In Deutschland wie in vielen anderen Ländern gibt es, trotz eines eigentlich hoch leistungsfähigen Gesundheitssystems, erhebliche Impflücken bei den Masern. Die Folge sind regelmäßige größere und kleinere Masernausbrüche, die ebenso regelmäßig zur Diskussion um eine Impfpflicht führen. Argumente dafür und dagegen haben wir gerade hier auf Gesundheits-Check gesammelt.
So wie die Masernausbrüche irgendwann wieder vorbei sind, so ist es dann auch die Diskussion um die Impfpflicht. Aus meiner Sicht zu Recht, weil es andere Möglichkeiten gäbe, die Masern in Deutschland zu eliminieren und die eher zu den Grundlinien einer zeitgemäßen Präventionsstrategie passen. Nur leider sieht es mit der Umsetzung dieser anderen Möglichkeiten auch nicht gut aus. Angesichts der Daten über die gemeldeten Masernfälle der letzten Jahre, die ich hier einmal einfach von der gut gemachten BZgA-Seite „impfen-info.de“ geholt habe, fragt man sich, welche Wirkung Daten in diesem Politikfeld überhaupt haben. Anlass zum Handeln gaben die letzten Jahre schließlich genug.
Jan Leidel, amtierender Vorsitzender der STIKO, hat das in unserer Impfpflichtdiskussion kurz und knapp auf den Punkt gebracht, ich zitiere sein Statement hier noch einmal, weil damit eigentlich alles gesagt ist:
„Viele Hausaufgaben wurden noch nicht erledigt: 2007 trat § 20 d SGB V in Kraft. Dessen Absatz 3 verpflichtet die Krankenkassen, zusammen mit den nach Landesrecht zuständigen Stellen (ÖGD) Impfungen ihrer Versicherten zu fördern und sich durch Übernahme der Sachkosten hieran zu beteiligen. Hierzu sollen sie Rahmenverträge mit den obersten Landesgesundheitsbehörden abschließen. Dies wäre die Grundlage dafür, dass der ÖGD z. B. in den Schulen Impflücken feststellt und anbietet diese direkt zu schließen. Die Kassen würden den Impfstoff bezahlen. Die Verträge gibt es in ca. der Hälfte der Bundesländer und auch dort mit derartigen bürokratischen Hürden, dass eine Umsetzung in der Fläche nicht erfolgt. Weitere Aufgaben des ÖGD im Zusammenhang mit Impfungen (z. B. Information der Eltern in Gemeinschaftseinrichtungen) werden aufgrund der hier ja schon angesprochenen Personalsituation kaum umgesetzt. Die 2009 von den Gesundheitsministern der Länder beschlossene Absicht, einen nationalen Impfplan zu entwickeln und dessen Umsetzung durch eine Geschäftsstelle zu koordinieren, ist bis heute nicht wirklich umgesetzt. Ein Frauenarzt, der in Berlin den mitgekommenen Ehemann seiner Patientin ebenfalls gegen Masern impft, erhält einen Regress, obwohl die STIKO empfiehlt, jeden Arztbesuch zum Schließen von Impflücken zu nutzen. Die Liste könnte noch sehr viel weiter geführt werden. Also: Hausaufgaben machen, bevor man über Impfpflicht nachdenkt (…).“
Vielleicht kommt man am Ende dann doch nicht um eine sektorale Masernimpfpflicht herum, z.B. in Kitas und Schulen (dann aber bitte mit Personal) sowie in Gesundheitseinrichtungen, damit wenigstens von diesen Einrichtungen keine Infektionsgefahr mehr ausgeht, aber in der Tat sollte man vorher seine Hausaufgaben machen. Man muss sie nämlich auch nach der Impfpflicht machen, sonst steht die auch nur auf dem Papier und beim nächsten Masernausbruch haben wir noch mehr Geschrei der Propagandisten des schnellen Impfstandrechts auf der einen Seite und der Masern-PEGIDA (paranoide Europäer gegen die Impfung des Abendlandes) auf der anderen Seite.
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