Laptops gehören zum Standard-Arbeitsgerät in nahezu allen Lebens- und Lernbereichen. Wenn ich – was selten genug vorkommt – in einer Klasse darauf bestehe, dass die Laptops zugeklappt und die Handys in der Tasche bleiben, ist eine gewisse Unfassbarkeit in den Reaktionen der Studentinnen und Studenten erkennbar: Wie sollen wir, so scheinen die Gesichter zu fragen, ohne diese essentiellen Geräte auskommen, auf denen wir Notizen schreiben und Informationen recherchieren können? Mal davon abgesehen, dass ich oft genug einen Blick auf die Bildschirme werfen kann, um zu sehen, dass da eher Facebook als Google Scholar mitläuft, bleibt natürlich die grundsätzliche Frage: Sind Laptops und Smartphones dem Lernen eher abträglich (wie ich fürchte) oder eher förderlich, wie meine Studentinnen und Studenten generell behaupten?

EIne Antwort darauf gibt’s in diesem Paper: Dividing attention in the classroom reduces exam performance, erschienen im Journal Educational Psychology. Und sie ist nicht wirklich überraschend: Längerfristig wirken sich diese Geräte – die ja eine konstante Quelle der Ablenkung sind – eher nachteilig aus: Studentinnen und Studenten, die während der Vorlesungen diese elektronischen Hilfsmittel benutzen durften – was, zugegebenermaßen, praktisch IMMER zu Ablenkungen vom Lernstoff führt, und sei es nur, weil dieses vorgebliche “Multitasking” doch nur ein beständiges Umschalten zwischen zwei Modalitäten ist, was zu Verlusten bei der Speicherung des Gelernten führt – schnitten bei den Prüfungen am Ende des Semesters um durchschnittlich eine halbe Notenstufe schlechter ab. Und die Studienverfasser sind sich sicher, dass sie bei ihrem Studiendesign die Kausalität richtig eingeschätzt und bewertet haben: Es ist die Ablenkung durch die Geräte, und nicht etwa – wie man auch hätte vermuten können – der Umstand, dass überforderte Studierende sich “ausklinken” und ihre Aufmerksamkeit anderweitig orientieren.

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Kommentare (21)

  1. #1 zimtspinne
    30. Juli 2018

    interessant….
    wenn die Geräte tatsächlich nur zum Mitschreiben von Notizen verwendet werden, ist es nichts anderes als ob mit Schiefertafel und Kreide oder Pergament und Federkiel mitgeschrieben würde.
    Außer, dass mehr Kapazitäten vorhanden sind beim Lappi…..
    Das erfordert eben auch ein wenig Selbstdisziplin. Mit diesen neuen Hilfsmitteln konstruktiv umzugehen, insgesamt, meine ich.
    Sie ins schlechte Licht rücken bis verdammen, ist da nicht so hilfreich, auch wenn verständlich.

  2. #2 Basilios
    Ichigo mashimaro encore
    30. Juli 2018

    @Zimtspinne
    Wieso ins schlechtte Licht rücken?
    Wenn in der Studie ein kausaler Zusammenhang belegt wird, dann hat das überhaupt nichts mit schieben zu tun. Dann ist dieser negative Einfluss nicht “nur herbeigeredet”, sonder tatsächlich vorhanden.

    Und wenn ich bedenke, wieviele liebe Mitmenschen wie “gut” auf einer Schreibmaschinentastatur (noch dazu eine meist so miserable wie auf typischen Notebooks) schreiben können, dann neige ich zu der Ansicht, daß sich der dazu benötigte geistige Aufwand mitnichten mit einfachem Mitschreiben mit Stift & Papier vergleichen lässt. Selbst wenn sie nicht dazwischen twittern und facebooken, sondern sich wirklich versuchen auf die Vorlersung zu konzentrieren.
    Ich setze dabei, zugegebenermassen, voraus, daß die Studenten in früheren Zeiten als Schüler immer noch zuerst mal das Schreiben mit Stift & Papier erlernt haben. Das mit Schreibmaschine dann nur noch sehr selten.

  3. #3 zimtspinne
    30. Juli 2018

    In der Studie wurde aber eben nicht auf das notebook als reines Schreibgerät eingegangen, sondern den Ablenkungsfaktor. Den bestreite ich ja auch überhaupt nicht.

    Ich habe mir das zehnFingerblind-System selbst beigebracht und möchte es nicht missen.
    Wer mit dem Tastensuchentippen zufrieden ist…. bitteschön.
    So flott ist das Schreiben mit Stift auf Papier nun im Vergleich auch wieder nicht. Bei manchen Personen 😀
    Also ich hab das lappi schon gerne genutzt, aber man muss eben wirklich ein bisschen konsequent sein.
    Ach ja, und wenn ich so bedenke, was wir während des Unterrichts in der Schule immer so parallel alles getrieben haben….. teilweise sogar mehrere Schreibarbeiten parallel (Unterrichtsstoff mitschreiben, Liebesbriefe schreiben, Zettelchen an Mitschüler, usw ;))

  4. #4 Alderamin
    30. Juli 2018

    Was waren wir früher arm dran in der Schule… außer Schwätzen gab es nichts. Keine Laptops, keine Handys, keine Smartwatches, alles noch nicht erfunden, gab’s nur bei Raumschiff Enterprise samstags abends. Gelegentlich ging mal ein Zettelchen rund, und statt zu googeln wurde dem Nachbarn über die Schulter gespickt. Und wir haben trotzdem was gelernt… 🙂

    Müsste heute in den Schulklassen ja eigentlich stiller sein, wenn alle leise unterm Tisch whatsappen…

  5. #5 Beobachter
    31. Juli 2018

    @ Alderamin, # 4:

    Ja, so war`s in grauer Vorzeit.
    Wie wir old school-Senioren bloß die Schul- und Studienzeit unbeschadet überstanden haben ?
    Und kaum zu glauben, dass man ohne Laptop und Handy überhaupt überlebt hat … ! 🙂

  6. #6 JW
    31. Juli 2018

    Vor ein bis zwei Jahren ist mir eine valide klingende Studie über den weg gelaufen. Details habe ich leider vergessen. Es ging darum, dass Studierende beim mitschreiben mit der Hand deutlich mehr vom Thema behielten, als beim mitschreiben am Laptop. Also 12 Punkte für den Blogautor.

  7. #7 Lennart
    31. Juli 2018

    JW
    jawohl, endlich einer der versteht, wie lernen und merken funktioniert. Beim Schreiben muss man sich etwas dabei denken, vorallem, wenn man den Inhalt auf das Wesentliche kürzt. Dabei nimmt man auch eine Strukturierung vor und könnte sogar anschließend einen Zeitungsbericht darüber verfassen.
    Für die Technikfreaks oder gerade Verliebten, die sich nicht konzentrieren können, spricht nichts gegen einen Voice-Recorder. Auch gegen das Fotografieren einer Tafelanschrift ist nichts einzuwenden.

  8. #8 Lennart
    31. Juli 2018

    Korrektur: Für das Fotografieren muss es heißen.

  9. #9 schlappohr
    31. Juli 2018

    Jedes andere Ergebnis dieser Studie hätte mich sehr gewundert. Lernen und Verstehen sind kreative Vorgänge, die im Gehirn stattfinden – ausschließlich dort. Alles, was währenddessen noch Aufmerksamkeit erfordert, ist kontraproduktiv, und Laptops erfordern eine Menge Aufmerksamkeit, selbst bei “bestimmungsgemäßem Gebrauch”. Ich kenne ein paar Nerds, die die gesamte Vorlesungsstunde in Latex-Sourcecode mitprotokolliert haben und am Vorlesungsende ein druckreifes Skript auf dem Schirm hatten. Hübsch anzusehen, aber das Verständnis des Inhalts war eher mager, wie sich dann in den Übungen zeigte.

    Das ist der Grund, warum ich gegen den Einsatz von Tablets als Arbeitsgerät im Schulunterricht bin (außer natürlich in den Fächern, wo es gerade darum geht). Das ist der Grund, warum ich mit einem englischsprachigen Buch oder Paper in Papierform schneller durch bin als mit einem E-Book auf dem Reader mit Online-Wörterbuch, Notizfunktion und dem ganzen Zeug. Und das ist der Grund, warum ich nach Studium, Promotion und fast 15 Jahren F&E die wirklich anspruchsvollen Probleme nur ohne Rechner lösen kann. Als Informatiker erntet man da viele erstaunte Blicke.

    Das ist vermutlich eine persönliche Einstellung, aber ich kenne nichts inspirierendes als einen leeren Schreibblock neben einem spitzen Bleistift, Lernen und Schreiben sind für mich untrennbar verbunden.

  10. #10 Laie
    31. Juli 2018

    Daher fordern wir zur völligen Verblödung Laptops und Smartphones schon für die keinen Kinder, damit ihnen ihr Gehirn schon ab dem Kindergartenalter zugemüllt wird – dafür gibt es da die grösste Unterstützung durch die Kultusminsterien und diversen Digitalisierungstanten!

    Vielleicht könnte man das irgendwie positiv mit “Digitalisierung” verklären! LOL! 🙂

    Wie wärs mit “Digitalisierung als Kulturtechnik”?

  11. #11 zimtspinne
    31. Juli 2018

    @ schlappohr
    dann bist du eben kein digital native!
    und/oder du bist einfach schlechter adaptionsfähig als andere!
    Lernen und Begreifen findet ja auch nicht nur oder primär durch Mitschreiben statt. Das wäre schön, wenns so einfach wäre.

  12. #12 Laie
    31. Juli 2018

    Auszug aus einem Bewerbungsgespräch.

    Bewerber: “Ich bin ein digital native und beherrsche daher die Digitalisierung als Kulturtechnik”.

    Chef: “Aha, können sie auch rechnen, lesen und schreiben?”

    Bewerber: “Wozu denn? Ich habe Google, dort steht alles drinnen.” 🙂

  13. #13 schlappohr
    31. Juli 2018

    @zimtspinne

    “dann bist du eben kein digital native!”

    Klingt jetzt ein wenig bösartig, aber “digital native” ist die Selbstbeweihräucherung einer Generation, die sich für technisch überlegen hält, weil sie mit einem Smartphone als einziges Spielzeug ausgekommen ist und einen irrationalen Stolz darauf entwickelt hat, dass sie bestimmte Fähigkeiten nicht mehr beherrscht. Nein, ich bin kein digital native.

    “und/oder du bist einfach schlechter adaptionsfähig als andere!”

    Oder ich nutze eben die für mich effizienteste Methode zum Lernen. Der Laptop ist das offenbar nicht, wie das im Artikel zitierte Paper belegt.

    “Lernen und Begreifen findet ja auch nicht nur oder primär durch Mitschreiben statt.”

    Nein, primär durch Nachdenken. Aber das eigenhändige Aufschreiben der Lerninhalte erhöht bei den meisten deutlich die Lerneffizienz (hängt etwas vom Lerntyp ab, viele erreichen durch reines Nachlesen dasselbe Ziel)

  14. #14 Kai
    31. Juli 2018

    Bei uns in den Informatikvorlesung wurde immer klassisch an die Tafel geschrieben und auch klassisch ins Notizbuch übertragen. Habe ich persönlich wesentlich angenehmer empfunden als wenn der Dozent eine Powerpoint-Präsentation ablaufen lässt. Erstens ist das Anschreiben an der Tafel ein kontinuierlicher Prozess: man liest jedes Wort einzeln mit, und nicht eine ganze Seite auf einmal. Außerdem kann der Dozent nicht die Vorlesung zu schnell runterrasseln, weil er ja selbst mitschreiben muss. Und das Aufschreiben auf Papier scheint irgendwie dem Gedächtnis zuträglich sein. Ich habe auch für Prüfungen immer auf diese Weise gelernt: Auf ein paar A4 Seiten alle wichtigen Punkte der Vorlesung stichpunktartig niederschreiben. Durchs Schreiben allein konnte ich sie mir dann auch einprägen.
    Aber nicht jeder Mensch ist gleich, und andere mögen mit anderen Lernstrategien besser zurechtkommen.

    Ich hab aber schon häufiger die Beobachtung gemacht, dass gerade Informatiker eher auf die moderne Technik verzichten und auch gerne mit Stift und Papier arbeiten (allein schon, weil selbst mit Latex man nicht jede Formel einfach niederschreiben kann).

  15. #15 NullcoManix
    31. Juli 2018

    Interessant wäre auch, den hier vielfach angesprochenen Unterschied zwischen getippten und handschriftlichen Notizen mal isoliert zu untersuchen. Also unter Ausschluss der ganzen Ablenkungsfaktoren wie Chat-Apps, Suchmaschinen, Lexika, usw.

    Für solche Versuche könnten sich diese neueren Notebooks eignen, deren (virtuelle) Tastatur per Software in einen (ebenso virtuellen) Schreibblock-Modus mit Stifteingabe umgeschaltet werden kann.

    Da ich trotz jahrzehntelanger Gewöhnung ans Tippen immer noch gerne einen papiernen Notizblock benutze, überlege ich gerade, ob das nicht einen Selbstversuch wert wäre.

  16. #16 zimtspinne
    31. Juli 2018

    Die Sache mit dem Lerneffekt beim Schneckenschreiben kann ich ja noch nachvollziehen…..

    wie man das aber für Alltagskram, wo es einen völlig anderen Stellenwert und Ziel hat, vorziehen kann…. von Einkaufslisten und Kurznotizen, Terminen usw mal abgesehen.

    Das ist für mich auch eine Zeit- und Effizienzfrage.
    Kurznotiz oder Arzttermin, kleine Erinnungshilfen – mach ich auch handschriftlich und verziere die ggfl mit signalroten oder giftgrünen Ausrufezeichen.

    Wenn es jedoch um etwas längere Texte oder Schreibsachen allgemein geht, wird das doch zur Schneckenangelegenheit. Und unübersichtlichem Herumgekrakel, wenn neue Gedanken einfließen, Korrekturen, Verbesserungen etc.
    Und ich habe eine sehr saubere und anmutige Schrift *jajawirklich* (muss daher auch sämtliche Gratulationskarten, Einladungen und Zeug für die Familie schreiben), da möchte ich erst nicht wissen, wie das bei jemandem ausschaut, der eher eine Arztklaue hat und keinen Sinn für Schrift-Ästhetik.

    Außerdem muss ich sofort notieren, was mir an Blitzideen einfällst, sonst sind sie auch schon wieder weg.
    Es gibt ja auch Leute, die vor dem Schreiben und Reden ausgibig nachdenken; zu denen gehöre ich definitiv nicht. Bisschen trainieren kann man das ja evtl, aber ich sehe auch keinen Vorteil für mich, mich da zu verbiegen. Ein Linkshänder kann ja sein Gesamtpotenzial auch am besten ausschöpfen, wenn er bei sich selbst bleibt und sich nicht an eine Norm anpasst.

  17. #17 Basilios
    Vividred Operation
    1. August 2018

    @zimtspinne

    Das ist für mich auch eine Zeit- und Effizienzfrage. Kurznotiz oder Arzttermin, kleine Erinnungshilfen – mach ich auch handschriftlich und verziere die ggfl mit signalroten oder giftgrünen Ausrufezeichen.

    Oh!
    Du bist also auch kein digital native?
    Gerade aus Effizienzgründen heraus mache ich Einkaufszettel nur auf einer dafür gedachten App am Smartphone. So eine App kann einen ganzen Haufen Krimskrams. Davon nutze ich für mich aber lediglich zwei Dinge: Die Artikel werden automatisch gruppiert, was den schönen Effekt hat, daß ich im großen Lebensmittelmarkt am Ende der Liste und kurz vor der Kasse nicht mehr die vergessenen Zucchini entdecke und den ganzen Weg nochmals machen darf. Und zweitens habe ich meinen Einkaufszettel so immer dabei, was bei sich spontan ergebenden Einkaufsmöglichkeiten recht praktisch ist.
    Termine mache ich ausschließlich in einem Kalender meines E-Mail-Programms. Mit Einladung an alle Teilnehmer und Bitte um Bestätigungsmail und wie man das sonst noch so aus der Arbeit vielleicht kennen mag.
    Ich bin das Schreiben auf einer ordentlichen Tastatur so gewöhnt, daß ich es schaffe Dinge abzutippen ohne den Inhalt zu verstehen. Ich wäre in der besagten Vorlesung vermutlich besser dran, wenn ich meinen alten Füller und einen großen Block nehmen würde. Das Schreiben per Hand erfordert von mir wesentlich mehr geistige Mitarbeit.
    Aber letztlich muss da sicher jeder für sich ausprobieren, was bei ihm gut oder eben weniger gut funktioniert.

  18. #18 anderer Michael
    7. August 2018

    Man sollte nicht zu Gewalt aufrufen, aber ich mache mal eine Ausnahme.
    Bei Kindern und Jugendlichen nicht nur zuklappen, sondern kräftig mit dem Vorschlaghammer Elektroschrott produzieren.

    Ausnahmen: nur selbstgebaute und selber programmierte ( inclusive Betriebssystem) Geräte.

  19. #19 Basilios
    FMP Invisible Victory
    7. August 2018

    @anderer Michael
    Und was bezweckst Du mit dieser Aktion?

  20. #20 michael
    8. August 2018

    > Und was bezweckst Du mit dieser Aktion?

    Frustabbau: Seine Kinder haben ihn auf Ebay zum Verkauf angeboten.

    scnr.

  21. #21 Laie
    15. August 2018

    Jetzt wird wieder aufgeklappt, mit IMP. Ein neues Fach an Gymnasien ab nächstes Jahr. Das soll irgendein Zwitter aus Informatik, Mathematik und Physik sein, der aber den Zweck hat die “Digitalisierung” zu fördern.

    Damit sollten sie besser auf die Herausforderungen in einer digitalen Gesellschaft vorbereitet werden, wie Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU) am 14. August 2018 in Stuttgart mitteilte.

    Man muss schauen, ob das was da aufgeklappt wird, wieder zu zuklappen ist, oder ob das was Brauchbares rauskommt.

    Dabei ist Fachkräftemangel jetzt in Berlin an Schulen auch ein Thema, daher gibt es von der Politik qualitätsverbessernde 300€ dort mehr, wo noch zu wenig aufgepasst wird für 2000 Lehrkräfte.