Alexander Dobrindt, gefühlter CSU-Generalsekretär, scheint die Beleidigung der SPD zu seinem persönlichen Steckenpferd gemacht zu haben. Schon vor und während der Sondierungsgespräche für eine neue GroKo konnte er es sich nicht verkneifen, öffentlich mit derben Sprüchen auszutesten, was sich die SPD gefallen lässt und wie er sich den Anhängern seiner konservativen Revolution durch SPD-Bashing als kerniger Hardliner präsentieren kann.

Jetzt ist die Sondierungsvereinbarung zwei Tage alt und sie wird, wie zu erwarten, von der SPD-Basis kritisiert. Für Dobrindt ist das ein „Zwergenaufstand“, den der SPD-Chef Schulz gefälligst in den Griff zu kriegen habe.**

Die Bemerkung Dobrindts lässt zum einen tief blicken, was er von demokratischen Mitspracherechten hält, zum anderen darf man sich fragen, ob sich die SPD die Beleidigung ihrer Basis widerspruchslos gefallen lässt. Dass die SPD-Basis die Sondierungsvereinbarung kritisch diskutiert, sollte die SPD-Führung, wenn sie schon in den Verhandlungen nicht mehr erreicht hat, mit klaren Worten als demokratische Selbstverständlichkeit verteidigen und von Dobrindt eine Entschuldigung fordern – oder sich outen, dass man eine SM-Beziehung eingegangen ist. Das finden heute – 50 Jahre nach „68“ – viele Menschen nicht mehr als anstößig.

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* Als Hilfestellung gegen die politische Demenz: In der gelbschwarzen Koalition 2009-2013 haben CSU und FDP eine innige Hassliebe gepflegt. Nachdem die FDP der CSU 2010 eine destruktive „Wildsau-Politik“ attestierte, hat Dobrindt, damals wirklich CSU-Generalsekretär, die FDP als “Gurkengruppe“ tituliert.
** Bei der Gurkenernte in Bayern wäre eine Zwergentruppe sicher hilfreich.

Kommentare (26)

  1. #1 rolak
    14. Januar 2018

    Zwergenaufstand

    Hmmm, eine richtiggehende Beleidigung durch -äh- Diminuierung sehe ich da immer noch nicht, für niemanden. Und tief blicken möchte ich bei Dobrindt zwar auch nicht gerne, egal wo hinein, doch am Ende des Tunnels funzelt bei dieser Bezeichnung wg des immanenten ‘unnötig’ eine Variante des alten ‘Führer befiehl, wir folgen’, reduziert auf ParteiEbene.

    Und das, das ist wahrlich ein groteskes Demokratieverständnis. Paßt allerdings PuzzleStück-glatt zum Ecksteinchen der konservativen Revolution.

    Zwergentruppe

    hehe, heute wurde in einen DokuNeuzugang dieser Woche geäugt, Kopfschütteln generiert. Auf dem Gipfel der Genüsse: Bergell wurden Maroni geerntet, ‘kniet den ganzen Tag vorm Rüttelsieb’, um die Spreu vom Weizen (oder so) zu trennen. Da fragt man sich schon: Warum zum St.Käskopp wird das Teil nicht mit einem (Klapp)Gestell auf ergonomische Arbeitshöhe gehievt?

    Zwermenz

    Da besteht wohl kein Problem mit erinnern-können, sondern eher mit erinnern-wollen. Das macht das Erinnern imho aber um so wichtiger, Löcher in die vielen Mäntelchen des Schweigens polken.

  2. #2 Wilfried
    14. Januar 2018

    “… ob sich die SPD die Beleidigung ihrer Basis widerspruchslos gefallen lässt.”

    Warum nicht? Gerücht: Sobald geklärt ist wer in Zukunft die Drecksarbeit für die Granden der Partei macht (Plakte aufhängen etc.), wird die Basis aus der Partei ausgeschlossen.

  3. #3 Joseph Kuhn
    14. Januar 2018

    Zwerge an die Macht!

  4. #4 Joseph Kuhn
    14. Januar 2018

    Oder mit Trump: Make dwarfs great again!

  5. #5 Joseph Kuhn
    14. Januar 2018

    Und noch eins, von der Original-Gurkentruppe:
    https://www.freiheit.org/zwergenaufstand-fuer-die-freiheit

  6. #6 RPGNo1
    14. Januar 2018

    Beim Begriff “Zwerg” fällt mir immer folgendes ein: https://de.wikipedia.org/wiki/Zwerg_(Mythologie)#Fantasy
    Damit ist “Zwergenaufstand” doch eher ein Lob.

    Dobrindt hingegen ist eher das hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Br%C3%BCllaffen

  7. #7 rolak
    14. Januar 2018

    Aus aktuellem Kauen die MenuEmpfehlung zum Artikel: Salat aus Gurken, Zwergtomaten und – alt-durchgesessen – Birne. Stiernacken paßte nicht.

  8. #8 Jürgen Böhm
    14. Januar 2018

    Nur ein Link, weitere Kommentare spare ich mir:

    https://twitter.com/MickyBeisenherz/status/949269721920299009

    MfG

    Jürgen

  9. #9 Uli Schoppe
    14. Januar 2018

    @jürgen es soll Menschen geben die weder Facebook noch Twitter nutzen ^^ Links zu nicht frei nutzbaren Inhalten finde ich unsozial…

  10. #10 Jürgen Böhm
    14. Januar 2018

    https://www.heise.de/tp/news/BILD-Dobrindt-kein-Trottel-3935325.html

    Ich nutze auch kein Twitter, trotzdem konnte ich dieses Bild aufrufen.

    MfG

    Jürgen

  11. #11 anderer Michael
    14. Januar 2018

    Gewürzgurken werden liegend von Hand geerntet , fast nur von Polen zum Mindestlohn. Kleinwüchsige mit kurzen Armen wären vermutlich ungeeignet.

    Falls keine GroKo zustande kommt, gibt es 2 Möglichkeiten: Neuwahlen oder Minderheitsregierung. Bei letzterer Variante wäre es spannend , ob die Union sich auch eine Mehrheit mit Hilfe der AfD verschafft ( bei einzelnen Abstimmungen).

    Ansonsten hat die CSU bei den Sondierungen gut gearbeitet und einige ihrer Forderungen durchgesetzt.

    • #12 Joseph Kuhn
      14. Januar 2018

      @ anderer Michael:

      “Ansonsten hat die CSU bei den Sondierungen gut gearbeitet und einige ihrer Forderungen durchgesetzt.”

      Leider hat sie manches, was notwendig wäre, damit alle gut und gerne in diesem Land leben können, nicht einmal auf ihrer Forderungsliste gehabt: Weniger prekäre Arbeit oder bezahlbares Wohnen beispielsweise. Für die kleinen Leute gab es schließlich schon die Begrenzung der Einwanderung, das muss reichen, um Zwergenaufstände zu verhindern. Die SPD scheint da allerdings auch wenig Druck aufgebaut zu haben. Kein soziales Aufbruchssignal, viel Gemeinsamkeiten mit der Union, fast schon ein demonstratives Weiter-so, obwohl es das gerade doch nicht geben sollte. Sehr seltsam.

  12. #13 DH
    14. Januar 2018

    Der Aufstand der Zwerge, sonst eigentlich Symbol für urdeutsches Kulturgut, plötzlich im Namen der Freiheit, noch dazu in der polnisch verwalteten…äh, in Breslau.
    Verkehrte Welt.
    Und ob es sich wirklich um eine SM-Beziehung handelt, von den bösen 68ern legitimiert-
    soweit ich informiert bin, ist das M in einer solchen gleichrangig.

  13. #14 PDP10
    14. Januar 2018

    @anderer Michael:

    Ansonsten hat die CSU bei den Sondierungen gut gearbeitet und einige ihrer Forderungen durchgesetzt.

    Zum Beispiel?

  14. #15 Jonas Schimke
    14. Januar 2018

    Mittel- bis langfristig sehe ich nur diese Lösung:
    Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft mit der CSU durch die CDU, wobei erstere sich dann bundesweit als Partei etabliert und die CDU in Bayern einen eigenen Landesverband aufmacht.

    Dann kann die CDU künftig als Juniorpartner der SPD in einer GroKo mitwirken. Problem gelöst.

    Im Bedarfsfall, wenn es für beide zusammen nicht reicht, kann man noch die Grünen mit ins Boot holen.

    Merke: Für eine vernünftige Politik in Deutschland braucht man weder CSU noch FDP, bestenfalls noch die Linke.

    Die Arschlochpartei ist in jedem Fall indiskutabel, wenn es um die Zukunft unseres Landes geht.

  15. #16 PDP10
    14. Januar 2018

    @Jonas Schimke:

    Aufkündigung der Fraktionsgemeinschaft mit der CSU durch die CDU, wobei erstere sich dann bundesweit als Partei etabliert und die CDU in Bayern einen eigenen Landesverband aufmacht.

    Ich glaube, da überschätzt du die CSU ein wenig.

    Die gibts überhaupt nur, weil die sich 1948 einem Zusammenschluss mit den anderen Unionsparteien in den Westdeutschen Besatzungszonen verweigert hat. Im Grunde sind die nichts weiter, als ein Stück Bayerische Folklore.
    Als Partei im Bund würden die nie nicht über 5% kommen. Bei Landtagswahlen in Bayern würden die noch eine Rolle spielen aber sonst nirgendwo.

    Deswegen wird diese Trennung so bald nicht passieren.

    Schlag mal die Ergebnisse der letzten Bundestagswahl in Bayern nach und rechne das auf den Bund hoch …

  16. #17 Jonas Schimke
    14. Januar 2018

    @PDP10,

    Als Partei im Bund würden die nie nicht über 5% kommen. Bei Landtagswahlen in Bayern würden die noch eine Rolle spielen aber sonst nirgendwo.

    Das wäre doch gut so, oder? und genau dafrauf setze ich. Lass doch CSU und die Arschlochpartei für Dumpfbacken sich gegenseitig die Wähler streitig machen. Was wollen wir denn mehr?

    Deswegen wird diese Trennung so bald nicht passieren.

    Fürchte ich eigentlich auch. Andererseits, es würde doch schon ausreichen, wenn die CDU der CSU die Fraktionsgemeinschaft aufkündigt und wenn Letztere dann damit reagieren, dass sie sich bundesweit ausdehnen wollen, ihrerseits den Landesverband Bayern gründen. Jedenfalls können wir Bundesdeutschen auf solche Knalltüten wie den Doofrind – oder wie der heißt – gut und gerne verzichten.

  17. #18 Dr. Webbaer
    15. Januar 2018

    Es gibt halt in der bundesdeutschen, bairischen CSU nun ein gewisses Wooling, das Fachwort, oder Wuling (die Engländer hatten ja mal Besuch von den Sachsen, kennen die deutsche Sprache sozusagen intrinsisch) und dies müsste darauf zurückzuführen sein, dass in Bayern am 14. Oktober dieses Jahres Landtagswahlen anstehen, die den einen oder anderen CSUler bereits im Vorab grau werden lassen – oder renitent bzgl. der Vereinbarung der sogenannten Sondierungsverhandlungen oder eben sadomasochistisch (Zitat : Dr. Kuhn).

    Es scheint aus diesseitiger Sicht recht klar, dass sich in der bairischen CSU einige bestmöglich und vorab von dem sich anbahnenden Wahl-Desaster lösen möchten.

    Oder war dies alles zu strategisch gedacht?

    Von Dr. Webbaer,
    MFG

  18. #19 Thorben Meyer
    15. Januar 2018

    Genau genommen, hat Dobrindt ja nicht die SPD-Basis, sondern einige ihrer Mitglieder angegangen, von denen keineswegs sicher ist, ob sie die Mehrheit stellen.

  19. #20 Joseph Kuhn
    15. Januar 2018

    @ Thorben Meyer:

    “… keineswegs sicher ist, ob sie die Mehrheit stellen”

    Darum geht es nicht. Es geht darum, wie Dobrindt Kritik am Sondierungspapier in einer anderen Partei kommentiert und dass die SPD-Führung damit nicht umgehen kann.

    Sie könnte sich ein Vorbild an Armin Laschet (CDU) nehmen. Der NRW-Ministerpräsident distanzierte sich von Dobrindts Sprüchen im ZDF-Morgenmagazin mit den Worten: „Jeder einzelne Delegierte auf einem Parteitag hat die gleiche Stimme, und da gibt es keine Riesen und keine Zwerge. Das sind Menschen, die entscheiden für ihre Partei – und das sollte man auch respektieren.“

    Auch Seehofer hat sich feinfühliger geäußert und von “Respekt” gegenüber dem Prozess in der SPD gesprochen, während Dobrindt noch mal nachgelegt hat: es sei kein “Übersetzungsfehler” gewesen. Von der SPD-Führung wieder Schweigen. Fast könnte man glauben, sie sieht die Sache ähnlich wie Dobrindt.

  20. #21 Alisier
    15. Januar 2018

    Es ist letztendlich die Trump-Technik, die Dobrindt hier anzuwenden versucht. Mal sehen, ob sie auch hierzulande jenseits der AfD verfängt.

    • #22 Joseph Kuhn
      15. Januar 2018

      @ Alisier:

      “Trump-Technik”

      Deine Interpretation geht ein wenig in die Richtung dessen, was Michael Watzke beim Deutschlandfunk über Dobrindt schreibt: “Er sendet nur das unmissverständliche Signal an seine konservative Basis: Ich bin mit der Gesamtsituation genauso unzufrieden wie ihr, meine potenziellen Wähler. Ich mag die Linken genauso wenig wie die Grünen. Ich halte nichts von Genderdebatten, Multikulti-Träumereien, Umverteilungs-Forderungen und EU-Fantasien. Aber ich füge mich in Kompromisse, wenn’s sein muss.”

      Zu deutsch: Er will ein wirkmächtiges Bild erzeugen, bei dem seine Anhänger mit dem passenden “Gefühl” zufrieden sind und nicht mehr schauen, ob Dobrindt wirklich etwas in ihrem Alltag besser macht, z.B. ob die Maut die Mieten oder die Baupreise senkt oder die Pflege für die Oma bezahlbar macht. Das wäre sozusagen die “Ich zieh euch doch bloß über den Tisch”-Variante, das Angebot, reale Verbesserungen im Leben gegen ein wärmendes Gefühl zu tauschen, Marke statt Inhalt. Die Frage bleibt, ob ihm die SPD dabei still zuschauen muss, wenn das auf ihre Kosten organisiert.

      “ob sie auch hierzulande jenseits der AfD verfängt”

      Bestimmt. Aber man sollte differenzieren. Bei der AfD geht es um mehr. Die wollen nicht nur Stillhalten beim Weiter-so.

  21. #23 Alisier
    15. Januar 2018

    Ich hatte Watzke noch nicht wahrgenommen, aber ich stimme ihm weitestgehend zu.
    Und was die AfD will, kann ich immer noch nicht so richtig einschätzen. Meiner Meinung nach bedienen sie nicht nur Gefühle, sondern sind selbst nur vages Gefühl.
    Eine wirklich sichtbare und stringente Strategie kann ich nicht erkennen. Das ist alles recht wirr und wenig durchdacht, was sie bringen.
    Ein Mastermind, der/die das Potenzial nutzen könnte, gibt es nicht.
    Dasselbe gilt übrigens auch für andere Parteien. Ich sehe Kopflosigkeit allenthalben, und ganz besonders bei der SPD.
    Mal sehen, wie weit Habeck kommt…….der einzige sichtbare (und fähige) Kopf momentan.

  22. #24 PDP10
    15. Januar 2018

    Dobrindt wirklich etwas in ihrem Alltag besser macht, z.B. ob die Maut die Mieten oder die Baupreise senkt oder die Pflege für die Oma bezahlbar macht.

    Was sie natürlich nicht macht.

    Jeder ernsthaft konservativ denkende Mensch müsste gerade bei der PKW-Maut eigentlich auf die Barrikaden gehen … (Mein Auto?!? Mein Kaiserreich?!? Meine “freie Fahrt für freie Bürger”?!?).

    Das passiert natürlich nicht, weil ihnen das Dobrindt in bester Trump-Manier am Anfang als “Ausländer-Maut” verkauft hat. Offenbar haben ausgerechnet das noch die meisten im Kopf, obwohl das hanebüchener Unsinn ist.

    Wir sind nun mal kein Urlauber-Transit-Land wie Österreich zB. – sondern ein LKW Transit-Land.
    Die simple Ausdehnung der LKW-Maut auf Landstraßen würde ein vielfaches der PKW-Maut einbringen – und das müsste das Dobrindt eigentlich auch wissen – so als Verkehrsminister und so …

    Es ist zum Haareraufen wie faul viele Leute sind, wenn es darum geht, sich mal mit einfachsten Fakten zu beschäftigen, wenn man sie nach Trump-Art mit einem simplen Schlüsselwort antriggert …

  23. #25 PDP10
    16. Januar 2018
  24. #26 RPGNo1
    16. Januar 2018

    @Joseph Kuhn
    Danke für den Verweis auf den Kommentar von Michael Watzke. Das trifft so ziemlich den Nagel auf den Kopf über die Motivation von Dobrindt, die ich mir selbst schon überlegt hatte.