Hier auf Gesundheits-Check war vor kurzem sowohl die Medienberichterstattung über die HPV-Impfung als auch das Treiben von Impfgegnern in den Kommentarspalten des Deutschen Ärzteblatts Diskussionsthema.

2016 sind in Deutschland 1.489 Frauen an Gebärmutterhalskrebs gestorben. 14.509 Fälle wurden 2017 stationär behandelt und für das Jahr 2014 wurden 4.509 Neuerkrankungen verzeichnet. Die Zahl der Neuerkrankungen ist zeitlich immer etwas zurück, weil Meldungen an die Krebsregister aus den unterschiedlichsten Gründen verzögert erfolgen und die Daten daher erst vergleichsweise spät halbwegs stabil sind.

Die HPV-Impfung schützt vor den krebsverursachenden Typen 16 und 18 des humanen Papillomvirus (HPV), manche Impfstoffe auch gegen andere HPV-Typen, die wichtigsten Infos hat das Deutsche Krebsforschungszentrum in seinem Infoblatt „HPV-Impfung: Schutz vor humanen Papillomviren“ zusammengefasst.

Die Impfung gilt als sehr sicher, gelegentliche Meldungen über schwerwiegendere gesundheitliche Probleme nach der Impfung in einzelnen, sehr seltenen Fällen konnten bisher nicht als Impfnebenwirkungen verifiziert werden. Die Verdachtsmeldungen sind sehr wichtig, gerade bei neu eingeführten Impfungen, weil die Zulassungsstudien nie so groß sein können, dass auch sehr seltene Nebenwirkungen zuverlässig entdeckt werden können.

Seit einiger Zeit häufen sich Studien aus dem Versorgungsalltag über den Nutzen der HPV-Impfung bei patientenrelevanten Endpunkten. Für Krebs, hier geht es vor allem um Gebärmutterhalskrebs bei Frauen, aber in geringer Zahl z.B. auch um Anal- oder Peniskrebs bei Männern, ist es noch zu früh für belastbare Ergebnisse, anders bei Genitalwarzen und Krebsvorstufen.

Vor kurzem hat das Ärzteblatt über eine aktuelle Metanalyse zur HPV-Impfung berichtet, die eine Schutzwirkung nicht nur vor der Infektion mit den genannten HPV-Typen zeigt, sondern auch den Rückgang von Krebsvorstufen.

Wie zu erwarten, sind in der Kommentarspalte auch zu diesem Beitrag die Impfgegner aktiv. Der Kommentator „Mitdenker“, nach eigener Aussage Heilpraktiker, verbreitet gezielt Desinformationen. Er nimmt damit – möglicherweise bewusst, möglicherweise aus Ignoranz – in Kauf, dass sich Mädchen und Jungen nicht impfen lassen. In Japan ist nach Falschinformationen durch Impfgegner die HPV-Impfrate eingebrochen, in der Folge sind tausende von Krebserkrankungen zu erwarten, die ansonsten vermieden worden wären.

Das Ärzteblatt sollte Kommentatoren, die in den Kommentarspalten unzweifelhaft Desinformationen verbreiten, sperren. Desinformation ist keine „andere Meinung“, Desinformation erschwert es, eine informierte Entscheidung zu treffen und sie schadet, wenn sie zu falschen Entscheidungen führt, der Gesundheit der Menschen. Im Zusammenhang mit der Masernimpfung hat der Deutsche Ethikrat gerade empfohlen, Ärzte, die falsche Informationen verbreiten, berufsrechtlich zu sanktionieren. Bei der HPV-Impfung und für Heilpraktiker sollte es zumindest für das Sperren von eindeutig desinformierenden Kommentaren beim Ärzteblatt reichen.

Kommentare (8)

  1. #1 doc.nemo
    9. Juli 2019

    Bei diesem ominösen Mitdenker (nomen non est omen) haben schon mehrere Kollegen resigniert aufgegeben. Er und Pro-Natur haben leider die Lufthoheit bei Impf- und Homöopathie-Themen übernommen. Sie fluten das Forum förmlich mit ihren Beiträgen und behalten immer das letzte Wort.

  2. #2 RPGNo1
    9. Juli 2019

    Das Ärzteblatt sollte Kommentatoren, die in den Kommentarspalten unzweifelhaft Desinformationen verbreiten, sperren.

    Ich vermute, dass bei den Moderatoren leider ein falsches Verständnis von Neutralität und Ausgewogenheit vorherrscht nach dem Motto, auch die wildeste Information müsste offen dargestellt werden, damit die Leser “beide” Seiten kennenlernen.

  3. #3 roel
    9. Juli 2019

    @Joseph Kuhn Ich habe mir die Kommentare von Mitdenker angesehen. Wenn es um das Impfen geht ist er immer gegen Impfen und verbreitet meistens Fake-Fakten aus dubiosen Quellen.

    Bei heilpraktizierenden Impfgegnern ist es aber üblich, zu behaupten, man wäre offen und wäge Fakten gegen einander ab, und berate mal in die eine und mal in die andere Richtung. So tut es auch Mitdenker:

    “Ich zitiere eben nicht nur die vielen Pro-Stimmen, sondern auch Contra-Stimmen. Haben wir doch beide in der Schule gelernt, das geht so: These – Antithese – Synthese.” aus https://www.aerzteblatt.de/forum/128136#entry128136

    Nein, er zitiert gar keine Pro-Stimme, es sei denn, um ihr zu widersprechen. Es gibt keine These – Antithese – Synthese, er bleibt bei seiner These – Impfen sei schädlich. Egal welche Impfung, ob Tetanus oder HPV oder eine andere.

    • #4 Joseph Kuhn
      9. Juli 2019

      @ roel:

      Ich weiß ja auch nicht, was in den Köpfen solcher Leute vorgeht. “Mitdenker” und “Pro-Natur” scheinen mir einerseits auf der Skala der Verunftkritik ziemlich nah am hirnverklebten Ende, andererseits sieht es in der Kommentarspalte zur HPV-Studie eher nach wissentlicher Desinformation mit den Verdachtsmeldungen aus also nach Unwissen.

  4. #5 roel
    9. Juli 2019

    @Joeph Kuhn Ich denke diese Leute sind in Ihrer Informationsblase gefangen und kommen von alleine dort nicht heraus. Sie vertrauen irgendwelchen Fake-News-Quellen und mistrauen allen echten Quellen. Jeder echte Skandal bestärkt sie darin, dass alles skandalträchtig ist. Ich sehe Parallelen zu Verschwörungstheoretikern, Pegida-Demonstranten etc. Alles was Ihrer Meinung widerspricht ist Lügenpresse und alles was ihre Meinung unterstützt wird nicht mehr hinterfragt. Sie bestärken sich gegenseitig und sind Gegenargumenten gegenüber immun.

  5. #6 echt?
    10. Juli 2019

    Ich lese die Apotheken Rundschau. Da bin ich ausreichend über die Gesundheitsbranche informiert.

  6. #7 Uli Schoppe
    10. Juli 2019

    @roel:

    Nein, er zitiert gar keine Pro-Stimme, es sei denn, um ihr zu widersprechen. Es gibt keine These – Antithese – Synthese, er bleibt bei seiner These – Impfen sei schädlich.

    In Dialektik bin ich eigentlich ganz gut, ich hab vor gut 30 Jahren Philosophie als viertes Abiturfach gehabt und einen guten Lehrer.
    Der hat keine Ahnung von Dialektik ^^

  7. #8 borstel
    10. Juli 2019

    Das Ärzteblatt leidet auch in der Printausgabe unter falscher Ausgewogenheit: Ernsthaft wurde jetzt ein Leserbrief abgedruckt, in welchem der menschengemachte Klimawandel geleugnet wird: https://www.aerzteblatt.de/archiv/208618/Klimawandel-Kein-Einfluss.

    Zeit, Ben Franklin zu zitieren: “Dies ist keine Postkutsche, die jeden befördern muß, der ein Billett erwirbt” (gefunden bei Deborah E. Lipstadt: Leugnen des Holocaust. Rechtsextremismus mit Methode. Rowohlt. Reinbek 1996). – Womöglich sollten sich die Ärzteblattredakteure mal mit diesem couragierten Zeitungsherausgeber in einer spiritistischen Sitzung besprechen…