Die Rolle von Fakten als Orientierungsmarken im Meer der Meinungen ist im Moment in aller Munde. Was – beflügelt durch das Modewort des „postfaktischen Zeitalters“ und der Begriffskreation „alternative Fakten“ durch Trumps Pressefrau Conway – ins allgemeine Bewusstsein gehoben wurde, ist in der Wissenschaft schon lange ein Thema: Aus einer oft nicht konsistenten, manchmal sogar widersprüchlichen Datenlage das herausfiltern, was man trotzdem wissen kann. Die Arbeit der Cochrane-Zentren steht innerhalb des Wissenschaftssystems paradigmatisch für dieses Bemühen, das IQWIG hat solche Aufgaben der Evidenzsynthese in der Beratung der Gesundheitspolitik und versucht mit seinem Angebot „Gesundheitsinformationen.de“ auch der Öffentlichkeit evidenzbasiert zur Seite zu stehen.

Auch Journalisten stehen regelmäßig vor der Frage, was der Stand des Wissens zu einem Thema ist, ohne dass sie immer die Zeit – oder die Kompetenz – haben, sich durch Berge von Studien zu graben. In Brexitannien gibt es bereits seit längerem ein „Science Media Center“, das Journalisten hier unterstützt und in Deutschland arbeitet seit kurzem ebenfalls ein solches Science Media Center. Es will Journalisten z.B. beim Bewerten von Breaking News aus der Wissenschaft unterstützen, oder eben beim Lichten des Gestrüpps im Studiendschungel.

Jetzt hat das Science Media Center ein Fact Sheet zum Thema E-Zigaretten veröffentlicht, ein Thema, über das wir hier auf Gesundheits-Check auch schon mehrfach diskutiert haben. Das Fact Sheet präsentiert in kompakter Weise Informationen zur E-Zigarette, ihrer Funktionsweise, ihren gesundheitlichen Folgen, ihrer Rolle für die Raucherentwöhnung, den offenen Fragen etwa bei den Langzeiteffekten und, sehr interessant, in Bezug auf wichtige Diskussionspunkte eine Zusammenstellung von Pro- und Contra-Argumenten. Letzteres zeigt, dass „Fakten“ eine Diskussion nicht beenden, sondern qualifizieren. Wer mehr weiß, hat die Möglichkeit, besser zu entscheiden. Oder in dem Fall: als Journalist besser zu berichten.

Kommentare (76)

  1. #1 RPGNo1
    4. Februar 2017

    Stichwort E-Zigarette: In meiner Stadt hat vor kurzem ein Shop aufgemacht, der ausschließlich E-Zigaretten verkauft, natürlich mit einem äußert umfangreichen Sortiment an E-Zigaretten, Liquids und dem Angebot einer kompetenten Beratung.

    Zum Thema: Die Fact-Sheets des Science Media Center sind knapp, aber absolut ausreichend für einen ersten Überblick aufgemacht aufgemacht. ich werde auf alle Fälle einen Link setzen, um für zukünftige Diskussionen gewappnet zu sein.

  2. #2 Michel du Bois
    4. Februar 2017

    Aus eigener Erfahrung:
    Ich war bislang starker Raucher und wollte mit Hilfe der E-Zigarette meinen Tabakkonsum reduzieren. Die letzte “echte” Zigarette rauchte ich am 26. 12. 2016. Seitdem habe ich meine Nikotinaufnahme um ca. 50% verringert. Scheint zu funktionieren – bis auf gelegentliche Suchtanfälle, die ich mit Schokolade bekämpfe.

  3. #3 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2014/05/31/minouche-rauchend/
    5. Februar 2017

    Merkwürdigkeiten und Anekdoten

    Andere Länder, wie zum Beispiel Deutschland, betrachten Zigaretten und E-Zigaretten als nicht harmlos und wollen verhindern, dass sie den Tabak- und Nikotinkonsum fördern und regulieren die E-Zigaretten mit entsprechend ähnlichen Gesetzeslagen.

    Dazu ist zu sagen, dass es E-Zigaretten gibt, die Nikotin enthalten und solche die keines enthalten. Außerdem gibt es Liquids die Tabakaroma enthalten und solche, die kein Tabakaroma enthalten. Weit verbreitet sind etwa Minzaromen, Fruchtaromen, Vanille, Schoko, Kaffeearomen. Bildet man die Schnittmengen, dann gibt es auch E-Zigaretten, die weder Nikotin, noch Tabakaroma enthalten.

    Aber das Tabakaroma wird wohl oft gar nicht aus Tabak gewonnen (man denke an Erdbeerjoghurt) und auch das Nikotin nicht (Kartoffelschalen). Um das negative Image von Tabak auszubeuten wird aber darüber wohl gerne hinweggegangen, wie mir auch auffällt, dass man die Selbstbezeichnung als Dampfer in dem Text peinlichst vermieden hat und stattdessen lieber den umständlichen Terminus E-Zigaretten-Nutzer verwendet.

    Zwar haben fast 14 Prozent der Raucher bereits E-Zigaretten ausprobiert, allerdings verwendet bisher nur ein Prozent der Raucher diese dauerhaft. [7; 63]

    Angenommen ich dampfe, aber rauche nicht, werde ich dann, weil dampfen so ähnlich ist wie rauchen, als Raucher bezeichnet, oder bin ich in dieser Nomenklatura ein Nichtraucher?

    Man hat es wahrscheinlich schon rausgehört: Ich bin Dampfer. Habe 30 Jahre lang geraucht bis ich beim Radfahren im feuchtkalten Winter Hustenanfälle bekam und beim Treppensteigen in den 3. Stock mit 20kg Fahrrad und Einkäufen das Schnaufen anfing. Dann habe ich aufgehört zu rauchen, was mir sehr schwer gefallen ist.
    Im Laufe der Zeit wurde ich dann fetter und fetter und habe nach 3 Jahren beim Treppensteigen wieder geschnauft, mit 96 kg Körpergewicht bei 1,72 Körperlänge.

    Dann habe ich überlegt, dass ich als willensschwacher Genussmensch und Hedonist etwas brauche, was mich von nächtlichen Stippvisiten beim Kühlschrank abhalten kann, und überlegte, dass ich ja diese E-Zigaretten ausprobieren könnte. Nikotinhaltig müssten diese ja nicht sein.

    Also bin ich in diese Dampferei eingestiegen und bin damit ein untypischer Fall. Viele Dampfer steigen ja vom Rauchen um, um mit dem Rauchen aufzuhören und einige davon hören dann auch mit dem Dampfen auf – man liest davon häufiger, wenn diese bei Ebay ihr Equipment verhökern.

    Funktioniert hat das Abnehmen übrigens nicht, wie gehofft, auf automatische Weise, sondern ich musste leider doch Selbstdisziplin aufbringen, um zwischen den Zügen nicht weiterhin zu futtern und insgesamt auch kleinere Portionen Essen zu kaufen/machen/essen (jetzt wieder auf gesunden 70 kg).

    Ein Bekannter schenkte mir dann mal ein Liquidsortiment mit Nikotin, was ich erst ärgerlich fand. Aus Geiz habe ich es dann aber doch gedampft und es hat mir gefallen, und ich bin bei Mit-Nikotin geblieben (12mg pro ml).

    Merkwürdig in der Liste finde ich den Hinweis,

    Demnach konsumieren 77 Prozent aller britischen E-Zigaretten-Nutzer Liquids mit etwa 18mg/ml oder weniger Nikotin.

    Gut – es sind Briten. Bei Fertigliquids habe ich noch nie höhere Dosierungen als 18mg/ml gesehen. Mehrfach in Dampfervideos gehört, dass die Leute die Nikotindosierung mit der Zeit absenken.

    Ich habe auch losen Kontakt mit einer Dampferszene bei google+, um mich über gesetzliche Entwicklungen und Gegenargumente gegen Propaganda zu informieren. Den dort gepflegten Kult um tolle Geräte, größere Akkus und größere Rauchschwaden teile ich aber nicht.

    Ich kenne auch einen Raucher, der das Dampfen ausprobiert hat, aber dem es nicht stark genug geknallt hat, so dass er nach dem Dampfen doch wieder eine Zigarette rauchen musste. Das Raucherlebnis ist auch ein anderes – ein Wundermittel ist die Dampferei also sicher nicht.
    Allerdings habe ich auch mehrere Dampfer gehört, die als Kettenraucher aus dem Husten gar nicht mehr rauskamen, die aber das Rauchen nicht aufgeben konnten und deshalb zu Dampfen begannen, und das Rauchen dadurch aufgeben konnten und heute nicht mehr husten. Da ich öffentlich aber selten Dampfer sehe und auch keine näher kenne vermute ich, dass es wenige ernsthaft versuchen. Die Studien sprechen immer nur von “mal ausprobiert” – das können natürlich auch Leute sein, die bei Bekannten mal auf der Fete dran gezogen haben.

    Wenn es so wenige Dampfer gibt, dann dürfte es aber schwierig sein, für eine Erhebung eine größere Zahl zusammenzubekommen.

    Der Staat meint, aufgrund vager Vermutungen über die Schädlichkeit das Dampfen regulieren zu dürfen. Ich betrachte das mit Missfallen. Wenn es keine erwiesenen Schäden für die Allgemeinheit gibt (Passivdampfen) sollte der Staat nicht in die Freiheit des Einzelnen eingreifen.

    Ein Aspekt, der für das Dampfen spricht, wurde noch nicht genannt: Der Preis. Für Einsteiger ist das Dampfen eher teurer. Ein Einwegdampfer, nicht nachfüllbar, kostete das letzte Mal, als ich schaute, 9 €. Das reicht für eine Party intensives Dampfen, etwa wie ein Päckchen Zigaretten. Für einen ersten Versuch, ob man vielleicht umsteigen will oder nicht, hält es aber die Verluste im Rahmen, wenn es nichts ist. Nicht viel teurer ist ein Starterset, welches nachfüllbar ist. Als Kettendampfer dampfe ich ca. 10ml am Tag weg. Da fährt man mit den kleinen Liquidflaschen nicht billiger, als wenn man raucht. Aber wenn man selbst zu mischen beginnt, und sich Basisliquid und Aroma in größeren Mengen bestellt (1L Basis, 30ml Aroma) kommt man auf sehr viel günstigere Zahlen.
    Ich komme auf rund 100 € / Jahr für selbstgemischtes Liquid. Bei den Verdampfern kann man den Dampferkopf austauschen – die halten aber sehr unterschiedlich lange bei mir, mal 4 Wochen, mal nur 2 Tage. Im Schnitt würde ich sagen, komme ich auch auf ca. 50-100 € pro Jahr. Dann noch 20 € für neue Akkus. Zusammen rund 200 €. Beim Rauchen war ich auf ca. 1 Päckchen Tabak pro Tag. Bei Selbstgedrehten zu 4,50 das Päckchen komme ich auf rund 1600 € pro Jahr, also das 8fache des Preises.

    Experimentelle Studien, in denen Maschinen die Nutzung einer E-Zigarette simulieren sollen und die dabei freigesetzten Chemikalienmengen messen, sind nur bedingt aussagekräftig für das tatsächliche Nutzerverhalten von Menschen, denn es bleibt unklar und ist je nach Nutzungsdauer auch variabel, welche Spannung und Temperatur durchschnittliche E-Zigaretten-Nutzer während des Gebrauchs im Alltag verwenden.

    Einen Temperatursensor haben die Geräte ohnehin, um sich bei Überhitzung abzuschalten. Manche Modelle zeigen heute schon Wattzahl, Uhrzeit und Temperatur an. Andere melden über Bluetooth an eine App verschiedene Daten – ob alle interessanten dabei sind, weiß ich nicht.
    Wenn man dann noch Flüssigkeit erfasst, in dem die Nutzer protokollieren, wann ein Fläschchen leer ist, müsste man an echte Daten kommen. Abhängig vom Gerätetyp dürfte es dann immer noch Variationen geben, aber um den Dampfrhythmus zu erfassen, ob viele eher heiß dampfen oder nicht und wie viel ein Dampfer im Schnitt wegdampft, das kann doch nicht so schwer sein.

  4. #4 Kurbelursel
    Deutschland
    5. Februar 2017

    Man kann wissen, dass der mobile Liquidverdampfer zum vielfachen Genuß da ist: optisch, haptisch, olfaktorisch und gustatorisch, den man selbst kreativ unendlich gestalten kann.

    Das ist wesentlich mehr, als eine teure Tabakzigarette hin bekommt – die lästigen Teer an Wänden usw. hinterlässt.

    Raucher können sich mit diesem zeitgemäßeren Genußmittel “E-Zigarette” das Rauchen von Tabakzigaretten teilweise oder ganz abgewöhnen.

    DAS hätte in dem Faktsheet stehen müssen.

    Raucher sind Menschen und nicht per se Patienten, die alle Welt meint, therapieren zu müssen.

    Nikotin ist nicht per se böse. Es kommt auf die Menge an und da ist nun mal was ähnliches gelaufen, wie mit dem Eisen im Spinat. – Man ging von völlig falschen Werten aus.
    Nikotin macht auch nicht per se süchtig.

    smc hat sich mit dieser “Arbeit” einen Bärendienst erwiesen, Jorunalisten eben keine vernünftige Handreichung zu bieten, sondern sich zum Handlanger gemacht zwischen den zwei Lagern, die mit dem Thema Sucht gut Geld verdienen möchten.

    • #5 Joseph Kuhn
      5. Februar 2017

      @ Kurbelursel:

      Wenn Sie erwartet haben, dass sich das SMC einseitig als Werbeplattform für E-Zigaretten betätigt, müssen Sie natürlich enttäuscht sein. Das SMC hat zusammengetragen, was Stand der Wissenschaft ist.

      Sie schreiben, bei Nikotin sei “was ähnliches gelaufen, wie mit dem Eisen im Spinat. – Man ging von völlig falschen Werten aus.” An welcher Stelle ging das SMC denn von “völlig falschen Werten” aus? Und wo ist der wissenschaftliche Beleg dafür? Es wird sich ja hoffentlich nicht nur um “alternative Fakten” handeln?

      • #6 Kurbelursel
        5. Februar 2017

        @Joseph Kuhn nein, keine Werbesendung, sondern eine Richtigstellung.

        Die E-Zigarette hat als Genußmittel nichts in der Kategorie “Gesundheit” der Medien verloren und muss nicht bedenkenlos sein.

        Es sind die Wissenschaftler, die den Beweis schuldig bleiben. Man setzt einfach voraus, dass Nikotin per se eine suchtauslösende Substanz sei.

        • #7 Joseph Kuhn
          5. Februar 2017

          @ Kurbelursel:

          “Man setzt einfach voraus, dass Nikotin per se eine suchtauslösende Substanz sei.”

          Das setzt man nicht voraus, das hat man untersucht. Um da etwas sachlicher zu argumentieren, würde schon der von RPGNo1 unten verlinkte Wikipedia-Eintrag reichen. Und warum man über ein “Genussmittel” nicht unter gesundheitlichen Aspekten diskutieren darf, verstehe ich auch nicht. Wäre Nikotin gesund, wäre das das erste, was Sie anbringen würden.

  5. #8 RPGNo1
    5. Februar 2017

    @Kubelursel

    Nikotin ist nicht per se böse. Es kommt auf die Menge an und da ist nun mal was ähnliches gelaufen, wie mit dem Eisen im Spinat. – Man ging von völlig falschen Werten aus. Nikotin macht auch nicht per se süchtig.

    Das ist haarsträubenste Relativierung der Gefahren von Nikotin, die ich seit langem gehört habe. So etwas behaupten selbst die verbohrtesten Tabakkonzerne, die mit massivem Finanzaufwand jahrzehntelang alle Gefahren des Zigarettenrauchens verleugnet haben, heutezutage nicht mehr.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Nicotin#Abh.C3.A4ngigkeitspotenzial
    Zitat: “Nicotin hat in Verbindung mit anderen Stoffen im Tabakrauch ein extrem hohes Abhängigkeitspotenzial und kann sehr schnell zu einem abhängigen Verhalten führen.”

  6. #9 Kurbelursel
    5. Februar 2017

    @RPGNo1 danke. Ganz genau:
    KANN – und nicht selbst, sondern erst in Verbindung …

  7. #10 Kassandra
    5. Februar 2017

    @RPGNo1:

    Woher kommen eigentlich bei so einem extrem hohen Abhängigkeitspotenzial die 26 % Ex-Raucher in der erwachsenen Bevölkerung, in absoluten Zahlen um die 20 Millionen Menschen?

  8. #11 RPGNo1
    6. Februar 2017

    @Kassandra
    Hohes Abhängigkeitspotential heißt nur, dass eine Person sehr schnell süchtig werden kann. Ein Crackkonsument kann bereits nach dem ersten Gebrauch der Droge süchtig werden. Das Abhängigkeitspotential sagt nichts über die Chancen oder Dauer einer Entwöhnung aus.

  9. #12 roel
    *******
    6. Februar 2017

    @Kassandra “Woher kommen eigentlich bei so einem extrem hohen Abhängigkeitspotenzial die 26 % ”

    Die 26% passen nicht. Es sind ca. 20%. https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/GesundheitszustandRelevantesVerhalten/Tabellen/Rauchverhalten.html

  10. #13 Kassandra
    6. Februar 2017

    @roel:

    Beim Thema Rauchen kursieren zu jedem Teilaspekt unterschiedliche Zahlen aus verschiedenen Quellen und unterschiedlicher Aktualität. Meine Zahl stammte von Statista, bezogen sich auf das Eurobarometer 2012 und war das Ergebnis einer einminütigen Google-Recherche, denn mehr Aufwand wollte ich mir nicht machen. Meine Frage ist nämlich nicht weniger berechtigt, falls es 20 statt 26 Prozent sind, also ist es müßig, sich darüber den Kopf zu zerbrechen, welcher dieser Werte nun näher an der tatsächlich richtigen Zahl liegt.

    Eigentlich hielt ich das für selbstverständlich, sonst hätte ich von vornherein einen Satz dazu geschrieben.

    @RPGNo1:

    Jetzt relativieren Sie selbst die postulierten Gefahren durch Tabak. Eine Abhängigkeit, von der man sich so leicht wieder befreien kann, dass es in etwa so viele Abhängige wie Ex-Abhängige gibt, kann eigentlich nämlich nicht so dramatisch sein.

    Davon unabhängig: Was genau finden Sie überhaupt so schlimm an einer Abhängigkeit von E-Zigaretten? Ich setze mal voraus, dass Ihnen bewusst ist, dass ein Dampfer nach allem, was bislang bekannt ist, ein wesentlich geringeres gesundheitliches Risiko als ein Raucher eingeht.

    Gedankenspiel: Angenommen, der medizinische Fortschritt würde Rauchen oder Dampfen oder beides gesundheitlich völlig risikolos werden lassen, müsste es dann aus Ihrer Sicht wegen des Abhängigkeitspotentials trotzdem bekämpft werden und wenn ja, warum?

  11. #14 roel
    *******
    6. Februar 2017

    @Kassandra “Meine Zahl stammte von Statista, bezogen sich auf das Eurobarometer 2012 und war das Ergebnis einer einminütigen Google-Recherche, denn mehr Aufwand wollte ich mir nicht machen.”

    Aber die paar Sekunden Link-copy-paste hätten sicher auch nicht geschadet. Hier deine Quelle: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/245229/umfrage/anteil-von-rauchern-ex-rauchern-und-nichtrauchern-in-deutschland-und-der-eu27/

    Ich mag zwar genaue Zahlen, vergleiche jetzt aber auch nicht die verschiedenen Ergebnisse. Fakt ist man kann mit dem Rauchen aufhören, aber vielen gelingt das nicht. Wenn deine Zahlen passen ist es eine 50/50-Chance.

    Leider kann ich keine Statistik finden, bei der die Zahl der ehemaligen Raucher aufgeschlüsselt ist (ehemalige Gelegenheitsraucher bishin zu ehemalige Kettenraucher) und aus welchen Gründen aufgehört wurde. Fände ich interesant.

    Das Gedankenspiel war zwar an RPGNo1 gerichtet aber ich mache trotzdem mal mit. Ich denke das Rauchen von Tabakerzeugnissen wird nie gesundheitlich völlig risikofrei sein. Beim Dampfen kann ich mir das hingegen sehr leicht vorstellen. Ersetze das Propylenglycol und die anderen Bestandteile der Liquids durch völlig gesundheitsunschädliche vielleicht sogar durch gesundheitsfördernde Inhaltstoffe und fertig ist das Ding.

  12. #15 RPGNo1
    6. Februar 2017

    @Kassandra
    Ich habe das Gefühl, wir reden gerade aneinander vorbei.
    Das Abhängigkeitspotential sagt nur aus, wie schnell eine Person süchtig werden kann, aber nichts über die Sucht selber, den Folgen dieser Sucht (physisch wie psychisch) und wie leicht/schwer man wieder entwöhnt werden kann.
    https://www.drugcom.de/drogenlexikon/buchstabe-a/abhaengigkeitspotential/

    Und ich sehe nicht, dass Ex-Raucher “einfach” von ihrer Sucht befreit sind. Die starke psychische Abhängigkeit bleibt vorhanden wie bei einem Ex-Alkoholiker.
    Eine Anekdote aus der Familie: Ein Onkel hat das Rauchen vor Jahren wegen Gesundheitsproblemen aufgegeben. Er hat sich lange mit verschiedenen Nikotinpflastern rumgequält und nur mühsam den Absprung geschafft. Gesundheitlich geht es ihm heute etwas besser. Die psychische Abhängigkeit ist nach wie vor vorhanden. Er gibt selber zu, dass er Zigarettenrauch nach wie vor gerne riecht und “nur eine Genusszigarette” sehr ungünstige Folgen für ihn haben könnten.

    Zur Abhängigkeit von E-Zigaretten habe ich übrigens nichts gesagt. Ich habe nur darauf hingewiesen, wie Joseph Kuhn auch, dass Kurbelursels Aussagen zu Nikotin stark relativierend und wissenschaftlich nicht korrekt sind.

  13. #16 roel
    *******
    6. Februar 2017

    @RPGNo1 “Und ich sehe nicht, dass Ex-Raucher “einfach” von ihrer Sucht befreit sind. Die starke psychische Abhängigkeit bleibt vorhanden wie bei einem Ex-Alkoholiker.”

    Ich denke das stimmt teilweise. Es gibt wohl eine genetische Veranlagung zur Sucht. Wenn jemand aufgrund oder mit dieser Veranlagung raucht, dann denke ich ist das so. Aber es rauchen auch Personen ohne diese Veranlagung und da denke ich ist nach Beendigung der Sucht kein erhöhtes Rückfallpotential vorhanden.

  14. #17 Kassandra
    6. Februar 2017

    @roel:

    Aber die paar Sekunden Link-copy-paste hätten sicher auch nicht geschadet.

    Ich sah den Sinn darin nicht, da es ja bei dem, worauf ich hinauswollte, auf ein paar Prozentpunkte hin oder her nicht ankam.

    Ich finde es übrigens seltsam, dass es immer noch nur 20 % Ex-Raucher sein sollen – ein Wert, der schon seit sicherlich zwanzig Jahren kursiert, weshalb ich ihn ebenfalls im Hinterkopf hatte, als ich gestern gegoogelt habe. Wenn dieser Wert gleich geblieben sein sollte, wären ja sämtliche Kampagnen für den Rauchausstieg für die Katz gewesen. Mir erscheinen die 26 % eigentlich plausibler.

    Aber so wichtig ist mir das nicht, dass ich jetzt anfangen würde, zu recherchieren.

    Mein Gedankenspiel handelte von der Frage, ob es aus RPGNo1 Sicht irgendwie verwerflich wäre, von Nikotin abhängig zu sein, wenn dies keine gesundheitlichen Konsequenzen hätte (die Gesundheitsgefahr des Rauchens hat ja sehr wenig mit Nikotin zu tun) – lassen wir doch bitte zunächst dahingestellt, ob es denkbar ist, dass dies jemals geschieht, oder nicht. Ich kann den Verdacht nämlich nicht ganz abschütteln, dass es, wenn über das Abhängigkeitspotential des Rauchens gesprochen wird, oft mehr um eine moralische als um eine gesundheitliche Fragestellung geht. Also um die unausgesprochene Annahme, Abhängigkeit sei aus sich selbst heraus etwas Verwerfliches.

    Das erinnert mich nämlich ein bisschen an die Kampagnen gegen die damals so genannte “Selbstbefleckung” im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts (mit Ausläufern bis in die 1960er-Jahre). Damit verbunden waren ja auch Warnungen vor der damit verbundenen Rückenmarksschwindsucht (an die meines Wissens auch seitens der Pädagogen und Mediziner ehrlich geglaubt wurde), aber bekämpft wurde die Selbstbefriedigung nicht primär wegen der Gesundheitsgefahr, sondern aus moralischen Gründen. Und beide Argumentationsweisen waren so wenig erfolgreich, dass man behaupten könnte, die jungen Männer seien von ihrem sozial so unerwünschten Tun, von dem sicher die meisten auch wirklich glaubten, es werde sie krank machen, abhängig gewesen.

    Selbstbefriedigung gibt es bis heute, also gibt es auch diese Abhängigkeit immer noch. Nur fällt das nicht auf, weil niemand mehr etwas dagegen hat. Aber wenn morgen irgendein damit verbundenes Gesundheitsrisiko neu entdeckt würde, käme man mit Sicherheit genausowenig dagegen an wie seinerzeit.

  15. #18 roel
    *******
    6. Februar 2017

    @Kassandra “Wenn dieser Wert gleich geblieben sein sollte, wären ja sämtliche Kampagnen für den Rauchausstieg für die Katz gewesen.” Auf dem ersten Blick erscheint das so. Man müsste da sicherlich ins Detail gehen.

    Die Parallelen zur “Selbstbefleckung” sehe ich nicht. Ich denke Nikotin ist ein Gift. Abhängigkeit von einem Gift halte ich für ungut. Allerdings wirkt Nikotin je nach Dosierung stimulierend, anregend oder giftig. Bei Heranwachsenen hat Nikotin Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung. Und leider zielt die Zigarettenwerbung auf junge Leute.

    Nikotin wird in der Regel durch Rauchen oder neuerdings Dampfen aufgenommen. Es könnte auch über die Haut mit Pflastern aufgenommen werden, mir ist nicht bekannt, dass das ausserhalb der Entwöhnung im großen Stil so gemacht wird.

    Bei allen Tabakprodukten sind anderen Stoffe enthalten, die das Abhängigkeitspotential erhöhen. Wenn Nikotin in geringen Dosen nicht gesundheitschädlich sein sollte, so sind die anderen im Tabak beinhalteten Stoffe trotzdem gesundheitschädlich.

    Bei der Aufnahme durch die E-Zigarette sind andere Stoffe ebenfalls beinhaltet, die gesundheitsschädlich wirken können. Weniger als im Tabak, aber immerhin. Aromen werden zugesetzt, die zwar als Lebensmittelzusatzstoffe zugelassen sind, deren Wirkung bei Inhalation und deren Abhängigkeitspotential aber nicht erforscht sind. Ich denke da tickt die ein odere andere Zeitbombe.

  16. #19 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2017/02/06/sports-illustrated-in-4-steps/
    6. Februar 2017

    @RPGNo1:

    Die starke psychische Abhängigkeit bleibt vorhanden wie bei einem Ex-Alkoholiker.

    Deswegen spricht man auch nur bei toten Alkoholikern von Exalkoholikern. Einmal Alkoholiker, immer Alkoholiker. Nur zwischen trockenen und nassen Alkoholikern muss man unterscheiden.

    @Kassandra:

    Das erinnert mich nämlich ein bisschen an die Kampagnen gegen die damals so genannte “Selbstbefleckung” im 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts (mit Ausläufern bis in die 1960er-Jahre).

    Dem schließe ich mich an.

    Der Genuß ist verpönt, die sinnlose Geldverschwendung! Wieso wird das Geld nicht gespart?

    @roel:

    Es könnte auch über die Haut mit Pflastern aufgenommen werden, mir ist nicht bekannt, dass das ausserhalb der Entwöhnung im großen Stil so gemacht wird.

    Wohl weils nicht knallt. Wie ist es bei Nikotinkaugummis?

    So oder so erzeugt man keine Wolken. Wolken erzeugen – ob Dampf oder Rauch – ist wohl eine Art Gotteslästerung und macht deswegen auch so viel Spaß. 😉

    Wie oben gezeigt muss man sich durch das dampfen nicht wirtschaftlich ruinieren, was oft eine Folge bei Spielsucht, illegalen Drogen und gelegentlich bei Alkoholismus der Fall ist. Bei den letzteren zweien aber auch mit verursachter Arbeitsunfähigkeit zusammenhängt. Auch diese ist bei Rauchen/Dampfen nicht gegeben.

    Dann versucht man über eine Türöffnertheorie zu argumentieren, dass das Dampfen dem Rauchen den Weg ebnet. Dass viele Raucher ungern aufs Dampfen umsteigen liegt aber m.E. nicht daran, dass Rauch besser schmeckt. Ich denke für einen Dampfer ist es wenig attraktiv aufs Rauchen umzusteigen, weil das Dampfen angenehmer ist.

  17. #20 zimtspinne
    6. Februar 2017

    @ roel
    Bei Pflastern wird das Nikotin sehr viel langsamer abgegeben als beim Inhalieren, und genau auf diese 7 Sekunden bis zum Kick fahren Raucher ab. Kaum Zigarette angesteckt, schon über die Blutbahn im Gehirn angekommen.
    Die Dampferei liegt irgendwo dazwischen, jedoch viel näher an der Zigarette als am Pflaster. Deshalb und aus anderen Gründen ist das für viele Raucher keine langfristige Alternative.
    Wäre, wenn sie nicht einen nikotinfreien Dampfstoff wählen, auch nur eine Suchtverlagerung.

    Weshalb sollte das Lungengewebe überhaupt auf irgendwelche Substanzen in konzentrierter Form stehen? Erhitzt werden diese außerdem noch.
    Ein Tabakkonzern (vergessen welcher) hat in einer Studie nachgewiesen mittels eines Rauchroboters, dass angeblich (wir lachen laut) Nikotin als solches in der Atemluft genauso wenig schädlich ist wie einfache Luft.
    Für die Atemwege mag das ja sogar stimmen, ansonsten aber wirkt Nikotin stark stimulierend auf das Dopaminsystem, es besetzt quasi nach nur einer Ziggi fast sämtliche Nikotinrezeptoren und vereinnahmt damit das Belohnungssystem.
    Normalerweise wird der Dopaminspiegel immer nur kurzfristig erhöht (durch dies und das), beim Rauchen aber wird das zum Dauerzustand. Bereits noch während des Abbaus verlangt der Körper eines Rauchers bereits wieder Nachschub.
    Nicht bei jedem, Kettenraucher und Vielschmaucher werden aber ja bekanntermaßen spätestens nach einer Stunde wieder von ihrem Nikotinteufel angefallen.

    Das führt wiederum dazu, dass der Körper versucht gegenzusteuern und die Dichte der Dopaminrezeptoren verringert. Das passiert bei jeder Suchtsubstanz (auch bei Antidepressiva und anderen Psychopharmaka) und verursacht u.a. die gefürchteten Kater, Tiefs, das Runterkommen eben und dauerhaft kann das auch zu Depressionen führen.
    Psychopharmaka müssen oder sollten deshalb auch immer langsam ausgeschlichen werden nach längerer Verwendung, um die dicht gemachten Rezeptoren wieder auf Trab zu bringen bzw neue anzulegen.

    Sucht ist deshalb auch kein Zustand, den man haben möchte, egal von welcher Substanz oder auch Nichtsubstanz verursacht. Veränderung der Hirnchemie etc.
    Braucht kein Mensch.
    Ich wundere mich über deine Naivität, Kassandra.

    Ich bin theoretisch auch ein Ex-Raucher, da ich irgendwann mal Rauchversuche unternahm, die aber bei mir misslangen (oder so) und als Fehlinvestition verbucht wurden. Zum Glück.
    Ähnlich geht es sicher noch einigen anderen Menschen, bei denen Nikotin einfach nicht so der Bringer ist, genetisch bedingt.

    Gerade vor wenigen Tagen hatte ich mal eine große Studie in den Fingern, laut der unter den 50-80 Jährigen ein Großteil einen oder mehrfache Aufhörversuche gestartet hatten, in irgend einer Gruppe (älter und krankheitsbedingte Motivlage glaube ich) waren es sogar fast 90 %.

    Das ist dann wohl die hardcore-Gruppe, die noch auf der Lungenstation mit fünf Schläuchen und Infusionsständer zum Raucherpoint schlurfen.
    Für die wäre die E-Zigarette ja vielleicht eine gute Alternative, kann dann auf dem Zimmer verdampft werden.

    Woher weiß man denn beim Anfangen, ob man zur Gruppe der Nikotinjunkies gehört oder zu den Glücklichen (naja…), die relativ leicht wieder aufhören können? .. die das aber oft dennoch viel zu spät tun und die Folgen bereits da sind, spürbar oder nicht.

  18. #21 Kurbelursel
    6. Februar 2017

    @Joseph Kuhn bekanntlich ist nichts “gesund”, nicht das Leben, nicht Sauerstoff, nicht Wasser. Also kann man das Prädikat auch dem mobilen Liquidverdampfer nicht verleihen.
    Man kann natürlich Pralinen auch mal aus gesundheitlicher Sicht betrachten. – Aber nur so?

    Und meist obendrein mit vielen unterschwelligen Behauptungen und Vermutungen?

    Wo sind denn nun die belastbaren Daten zum Nikotin allein?

    • #22 Joseph Kuhn
      6. Februar 2017

      @ Kurbelschwurbel:

      “Und meist obendrein mit vielen unterschwelligen Behauptungen und Vermutungen?”

      Das beherrschen Sie recht gut. Nicht mal den Wikipedia-Eintrag und die Quellen dort lesen, aber immer neue Belege fordern. Das wird hier kein Werbeblock für die E-Zigarette, egal was Sie versuchen.

  19. #23 inga
    6. Februar 2017

    @Kassandra: Mal ganz ehrlich, Sucht ist (neben vielleicht einem erhofften Coolnessgewinn bei Jugendlichen) die einzige Erklärung dafür, dass überhaupt geraucht wird. Das Zeug stinkt, macht krank (und zwar neben dem sehr fiesen Lungenkrebs eben auch COPD), hässlich (gelbe Finger, Zähne, Haare, faltige Haut) und kostet ziemlich viel Geld. Es ist auch nicht gut für die Geschmacksnerven, also von wegen Genuss: eher nicht.

    Die Abhängigkeit von Nikotin allein ist ja erstmal gar kein Problem, sondern die schlimmen Folgen des Rauchens. Wenn jetzt also jemand dampft und damit seiner Lunge deutlich weniger schadet als mit der Zigarette und seine Mitmenschen (insbesondere Kinder) weniger einnebelt, dann hätte ich auch gar keine Probleme mit der Nikotinsucht an sich (geht mich ja auch nix an). Für jemanden, für den die Alternative “ganz aufhören” nicht infrage kommt, ist das Dampfen doch eine geniale Lösung.

  20. #24 Joseph Kuhn
    6. Februar 2017

    @ inga:

    “Die Abhängigkeit von Nikotin allein ist ja erstmal gar kein Problem, sondern die schlimmen Folgen des Rauchens.”

    E-Zigaretten sind gegenüber dem Tabakrauchen das deutlich kleinere Übel. Unbestritten. Deswegen sind E-Zigaretten trotzdem gesundheitlich nicht unbedenklich. Darüber kann man sich in 5 Minuten informieren, wenn man das Fact Sheet des SMC einmal überfliegt. Soviel Fakten-Zeit sollte auch in postfaktischen Zeiten sein.

    Den Satz “Die Abhängigkeit von Nikotin allein ist ja erstmal gar kein Problem” impliziert a) dass man Unfreiheit (=Abhängigkeit) für unproblematisch hält, und b) dass man nicht über die toxischen Wirkungen von Nikotin nachgedacht hat. Auch dafür würde Wikipedia reichen.

  21. #25 roel
    *******
    6. Februar 2017

    @user unknown “Wohl weils nicht knallt. Wie ist es bei Nikotinkaugummis?” Ich denke auch, dass der schnelle Weg zum Gehirn wichtig ist. Nikotinkaugummis sehe ich eigentlich auch nur als Nischenprodukt, Kautabak und Schnupftabak ebenfalls.

    Übrigens, guter Kommentar #3.

  22. #26 zimtspinne
    7. Februar 2017

    @ inga

    doch, sie ist ein Problem, für Leute, die aufhören möchten. Die E-Zig.bietet ein willkommenes Hintertürchen, so ähnlich wie alkoholfreies Bier für Alkoholiker.
    Für Abstinenzler, die das ernsthaft betreiben, ist deshalb alkoholfreies Bier auch ein no-go, Suchtmediziner lehnen das ebenfalls ab, weil die Erfahrungen einfach zeigen, es ist ein triggerndes Hintertürchen und viele landen früher oder später doch wieder beim richtigen Bier.
    Ich glaube deshalb auch nicht an die vielen Tabakraucher, die über die E-Zig tabakabstinent bleiben oder sogar dauerhaft vom Rauchen loskommen. Ist noch viel zu neu, um da die Rückfallquoten überhaupt bewerten zu können.
    Alkoholfreies Bier oder kontrolliert getrunken wird ja auch manchmal über längere Zeiträume bis hin zu Jahren, bis die Sucht eben doch wieder zuschlägt und dann ist man auf der Suchtleiter nicht etwa wieder auf Anfang sondern genau dort, wo aufgehört wurde und es geht mit vollem Tempo abwärts. Was sich einmal im Gehirn umstrukturiert hat durch Abhängigkeit, bleibt lebenslang als Suchtgedächtnis erhalten. Das ist auch beim Nikotin nicht anders.
    Jeder Süchtige nimmt gerne Hintertürchen in Anspruch, lebenlange Abstinenz wirkt einfach zu bedrohlich (anfangs), ich hoffe da echt für aufhörwillige Raucher, die sich auch Hilfe und Unterstützung bei ihren Hausärzten holen, dass sie dort nicht auf die E-Zigarette aufmerksam gemacht werden.

  23. #27 Kassandra
    7. Februar 2017

    @Joseph Kuhn:

    Den Satz “Die Abhängigkeit von Nikotin allein ist ja erstmal gar kein Problem” impliziert a) dass man Unfreiheit (=Abhängigkeit) für unproblematisch hält, und b) dass man nicht über die toxischen Wirkungen von Nikotin nachgedacht hat. Auch dafür würde Wikipedia reichen.

    Wir sind immer noch bei meiner Frage, ob Nikotingenuss – sei es in Form von Rauchen oder von Dampfen – aus Ihrer Sicht auch dann abzulehnen wäre, wenn sich, zum Beispiel als Ergebnis des medizinischen Fortschritts, keine gesundheitlichen Folgen daraus ergeben würden. Ich nehme an, Ihre Antwort ist als ein Ja zu verstehen; korrigieren Sie mich bitte, falls ich da etwas missverstanden habe. Mit einer solchen Antwort würden Sie bestätigen, dass hinter den gesundheitsbezogenen Argumenten, wie von mir vermutet, insgeheim ganz andere Motivationen mit am Werk sind.

    Wenn Sie die Unfreiheit nicht für problematisch halten, die sich daraus ergibt, dass Sie sowieso in einer Vielzahl unvermeidbarer biologischer Abhängigkeiten stecken, Essen, Trinken, Atmen, Harndrang, Schlafbedürfnis usw., dann haben Sie nämlich, rational betrachtet, überhaupt keinen Grund, eine weitere Abhängigkeit hin oder her per se für problematisch zu halten. Problematisch sind, wenn schon, dann die unerwünschten Folgen dieser Abhängigkeit, und bekämpfen müsste man sie nur, wenn sie für gewichtiger gehalten werden als die erwünschten Folgen der Abhängigkeit, die ja ebenfalls immer bestehen.

    Ich finde diese unterschwellige und trotz der rationalen Fassade im Kern irrationale Angst vor Abhängigkeit, die sich vor allem auf Dinge fokussiert, die jemand aus eigenem Antrieb tut, aber nach Meinung anderer lieber bleiben lassen sollte, höchst interessant, weil sie mir wie ein Blitzableiter für die vielen ungewollten Abhängigkeiten vorkommt, die einem ja nicht nur die Biologie, sondern auch Gesellschaft und Wirtschaft aufzwingen.

    Toxische Wirkungen sind ebenfalls nur dann von Bedeutung, wenn sich daraus unerwünschte Folgen ergeben sollten. Auch die rote Flüssigkeit im Glas auf Ihrem Profilfoto hat toxische Wirkungen, und Ihr Gesichtsausdruck auf dem Bild lässt vermuten, dass Ihnen das zwar bekannt ist, aber an einem gewissen Körperteil vorbeigeht, was ich im übrigen auch sehr vernünftig finde. Wegen so etwas auf seinen Genuss zu verzichten, lohnt sich nicht.

    Jetzt außerdem noch Paracelsus‘ Meinung zu Giften zu bemühen, wäre wohl nicht sonderlich originell, aber dass man sich sogar mit Wasser vergiften kann, ist, glaube ich, in diesem Zusammenhang eine Erwähnung wert: https://www.zeit.de/sport/2015-07/triathlon-frankfurt-wasser-hyponatriaemie

    • #28 Joseph Kuhn
      7. Februar 2017

      @ Kassandra:

      “Wir sind immer noch bei meiner Frage, ob Nikotingenuss – sei es in Form von Rauchen oder von Dampfen – aus Ihrer Sicht auch dann abzulehnen wäre, wenn sich, zum Beispiel als Ergebnis des medizinischen Fortschritts, keine gesundheitlichen Folgen daraus ergeben würden.”

      Ob etwas “abzulehnen” ist, ist so eine Sache. Mir geht zunächst einmal darum, dass man die gesundheitlichen Folgen des Rauchens oder, weniger dramatisch, des Dampfens, zur Kenntnis nimmt und nicht verharmlost. Wenn dann jemand sagt, ich rauche trotzdem, ich sehe das Risiko, aber ich trage es, dann ist das seine Entscheidung, zumindest solange er nicht Dritte gefährdet (Stichwort Passivrauchen). Inwiefern man unter bestimmten Bedingungen oder in bestimmten Situationen Menschen vor Selbstschädigung auch dann schützen sollte, wenn sie sich bewusst dafür entschieden haben, ist ein ganz anderes Thema, darüber müsste ich erst mal nachdenken.

      “Ich nehme an, Ihre Antwort ist als ein Ja zu verstehen”

      Das nehmen Sie an, ist aber falsch.

      “Vielzahl unvermeidbarer biologischer Abhängigkeiten”

      Sie spielen mit dem Wort Abhängigkeit. Ich fühle mich im Alltag nicht “abhängig” davon, essen zu müssen, auch wenn ich unvermeidbar (!) essen muss. Essen erfüllt im Normalfall auch keine der Kriterien für eine Sucht.

      Zum Rest Ihres Kommentars siehe oben: Wenn Sie gerne Gifte zu sich nehmen, tun Sie sich keinen Zwang an. Von mir aus können Sie auch Cadmiumfarben lutschen, wenn Ihnen das Spaß macht. Aber Sie sollten nicht so tun, als gäbe es keine Risiken. Und Paracelus ist in der Tat ein alter Kalauer der Tabaklobby, da würde ich mich an Ihrer Stelle nicht einreihen.

  24. #29 Kassandra
    7. Februar 2017

    @roel:

    Ich weiß nicht, ob ich heute noch dazu komme, auch Ihren Beitrag noch zu beantworten, zu dem mir auch das eine oder andere einfällt, das vielleicht von Interesse ist.

  25. #30 inga
    7. Februar 2017

    @Joseph Kuhn: Ich finde Ihre Antwort ehrlich gesagt ein bisschen übertrieben abkanzelnd (“postfaktisch”, “Wikipedia”: wow!). Ich habe das Factsheet gelesen und stimme Ihrer Einschätzung vollkommen zu. Und ja, ich habe das falsch formuliert, denn “kein Problem” habe ich damit, dass Leute sich entscheiden, Dinge zu tun, die potenziell ungesund sind (ich z.B. schlafe chronisch zu wenig, da möchte ich mir aber trotzdem ungern von anderen vorschreiben lassen, wann ich ins Bett zu gehen habe). Nicht sagen wollte ich damit, dass Nikotin unschädlich sei. Wenn jemand vom Nikotin nicht wegkommt, weil er/sie nicht kann oder nicht will, dann halte ich die E-Zigarette für eine gute Möglichkeit, wahrscheinlich deutlich weniger Schaden anzurichten – beim Konsumenten genauso wie bei seinem/ihrem Umfeld.

  26. #31 inga
    7. Februar 2017

    @Zimtspinne: Dass es derzeit nicht klar ist, inwieweit die E-Zigarette zur kompletten Nikotinabstinenz weiterhelfen kann, ist mir bewusst. Ich halte sie auch nicht für das ultimative Mittel der Wahl zur Rauchentwöhnung (ich kenne ein paar Leute, die von sich sagen, dass sie damit ihren Nikotinkonsum drosseln konnten und es ihnen jetzt insgesamt besser geht, aber das ist natürlich rein anekdotisch).

    Der Vergleich mit dem Alkohol hinkt meines Erachtens aber ein bisschen. Alkoholsucht hat ja nicht nur körperliche Risiken, sondern vor allem auch ihre sozialen Folgen sind gravierend. Dass jemand wegen seiner Nikotinsucht Familie und Arbeitsplatz verliert, dürfte jedenfalls erheblich seltener vorkommen. Auch Straftaten im Zusammenhang mit dem Rausch gibt es nicht (man möge mich gerne korrigieren). Die sozialen “Kollateralschäden” des Rauchens sind Schädigung von Ungeborenen und Passivrauchen (was beides gravierend ist, bitte nicht falsch verstehen!). Letzteres lässt sich durch die E-Zigarette erheblich verringern. Das soll bitte keine Verharmlosung des Nikotinkonsums sein, aber es ist schon ein Unterschied zu anderen Drogen.

  27. #32 inga
    7. Februar 2017

    @Kassandra: Natürlich ist auch jede zusätzliche Abhängigkeit streng rational betrachtet eine Verschlechterung, insofern zieht Ihr Argument “Atmen muss man ja auch” nicht. Abhängigkeit ist immer mit Kosten verbunden (Beschaffungsaufwand). Dass man das in Kauf nimmt, wegen des “Genusses”, klar. Oder eben wegen der Sucht. Soweit ich informiert bin, verändert der Konsum von Nikotin die Rezeptoren im Synaptischen Spalt, was zu einem generellen Erregungszustand führt, der nur durch Nikotinkonsum kurzzeitig abgebaut werden kann. Insofern ist mir nicht ganz klar, worin der “Genuss” besteht, außer dass man mal wieder runter kommt, auf ein Niveau, auf dem sich Nichtraucher dauerhaft befinden.

  28. #33 zimtspinne
    7. Februar 2017

    @ inga
    Ja, das hast du völlig recht in jedem Punkt *31
    Alkoholmissbrauch verursacht gesamtgesellschaftlich höhere Kosten und Schäden und als Familienkrankheit sowieso. Ich meinte auch einfach, dass bei Alkoholmissbrauch das Bewusstein da ist, also das Problembewusstsein, Krankheitsbewusstsein und die Ernsthaftigkeit in der Therapie.

    Die Bewusstseinsveränderung (wenn ich schon bei Bewusstsein bin) fällt beim Rauchen ja auch weg, obwohl man bei starken Rauchern auch eine Verhaltensveränderung feststellen kann im Entzugsstadium, und das haben sie ja täglich mehrfach, je nach Arbeitsplatz, Familiensituation etc.
    Als Krankheit eingestuft gehört das mM auch, zumindest im Missbrauchsfall, aber dafür gibt es ja im Gegensatz zu anderen Drogen nicht mal eine genaue Definition. Gelegenheitsraucher und Kettenraucher mit 80 Stück pro Tag werden in einen Topf geworfen und krank oder süchtig sind beide nicht, oder es ist keine echte Sucht, denn die hätte ja einen Krankheitswert.
    Das Rauchen wird insgesamt verharmlost. Mit Erschrecken las ich mal zufällig in einem Forum für frischgebackene Mamis, wie viele davon nicht nur während der Schwangerschaft rauchten, sondern auch während des Stillens und natürlich auch weiterhin zu Hause rauchen, was für die Babys eine Vollzeitrauchermami bedeutet, auch wenn tatsächlich überwiegend draußen geraucht wird. Was mit einem kleinen Baby, das ja der Aufsichtspflicht bedarf, gar nicht immer so leicht möglich sein dürfte.
    Wie gut, dass die Gesellschaft all diese Qualmwolken in Privatwohnungen nicht mitbekommt, dann gäbe es sicher einen weit größeren Aufschrei.
    Andererseits gibt es auch inzwischen immer mehr gestrenge Mütter, die sich sogar ernsthaft weigern, einem rauchenden Familienangehörigen das Kleinkind oder Baby auf den Arm zu geben, maximal, wenn die Hände davor gründlich desinfiziert wurden. Es hat definitiv eine Sensibilisierung stattgefunden, durch was genau auch immer.

    Da keiner isoliert in einer einsamen Waldhütte lebt, haut das mit dem Grundrecht auf Selbstschädigung einfach nicht hin; es werden immer andere mitgeschädigt. Das lässt sich nie ganz vermeiden. Ich meine jetzt nur die direkt tabakassoziierten Gefahren, nicht mal sonstige Kosten und Schäden (durch Raucherpausen, eben das ganze Beschaffungsbrimborium und die Suchtbefriedigung an sich mit “Vorglühen”, denn fünf Minuten vor der nächsten anberaumten Rauchpause ist ein schwerabhängiger Tabakkonsument auch schon zu nichts sinnvollem mehr zu gebrauchen, in verantwortungsvollen Berufen kann das eigentlich auch richtig gefährlich werden, wenn die Konzentration bei absinkendem Nikotinspiegel nachlässt).

    Und nein Kassandra, Schlafen, Essen, Atmen, aufs Klo gehen sind zwar Grundbedürfnisse, aber sie erzeugen normalerweise kein Suchtverhalten. Essen würde ich grenzwertig sehen, ein gesundes Essverhalten jedoch hat keinen Suchtcharakter – es fehlen Merkmale wie Kontrollverlust etc.

    Nikotin und sonstige abhängigmachende Inhaltsstoffe als lebensnotwendig hinzustellen (wie Essen, Schlafen, Atmen, Klo) ist auch so eine typisch irrationale Logik, wie man sie halt oft von Rauchern und allgemein Abhängigen hört.

  29. #34 inga
    7. Februar 2017

    @Zimtspinne: Ich gehe auch davon aus, dass Nikotinsucht, vor allem die körperliche Abhängigkeit, oft unterschätzt wird. Das ist eigentlich erstaunlich, wenn man sieht, wie schwer es Rauchern fällt, dauerhaft aufzuhören.

    Mein Arbeitskollege hatte vor Jahren eine schwere Lungenentzündung hinter sich, die wohl auch irgendwie im Zusammenhang mit seiner Raucherei stand. Er war damals monatelang in der Fachklinik, er hat dort gesehen, was Lungenkrebs und andere (oft rauchinduzierten) Lungenerkrankungen anrichten können und wie sehr sich die Patienten quälen. Er hat in dieser Zeit aufgehört zu rauchen. Trotzdem hat er seit einigen Monaten wieder angefangen. Und ich kann zuschauen, wie seine Haut grauer wird, seine Stimme verrauchter, er immer fertiger aussieht. Wenn jemand trotz so einer Erfahrung nicht aufhören kann, dann muss man einfach akzeptieren, dass er abhängig ist.

    Mit Süchtigen kann man einfach nicht mehr rational argumentieren, die Abwehrhaltung ist so ausgeprägt und die Verdrängungsleistung so enorm, dass man gar nicht mehr ran kommt. Schon das Thema E-Zigarette löst da eine Abwehrhaltung aus (“da will mir jemand mein Nikotin wegnehmen!). Und da finde ich es einfach nicht hilfreich, wenn man eine Politik fährt, nach der das einzige akzeptable Ziel ist, ganz aufzuhören, obwohl viele gravierende Schädigungen durch die zweitbeste Lösung, den Umstieg auf E-Zigarette, stark reduziert werden könnten. Raucher, die wie gesagt eh schon Meister der Verdrängung sind, reden sich schnell drauf raus, dass ja auch die Gesundheitsbehörden gegen die E-Zigarette seien. Ich befürchte, dass diese Haltung großen Schaden anrichtet.

  30. #35 Joseph Kuhn
    7. Februar 2017

    @ inga:

    “Ich finde Ihre Antwort ehrlich gesagt ein bisschen übertrieben abkanzelnd”

    Wenn’s nur ein bisschen übertrieben war, dann passt es doch zu Ihrer ein bisschen übertriebenen Formulierung, Abhängigkeit sei kein Problem 😉

  31. #36 inga
    7. Februar 2017

    @Joseph Kuhn: Einverstanden 😉

  32. #37 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2017/01/15/comic-collab-64-sucht/
    8. Februar 2017

    @zimtspinne, #26:

    Für Abstinenzler, die das ernsthaft betreiben, ist deshalb alkoholfreies Bier auch ein no-go,

    Ich kenne Abstinenzler, die alkoholfreies Bier trinken, aber so lange die nicht tot sind kann man natürlich nicht sagen, ob das nicht nur eine Hintertür ist, durch die sie sehr, sehr langsam durchgeschlurft sind.

    Wenn sie dann tot sind kann man sagen, dass sie nur deswegen nicht rückfällig wurden, weil sie nicht lange genug gelebt haben. Man wäre damit aber in den Bereich des Unwiderlegbaren vorgedrungen und müsste sich überlegen, ob das eigene Argument mehr als Rabulistik ist.

    Ich habe aber noch nicht gehört, dass alkoholfreies Bier einem Alkoholiker geholfen hätte mit dem Trinken aufzuhören, daher finde ich den Vergleich grundsätzlich schief und nicht zu heilen.

    Es ist ja nicht so, dass es, wie beim Rauchen, eine Trennung zwischen dem triggernden Stoff (Nikotin) und den Hauptschädigern (Kondensaat, Teer), beim alkoholfreien Bier eine Analogie gäbe (Alkohol hier – Hopfen u. Gerste da); da fallen Stimulanz und Gift zusammen.

    Es gibt nur die Analogie bierfarbenes Getränk aus Biergläsern trinken, womöglich in einer Biertrinkerrunde. Und beim Dampfen ein Röhrchen in den Mund führen, und Wölkchen ausstoßen. Also im habituell-gestischen Bereich.

    Suchtmediziner lehnen das ebenfalls ab, weil die Erfahrungen einfach zeigen, es ist ein triggerndes Hintertürchen und viele landen früher oder später doch wieder beim richtigen Bier.

    Wenn es triggert, dann sollte es aber früher triggern, nicht später. Wenn jemand 1 Jahr abstinent ist, und täglich 3 alkoholfreie Bier trinkt, wie will man dann erklären, dass er erst nach einem Jahr getriggert wird? Woher weiß man, dass er nicht ohne alkoholfreies Bier ebenfalls rückfällig geworden wäre?

    Gut – qualitative Interviews könnten einen auf die Meinung bringen, aber gibt es die? Welche Suchtmediziner genau lehnen das eigentlich ab? Alle? Die Fachliteratur? Einer, den Sie kennen?

    Ich glaube deshalb auch nicht an die vielen Tabakraucher, die über die E-Zig tabakabstinent bleiben oder sogar dauerhaft vom Rauchen loskommen. Ist noch viel zu neu, um da die Rückfallquoten überhaupt bewerten zu können.

    Auch das halte ich für einen voreiligen Schluss. Es gibt E-Zigaretten seit einigen Jahren. Außerdem gibt es sehr viele Raucher, die versuchen mit dem Rauchen aufzuhören und nach wenigen Tagen oder Wochen rückfällig werden oder die gar nicht anfangen aufzuhören. Wenn man also zwei Gruppen mit aufhörewilligen Rauchern zusammenbekäme, von denen es eine mit E-Zigaretten versucht, und von denen würde ein größerer Teil nach 2 Jahren noch Nichtraucher sein, als in der anderen Gruppe, und diese hätten ihren Gesundheitszustand schon deutlich verbessert, was ja nach 2 Jahren der Fall sein soll, dann ließen sich daraus – wenn auch vorläufige – Schlüsse ziehen.

    Mag sein, dass es einen Strohfeuereffekt gibt, dass es anfangs mehr schaffen, aber später mehr rückfällig werden. Da Rückfälle aber ohnehin zum Suchtgeschehen dazugehören darf man m.E. auch zwischenzeitliche Gesundheitsverbesserungen, die nur einige Jahre andauern, auch nicht ganz abtun.

    Alkoholfreies Bier oder kontrolliert getrunken wird ja auch manchmal über längere Zeiträume bis hin zu Jahren, bis die Sucht eben doch wieder zuschlägt und dann ist man auf der Suchtleiter nicht etwa wieder auf Anfang sondern genau dort, wo aufgehört wurde und es geht mit vollem Tempo abwärts. Was sich einmal im Gehirn umstrukturiert hat durch Abhängigkeit, bleibt lebenslang als Suchtgedächtnis erhalten. Das ist auch beim Nikotin nicht anders.

    Volle Zustimmung. Nur: Wenn das Dampfen erst mal zur Gewohnheit geworden ist, wenn es billiger ist, wenn es die Umwelt weniger stört, wenn es den Nikotinspiegel erhöht und weniger die Atemwege reizt – wieso soll dann ein Dampfer überhaupt rückfällig werden?

    Jeder Süchtige nimmt gerne Hintertürchen in Anspruch, lebenlange Abstinenz wirkt einfach zu bedrohlich (anfangs), ich hoffe da echt für aufhörwillige Raucher, die sich auch Hilfe und Unterstützung bei ihren Hausärzten holen, dass sie dort nicht auf die E-Zigarette aufmerksam gemacht werden.

    Ich bin immer für eine aufklärerische Position, die bekannten Fakten auf den Tisch und der mündige Bürger entscheidet selbst.

    Jemand der von heute auf morgen ganz aufhören will, den soll man nicht überreden zu E-Zigaretten. Man soll keine Werbung dafür machen. Aber wenn es Evidenz dafür gibt, dass es einer beachtlichen Anzahl an Rauchern gelingt vom Rauchen, und manchen auch ganz vom Nikotin wegzukommen, dann finde ich es dogmatisch und falsch diesen Weg nicht in Erwägung zu ziehen.

    Anekdote am Rande: Ich war im Sommer auf einem Konzert und hatte vergessen Nachfüllliquid mitzunehmen. Ganz hibbelig habe ich mir dann dort 2, 3 Kippen geschnorrt und geraucht und hatte ein wenig die Befürchtung im Hinterkopf, dass das der Beginn eines Rückfalls sein könnte. Zuhause, mit Zugriff auf das Liquid habe ich keine Sekunde erwogen statt zu Dampfen weiterzurauchen. Und ich bin wirklich ein willensschwacher Charakter.

  33. #38 Joseph Kuhn
    8. Februar 2017

    Da das Thema “Sucht” offensichtlich von Interesse ist, sei an unsere Diskussion hier dazu vor knapp zwei Jahren erinnert, und als Lektüreempfehlung auch noch einmal auf das Buch “Sucht” von Klaus Weber hingewiesen, der bei dem Thema eine recht unkonventionelle Position vertritt.

    Um zum eigentlichen Blogthema zurückzukommen: Abwägungen derart, was mit dem Suchtbegriff implizit an Annahmen einhergeht, in welchen Traditionen er steht, welche Handlungsoptionen er nahelegt und welche eher verstellt, das könnten Fragen sein, die für das SMC in einem Fact-Sheet-Format schwieriger zu handhaben sind wie “rein empirische” Fragen. Aber wer weiß?

  34. #39 Kassandra
    8. Februar 2017

    Ob etwas “abzulehnen” ist, ist so eine Sache. Mir geht zunächst einmal darum, dass man die gesundheitlichen Folgen des Rauchens oder, weniger dramatisch, des Dampfens, zur Kenntnis nimmt und nicht verharmlost. Wenn dann jemand sagt, ich rauche trotzdem, ich sehe das Risiko, aber ich trage es, dann ist das seine Entscheidung, zumindest solange er nicht Dritte gefährdet (Stichwort Passivrauchen). Inwiefern man unter bestimmten Bedingungen oder in bestimmten Situationen Menschen vor Selbstschädigung auch dann schützen sollte, wenn sie sich bewusst dafür entschieden haben, ist ein ganz anderes Thema, darüber müsste ich erst mal nachdenken.

    Klammern wir das Rauchen an dieser Stelle mal aus, denn die Risiken, die sich durch das Dampfen möglicherweise ergeben, werden ja in nicht weniger dramatischem Ton vorgetragen, obwohl meines Wissens niemand abstreitet, dass sie erheblich geringer sind. Gleichzeitig fehlt es bislang völlig an nachweislich gesundheitlich Geschädigten oder auch nur an solchen Personen, die eine gesundheitliche Schädigung möglicherweise auf das Dampfen zurückführen, und das gilt für aktives Dampfen ebenso wie für passives.

    Das Argument, man müsse Menschen vor Selbstschädigung schützen (es ist mir übrigens nicht entgangen, dass Sie zögern, es vorzubringen), wäre unter solchen Umständen nicht gerade überzeugend. Sicher, niemand kennt die möglichen negativen Wirkungen, die das Dampfen über einen Zeitraum von 30, 40 oder 50 Jahren hat, aber andererseits gibt es keine Indizien, die darauf hindeuten, dass sie auch nur annähernd an die Wirkung des Rauchens herankämen.

    Es wäre mir völlig neu, dass in anderen Bereichen, in denen es um Gesundheitsschutz geht, nach einem Alles-oder-Nichts-Prinzip gearbeitet würde, in dem mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwartende Verbesserungen nur deshalb abgelehnt werden, weil sie das Risiko nicht auf Null bringen, normalerweise gilt es als ausreichend, wenn sie es nennenswert verringern. Sämtliche Schadstoffgrenzwerte hätte man sonst ja gar nicht erst einzuführen brauchen. Und mir fällt auch keine technische Neuerung oder neue Modeerscheinung ein, die mit solcher Vehemenz wie das Dampfen bekämpft würde, auch dann nicht, wenn sie – anders als das Dampfen – bereits nachweisliche Opfer von Gesundheitsschäden und Todesfälle mit sich gebracht haben. Jedes Jahr werden zum Beispiel zwei oder drei neue Extremsportarten schick, bei denen der Reiz gerade in der ständig bestehenden Möglichkeit eines tödlichen Unglücks zu bestehen scheint, aber falls es Gesundheitsschützer geben sollte, die so etwas verbieten wollen, muss ich das verpasst haben.

    Und Paracelus ist in der Tat ein alter Kalauer der Tabaklobby, da würde ich mich an Ihrer Stelle nicht einreihen.

    Das wäre für mich eher ein Grund, dieses längst zu Tode gerittene Zitat erst recht zu verwenden. Den Paracelsus gab es ja wirklich, und das Zitat ist auch korrekt. Es wird nicht dadurch falsch, dass sich die Tabaklobby auf es beruft – übrigens nicht als einzige. In sämtlichen Gesundheitsdebatten über Ernährung taucht dieses Zitat auf, weshalb man es, im Positiven, als allgemein bekannt voraussetzen kann und sich, im Negativen, längst dabei langweilt.

    Was Sie mir also gerade gesagt haben, bedeutet: Ich würde jederzeit jede Wahrheit zur Lüge erklären, sobald die Tabaklobby sich auf sie beruft. Wenn jemand anfängt, so irrational zu argumentieren, bestätigt das meine These, dass hinter der vordergründig rationalen Herangehensweise auch interessante irrationale Elemente stecken.

    • #40 Joseph Kuhn
      8. Februar 2017

      @ Kassandra:

      “Den Paracelsus gab es ja wirklich, und das Zitat ist auch korrekt. Es wird nicht dadurch falsch, dass sich die Tabaklobby auf es beruft”

      Indem Paracelus sagt, “allein die dosis machts, daß ein Ding kein Gift sei”, hat er vor dem Erfahrungshintergrund seiner Zeit, also dem 16. Jahrhundert, eine wichtige Beobachtung formuliert. Dass es bei manchen cancerogenen Stoffen anders ist und nicht immer Schwellenwerte existieren, konnte er nicht wissen. Mit Blick auf die Inhaltsstoffe von Tabak ist der Spruch falsch.

      “Was Sie mir also gerade gesagt haben … bestätigt das meine These, dass hinter der vordergründig rationalen Herangehensweise auch interessante irrationale Elemente stecken.”

      Ich nehme Ihre unfreundliche Unterstellung zur Kenntnis. Ich habe also etwas “vordergründig rationales” gesagt (worauf beziehen Sie sich da eigentlich?), und dahinter sehen Sie, weil ich Ihnen bei Paracelsus nicht zustimme, “interessante irrationale Elemente”. Ich will gar nicht wissen, welche.

  35. #41 Theres
    OT
    8. Februar 2017

    @Inga
    Ich gehe auch davon aus, dass Nikotinsucht, vor allem die körperliche Abhängigkeit, oft unterschätzt wird. Das ist eigentlich erstaunlich, wenn man sieht, wie schwer es Rauchern fällt, dauerhaft aufzuhören

    Ich kann jetzt aus persönlichem Empfinden schreiben, meine Unterlagen liegen beim Doc und der veröffentlicht die hier sicherlich nicht … aber vom Nikotin war nicht abhängig, bzw. wie vom Koffein, was mir derzeit wegen einer Zahnop die übleren Entzugserscheinungen verursacht. Auf das Nikotin in der Dampfe zu verzichten, fällt mir leicht. Dabei bleibe ich auch, 0 bis 3 mg genügen anscheinend nach weniger als einem Jahr Rauchstopp schon.
    Ich wusste aber vorher, dass ich nicht vom Nikotin abhängig bin, sondern von einer anderen Substanz, weil sonstige Ersatzstoffe nicht halfen. Ich hatte nur nie das Geld, untersuchen zu lassen von welcher.

    Lange Anekdote kurzer Sinn: Nikotin allein ist wirklich nicht so schlimm wie alle glauben, die Hilfsstoffe und Zusatzstoffe im Tabak sind es. Die ermöglichen auch die schnelle Nikotinwirkung (-anflutung) beim ersten Zug schon.

  36. #42 Kassandra
    9. Februar 2017

    @Joseph Kuhn:

    Ich möchte mir gerne die nötige Zeit für eine ausführlichere Antwort nehmen, weil ich noch auf einiges weitere, das im Verlauf des Threads von anderen gepostet wurde, eingehen möchte. Dazu werde ich wahrscheinlich aber erst am Wochenende kommen. Ganz kurz aber der Hinweis, dass es a) irrelevant ist, was die Tabaklobby im Zusammenhang mit Tabak behauptet hat, wo es gar nicht um Tabak geht. Und b) dass eine Sache davon nicht richtiger oder falscher wird, ob sich ein Missetäter oder Heilige auftreiben lässt, der sie früher einmal behauptet hat, und wer so tut, als wäre das anders, verhält sich c) nicht rational, wobei ich Ihnen zugute halte, dass Ihnen das vermutlich gar nicht bewusst ist.

    Alles weitere irgendwann am Wochenende. Das heißt … das, worüber ich schreiben will, ist zufälligerweise das, von dem Sie abschließend schrieben “Ich will es gar nicht wissen.” Wie ein Kind, das sich die Augen zuhält, weil es denkt, wenn es nichts sehen kann, wäre es gar nicht da. Viel Sinn hätte es natürlich nicht, Zeit und Mühe in einen Text zu stecken, den keiner lesen möchte. Interessiert es also zufälligerweise jemand anders?

    Jetzt mal im Ernst, ich habe keine große Lust auf das bei diesem Thema übliche Bullshit-Bingo. Falls Sie mich also für einen “Merchant of Doubt” im Auftrag der Tabakindustrie halten, der gekommen ist, um Ihre Überzeugungen zu zersetzen, dann sagen Sie mir das einfach jetzt, und Sie sehen mich hier nicht wieder. Im anderen Fall möchte ich aber um einen halbwegs sachlichen Austausch über die Sache bitten, nicht darüber, ob Philip Morris vielleicht meiner Meinung wäre.

    • #43 Joseph Kuhn
      9. Februar 2017

      @ Kassandra:

      Sehr nett, dass Sie gönnerhaft zugestehen, dass mir meine Irrationalität vermutlich gar nicht bewusst sei. Dann bin auch noch “ein Kind, das sich die Augen zuhält” und betreibe “Bullshit-Bingo”. Geht’s auch ohne solche Beleidigungen? Da möchte ich doch auch gerne “um einen halbwegs sachlichen Austausch über die Sache bitten”. Worüber eigentlich?

  37. #44 Kassandra
    9. Februar 2017

    Joseph Kühn:

    Gute Güte. Wegen des Begriffs “Bullshit-Bingo” müssen Sie jetzt wirklich nicht beleidigt tun.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Buzzword-Bingo

    • #45 Joseph Kuhn
      9. Februar 2017

      @ Kassandra:

      Kommt noch was Inhaltliches?

  38. #46 inga
    9. Februar 2017

    @Theres: Schon klar, dass offenbar die weiteren Stoffe im Zigaretttenrauch in Verbindung mit dem Nikotin die doch wohl sehr schnelle Abhängigkeit beim Rauchen verursachen (Nikotin alleine, z.B. als Pflaster, macht anscheinend nicht so schnell süchtig). Trotzdem spricht man aber offenbar von Nikotinsucht.

    Was mich interessieren würde: Ist es Ihnen schwer gefallen, auf das Dampfen umzusteigen? D.h. konnten Sie die Sucht damit bedienen oder hat es sich doch wie ein Entzug angefühlt?

  39. #47 Kassandra
    10. Februar 2017

    @Joseph Kuhn:

    Kommt noch was Inhaltliches?

    Seltsame Frage von jemandem, der Buzzwords Inhalten vorzuziehen scheint. In Beitrag 42, Satz 1, hatte ich dies außerdem angekündigt. Sie werden sich aber entsprechend dieser Ankündigung gedulden müssen, bis ich Zeit habe.

  40. #48 Joseph Kuhn
    10. Februar 2017

    “Seltsame Frage von jemandem, der Buzzwords Inhalten vorzuziehen scheint.”

    Es reicht langsam. Wenn Sie nicht mehr zu einem sachlichen Ton zurückfinden, dann suchen Sie sich doch bitte eine andere Stelle zum Entleeren. Ich kann Ihnen gerne auch mit dem Spamfilter dabei helfen.

  41. #49 zimtspinne
    11. Februar 2017

    @ Kassandra

    Ich habe auch erst jetzt am WE Zeit, hab aber mal vorab eine Frage an dich:

    Du siehst den Gebrauch von E-Zigaretten als überhaupt nicht bedenklich an (ich warte schon die ganze Zeit darauf, dass der Begriff ‘Zigarette’ in dem Zusammenhang angeprangert wird und stattdessen irgendein nicht negativ besetztes und verniedlichendes Wort wie “Dampfe” dafür benutzt werden soll), weder in Hinsicht auf Suchterzeugung durch eine ausgewählte Vermischung von Inhaltsstoffen, was auch schon jetzt bei der E-Zigarette angestrebt wird, Stichwort Nikotin schneller verfügbar machen und damit der Tabakzigarette annähern. Man kann sich vorstellen, wer dabei gerne die Nase vorn haben möchte.

    Du möchtest also dein individuelles Genussmittel, für mich ist und bleibt es in jeder Verpackung einfach nur ein Suchtstängerl, wieder umfassend salonfähig machen und re-normalisieren.

    Wie siehst du das im Kontext von Familie und Kindern?
    Dauernuckeln an einem Nikotintropf hat keine Auswirkungen auf Kinder und Jugendliche? Ich frage mich, wie lange es dauert, bis der Nachwuchs, der das Nuckeln an dem Ding als völlig normal erlebt, zur Nachahmung ansetzt….
    sagst du dann als Mutter/Oma/Tante “jo, kein Problem, ist ja völlig unbedenklich, was schadet schon so ein bisschen Nikotin”?

    Erwachsene Nichtraucher werden die zigarettenschnulllernden Mitbürger wohl eher belächeln, aber wenn ich mir anschaue, wie die Tabakindustrie und andere schon jetzt die begehrteste Zielgruppe anpeilen mit verführerischen Angeboten wie Tuttifrutti, Cupcake und Waikiki Beach, dann ahne ich nichts gutes.
    Deren vorrangiges Ziel ist es, sich eine getreue Klientel zu schaffen und das funktioniert am besten über Abhängigkeit. Psychisch und physisch, deshalb wird ja auch ein Stängel für die Hände und zum Nuckeln vermarktet und kein aufpappbares Pflaster.
    Und es wird daran gearbeitet, die Inhaltsstoffe so zu optimieren, dass möglichst viele Tabakraucher (die zu feige oder bequem sind, einer Sucht ins Auge zu blicken und sie loszulassen) eingefangen werden.
    Ganz wichtig ist natürlich auch die Gewinnung von Nuckelnachwuchs.

    Ich glaube keine Sekunde, dass du irgendwas mit der Tabaklobby zu tun hast.
    Du bist deine eigene Lobby oder auch der Sklave deiner Sucht, find ich viel schlimmer, denn die Tabaklobby würde dich wenigstens anständig entlohnen.
    So aber lässt du dich von deinen Gewohnheiten und Suchtanteilen einspannen und investierst dafür auch noch jede Menge Geld, Zeit, Energie und vermutlich auch Teile deiner Gesundheit.

  42. #50 inga
    12. Februar 2017

    @Zimtspinne:
    “die zu feige oder bequem sind, einer Sucht ins Auge zu blicken und sie loszulassen”

    Oder vielleicht auch: zu suchtkrank? Leuten, die nicht von ihrer Sucht loslassen können, generell Feigheit oder Bequemlichkeit vorzuwerfen, ist womöglich auch nicht gerade eine Strategie, die hier weiterhilft, oder?

  43. #51 zimtspinne
    12. Februar 2017

    Öhm, inga, das verstehe ich gerade nicht.
    Kassandra schrieb doch lang und breit davon, dass es sich bei der Nikotinsucht nur um eine sehr milde Sucht handelt, was sie anhand der Ex-Raucher belegte und bezeichnete das Rauchen ansonsten auch als Genuss.
    Wenn selbst etliche Schwerstabhängige anderer “richtiger” Drogen den Ausstieg schaffen oder zumindest einmal ernsthaft das Aufhören versuchen oder zuallermindest mal eine Inventur ihres Suchtverhaltens machen, dann kann ich bei jemanden, der so argumentiert wie Kassandra auch von Bequemlichkeit und Feigheit sprechen.
    Dabei gehts ja erstmal überhaupt um das Eingeständnis einer möglichen Abhängigkeit und Reflexion ohne Selbstbetrug.

    Diese Wischiwaschi-Einstellung, bei Schwierigkeiten einfach zum nächstbesten bequemen Weg (in diesem Fall Ersatzdroge) zu greifen, ist natürlich auch ein Weg.
    Kann ja jeder tun wie er möchte, wenn er es leise für sich tut und keinem sonst schadet, aber hier als Botschafter des neuen Nikotinglücks fungieren und glühende Verteidigungsreden für den Suchtstoff (an sich) halten und ihn dabei verharmlosen? Findest du das gut so?
    Ein Suchtie braucht auch immer mal ein bisschen Konfrontation 😉

  44. #52 Kassandra
    12. Februar 2017

    Zur Frage des Irrationalen in der Debatte um die E-Zigarette
    Achtung, Text hat erhebliche Überlänge

    Irrational ist meiner Auffassung nach bereits, dass die E-Zigarette ein nach wie vor so heftig diskutiertes Thema ist. Ich zitiere dazu mal aus dem Fact Sheet, um das es im Blogbeitrag geht:

    In der Wissenschaft besteht Konsens, dass E-Zigaretten weniger schädlich sind als Tabak-Zigaretten. Es mangelt jedoch an langfristigen Studien zu einer möglichen Gesundheitsgefährdung durch die Produkte.

    Tatsächlich ist es aber so, dass die Haupt-Gesundheitsgefahr an der Tabakzigarette nicht etwa das enthaltene Nikotin, sondern die Inhalation des beim Rauchen erzeugten Verbrennungsrauchs ist. Die E-Zigarette erzeugt aber keinen Verbrennungsrauch, und auch langfristige Studien könnten deshalb keine verzögerten Wirkungen erbringen, die der gesundheitlichen Wirkung des Rauchens vergleichbar sind. Mit anderen Worten: Es wird nach einer etwaigen andersartigen Wirkung gesucht. Und das seit etlichen Jahren und bislang ohne Erfolg. Die Dampfer der ersten Stunde frönen ihrem Laster inzwischen auch schon über zehn Jahre lang, also ist das eigentlich verwunderlich. Bislang habe ich noch nie von einem Dampfer gehört, bei dem eine Erkrankung oder sein Tod auf seine E-Zigaretten-Nutzung zurückgeführt wurde.

    Wieso also wird mit solcher Verbissenheit weitergesucht, Studie um Studie publiziert? Rational betrachtet ergibt das keinen Sinn. Mit den möglichen Gefahren anderer technischer Neuerungen der letzten Jahre und Jahrzehnt beschäftigte sich die Wissenschaft längst nicht so lange und auch nicht mit solchem Furor.

    Bei einem Krankenhausaufenthalt traf ich vor ca. anderthalb Jahrzehnten zum Beispiel auf einen Mann, dem hatten zwei Zehen amputiert werden müssen, nachdem er seine Fußnägel mit einem der um die Jahrtausendwende herum gerade in Mode gelangten elektrischen Pediküregeräte bearbeitet hatte und dabei wohl unvorsichtig gewesen war. Wie er erzählte, hatte er noch großes Glück gehabt, denn er hätte an der Blutvergiftung sterben können, mit der er eingeliefert wurde, nachdem er seine Schmerzen zu lange auf die leichte Schulter genommen hatte. Ich möchte nicht wissen, wie oft mit diesen Sets solche Dinge passiert sind, vor allem Diabetikern oder Leuten, die aus anderen Gründen kein ausreichendes Gefühl in den Zehen haben. Diese Geräte sind aber bis heute im Handel erhältlich, und ich habe nie gehört, dass ihre Sicherheit Gegenstand öffentlicher Debatten gewesen wäre. Eine kurze Google-Recherche erbrachte nicht einmal eine Warnung, obwohl die Risiken, die mit der Nutzung solcher Geräte verbunden sein können, spontan einleuchten, wenn man das erste Mal einen solchen Fall geschildert bekommen hat.

    Manchmal läuft die Sache aber sogar umgekehrt, etwa bei den von manchen Leuten bis heute vermuteten Gefahren regelmäßiger bzw. exzessiver Handynutzung. Als Handys sich allgemein verbreiteten, dauerte es keine zehn Jahre, bis die Besorgnis mancher Zeitgenossen vor „Handystrahlen“ nur noch auf unwirsche Reaktionen seitens der Wissenschaft stießen. Und das, obwohl damals ebenfalls noch keine Langzeitstudien vorgelegen haben konnten. Steht das nicht in merkwürdigem Kontrast zu dem Vorgehen bei der E-Zigarette?

    Bei Neuerungen, die Gesundheitsschäden verhindern oder verringern sollen, werden aber häufig genug sogar Kollateralschäden in Form von neuen Gesundheitsrisiken mit nachweisbareren Geschädigten in Kauf genommen. Beginnend mit Bluthochdruck-Medikamenten über die Impfgeschädigten der Schweinegrippe-Impfung bis hin zu Todesfällen, die einem gewissen Raucherentwöhnungsmedikament zugeschrieben werden: In allen diesen Fällen werden nicht Krankheiten, sondern Risikofaktoren für Krankheiten bekämpft und dies wird mit ein paar zusätzlichen Todesfällen als Wirkung der Maßnahmen augenscheinlich für nicht zu teuer erkauft gehalten. Auch dies steht in merkwürdigem Kontrast zum Vorgehen bei der E-Zigarette, die ja nicht nur als Genussmittel verwendet werden kann, sondern auch in der Raucherentwöhnung. Wieso wurde ausgerechnet auf die E-Zigarette, der bislang noch kein einziger dokumentierter Todesfall zur Last gelegt werden kann, und NUR auf die E-Zigarette so auffallend anders reagiert? Ein rationaler Grund dafür ist beim besten Willen nicht ersichtlich.

    Meine Annahme ist, dass dies daran liegt, dass Rauchen, Passivrauchen und Dampfen für die meisten Leute unbewusst alles ein und dieselbe Sache ist. Das merkt man schon daran, dass in diesem Thread sehr häufig vom Rauchen und dessen gesundheitlicher Wirkung die Rede ist, obwohl das mit meiner Fragestellung, in der es um die rein hypothetische Konstellation einer Nikotinaufnahme ohne jedes gesundheitliche Risiko ging, gar nichts zu tun hatte. Am nächsten käme jener Konstellation natürlich das Dampfen,

    Das Fact-Sheet schreibt über Nikotin:

    Auch ohne weitere gesundheitsschädigende Stoffe ist das in den Liquids enthaltene Nikotin schädlich. Die gesundheitsschädigende Wirkung von Nikotin ist unumstritten; über einen Zusammenhang zur Entstehung von Krebs wird diskutiert.

    Dass oral verabreichtes Nikotin zum vorzeitigen Ableben führen kann, ist spätestens seit Agatha Christie allgemein bekannt. Über „einen Zusammenhang mit Krebs“ wird seit mittlerweile mindestens dreißig Jahren mit großem Eifer geforscht, ohne dass man bislang den Nachweis finden konnte, und so flüchtet man sich halt in die Formel „Es wird diskutiert“, vielleicht in der berechtigten Erwartung, dass es bei den Leuten so verstanden wird: „Wahrscheinlich ist Nikotin krebserregend.“ Denn in Erinnerung bleibt das „wahrscheinlich“ bei den meisten nicht. Von der Wirkung her ist das also fast genauso gut, als hätte man wirklich ex cathedra einen Beweis verkündet.

    Einzig gesicherter Anklagepunkt gegen das Nikotin ist die nicht strittige Tatsache, dass es abhängig macht. Ich hatte die Frage gestellt, was genau eigentlich so schlimm an einer Sucht ist, falls sie nicht mit gesundheitlicher Schädigung verbunden sein sollte.

    Von verschiedenen Teilnehmern gab es darauf Antworten (roel, inga, zimtspinne …): Zusammenfassen könnte man sie folgendermaßen: Abhängigkeit sei okay, wenn es sich unvermeidbare Grundbedürfnisse (atmen, essen …) handle, aber wenn es um etwas gehe, das man auch vermeiden könnte, sei sie generell schlecht. Außerdem sei jede Abhängigkeit mit Kosten verbunden.

    Nichts davon erscheint mir rational besonders einleuchtend.

    Erstens kenne ich niemanden, wirklich nicht eine einzige Person, der sich auf seine unvermeidbaren Grundbedürfnisse beschränkt oder es auch nur erstrebenswert fände, dies zu tun. Rational betrachtet braucht kein Mensch eine Urlaubskreuzfahrt oder Designerklamotten oder Eis mit Chili-Schoko-Geschmack. Balkon, Kleiderkammer und ein Apfel aus dem Nachbarsgarten würden denselben Zweck erfüllen. Man gönnt es sich deshalb, weil man sich damit etwas Gutes tun will.

    Daneben gibt es im Leben jedes Menschen Dinge, die man nicht nur gelegentlich, sondern immer wieder tun will, so oft man die Gelegenheit dafür hat. Jeder weiß, was gemeint ist, wenn einem spannenden Film, einem besonders köstlichen Essen oder einem fesselnden Computerspiel „Suchtpotenzial“ bescheinigt wird.

    Und dann gibt es noch die Sorte Entscheidungen, die im Leben eine Weiche stellen, zum Beispiel eine Eheschließung. Bis zu dem Moment, in dem man Ja gesagt hat, ist man frei, es sich jederzeit doch noch anders zu überlegen, aber danach ist es nur noch unter Einsatz von Blut, Schweiß und Tränen … und natürlich viel Geld … möglich, dieses Gleis wieder zu verlassen. Unmöglich ist es nicht, aber man hat sich in eine Abhängigkeit begeben.

    Wie viele vermeidbare Abhängigkeiten man in seinem Leben freiwillig eingeht, wird meist unterschätzt. Rational betrachtet, braucht man zum Beispiel eigentlich kein Auto. Aber wenn man sich hinter den sieben Bergen, wo der Bus nur zweimal am Tag vorbeikommt, sein Häuschen gebaut hat, weil dort das Bauland so schön billig gewesen ist, ist man im Anschluss daran natürlich von seinem Auto abhängig und gerät vielleicht sogar in echte Geldnot, wenn die Benzinpreise besonders weit hochschnellen, wie das ja vor ein paar Jahren gewesen ist.

    Abhängig zu sein wird dann zum Problem, wenn man die Abhängigkeit beenden will und feststellt, man kann es nicht so ohne weiteres. Die gute Nachricht dabei lautet: Will man es wirklich, schafft man es früher oder später dennoch. Vielleicht braucht man ein paar Anläufe, um sein Häuschen zu verkaufen, und muss dabei mit dem Preis weiter runtergehen, als man wollte. Wenn dieser finanzielle Verlust eine unüberwindliche psychische Hürde ist oder man sich von seinem Häuschen einfach nicht trennen will, behauptet man, man könne aus dieser Situation doch gar nicht mehr herauskommen, weshalb es auch ungerecht sei, dass die Pendlerpauschale abgeschafft wurde. Oder so ähnlich. Meistens ist die postulierte Unausweichlichkeit mit irgendeiner Forderung verknüpft, mindestens will man aber wegen seines hohen Benzinverbrauchs nicht als Umweltschwein dargestellt werden, wo man doch ohnehin schon durch die hohen Kosten so benachteiligt ist.

    Die 16 bis 20 Millionen Ex-Raucher in Deutschland sind ein Beweis dafür, dass das Suchtpotenzial des Nikotins auch keine unüberwindliche Hürde sein kann, denn das sind ungefähr so viele wie aktive Raucher, und bei welcher anderen Sucht kann von einer Erfolgsrate wie dieser auch nur träumen? Ebenso wie beim Autofahrer hängt es vor allem von dem ab, ob jemand wirklich mit dem Rauchen aufhören will oder insgeheim ganz froh ist, mit der Sucht einen so bequemen Sündenbock für sein Nichtwollen vorschieben zu können.

    Kein Zweifel, dass ungeachtet dessen viele Raucher wirklich abhängig sind. Wäre das anders, würde der Finanzminister ein dummes Gesicht machen, denn insgeheim spekuliert er ja darauf, dass ihm niemals zu viele auf einmal verlorengehen, wenn die Tabaksteuer wieder einmal erhöht wird. Und vielleicht trägt ja sogar dazu bei, dass jedem Raucher ständig von allen Experten gesagt wird, wie verdammt schwierig es sei, vom Rauchen wieder loszukommen, wenn man es einmal angefangen hat? Die Rolle des Nikotins bei der Abhängigkeit halte ich allerdings für überschätzt. Nicht nur deshalb, weil bei fehlendem Tabak durchaus auch andere getrocknete Pflanzenblätter als schlechterer, aber ausreichender Ersatz empfunden werden. Viktor Klemperer zum Beispiel rauchte während des Zweiten Weltkriegs jahrelang Brombeerblättertee, weil ihm als Juden keine Tabakkarten zugestanden wurden, und obwohl er ein Hypochonder war und unter seinem ersten ärztlich verordneten Tabakentzug Anfang der Dreißiger wochenlang in sein Tagebuch lamentierte, klang er in diesem Fall sogar recht zufrieden mit sich. Wenn man sich die typischen Rauchsituationen anschaut (kurze Pausen, oder umgekehrt lang anhaltende zermürbende Langeweile, Verlegenheit, Unsicherheit, Anspannung), ist aus meiner Sicht mehr an eine nicht stoffgebundene Sucht zu denken. Es fehlt in solchen Situationen ohne Zigarette nicht das Nikotin, es fehlt vor allem etwas, womit man seine Hände und/oder sein Hirn beschäftigen kann.

    Die Parallelen zu meinem Beispiel mit der Selbstbefriedigung in einem meiner ersten Beiträge dieses Threads finde ich außerdem frappierend: In beiden Fällen geht es um etwas, das niemand tun MUSS und auf das, sollte man meinen, in einer darauf so feindselig reagierenden Gesellschaft eigentlich leicht verzichtet werden könnte. Trotzdem gab es wahrscheinlich nur wenige Jungs im einschlägigen Alter, die der Versuchung widerstehen konnten, trotz Scham und Schuldgefühl und Angst vor den Folgen. Sie verhielten sich wie Süchtige.

    Das Interessante daran ist vor allem, dass sich Jungs im selben Alter heute immer noch genauso verhalten, nur eben OHNE Scham, Schuldgefühle und Angst vor den Folgen, mit denen sie nicht mehr von außen – Eltern, Schule, Kirche, „die Wissenschaft“ – belastet werden. Insgeheim sind sie aber ebenso abhängig wie ihre Vorgänger vor hundert Jahren. Sie würden ebensowenig imstande sein, der damaligen Forderung nachzukommen, nur entsteht ihnen – und auch niemandem sonst – daraus kein Schaden, weil niemand diese Forderung stellt.

    Das ist meine Begründung dafür, dass die Abhängigkeit aus sich selbst heraus ebenfalls kein rationaler Grund ist, Nikotin in einer nicht oder nur geringfügig gesundheitsschädlichen Form für bedenklich zu halten. Und solange mir niemand einen ersten echten durch die Inhaltsstoffe der E-Zigarette Geschädigten zeigen kann, halte ich die Risiken von E-Zigaretten für so geringfügig, dass es, rein rational betrachtet, ein Rätsel ist, warum sie zu einem solchen Politikum geworden sind.

    Wie groß bei dem Irrationalen, das also zwangsläufig eine gewisse Rolle spielen muss, der Anteil einer Art „Angst vor Abhängigkeit“ im allgemeinen Sinne ist, und wie viel einfach nur eine Art unbewusste Gleichsetzung: Nikotin = Tabak = macht krank, lasse ich mal dahingestellt. Aber „Angst vor Abhängigkeit“ ist bestimmt in gewissem Anteil ein Faktor. Wir leben ja in einer Gesellschaft, in der die Angst vor Bindungen, die immer auch Abhängigkeit bedeuten, auffallend zugenommen hat, während umgekehrt Selbstoptimierungstools dazu dienen, in immer feineren Verästelungen sein Selbst nach eigenem Willen zu formen … was ganz nebenbei auch zu neuen Formen von Sucht zu führen scheint. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass die aggressiveren Formen eines demonstrativen Atheismus auch Angst vor Abhängigkeit zum Ausdruck bringen, weil man oft das Gefühl hat, die Existenz eines Gottes sei eine schlicht unerträgliche Vorstellung für manche dieser Atheisten.

    Ein bisschen erinnert mich das an die Politik, wo die äußerste Linke ja auch der äußersten Rechten so verblüffend ähnlich ist, dass man sich das politische Spektrum als einen Kreis vorstellen könnte. Genauso scheint mir das besonders extreme Streben nach Unabhängigkeit in seiner Wirkung auch extremer Abhängigkeit auf unangenehme Weise zu ähneln.

    @zimtspinne

    Du möchtest also dein individuelles Genussmittel, für mich ist und bleibt es in jeder Verpackung einfach nur ein Suchtstängerl, wieder umfassend salonfähig machen und re-normalisieren.

    Ich enttäusche Sie ja ungern, aber … ich dampfe nicht.

    @Joseph Kuhn:

    Es reicht langsam. Wenn Sie nicht mehr zu einem sachlichen Ton zurückfinden, dann suchen Sie sich doch bitte eine andere Stelle zum Entleeren. Ich kann Ihnen gerne auch mit dem Spamfilter dabei helfen.

    Das Thema trifft bei Ihnen offenbar einen Nerv, ich finde, mein Ton entsprach in etwa dem Ihren. Wie auch immer, es bleibt Ihnen unbenommen, meinen Beitrag zu löschen oder mich zu sperren oder beides.

    Am Rande möchte ich aber noch kurz etwas zu Ihrem Blogbeitrag anmerken.

    Sie schrieben:

    In Brexitannien gibt es bereits seit längerem ein „Science Media Center“, das Journalisten hier unterstützt und in Deutschland arbeitet seit kurzem ebenfalls ein solches Science Media Center. Es will Journalisten z.B. beim Bewerten von Breaking News aus der Wissenschaft unterstützen, oder eben beim Lichten des Gestrüpps im Studiendschungel.

    Was Sie nicht erwähnt hatten, ist, wer hinter diesem Science Media Center eigentlich steckt. Weil ich solche Dinge grundsätzlich wissen will, habe ich mal auf deren Seite nachgeschaut. Auf der Seite steht folgendes:

    Unsere Gesellschafter
    Hinter dem SMC stehen starke Partner. Unsere Gesellschafter sind die Klaus Tschira Stiftung (90%) und die Wissenschafts-Pressekonferenz e. V. (10%).

    Die Klaus-Tschira-Stiftung ist mir bekannt, sie unterstützt unter anderem die „Nachwuchsförderung in der Tabakprävention beim Deutschen Krebsforschungszentrum“.

    Siehe hier: https://www.klaus-tschira-stiftung.de/aktivitaeten_schwerpunkt_verstaendlichkeit.php?we_objectID=1029

    Ob da nicht vielleicht doch so eine kleine Schlagseite in Richtung DKFZ-Meinung besteht?

  45. #53 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2017/02/13/konsensmilch/
    13. Februar 2017

    @Kassandra:
    Sehr gut argumentiert! 🙂

  46. #54 zimtspinne
    13. Februar 2017

    “Die Dampfer der ersten Stunde frönen ihrem Laster inzwischen auch schon über zehn Jahre lang, also ist das eigentlich verwunderlich. Bislang habe ich noch nie von einem Dampfer gehört, bei dem eine Erkrankung oder sein Tod auf seine E-Zigaretten-Nutzung zurückgeführt wurde. ”

    Was ist denn das für eine Milchmädchenrechnung?

    Erstens sind zehn Jahre gar nix, die Latenzzeit allein für Bronchialkarzinom beträgt 30-40 Jahre.
    Hätten sich dazumal in der Hochkonjunktur der Zigarette (60/70er Jahre, als diese “Gewohnheit” auch massiv auf Frauen überging, was sich erst jetzt in den Lungenkrebsfällen niederschlägt) bereits nach zehn Jahren eindeutige gesundheitliche Auswirkungen und Zusammenhänge gezeigt, wäre die Tabakindustrie mit ihren Lügen wohl kaum so viele Jahrzehnte durchgekommen, bis sie schlussendlich überführt wurden und nun Millionenbeträge an “Schadenersatz” zahlen müssen, zumindest in den USofA.

    Zweitens handelt es sich bei den hardcore-Dampfern der ersten Stunde wohl hauptsächlich um vorangegangene Tabakraucher, eher der kettenrauchenden, schwerabhängigen Variante Raucher.
    Was genau an Folgeschäden nun also vom Tabakrauchen und was von der E-Zigarette herrührt, dürfte sich keineswegs so klar abgrenzen lassen. Wie auch?

    Ich bin mir ziemlich sicher, der heutige Hype der E-Zigarette ähnelt sehr dem früheren Rauch-Hype.

    Solch ein Lifestyleprodukt sollte man aber immer schön im gesellschaftlichen Kontext betrachten, die Dampfer haben ja schließlkich auch eine gesellschaftliche Außenwirkung.

    Bliebe das eine Randerscheinung, ein Auffangbecken für ehemalige Tabakraucher, die aus Leidensdruck heraus das kleinere Übel wählen, könnte man es vielleicht als unbedendliche Entwicklung betrachten.

  47. #55 anderer Michael
    13. Februar 2017

    Kassandra

    1.Zigarettenrauchen ist schädlich – Rauchen verursacht Krebs- Ist speziell auch Nikotin krebserzeugend, ebenso wie einige Bestandteile im Rauch?
    Hätte mich ein Nachbar vor Tagen gefragt, ich wäre unsicher gewesen, weil davon habe ich noch nichts gehört und mir auch keine Gedanken dazu gemacht!
    Hätte er meine Frau gefragt, so wie ich , die sagte spontan “nein” und wusste auch die Anzahl der im Tabakrauch enthaltenen karzinogenen Bestandteile.
    Frauen sind halt besser, kompetenter und schlauer und hübscher(meine Frau jedenfalls).

    2.Abhängigkeit und Sucht werden im allgemeinen Sprachgebrauch unterschiedlich gebraucht. Im medizinischen/psychologischen Sinne ist vereinfacht dargestellt Abhängigkeit der stoffliche Bezug (Cannabisabhängigkeit usw.), Sucht ist undifferenzierter und schließt den nichtstoffliche Bezug (Spielsucht usw) mit ein. Das hat mir vor ein paar Tagen sogar stolz meine 12 Jährige beim Frühstück verkündet, habe sie in der Schule gelernt (im Rahmen der Drogenprävention)
    Abhängigkeit von einer stofflichen Substanz ist also nicht mit Abhängigkeit von einem Auto zu vergleichen. Ob Selbstbefriedigung bei Jungs wirklich als Suchtverhalten zu verstehen ist ?

    3. Kurz zu den Pediküregeräten. Im Rahmen des Diabetesunterricht ist Fußpflege ein wichtiges Thema. Speziell älteren Herrschaften wird von der Nutzung solcher Gerätschaften abgeraten und auf die professionelle Fußpflege verwiesen.

    4.”Ich hatte die Frage gestellt, was genau eigentlich so schlimm an einer Sucht ist, falls sie nicht mit gesundheitlicher Schädigung verbunden sein sollte. ”
    Sucht oder Abhängigkeit schränkt das Leben und die Entscheidungsfreiheit ein. Das ist Anschauungssache , ob es ein Problem ist. Für mich schon.
    Ein Gedankenspiel : Ich habe die Sucht 10-12 amTag Pfefferminzkaugummis zu kauen. Gleich morgens und zuletzt kurz vor dem Schlafen. Gesundheitsschädlichkeit gleich null. Es ist Winter , kalt, regnerisch, stürmisch, 22.00 Uhr. Ich stelle mit Entsetzen fest, keine Kaugummis da. Was bleibt mir übrig als das warme gemütliche Nest zu verlassen und mir an der Tankstelle Kaugummis zu besorgen anstatt mit meiner Frau interessante Gespräche zu führen. Das kann ich auf Kautabak erweitern. Und wieviele Raucher sind wegen ihrer Abhängigkeit schon fluchend mitten in der Nacht zum Automaten gedackelt?

    4. “Die Rolle des Nikotins bei der Abhängigkeit halte ich allerdings für überschätzt. ”
    Nicht ganz verkehrt. Es wird immer wieder betont , dass reines Nikotin keine so große Abhängigkeit produziert, sondern in Kombination mit den Substanzen im Rauch. Die Tabakindustrie hat sich das zu Nutzen gemacht und bewusst abhängigkeitsfördernde Substanzen zugemischt.
    Wirkungen, die von Rauchern geschätzt werden, wie Antriebssteigerung, später Sedierung und Stresstoleranz werden über Nikotin vermittelt. Im Gehirn werden cholinerge Nikotinrezeptoren angeregt. Für mich ist noch einiges unklar., wieso Nikotin bei solchen Wirkungen kein großes Abhängigkeitspotential haben soll. Erklären könnte ich mir es dadurch, dass der inhalative Weg eben der schnellste Anflutungsweg ist und die Kosubstanzen die Wirkung des Nikotins fördern und damit eine Abhängigkeit induzieren.
    Es wäre interessant zu überprüfen, ob eine Abhängigkeit durch die E-Dampfer bei Verwendung nikotinhaltiger Liquids produziert werden kann. Glaube ich den Mitteilungen von Dampfern, dass sie ihren Nikotinverbrauch sukkzessive reduzieren können (indem sie den Nikotingehalt in den Liquids verringern), dürfte der umgekehrte Weg auch denkbar sein.
    Psychische Faktoren mittels gemeinsamer kollektiver Raucherrituale möchte ich keineswegs unterschätzen.

    5. Die Abhängigkeit vom Tabak ist für viele Betroffene ein großes Problem. Sind es wirklich 16-20 Millionen Exraucher? Wir wissen, dass sich manchmal eine substanzvermittelte Abhängigkeit nach Jahrzehnten erschöpfen kann? Wohlgemerkt kann !. Es gibt 90 jährige Kettenraucher. Geschichte über Menschen, die von einem Moment zum anderen das Tabakrauchen aufgehört haben, gibt es genauso häufig wie die von vielen frustierenden Fehlversuchen ( eigentlich im letzten Fall mehr).
    Aus meinem Erlebnishorizont und nach vielen Gesprächen mit Rauchern möchte ich die Tabakabhängigkeit nicht verharmlosen. Einige Passagen in ihrem Kommentar wirken dementsprechend.

  48. #56 Kassandra
    13. Februar 2017

    @anderer Michael:

    Sind es wirklich 16-20 Millionen Exraucher?

    Zwischen 20 und 26 Prozent der Befragten – das schwankt, je nachdem, wer fragt und wie gefragt wird – bezeichnen sich selbst als Ex-Raucher. Ich habe allerdings einen Fehler bei der Umrechnung in ihre Anzahl gemacht, denn die Prozentangaben beziehen sich natürlich nicht auf die Gesamtbevölkerung (80 Mio.) sondern auf die erwachsene Bevölkerung (beginnend mit, glaube ich, meist 15jährigen). Damit war die Zahl doch ein bisschen zu hoch gegriffen, es geht vielmehr um 15 bis 19 Millionen.

  49. #57 anderer Michael
    13. Februar 2017

    Kassandra

    “Über „einen Zusammenhang mit Krebs“ wird seit mittlerweile mindestens dreißig Jahren mit großem Eifer geforscht, ohne dass man bislang den Nachweis finden konnte, und so flüchtet man sich halt in die Formel „Es wird diskutiert“, vielleicht in der berechtigten Erwartung, dass es bei den Leuten so verstanden wird: „Wahrscheinlich ist Nikotin krebserregend.“ Denn in Erinnerung bleibt das „wahrscheinlich“ bei den meisten nicht. Von der Wirkung her ist das also fast genauso gut, als hätte man wirklich ex cathedra einen Beweis verkündet. ”

    In der Tat, die Datenlage ist dürftig.
    Das Science Media Center bezieht sich auf folgende Aussage:

    “The mutagenic and tumour-promoting activities of nicotine may result from its ability to damage the genome, disrupt cellular metabolic processes, and facilitate growth and spreading of transformed cells. The nicotinic acetylcholine receptors (nAChRs), which are activated by nicotine, can activate several signalling pathways that can have tumorigenic effects, and these receptors might be able to be targeted for cancer therapy or prevention. “

  50. #58 zimtspinne
    13. Februar 2017

    Ich verstehe im übrigen auch nicht, was an dem Hintergrund “DKFZ” suspekt sein soll….

    Dass das DKFZ als solches eher eine konsequente auf Prävention abzielende Position einnimmt im Gegensatz zur pragmatischen Position gewisser britischer Mediziner, liegt doch auf der Hand und ist verständlich. Zumindest, wenn man an die Sache mit dem gesunden Menschenverstand heran geht.

    Ist doch klar, dass solch unterschiedliche Perspektiven auch zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen führen. Verschwörungsängste sind dort fehl am Platz.

    Der Pragmatiker vergleicht die E-Zigarette mit der Tabakzigarette, das DKFZ (und viele Menschen mit kritischem Blick auf suchterzeugende Substanzen) vergleichen die E-Zigarette mit einem Nichtraucherstatus oder mit Abstinenz.

    Es geht auch darum, Kindern das Aufwachsen in einem suchtmittelfreien Umfeld zu ermöglichen – ich meine das unmittelbare Umfeld.
    Selbstreflektierende Eltern, die immer mal einen Realitätscheck durchführen in Bezug auf ihre eigenen Gewohnheiten (dazu gehören auch Kaffee, Schokolade, Fernsehkonsum und alles, was grob gesagt leicht oder relativ leicht Missbrauch und eine lebensqualitätseinschränkende Abhängigkeit erzeugen kann und darüber hinaus im Missbrauchsfall auch noch gesundheitsschädlich ist) — das verbessert die Startbedingungen ins Leben für Kinder ungemein.
    Perfekte Eltern, die sich permanent selbst kasteien und ALLES als lebensfeindlich betrachten, das Spaß macht, sind damit nicht gemeint.
    Ich habe aber meine Zweifel, ob diese bagatellisierende und teilweise auch verquere Sichtweise @ Kassandra, nun gerade resilienzförend ist. Was ich auch nur erwähne, mir geht es absolut nicht um persönliche Angriffe, weil leider sehr viele Erwachsene und Eltern diese bequemen Beschönigungsstrategien fahren, die vorrangig ihren eigenen Interessen dienen.

    Kassandra, du hast echt merkwürdige Vorstellungen von Abhängigkeit. Keine Ahnung, woher du die hast…. intensiver mit dem Thema beschäftigt scheinst du dich jedenfalls nicht zu haben.
    Sonst kämst du nicht auf solch haarsträubenden Vergleiche mit der Selbstbefriedigung (ehrlich gesagt, machte mich das zuerst so sprachlos, dass ich dachte, mich verlesen oder dich missverstanden zu haben).

    Ich frage mich auch, ob du eigentlich mit offenen Augen durchs Leben spazierst.
    Dann fiele dir auf, dass Atheisten, die diese Position im Alltag gar nicht einnehmen und verteidigen müssen sondern ganz selbstverständlich leben (sie suchen sich instinktiv ein Umfeld, welches dazu passt und es demzufolge auch keinen Rechtfertigungsdruck gibt) keine Einschränkungen in ihrer Lebensqualität haben wie etwa Raucher. Die ihren Tagesablauf um ihr Suchtmittel strukturieren. Dazu auch noch oftmals einen Dauerhusten und Kurzatmigkeit kultivieren. Spricht man sie dezent darauf an, kommt in 99,9% eine aggressive Reaktion. DAS ist Sucht.

    Ständig an etwas zu nuckeln und/oder sich Nikotin und andere “glücklichmachende” Substanzen über Inhalation zuzuführen, weil man anders den Tag nicht übersteht – willst du das ernsthaft verharmlosen und mit Selbstbefriedigungsphasen Heranwachsender gleichsetzen!?
    Vielleicht sollten wir ja Kleinkinder zukünftig nicht mehr von Schnullern entwöhnen…. besser dabei bleiben als Kunde der E-Zigaretten-Vermarktung zu werden.

    Wer so unbedingt seine tägliche Dosis psychoaktive Substanz Nikotin braucht, kann sich ja pflastern oder Kaugummi kauen.
    Das ist in jedem Fall unauffälliger und damit weniger nachahmungswert.

  51. #59 Kassandra
    13. Februar 2017

    Aus meinem Erlebnishorizont und nach vielen Gesprächen mit Rauchern möchte ich die Tabakabhängigkeit nicht verharmlosen. Einige Passagen in ihrem Kommentar wirken dementsprechend.

    Mich interessiert die Thematik in einem übergreifenden Zusammenhang, nämlich der Frage, was eigentlich die Leute in diesem Land schon seit Jahren unterschwellig so aggressiv macht. Wenn Angst vor Verharmlosung (oder umgekehrt, Angst vor Schädigung der “guten Sache”) dazu führt, dass man an der Realität vorbeiargumentieren muss, ist das ein Teil dieses Gesamtproblems. Egal, wie gut es gemeint sein mag, und egal, wie geschickt es kaschiert werden kann, die Angesprochenen merken doch, dass an der Sache irgendetwas nicht stimmt. Wenn sie das aggressiv macht, braucht man dann nicht erstaunt zu tun.

    Damit passt das Thema E-Zigarette in einen Gesamtzusammenhang, in dem sich der Ärger immer um gewisse Tabubereiche herum entzündet, um die herum nicht ehrlich argumentiert werden darf, weil man dies oder jenes nicht verharmlosen möchte oder weil eine kleine Übertreibung oder auch mal eine glatte Flunkerei ja einer guten und nützlichen Sache dient und (vermeintlich) niemandem schadet. Nur, es schadet halt doch, und zum Vorschein kommt das an Stellen, an denen niemand mehr einen direkten Zusammenhang zum Ursprung herstellen kann.

    Die Debatte um die E-Zigarette geht mich eigentlich nichts an, aber weil ich diese Parallelen zu anderen Diskussionsbereichen sehe, habe ich gestern einmal versucht, diesen Knoten aufzulösen. Tatsächlich ist schon das gesundheitspolitische Gewicht, das dieser Frage verliehen wird, bei näherem Hinsehen unverständlich, weil es deutlich von dem abweicht, wie mit anderen Risiken gleicher oder sogar höherer Größenordnung verfahren wird.

    Wie Sie ja plausibel beschrieben haben, wird die Problematik der Pediküre-Geräte in den betroffenen Fachkreisen und gegenüber den möglicherweise Gefährdeten durchaus thematisiert, aber das geschieht alles weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit. Niemand scheint sich Sorgen darum zu machen, dass ohne regelmäßige lautstarke Warnungen zwangsläufig ein Teil der Nutzer solcher Geräte zu Schaden kommt, denn es wäre ja ein erstaunlicher Zufall, wenn wirklich jeder, der solche Geräte möglichst vermeiden sollte, auf die von Ihnen beschriebene Weise erreicht werden könnte.

  52. #60 RB
    13. Februar 2017

    @Kassandra
    “Alternative Fakten”:
    “Die falsche Hoffnung auf unschädliches Nikotin”
    https://www.faz.net/aktuell/wissen/medizin-ernaehrung/die-falsche-hoffnung-auf-unschaedliches-nikotin-14860398.html

  53. #61 anderer Michael
    13. Februar 2017

    Kassandra
    Der Link zum Mikrozensus von 2013

    https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesellschaftStaat/Gesundheit/GesundheitszustandRelevantesVerhalten/Tabellen/Rauchverhalten.html

    Von 69. 996 Mio Befragten ab 15 Jahren gaben 55. 693
    Mio Auskunft. Entspricht 79,6%. Von diesen 55.693 Mio gaben 24, 5 % an Raucher und 75,5 % Nichtraucher zu sein. Der Zahlenanteil der Nichtraucher beträgt ungefähr 3/4 von 55.693 = ungefähr 42 Millionen. Von den 75,5 % Nichtrauchern waren 19,3 % Exraucher und 56,2 Nieraucher.
    19,3 % von 55.693 Mio sind um die 10,7 Millionen Exraucher und nicht 15-19 Millionen.Theoretisch könnte man postulieren, dass man im gleichen Verhältnis die Nichtantworter dazurechnet. Dann wären es um die 13,5 Mio Exraucher.

    Trotzdem eine hohe Zahl. Prozentualer Schwerpunkt der Exraucher liegt im Altersbereich 60-75 Jahre, was die These unterstützt , dass sich eine Abhängigkeit im Laufe der Jahrzehnte erschöpfen kann, aber nicht für die Harmlosigkeit dieser Abhängigkeit in jüngeren Altersstufen spricht oder der leichten Möglichkeit, der Abhängigkeit zu entsagen.

  54. #62 Kassandra
    13. Februar 2017

    @anderer Michael:

    Sie gehen also davon aus, dass sich unter denen, die nicht geantwortet haben, keine Ex-Raucher befinden? Plausibler wäre es, 19,3 Prozent von den 69,993 Millionen befragten anzunehmen, und es ist auch keine grobe Verfälschung, 20 Prozent von 70 Millionen vorauszusetzen. So exakt, wie solche Befragungen zu sein scheinen, sind sie in Wirklichkeit nämlich gar nicht, dass es auf jede Nachkommastelle ankäme. 😉

    Einigen wir uns also auf ca. 14 Millionen, falls sich in den letzten vier Jahren seit dem Mikrozensus Ihrer Meinung nach keine Veränderungen ergeben haben.

  55. #63 zimtspinne
    13. Februar 2017

    @ anderer Michael

    diese Exrauchergruppe 60-75jährig ist sogar sehr aussagefähig – wohl kein einziger davon hört auf, weil sich der Rauchgenuss totgelaufen hat….
    Herzinfarkte, Schlaganfälle, Krebserkrankungen, erhöhte Infektanfälligkeit, Androhungen des Hausarztes und eine nörgelnde bessere Hälfte dürften häufig Anlass sein.
    Manchmal verhilft auch ein “glücklicher” Umstand dazu… mein Vater brach sich beim Sturz von einer Leiter beide Arme und hörte gezwungenermaßen mit unter 30 als ambitionierter Kettenraucher damit von einer Sekunde zur anderen damit auf. Für mich als Kind wurde die Raucherei zum Thema, da ich in Verruf geriet, Autofaren nicht zu vertragen, dabei litt ich nur unter dem Tabakqualm in kleinen geschlossenen Räumen.

    Kassandra,
    weshalb weichst du immer wieder geschickt allem aus, was dir nicht in deinen Horizontkram passt?
    Stichwort Prägung durch rituelle, innerfamiliäre Gewohnheiten – ist dir das schnuppe, ob deine Kinder oder Enkel mal nikotinabhängig werden oder als kritische sich stets selbst hinterfragende Individuen durchs Leben gehen?

    Ich weiß auch nicht, inwiefern Rauchen, E-Zigaretten auch nur im entferntesten ein Tabuthema sind; das sind sie nur für die Süchtigen, die ihren Missbrauch und ihre Sucht aus ihrem Leben ausblenden oder sich in Feindbildkreationen flüchten.

  56. #64 anderer Michael
    13. Februar 2017

    Kassandra
    Habe ich doch geschrieben. Was möchten Sie eigentlich aussagen, Tabus anprangern ?
    Immer recht haben und die anderen sind nur Deppen? Und die Pediküregeräte, ist das ernst in dem Zusammenhang gemeint?

  57. #65 Kassandra
    13. Februar 2017

    @zimtspinne:

    Leute, die andere als “Suchties” bezeichnen, gehören nicht zu meinen bevorzugten Gesprächspartnern, und schon gar nicht, wenn sie es hartnäckig ignorieren, dass jemand lieber mit “Sie” angesprochen werden möchte. Da müssten Sie schon etwas besonders Interessantes zu sagen haben, um mich zu einer Diskussion zu verlocken, was aber nicht der Fall ist. Sprechen Sie also am besten mit jemand anders, wenn Sie Ihre Sichtweise diskutieren möchten.

  58. #66 zimtspinne
    13. Februar 2017

    Was heißt “bevorzugt” – für Sie, Kassandra? Sie sind auf Zustimmer und Egoschleimer aus?

    Dass Sie sich an Ihren Befindlichekeiten und Animositäten festhalten statt auf Argumente einzugehen, qualifiziert Sie nicht eben als Diskussionspartner.

    Ich glaube auch, das ist aber nur meine subjektive Meinung, sind Sie nicht ehrlich.
    Treten hier als angebliche Atheistin und Nichtraucherin auf, setzen sich aber engagiert für etwas ganz anderes ein, so als ob Sie sich nicht trauen, einfach für Ihre ureigenen Interessen und Ansichten, für sich selbst, einzustehen, und irgendwas “alternativdenkerisches” stattdessen vorzuschieben.

  59. #67 anderer Michael
    13. Februar 2017

    Zimtspinne
    Ich würde sagen , wir lassen Frau Kassandra das letzte Wort. Es spricht für sich.

    Allerdings selbstkritisch muss ich sagen, dass meine Äußerung , eine Abhängigkeit könne sich nach Jahrzehnten erschöpfen , habe ich vor Jahren bei Gesprächen mit Drogenberatern und Therapeuten aufgeschnappt. Einen aktuellen Beleg habe ich nicht dafür gefunden( auch nicht für das Gegenteil). Vielleicht war es vor Jahren mal eine Theorie?

  60. #68 Kassandra
    14. Februar 2017

    @anderer Michael:

    Was möchten Sie eigentlich aussagen, Tabus anprangern ?
    Immer recht haben und die anderen sind nur Deppen? Und die Pediküregeräte, ist das ernst in dem Zusammenhang gemeint?

    Diese Antwort hatte ich gestern gar nicht gesehen, sie befand sich oberhalb meiner letzten Antwort. Ich habe auch nicht verstanden, was Sie an Beitrag 59 so aufgeregt hat. Sie schrieben zuvor, dass Sie Rauchen nicht verharmlosen wollen und bei mir manches verharmlosend klinge. Ich antwortete in Beitrag 59, dass die Besorgnis, etwas zu verharmlosen, nicht dazu führen darf, dass man glaubt, nicht mehr bei der Wahrheit bleiben zu dürfen. Was genau finden Sie daran falsch? Dass Sie der Meinung sind, man müsse flunkern, wenn andernfalls das Rauchen zu harmlos wirkt, kann ich mir nicht so recht vorstellen. Dafür sind Sie meinem Eindruck nach nicht der Typ.

    Im übrigen bin ich nicht der Meinung, das Rauchen verharmlost zu haben, immerhin ging es in meinem Text gar nicht um das Rauchen. Größtenteils habe ich es vermieden, das Rauchen überhaupt zu erwähnen, und wo es doch geschehen ist, um ein möglichst einfaches oder allgemein bekanntes Beispiel anführen zu können, da ging es explizit entweder um die Wirkung von Nikotin (weil Nikotin auch in E-Zigaretten enthalten ist) oder um die Wirkung von Abhängigkeit (weil Nikotin abhängig machen kann und auch in E-Zigaretten enthalten ist).

    Was ich aussagen wollte: Ich halte es nicht für ein rational erklärbares Vorgehen, vor einer im Lauf von zehn Jahren bislang nicht einmal an einer einzigen real existierenden Person feststellbaren, aber eventuell später vielleicht doch einmal zutage tretenden Gesundheitsgefährlichkeit von E-Zigaretten flächendeckend öffentlich mit solcher Vehemenz zu warnen, wenn gleichzeitig andere technische Neuerungen, zum Beispiel diese Pediküre-Geräte, bei denen man längst und vermutlich in großen Zahl real existierende an ihrer Gesundheit Geschädigte mit Namen, Adresse und Sozialversicherungsnummer auflisten könnte, nichts dergleichen geschieht.

    Ja, selbstverständlich ist “in diesem Zusammenhang das mit den Pediküre-Geräten” ernst gemeint. Verraten Sie mir, was genau Sie daran so empört?

    • #69 Joseph Kuhn
      14. Februar 2017

      @ Kassandra:

      “bislang nicht einmal an einer einzigen real existierenden Person feststellbaren, aber eventuell später vielleicht doch einmal zutage tretenden Gesundheitsgefährlichkeit”

      Waren die Personen, bei denen man z.B. nach Risikofaktoren für Gefäßveränderungen gesucht hat, wie in der oben von “RB” schon einmal verlinkten Studie, irreale Personen?

      Und nur, weil Sie darauf bestehen, es gäbe nicht eine einzige Person, der die E-Zigarette nicht bekommen sei: https://www.n-tv.de/panorama/E-Zigarette-explodiert-im-Mund-eines-Mannes-article16231756.html.

      Ich verstehe nach wie vor Ihr Kernargument nicht. Geht es Ihnen darum, dass Ihnen zu viel Wind um die – im Vergleich zur Tabakzigarette – deutlich geringeren Risiken der E-Zigarette gemacht wird? Sollte man dann aus Ihrer Sicht auch aufhören, sich mit den Folgen von Nitrat im Trinkwasser oder Bisphenol-A in Plastikflaschen zu beschäftigen? Dabei geht es auch um vergleichsweise geringe Risiken und natürlich ist für die Gesundheit der Bevölkerung mehr gewonnen, wenn man die Feinstaubbelastung reduziert, Raucherquoten senkt oder effizienter gegen Alkoholmissbrauch im Straßenverkehr vorgeht.

  61. #70 anderer Michael
    14. Februar 2017

    Ach Kassandra
    Eben gerade beim Mittagessen gelesen. Meine Frau ausnahmsweise zu Hause. Meine älteste Tochter brüllt pseudoempört : ” Mama. Papa schreibt sich mit anderen Frauen. Unterbinde das!”
    Meine Frau geht amüsiert darauf ein : ” Über Pediküregeräte ?!”

    Naja. Neben Pediküre gibt es noch Handmixer, Stabmixer, Eiswürfelzerkleinerer, elektrische Brotschneidemaschinen, Mikrowellen( manche packen ihren Wellensittich dort rein) oder Waschmaschinen ( arme Katzen). Nicht zu vergessen Rasenmäher, Kantenschneider, Häcksler usw und Bohnen roh (Favismus).

    Auch da hat der Herr Kuhn die Relation der Alltagsgefährdung zu E-Zigaretten nicht richtig gewürdigt?

  62. #71 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2017/02/12/ein-schloss-fuer-steini/
    14. Februar 2017

    Ja, jetzt sind wir bei explodierenden Akkus. Ein sehr sinnvolles Argument, passt zur aus Versehen angezündeten Scheune, weswegen man ja auch vor dem Rauchen warnt.

    Und vor Smartphones, Tablets, Laptops, E-Autos.

    Wenn man die Begründung wechselt, weswegen man vor etwas warnt, macht das selten einen seriösen Eindruck.

    Richtig ist natürlich, dass man die E-Dampfer ausschalten soll, wenn man nicht zieht und sie in eine Tasche tut, wo sie mit metallischem Krempel kurzschließen können, und dass man nicht an dem Gerät rumbastelt, wenn man keine Ahnung davon hat. Das sind aber Risiken die der einzelne handhaben kann und handhaben muss.

    • #72 Joseph Kuhn
      14. Februar 2017

      @ user unknown:

      “Wenn man die Begründung wechselt, weswegen man vor etwas warnt”

      Ich will keine Begründung wechseln, mir ging es nur um die “eine einzige real existierende Person”. Ich hätte vielleicht noch ein Smiley dranmachen sollen. Aber einen seriösen Eindruck hätte ich dann erst recht nicht gemacht. Ich “warne” auch nicht vor der E-Zigarette, ich weise nur darauf hin, dass sie mit gesundheitlichen Risiken verbunden ist. Wie man die bewertet und welche gesundheitspolitischen Schlussfolgerungen man daraus ziehen kann, dazu habe ich mich meiner Erinnerung nach kaum oder vielleicht auch gar nicht geäußert, so langsam verliere ich etwas den Überblick über die Diskussion.

      Aber da wir jetzt schon mal bei dem Thema sind: Wäre die Sicherheit der Akkus nicht das, was der Sicherheit der von Kassandra angeführten Pediküre-Geräte entspricht?

  63. #73 Kassandra
    14. Februar 2017

    Waren die Personen, bei denen man z.B. nach Risikofaktoren für Gefäßveränderungen gesucht hat, wie in der oben von “RB” schon einmal verlinkten Studie, irreale Personen?

    Nein, aber an ihnen wurden keine Krankheiten festgestellt, auch ein erhöhtes Risiko wurde keineswegs bewiesen, wie sich aus dem Bericht ausdrücklich ergibt.

    Und nur, weil Sie darauf bestehen, es gäbe nicht eine einzige Person, der die E-Zigarette nicht bekommen sei: https://www.n-tv.de/panorama/E-Zigarette-explodiert-im-Mund-eines-Mannes-article16231756.html.

    Wo steht da, dass das durch das Nikotin verursacht wurde?

    Ich verstehe nach wie vor Ihr Kernargument nicht. Geht es Ihnen darum, dass Ihnen zu viel Wind um die – im Vergleich zur Tabakzigarette – deutlich geringeren Risiken der E-Zigarette gemacht wird? Sollte man dann aus Ihrer Sicht auch aufhören, sich mit den Folgen von Nitrat im Trinkwasser oder Bisphenol-A in Plastikflaschen zu beschäftigen? Dabei geht es auch um vergleichsweise geringe Risiken und natürlich ist für die Gesundheit der Bevölkerung mehr gewonnen, wenn man die Feinstaubbelastung reduziert, Raucherquoten senkt oder effizienter gegen Alkoholmissbrauch im Straßenverkehr vorgeht.

    Mein Kernargument verpacke ich – sorry – in eine Gegenfrage: Wie lautet eigentlich das Kernargument dafür, dass auch für kanzerogene Schadstoffe Grenzwerte festgelegt werden?

    Meiner Auffassung nach geht es dabei in der Regel darum, einen Ausgleich zwischen den Interessen der Schutzbedürftigen und den Verursachern der Schadstoffbelastung herzustellen. Sehen Sie das anders?

    Auch die Dampfergemeinde hat Interessen, und die Frage ist, warum ausgerechnet sie keines Interessenausgleichs für würdig gehalten werden, die doch Verursacher und die Schutzbedürftige zugleich in Personalunion sind und sich auch erklärtermaßen mit einer immerhin erheblichen Risikoverringerung zu begnügen bereit sind (was vermutlich mehr ist, als Unternehmen von jedem ihrer Mitarbeiter bzgl. Schadstoffwerte erwarten könnten). Rücksichtslosigkeit gegenüber außenstehenden Dritten kann man ihnen auch nicht vorwerfen, und meist haben sie den Warnern vor der Gefahr des Rauchens jedes Wort geglaubt und mit dem Umstieg aufs Dampfen ja auch unter anderem darauf reagiert.

    Worin besteht aus Ihrer Sicht das unlösbare Problem dabei, ihnen ihr Vergnügen zu lassen, so wie man Unternehmen ja auch keine Schadstoffkonzentrationen von Null vorschreibt? Ich verstehe es nicht, tut mir leid. Es wirkt auf mich so unangemessen, als würde man einem Unternehmen, das nach einer Rundumsanierung nur noch 5 % der vorher benötigten Energie verbraucht, den Laden dichtmachen, weil auch die restlichen fünf Prozent das Klima schädigen.

    • #74 Joseph Kuhn
      14. Februar 2017

      @ Kassandra:

      “Wie lautet eigentlich das Kernargument dafür, dass auch für kanzerogene Schadstoffe Grenzwerte festgelegt werden?”

      Ich verstehe die Frage nicht. Was meinen Sie denn konkret? Dass man den Schadstoffgehalt in Genussmitteln, Lebensmitteln und Gebrauchsgegenständen nicht regulieren soll? Möge jeder sehen, wie es ihm nach einiger Zeit geht?

      “Meiner Auffassung nach geht es dabei in der Regel darum, einen Ausgleich zwischen den Interessen der Schutzbedürftigen und den Verursachern der Schadstoffbelastung herzustellen. Sehen Sie das anders?”

      Kommt darauf an. In aller Regel kommt es ja zu einem solchen Ausgleich, weil legitime Interessen gegeneinander stehen. Wo das nicht der Fall ist, kann es keinen Ausgleich geben.

      “Worin besteht aus Ihrer Sicht das unlösbare Problem dabei, ihnen ihr Vergnügen zu lassen”

      Erstens habe ich nirgendwo gesagt, dass ich ihnen ihr Verngügen nicht gönne, zweitens hat auch sonst niemand vor, den Dampfern das Dampfen zu verbieten. Es geht darum, zu untersuchen, was damit an Risiken verbunden ist.

      “so wie man Unternehmen ja auch keine Schadstoffkonzentrationen von Null vorschreibt?”

      Das hat auch bei den E-Zigaretten keiner vor. Auch Tabakzigaretten können Sie doch rauchen, obwohl Sie damit z.B. ihr Herzinfarkt- und Krebsrisiko erheblich erhöhen. Ich verstehe immer weniger, worauf Sie hinauswollen? Soll man bei Genussmitteln die Risiken grundsätzlich nicht untersuchen, weil das den Leuten den Genuss verderben könnte?

  64. #75 Petra
    München
    15. Februar 2017

    Nur wenn ich die Risiken kenne, kann ich vernünftig entscheiden, ob ich sie tragen will oder nicht.

  65. #76 Kassandra
    19. Februar 2017

    Ich verstehe immer weniger, worauf Sie hinauswollen? Soll man bei Genussmitteln die Risiken grundsätzlich nicht untersuchen, weil das den Leuten den Genuss verderben könnte?

    Ihre Frage ist berechtigt, deshalb habe ich meine halb geschriebene erste Antwort vor ein paar Tagen nicht abgeschickt, denn ich habe mich in diesem Punkt mindestens an einer Stelle unglücklich ausgedrückt und musste selbst noch einmal darüber nachdenken, warum das passiert ist und ebenso darüber, warum das, was ich schrieb, Ihnen spontan gar nicht einleuchtend vorkam.

    Ich versuch’s jetzt nochmal, aber weil ich nicht jedes Detail noch einmal überprüfen konnte, kann es sein, dass ich vielleicht wieder in der einen oder anderen Detailfrage etwas falsch im Kopf gehabt habe. Da dies die Richtigkeit des Ganzen aber nicht beeinträchtigen würde, bitte ich höflich darum, sich ggf. daran einfach nicht zu stören:

    Das Problem sind natürlich nicht die Untersuchungen, und ich habe absolut nichts dagegen, dass solche Risiken untersucht werden. Das Problem ist, dass das Ergebnis jeder dieser Untersuchungen umgehend Bestandteil der Medienkampagne mit dem Ziel eines Verbots wird, die unter der Federführung des Deutschen Krebsforschungszentrums steht. Sie wissen schon, wen ich meine: dieses berüchtigte Kollaborationszentrum der Weltgesundheitsorganisation am DKFZ, das bis vor kurzem von Frau Dr. Martina Pötschke-Langer geleitet wurde und das zum Thema E-Zigaretten seit mehreren Jahren Lobbyarbeit für das von der WHO gewünschte Verbot betreibt.

    Um hier nicht missverstanden zu werden, ich behaupte nicht, dass unsere Medien vom DKFZ gesteuert werde oder dergleichen, aber das DKFZ hat sich vor einigen Jahren, als das Thema aufkam, weil die E-Zigarette sich durchzusetzen begann, erfolgreich als “die Experten” für E-Zigaretten positionieren können. Weil es unweigerlich jedes Mal gefragt wird, wenn die Ergebnisse einer neuen Untersuchung zu E-Zigaretten vorliegen, dominiert sein Standpunkt natürlich auch die Debatten. Weil jedes wissenschaftliche Ergebnis zu E-Zigaretten wiederum von den Medien als Bestandteil einer spannenden Debatte über ein mögliches Verbot betrachtet wird, wird gerne und viel über jedes neue Ergebnis berichtet, und das bietet wiederum den Verbots-Verfechtern die nötige Plattform, ihren Standpunkt zu vertreten.

    Zusätzliche Informationen sind unter solchen Voraussetzungen leider auch dann kein Beitrag zur Objektivierung, falls sie ehrlich so gemeint sind, weil sie immer dazu führen, dass die Mehrheit der Journalisten, die darüber berichten sollen, die üblichen Experten befragen oder deren frühere Einschätzungen wiederholen. Ich müsste mich schwer irren, wenn irgendeines der Untersuchungsergebnisse der letzten zwei, drei Jahre ein handfestes Argument für ein Verbot geliefert hätte, aber das hindert diejenigen, die die E-Zigarette verboten haben möchten, nicht daran, zu suggerieren, es sei anders. Echter Lügen möchte ich dabei ohne konkrete Anhaltspunkte niemanden bezichtigen, sie tun halt normalerweise das, was im PR-Bereich jeder tut und als wichtigen Teil seines Jobs versteht, ohne das Gefühl zu haben, damit etwas Falsches zu tun: Sich aus den vorhandenen Informationen die Rosinen rauspicken, die dem eigenen Standpunkt nützen, und die anderen ignorieren, wenn möglich, oder zu entkräften versuchen, wenn sie nicht ignoriert werden können.

    Ich bin der Meinung, dass ich bezogen auf die E-Zigarette die Schlüsselargumente (Restrisiko, Sucht etc.) aus der Verbotsdebatte widerlegt habe. Warum ich mir diese Mühe gemacht habe und worauf ich mit all dem hinauswill, hat aber mehr mit einer übergeordneten Problematik als mit der E-Zigarette als solcher zu tun: Dass nämlich viele öffentliche Debatten nach dem beschriebenen, PR-gesteuerten Muster ablaufen und vor allem durch eine Handvoll Schlagworte dominiert werden. Sie sind in der Regel mit bestimmten Emotionen verknüpft, und das macht es schwierig bis nahezu unmöglich, gegen sie sachlich anzuargumentieren. (Und genau deshalb habe ich es in diesem Fall doch einmal versuchen wollen.)

    Ich mache mir viele Gedanken darüber, dass alle wichtigen politischen Debatten von der beschriebenen Art von Unehrlichkeit durchzogen sind und dass dagegen auch dann so gut wie gar nicht anzukommen ist, wenn man begriffen hat, wie die Sache funktioniert. Sie haben ja gesehen, was für einen langen Anlauf ich nehmen musste, um meine Position darzulegen. Alles, was langatmige Erklärungen erfordert, wo die Gegenseite nur ein einziges Schlagwort zu erwidern braucht, geht in einer Debatte natürlich einfach sang- und klanglos unter. Verlogene Vereinfachungen mit griffigen Schlagworten sind einer ernsthaften Auseinandersetzung mit den Tatsachen in jedem Fall überlegen, alleine schon deshalb, weil die Wahrheit nie so einfach ist, wie man eine Lüge, wenn man das will, gestalten kann.

    Ich halte das für wichtig. Ich glaube nämlich, die Hilflosigkeit, die es auslöst, wenn man aus persönlicher Erfahrung etwas ganz genau weiß (sagen wir zum Beispiel: als langjährig im Niedriglohnsektor Beschäftigter über die persönlichen Lebensbedingungen) und dann durch irgendwelche Statistiken, die den scheinbaren Beweis enthalten, dass das alles ganz anders sein müsse, weil ja gerade die Einkommen der Ärmeren nachweislich besonders stark gestiegen seien, zum Lügner gestempelt wird, ist einer der Gründe, warum so viele Leute plötzlich offensichtliche und schamlose Lügner unterstützen. Vielleicht gefällt ihnen ja daran sogar am meisten, dass sie selbst seine Lüge erkennen, während sie die “Mainstream”-Lügen zwar deutlich als solche empfinden, aber nicht widerlegen können, weil sie nicht imstande sind, den Punkt zu finden, an dem der Fehler in der Behauptung verborgen ist.

    Sie haben sich auch schon einmal im Zusammenhang mit Fake-News auf Hannah Arendts “Wahrheit und Politik” berufen; im selben Aufsatz können Sie nachlesen, dass aus ihrer Sicht das, was sie damals “Image-Making” nannte, womit aber unter anderem genau dieses Marketing bestimmter Meinungen gemeint war, sich nicht grundlegend von den grobschlächtigeren östlichen Fälschungen unterschieden hat. Ich bin derselben Meinung wie sie; ich glaube, die immer perfektere Anwendung von Marketingprinzipien in der politischen Kommunikation, auch von Verbänden und anderen Interessengruppen, ist ein Bumerang, der meiner Meinung nach jetzt gerade zurückschlägt. Die Unehrlichkeit in der Debatte um die E-Zigarette ist nur ein winziger Bruchteil davon, und doch trägt auch sie dazu mit bei.

    Das ist sicherlich nicht die Schuld der Wissenschaftler, die sich mit ihrer Wirkung befassen. Aber natürlich spielt Politik auch schon dabei eine Rolle, wenn darüber entschieden wird, dass man sich nun noch einmal mit der E-Zigarette unter diesem oder jenem Aspekt befassen müsse, und ich möchte wetten, dass solche Vorschläge mehrheitlich auf die Bereiche abzielen, aus denen sich eventuell ein Verbot begründen lassen könnte. Gemessen daran spricht im Moment bemerkenswert wenig für ein Verbot.

    Ich habe daneben Zweifel daran, dass noch besonders viele wichtige Erkenntnisse (im Sinne von: Erkenntnisse, die einen nennenswerten Einfluss auf die Gesundheit der Betroffenen haben) zu gewinnen sind. Aus meiner Sicht wissen wir mittlerweile, dass eine kurzfristige Gefahr durch E-Zigaretten nicht besteht und ein längerfristiges Risiko höchstens in geringem Umfang besteht. Was spräche dann eigentlich dagegen, sich bis zum Auftauchen von Gründen, die eine intensivere Forschung in einem konkreten Teilbereich sinnvoll erscheinen lassen, bis auf weiteres auf eine Langzeitbeobachtung der Gesundheit einer Gruppe von Rauchern, Ex-Rauchern und Dampfern zu beschränken? Vielleicht wäre es möglich, dies in die DEGS-Studie des RKI zu integrieren, in der der Rauchstatus ja auch erhoben wird.