann hat sich praktisch die ganze Industrie aber auf die Vorprodukte Erdöl und -gas eingestellt, die global ebenfalls in den Händen von wenigen Produzenten liegen, weil sie nicht nur günstiger, sondern auch in größeren Mengen verfügbar waren (und sind). Und die Chemieindustrie hat zurzeit überhaupt keine gangbare Möglichkeit, auf ein anderes Vorprodukt bzw. andere Anbieter umzusatteln oder es gar selbst herzustellen.

    Das alles macht nicht falsch, was Du schreibst – ich finde das, was Du in Deinem Beitrag #46 angerissen hast plausibel. Ich möchte auch nicht mal sagen, dass diese Entwicklung uneingeschränkt gut ist. Aber vielleicht lohnt es sich, einen Blick in ganz andere Industrien zu werfen, bei denen es ähnliche Entwicklungen zur Konzentration auf wenige Großanbieter gegeben hat und gibt, wenn die Vor- und Nachteile abschätzen will.

  50. #50 anderer Michael
    8. November 2016

    Danke Orci,
    die Vorteile für die Landwirte beim Saatguteinkauf hast du gut beschrieben.
    Selten laesst sich die Welt ganz einfach in Gut und Böse einteilen.
    Und selbstverständlich halte ich Sortenschutz und Patentschutz für sinnvolle Einrichtungen. Nur wenn eine Entwicklung in die falsche Richtung geht, müssen wir hellhörig werden und gesellschaftlich dagegen steuern.

  51. #51 Adent
    8. November 2016

    Hier als Link eine Studie und der zusammenfassende Artikel dazu, es geht um Jürgens meiner Meinung nach etwas naive Sicht man bräuchte in Europa keine Gentechnik-Pflanzen und der Verbraucher würde eine untergeordnete Rolle spielen.

    https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/Landwirtschaft/Pflanze/GrueneGentechnik/TInichtgentSojaBrasilien.pdf?__blob=publicationFile

    https://www.transgen.de/aktuell/2578.ohne-gentechnik-soja-futtermittel.html

  52. #52 roel
    *******
    8. November 2016

    @Adent Mal zwei kurze Zwischenfragen von mir: Wo liest du in der Studie oder in dem Artikel, dass in Europa Gentechnik-Pflanzen benötigt werden? Und wie siehst du die Rolle des Verbrauchers?

  53. #53 Adent
    9. November 2016

    @roel
    Ok, das war missverständlich, das war nicht direkt so gemeint, dass Europa Gentechnik-veränderte Pflanzen anbauen muss, es kann auch das benötigte Futtersoja importieren damit die Tiere in Deutschland ernährt werden können. Es ist nur aus meiner Sicht etwas seltsam zu sagen wir brauchen das nicht in Europa, um es dann aus Amerika/Südamerika zu importieren. Alternativ dazu müsste man aus Deutschland heraus genug Druck erzeugen, damit in Brasilien (beispielsweise) nicht GV-Soja angebaut wird, was ich ebenfalls für schwierig halte.

  54. #54 roel
    *******
    9. November 2016

    @Adent “Es ist nur aus meiner Sicht etwas seltsam zu sagen wir brauchen das nicht in Europa, um es dann aus Amerika/Südamerika zu importieren.” Das sehe ich auch so – und gerade genauso läuft es seltsamer Weise oft ab. Probleme werden gerne outgesourced.

    Aber trotzdem ist das kein Argument für GMO in Europa. Dass es schwieriger wird Bio-Futter zu importieren, kann keine Begründung dafür sein GMO anzubauen.

  55. #55 Adent
    9. November 2016

    @roel
    Das sehe ich genauso, es ist dadurch aber ein Scheinargument zu sagen wir brauchen es nicht in Europa und es dann zu importieren. Das alle lieber Bio-Futter hätten sehe ich, mir ist nur nicht klar, warum Gentechnik an sich dort verboten ist (zumindest im Ökolandbau) und ich kenne auch kein vernünftiges Argument dafür.
    Der Grund warum die meisten GVO-Sorten nicht im Ökolandbau verwendet werden können ist natürlich, dass sie auf Herbizid- oder Pestizidresistenz konstruiert sind (da trifft Jürgens Argument zu, dass die bisherigen Sorten am Endverbraucher vorbei gemacht werden, wobei auch der Landwirt ein Endverbraucher ist, mal nebenbei gesagt) und beides ist im Ökolandbau verboten.
    Eine neue Sorte hingegen, die zum Beispiel ohne Einsatz von Pestiziden gegen Pilze resistent ist und die unter Einsatz der neuen Züchtungstechniken oder Gentechnik hergestellt wurde, wäre ebenfalls verboten und das ist schlichtweg Unsinn.

  56. #56 klauszwingenberger
    16. Dezember 2016

    Grafiken auswerten ist etwas tricky, und wenn ich mir die Ertragsentwicklung pro Fläche anschaue, fällt mir vor allem eines auf:

    ohne GMO haben wir im gesamten betrachteten Zeitraum einen Anstieg von etwa 29000 auf etwa 37000 Einheiten. Das entspricht einer Verbesserung um nicht ganz 30 %.

    mit GMO kommen wir auf eine Verbesserung von etwa 2000 auf fast 20000 Einheiten: nahezu das Zehnfache – eintausend %.

    Betrachtet man nur den Zeitraum ab 1995 Einführung von GMO), schmilzt der Vorsprung etwas zusammen, das Verhältnis der Zuwächse beträgt aber immer noch etwa 20 % : 500 %.

    Immer noch kein Vorteil sichtbar? Dann schauen wir einmal weiter.

    Auffallend ist nämlich noch etwas anderes, und zwar die offensichtlich ganz unterschiedliche Qualität der Bodenverhältnisse. Westeuropa hat klar erkennbar dramatisch bessere Böden, die schon immer einen riesigen Ertragsvorteil hatten. Anders ist das Verhältnis der Ausgangswerte nahe des Ursprungs der Graphen nicht erklärbar. Das macht den graphischen Vergleich insgesamt ziemlich fragwürdig; zumindest wenn man damit belegen will, dass GMO generell keinen Fortschritt erbracht hätten. Mit mindestens der gleichen Berechtigung kann man sagen, dass der Einsatz von GMO die kanadischen Farmer in die Lage versetzt hat, die gleichen linearen Ertragsverbesserungen aus ihren kargen Boden herauszuholen wie die westeuropäischen Kollegen auf ihren fetten Böden – und dabei eine um ein Vielfaches höhere Zuwachsquote!

    An den vergleichsweise miserablen Flächenerträgen in Kanada hatte sich bis 1995 übrigens auch kam etwas geändert – das wird durch die Lage des blauen Punktes auf der Regressionsgeraden, die nur den Gesamtzeitraum abbildet, verzerrt. Eine Gerade von 1985 bis 1995 hätte keine nennenswerte Steigung aufgewiesen. Dass der blaue Punkt auf der Geraden deutlich über den gemittelten Werten bis 1995 liegt, muss also gerade darauf zurückzuführen sein, dass ab 1995 eine außergewöhnliche Verbesserung eingetreten war, die sich in der annähernden Verzehnfachung gegenüber 1985 und gegenüber dem Mittel bis 1995 immer noch in einer Steigerung auf das etwa fünffache ausdrückt. Ein gelber Punkt zur westeuropäischen Geraden hätte 1995 übrigens ziemlich genau auf derselben gelegen. Da gibt es also keinen besonderen Steigerungseffekt aus dem Zeitraum nach 1995.

    Viel Spaß beim weiteren Auswerten