Heute wird von den westlichen Politikern der D-Day gefeiert, der Tag der Landung der Westalliierten am 6. Juni 1944 in der Normandie. „D-Day: Mit der Invasion in der Normandie beginnt die Befreiung Europas“, titelt RTL, und viele Medien kommentieren den D-Day ganz ähnlich.

Einige Medien sprechen zu Recht vom Beginn der Befreiung Westeuropas. Denn zu diesem Zeitpunkt hatte Hitler den Krieg im Osten schon verloren. Die sowjetischen Truppen waren seit einem Jahr auf dem Vormarsch Richtung Westen, die Ukraine war fast ganz befreit, nur kurze Zeit später stand die Rote Armee vor Warschau. Seit 1943 waren die Westalliierten in Italien auf der Vormarsch Richtung Norden, im Juni 1944 wurde Rom befreit.

Der D-Day hat das Kriegsende sicher beschleunigt und es mag richtig sein, an diesem Tag daran zu erinnern, welche Opfer die Befreiung Europas von der Nazi-Herrschaft gefordert hat und dass man die Gemeinsamkeit gegen die Tyrannei nicht leichtfertig auf‘s Spiel setzen sollte. Die Befreiung Europas begann allerdings nicht am D-Day, sondern lange vorher.

Kommentare (17)

  1. #1 Alisier
    6. Juni 2019

    Gut, dann bin ich mal inkonsequent…..
    Ich halte es für etwas problematisch in Zusammenhang mit der Roten Armee von der “Befreiung” Europas zu reden.
    Dass die größte Opferzahl unter Soldaten bei Stalins Armee zu beklagen ist, und die Bevölkerungen extrem gelitten haben sollte unbestritten sein, und auch dass die Rote Armee entscheidendenden Anteil am Scheitern der Wehrmacht hatte.
    Aber: ich denke nicht, dass Ungarn, Polen, Rumänien, Bulgarien…………von der Roten Armee befreit worden sind. Ich glaube zudem, dass viele Einwohner dieser und anderer Ostblockstaaten das bis heute ähnlich sehen. Eine Befreiung sieht anders aus.
    Ich für meinen Teil bin froh im westlichen Teil aufgewachsen zu sein, und dass die Westalliierten vor 75 Jahren gelandet sind. Sie haben eben auch den Vormarsch der Sowjetarmee abgebremst, und das Abschlachten verkürzt (was Du ja auch erwähnst), ein Abschlachten, das auch stattfand weil Stalins Respekt vor Menschenleben nicht größer war als das Hiltlers.
    Ich möchte die beiden Systeme (Nationalsozialismus und Sowjetunion) nicht gleichsetzen. Aber dass eine Diktatur durch eine andere ersetzt worden wäre hätte passieren können, wenn es den D-Day nicht gegeben hätte.

  2. #2 Wolfgang
    6. Juni 2019

    @Alisier Sagen sie das mal den Juden und Jüdinnen, den Roma und den Sinti, den Menschen slawischer Abstammung, die die Nazis in ihrer Herrenrassenideologie wie “Nutztiere” versklavt haben und die Dank des Vormarschs der Sowjetarmee überlebt haben …

    … dass das keine Befreiung war.

  3. #3 Alisier
    6. Juni 2019

    Ich glaube nicht, dass es hier sinnvoll ist den Holodomor, Katyn oder mörderische stalinistische Umsiedlungen gegen positive Effekte für andere Gruppen aufzurechnen.
    Und wenn wir schon bei Menschen jüdischen Glaubens sind: es gibt Gründe, warum so viele schnellstens nach Israel auswandern wollten.
    Die Sowjetideologie und insbesondere Stalins Vorgehen kannte auch wenig Gnade.
    Ich schätze beides nicht, weder die nationalsozialistische Rassenideologie noch sowjetische Säuberungsorgien.
    Wie gesagt: Aufrechnen ist fehl am Platz, und Diktatur ist Diktatur.

  4. #4 Beobachter
    6. Juni 2019

    @ Alisier, # 3:

    ” … Und wenn wir schon bei Menschen jüdischen Glaubens sind: es gibt Gründe, warum so viele schnellstens nach Israel auswandern wollten. … ”

    Welche Gründe waren das, deiner Meinung nach?

  5. #5 Alisier
    6. Juni 2019

    Wenn ich wüsste, dass nicht gleich wieder ein Angrifff mit Rant käme, würde ich dir vielleicht sogar antworten, Beobachter…..
    Der Antisemitismus in der Sowjetunion war immer sehr präsent, genau wie schon im zaristischen Russland, und ist auch heute noch ausgesprochen virulent. In Polen beispielsweise ist es auch nicht viel anders.
    Wenn dann eine Tür sich öffnet, nutzt man die als unerwünschte Person schneller als wenn man sich sicher fühlt.

  6. #6 Cornelia Stella Gliem
    Korbach
    7. Juni 2019

    Es stimmt schon die Amis haben nicht allein die Nazis besiegt der D-Day war ein wenn auch herausragender Tag unter mehreren, an dem das Ende des 3. Reichs eingeleitet wurde. Vielleicht konnten die Amerikaner diesen Tag besser “verkaufen”? Oder man hat schon gesehen dass bei allen Verdiensten auch der Russen gerade diese sich mit Hitler anfangs recht gut arrangiert und gemein gemacht hatten. .. nicht zuletzt stehen standen die Amerikaner im Rückblick (!) für Demokratie u Wohlstand in Europa. Das färbt auch diesen Tag. ..

    unabhängig davon: geht es anderen auch ein bissl wie mir – dass man als Deutscher bei diesen Feierlichkeiten hin und hergerissen ist? nicht etwa wie manch ewig gestrige wegen dem ‘verlorenen’ Krieg – sondern mit 2 Seelen in der Brust von wegen Deutscher mit SchuldGefühlen und westlicher Europäer mit zt amerikanischer Prägung. .. ? feiern auf Äh beiden Seiten?
    (Wenn ich filme über heldenhafte alliierte sehe gegen böse Nazis etc. identifiziere ich mich mit den Amis. .. – letztendlich ist das wohl gut so.)
    kl. Randbemerkung –
    letzteres geht kurioserweise auch vielen Neonazis so, sonst würden sie nicht ihre Gegner Faschisten Nazis nennen oder den Holocaust leugnen (=sie wären nämlich. .. hm stolz darauf).

  7. #7 Alisier
    7. Juni 2019

    Tja…….es ist sicher einfacher mit dem Feiern wenn man kein Deutscher ist, und die eigene Familie nur durch pures Glück überlebt hat, obwohl sie vor dem D-Day auf der Abschussliste stand.
    Bei der Bemerkung mit den Neonazis gehe ich mit.

  8. #8 RPGNo1
    7. Juni 2019

    Zur Erinnnerung – zwei wichtige Schritte der deutsch-franzözischen Aussöhnung, die ihre Grundlage in den Feiern zum D-Day haben.
    https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/kohl-und-mitterrand-in-verdun-warum-reichten-sie-sich-die-haende-1857470.html
    https://www.spiegel.de/jahreschronik/a-331559.html

  9. #10 hto
    7. Juni 2019

    Es ist in dem Punkt des Sieges durch Amiland schon voll korrekt, denn die Russen hätten sicher nichts bewirkt, wenn sie nicht auch von Materiallieferungen der Amis gestärkt worden wären!

  10. #11 Alisier
    7. Juni 2019

    Interessante Umfragen und Daten! Danke dafür foobar.
    Ich nehme aber ab, dass es sich nicht um Vergessenheit handelt, sondern um was anderes, Komplexeres.

  11. #12 Herr Senf
    8. Juni 2019

    Vielleicht müssen hier einige doch noch ein bißchen Geschichte üben:
    https://www.heise.de/tp/features/Operation-Bagration-Vergessener-Jahrestag-4442759.html

  12. #13 Wetterwachs
    8. Juni 2019

    @Herr Senf
    Dickes fettes Dankeschön für die kleine “Geschichtsübung”, die die Leistung der amerikanischen Menschen, die mit dem D-Day zur Niederschlagung der Faschisten beitrugen, kein bisschen schmälert, und die Leistung der anderen, der russischen Seite ins Geschichtsbewußtsein holt. Warum das wichtig ist und aktuell, darauf weisen die Schlusssätze des verlinkten Artikels hin:

    “Dieser historische Moment der Anti-Hitler-Koalition, die antifaschistische Zusammenarbeit aller Nichtfaschisten, sollte zumindest im Gedenken daran wieder aufscheinen – trotz aller krisenbedingten Konkurrenz und Ideologie. Wer weiß, vielleicht wird bald, notgedrungen, die praktische Fähigkeit, breite Bündnisse wider die Barbarei zu schließen, wieder sehr gefragt sein.”

  13. #14 Alisier
    8. Juni 2019

    Ich bitte dennoch, den Hitler-Stalin Pakt nicht völlig zu vergessen, und sich nicht durch das Wort “antifaschismus” blenden zu lassen, wenn es um die Verbrechen der Sowjetunion geht.

  14. #15 Wetterwachs
    8. Juni 2019

    @Alisier
    Und ich bitte Dich, Du antikommunistisches Kampfhähnchen, nicht den antifaschistischen Widerstand der russischen Menschen auf den Arschloch-Diktator und Massenmörder Stalin zu reduzieren.

  15. #16 Alisier
    8. Juni 2019

    Fiele mir nie ein, Wetterwachs, und ich habe auch nichts gegen Kommunismus.
    Aber “Antifaschismus” als Rechtfertigung reicht halt nicht, und wurde nun wirklich viel zu oft missbraucht.

  16. #17 Trottelreiner
    16. Juni 2019

    @Alisier:
    Naja, Ungarn, Rumänien und Bulgarien werden es die Rote Armee wohl alleine schon deshalb nicht als Befreiung gesehen haben da sie mit Nazi-Deutschland verbündet waren. Das z.B. Ungarn ähnlich wie Italien dann am Ende des Zweiten Weltkrieges von den deutschen, äh, “Freunden” besetzt wurde macht die Sache etwas undurchsichtiger.

    Und das einige israelische Politiker sich momentan ausgerechnet auf Polen als Feindbild einschießen und Orban hofieren ist, äh, unterhaltsam.