Sigmar Gabriel ist multipler Nachfolger des Nordstream&Rosneft-Arbeiters Gerhard Schröder. Er trägt dessen Rollen auf wie die gebrauchten Kleider des großen Bruders: Ministerpräsident in Hannover, SPD-Chef, jetzt Arbeiter. Für Tönnies hat er gearbeitet, 10.000 Euro Grundpauschale im Monat. Das sei für normale Leute viel Geld, aber in der Branche nicht viel und er sei ja kein Politiker mehr, so Gabriel. Es war eben eine Rolle, das mit dem Sozialdemokraten. Jetzt spielt er eine andere Rolle.

Da wäre in der SPD fast so was wie echt gefühlte Selbstgerechtigkeit angesichts des kleinen Philipp Amthor aufgekommen, wegen dessen Taschengeld von der US-Firma Augustus Intelligence, plus einem Glas Champagner. Und jetzt das. Als „Schande für Deutschland“ hat Gabriel Tönnies 2015 bezeichnet. In seiner anderen Rolle. Ob er so was auch mal über die Deutsche Bank gesagt hat, bei der er jetzt im Aufsichtsrat sitzt, bei einem der vielen Skandale, die sich das Geldhaus geleistet hat? Egal. In einer anderen Rolle ist Tönnies bestimmt ein lupenreiner Menschenfreund – und die Krim wird er auch nicht annektieren.

Nur die SPD kann ihre Rolle nicht wechseln. Sie verliert, indem ihre Führungsleute beständig aus der Rolle fallen, immer weiter an Glaubwürdigkeit und Stimmen. Und niemand ist da, der ihre Rolle übernehmen könnte.

Kommentare (48)

  1. #1 Fluffy
    3. Juli 2020

    Shakespeare “Ein Sommernachtstraum” 1. Szene 5. Akt

  2. #2 Alisier
    3. Juli 2020

    Dass Teile der CDU eine satirisch überspitzte Karikatur eines Konservativen, der soviel Lebenserfahrung hat wie eine Eintagsfliege zum Hoffnungsträger ausgerufen hatten spricht Bände.
    Und die SPD hat keine Rolle mehr: sie ist völlig aus der Zeit gefallen, und zwar schon lange. Sie erinnert mich zunehmend an die evangelische Kirche, die zu denken scheint mit der Reformation habe man sich als modern genug erwiesen und man müsse sich nun nie mehr wandeln.
    Gabriel hingegen, um den es ja geht, hatte schon mit seinen BILD-Auftritten die Grenzen des Anstands weit überschritten. Die Tönnies-Geschichte ist lediglich ein weiteres Fettauge auf einer billigen Suppe.

  3. #3 rolak
    3. Juli 2020

    Ach der^^ und ich dachte, es wär schon wieder was mit Klopapier zugange…

    Taschengeld

    Tja, so bekommt ‘Der hat die Hosen voll’ zackzack ne neue Bedeutung.

    Rolle nicht wechseln

    Tja, biste ersma etabliert als Schmierenkomödiant*, ist eine ImageÄnderung gar nicht so einfach, da kann die eine oder andere Person ein Lied von singen.
    Aber bei allem Respekt, es geht doch nicht darum, daß einer für die SPD einspringt, daß sie mit was auch immer die Rollen tauschen soll. Nee, sie soll schlicht anders agieren, für den Anfang vielleicht ordentliche Arbeit leisten.

  4. #4 RPGNo1
    3. Juli 2020

    Die Sachlage ist ganz einfach. Gabriel tritt in die Fußstapfen von Lafontaine und triezt die Partei, wo es nur geht, um es ihr heimzuzahlen, dass er nach der Wahl 2017 nicht Außenminister bleiben durfte, sondern ins zweite oder dritte, vierte etc. Glied abserviert wurde (jedenfalls seiner Empfiindung nach).

    Nur wählt er nicht den Weg des Napoleons von der Saar und gründet gleich eine neue Partei, sondern bleibt in der SPD, weil er genau weiß, dass er die Genossinnen und Genossen mit seinen Interviews, Auftritten oder monetären Entscheidungen bis zur Weißglut treiben kann.

    Das ist natürlich nur meine Hypothese. Aber sie hat einiges für sich, wie ich finde.

  5. #5 2xhinschauen
    4. Juli 2020

    Wer hat uns beraten?
    Sozialdemokraten!

  6. #6 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    4. Juli 2020

    Tönnies liefert was der Kunde nachfragt:

    “Gross ist die Empörung über die krank machende Fleischfabrik von Clemens Tönnies im Landkreis Gütersloh, gross ist allerdings auch die Heuchelei der Öffentlichkeit. Wirklich erschreckend sind nicht die 1500 Covid-19-Infektionen in der Grossmetzgerei, sondern drei andere Zahlen: Für Schweinefleisch liegt der Bioanteil in Deutschland bei 1,4, für Geflügel bei 1,8 und für Rindfleisch bei 4,4 Prozent.

    Oder in Worten ausgedrückt: Die Menschen fordern hygienische Schlachtung, faire Arbeitsbedingungen und Tierschutz, aber sie verhalten sich nicht entsprechend. An der Ladentheke zählen für sie drei andere Kriterien: billig, billig, billig.”

    https://www.nzz.ch/international/clemens-toennies-und-das-billig-fleisch-die-empoerung-ist-verlogen-ld.1564410

    • #7 Joseph Kuhn
      4. Juli 2020

      @ Karl Mistelberger:

      Viele wollen möglichst billiges Fleisch, manche können sich auch nicht anderes leisten, das ist schon richtig. Aber dass Tönnies Tier und Mensch ausbeutet, um Fleisch so billig zu machen, ist nicht die Schuld der Verbraucher, sondern dass sein Geschäftsmodell mit Werkverträgen zulässig war. Würde man Leuten wie Tönnies den Einsatz von Zwangsarbeitern erlauben, würden sie auch das ausnutzen, mit dem Argument, “legal ist legal”, und dem nicht ausgesprochenen Zusatz, “dass es legal ist, dafür haben wir gesorgt”.

      Dabei ist Tönnies doch gewiss ein hochanständiges Unternehmen:

      “Eigentümer und Management verfolgen den wirtschaftlichen Erfolg auf der Grundlage von Verantwortung für Mensch, Tier und Umwelt.”

      Mit einer kleinen Einschränkung:

      “Außerhalb seiner eigenen Prozesse ist das Unternehmen jedoch auf die Mitwirkung seiner Partner angewiesen. Der Schwerpunkt der Nachhaltigkeitsbemühungen liegt daher zunächst auf dem direkten Einflussbereich des Unternehmens”

      Der Seneca-Satz “Was das Gesetz nicht verbietet, verbietet der Anstand” ist dem Kapitalismus letztlich wesensfremd. So spielt auch Tönnies eben nur seine Rolle, was soll man erwarten?

      Davon abgesehen können die Verbraucher an der Ladentheke auch nicht gut unterscheiden. Auf dem Tönniesfleisch steht ja nicht “Hergestellt unter unmenschlichen Bedingungen”. Es sieht aus wie jedes andere Fleisch auch – Anschein nachhaltiger Landwirtschaft inklusive.

  7. #8 hto
    4. Juli 2020

    “Man sagt, daß vereinte Masse kein Gewissen hat – und das ist wahr genug; gewissenhafte Menschen aber verbinden sich zu einer Vereinigung mit Gewissen. 
    Das Gesetz hat die Menschen nicht um ein Jota gerechter gemacht; gerade durch ihren Respekt vor ihm werden auch die Wohlgesinnten jeden Tag zu Handlangern des Unrechts.” Henry David Thoreau

  8. #9 RainerO
    4. Juli 2020

    @ Joseph Kuhn

    So spielt auch Tönnies eben nur seine Rolle,…

    Der arme Tönnies! Er kann gar nicht anders. Warum eigentlich? Würde es dann ein anderer machen? Und die noch ärmeren Verbraucher, die ohne Möglichkeit eines Einflusses dem eigentlich auch armen Lieferanten ausgeliefert sind. Was für ein Dilemma!
    Vielleicht sollten wir wieder alle Selbstversorger werden. Jeder Einzelne. Dann erledigt sich das mit der Überbevölkerung gleich in einem Aufwasch.

  9. #10 rolak
    4. Juli 2020

    Der arme Tönnies! Er kann gar nicht anders.

    Warum eigentlich? Es war doch nirgends erwähnt, daß T. zu dieser Rolle gezwungen wäre, ja nicht einmal, daß er sie ungerne spiele.
    Sie hat ja (isoliert betrachtet) durchaus positive Aspekte, doch den meisten dürften die Voraussetzungen fehlen, sie durchzuhalten. ZB müßte man kalt lächelnd über Leichen gehen können, bisher eher im übertragenen Sinne, jetzt auch deutlich wörtlicher.

  10. #11 Joseph Kuhn
    4. Juli 2020

    @ RainerO:

    “Vielleicht sollten wir wieder alle Selbstversorger werden.”

    Siehe den Kommentar von hto, dem anarchisch gottgläubigen Radikalsozialisten.

    Auf sein Zitat kann man gut mit einem anderen berühmten Zitat antworten: “Zwischen dem Starken und dem Schwachen, zwischen dem Reichen und dem Armen, zwischen dem Herrn und dem Diener ist es die Freiheit, die unterdrückt, und das Gesetz, das befreit.” (Jean Baptiste Henri Lacordaire)

    Ansonsten ist es natürlich richtig: Wären wir alle Engel und lebten als moralische Automaten, bräuchte es keine Gesetze. Die realen Menschen heißen aber Tönnies, Gabriel, Amthor, Trump oder hto, und sind je aus ihrer Sicht gerne bereit, andere für ihre Ziele zu opfern. Daher braucht es eben politische Institutionen, die zumindest ihrer Verpflichtung nach das Gemeinwohl anstreben, als “Vereinigung mit Gewissen”.

    @ rolak:

    “über Leichen gehen”

    Am zwölften Tag: https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2014/01/11/guten-appetit/

  11. #12 RainerO
    4. Juli 2020

    @ rolak
    Ich sehe hier Tönnies weniger als Person, sondern als Archetyp.
    Außerdem will ich Joseph Kuhn nicht so leicht mit seinem “Verbraucher als ohnmächtige Opfer” davon kommen lassen. Wenn man Schnitzel um € 1,99 das Kilo kauft, ist man auch Täter.

  12. #13 Gerald Fix
    4. Juli 2020

    Ist dieser Gabriel-Job (als Türöffner für ein China-Geschäft, wenn ich das recht verstanden habe) etwas Außergewöhnliches? Wäre die Meldung eine Meldung wert gewesen, wenn es sich um ein anderes Unternehmen als jetzt gerade Tönnies gehandelt hätte? (Laut Lobbycontrol gibt es in Berlin 6.000 registrierte Lobbyisten. Von denen ist Gabriel genau 1).
    Nebenbei: VIB International Strategy Group GmbH & Co. KG im Tagesspiegel

  13. #14 Joseph Kuhn
    4. Juli 2020

    @ RainerO:

    “Wenn man Schnitzel um € 1,99 das Kilo kauft, ist man auch Täter.”

    Mag ja sein. Aber ist deswegen Tönnies keiner und Gabriel ein ehrbarer Kaufmann?

    Der “Verbraucher” an der Ladentheke ist tendenziell nicht in der Position, anstelle der Politik moralische Verantwortung für die Märkte zu übernehmen. Wie gesagt, er kann ja nicht einmal sehen, unter welchen Bedingungen Schnitzel, T-Shirt oder Sportschuhe hergestellt sind. Auch teure T-Shirts können aus Ausbeuterfabriken stammen, auch ein teures Schnitzel kann aus Massertierhaltung stammen und bei Tönnies geschlachtet worden sein.

    Ich kaufe übrigens nicht das billigste Fleisch im Discounter, sondern lieber beim Metzger. Tönnies hat sich nie bei mir darüber beschwert, dass ich sein Geschäft schädige.

    @ Gerald Fix:

    “Wäre die Meldung eine Meldung wert gewesen, wenn es sich um ein anderes Unternehmen als jetzt gerade Tönnies gehandelt hätte?”

    Kommt darauf an. Waffenhandel wäre bestimmt auch eine Meldung wert gewesen, ein Job bei der Süddeutschen Zeitung vermutlich nicht. Es geht ja nicht darum, dass Politiker nicht in die Wirtschaft gehen sollen, sondern darum, wohin sie dort gehen und was das über ihre poliitsche Glaubwürdigkeit aussagt. Als z.B. seinerzeit die Grüne Marianne Tritz zur Zigarettenindustrie ging, war das auch kein Ausweis für politische Glaubwürdigkeit.

  14. #15 Johann Hermann von Oehsen
    Hamburg
    4. Juli 2020

    @ Joseph Kuhn

    “Der “Verbraucher” an der Ladentheke ist tendenziell nicht in der Position, anstelle der Politik moralische Verantwortung für die Märkte zu übernehmen.”

    Genau! In der Marktwirtschaft orientiert der Konsument sich an seinen Präferenzen. Er muss und kann nicht Verantwortung für die Produktion tragen. Die Verantwortung liegt natürlich beim Produzenten und beim Gesetzgeber, der den Rahmen für die Produktion setzen und überwachen muss.

    So heißt es z.B.immer wieder über Amazon, dass man dort nicht kaufen soll, weil die Produktionsbedingungen schlecht sind und Amazon keine oder zu wenig Steuern zahlt. Das ist moralisch sicher gut gemeint, geht, wie ich finde, aber an die falsche Adresse-

  15. #16 RainerO
    4. Juli 2020

    @ Joseph Kuhn

    Aber ist deswegen Tönnies keiner und Gabriel ein ehrbarer Kaufmann?

    Nein, natürlich nicht. Aber es soll nicht so getan werden, als ob Verbraucher keinen Einfluss hätten. Das € 1,99-Schnitzel produziert ein Tönnies nicht aus Altruismus den Hartz-IV Empfängern gegenüber. Den meisten “Hauptsache billig”-Käufern dürfte es egal sein, die sollen dann aber auch den Mund halten und keine Empörung heucheln.

    • #17 Joseph Kuhn
      4. Juli 2020

      @ RainerO:

      “den Mund halten und keine Empörung heucheln”

      Ob das die Situation gut beschreibt? Du sprichst ja selbst die Hartz-IV-Empfänger an. Manche müssen sparen, wo sie können. Und wie gesagt, andere wissen gar nicht, was sie kaufen, weil es keine gute Kennzeichnung gibt. Kaufst du denn von zwei gleich aussehenden T-Shirts das teurere, in der Hoffnung, dass es dafür in Bangladesh etwas mehr Lohn gab und nicht nur mehr Reibach beim Händler hängenbleibt?

      “Das € 1,99-Schnitzel produziert ein Tönnies nicht aus Altruismus”

      Klar produziert Tönnies nicht aus Altruismus, sondern um Marktanteile abzusichern, bevor die ganzen kleinen Schlachthöfe wieder produzieren. Aber was folgt daraus in Sachen Moral? Oder in Sachen Gabriel?

  16. #18 uwe hauptschueler
    4. Juli 2020

    Das € 1,99-Schnitzel produziert ein Tönnies nicht aus Altruismus

    @RainerO
    Waren Sie schon länger nicht mehr einkaufen? Woher haben Sie diesen Preis? Das billigste Sonderangebot in den Prospekten dieses Wochenendes war 4,35€/kg für Holzfällersteaks bei Edeka. Übertreibung fördert Ihr Anliegen nicht.

  17. #19 RainerO
    4. Juli 2020

    @ uwe hauptschueler
    Ich komme gerade vom Einkaufen. Und ja, ich habe übertrieben. Aber nicht sehr. Lidl (Österreich): Hühnerschenkel mit Rückenstück € 1,66/kg, Huhn im Ganzen € 3,19/kg.
    Und ja, ich weiß, dass es viele Menschen gibt, die sparen müssen. Ich hatte auch eine (gar nicht mal so kurze) Lebensphase, wo es mir so ging. Aber Billigstfleisch habe ich auch da nicht gekauft. Was mich nicht zum Heligen macht, ich habe genug andere “Sünden” bei diesem Thema begangen.
    Und – abschließend – ja, ich weiß, dass es nicht einfach ist, sich zu informieren, wo etwas herkommt und wie es produziert wurde. Aber es ist nicht unmöglich.

    @ Joseph Kuhn
    Sorry, für das größtenteils OT. Ich bin eh schon still.
    Gabriel scheint Moral egal zu sein. Hauptsache, das Geld stimmt. Was ihn als “Sozialdemokraten” tatsächlich nicht sonderlich glaubwürdig aussehen lässt. Aber auch das dürfte ihm egal sein, sonst würde er es ja nicht machen.

  18. #20 Joseph Kuhn
    4. Juli 2020

    @ RainerO:

    “Sorry, für das größtenteils OT. Ich bin eh schon still.”

    So war das nicht gemeint. Mir ist nur nicht mehr klar, ob wir über Schnitzelpreise, Verbrauchereinfluss, die Rolle von Gesetzen oder die Moral von Tönnies und Gabriel diskutieren. Wobei das natürlich alles zusammenhängt. Leute wie Tönnies nehmen vermutlich mehr Einfluss auf Gesetze als die Verbraucher.

  19. #21 Gerald Fix
    4. Juli 2020

    #14
    Als Gabriels Engagement im Februar begann, war Tönnies noch ein ehrbarer Kaufmann. Meines Wissens war Gabriel auch nie einem Amt, in dem er Informationen über den Betrieb bekommen musste – im Gegensatz zu Herrn Laschet und Frau Klöckner.

  20. #22 rolak
    4. Juli 2020

    Tönnies noch ein ehrbarer Kaufmann

    Und das war der Februar in welchem Jahr in welchem ParallelUniversum?

    Gabriel auch nie einem Amt, in dem er Informationen .. bekommen musste

    Selbst wenn er bis gestern nicht von Lummerland runtergekommen wäre, von den mittlerweile aufgelaufenen Problemen kann er nicht nicht gehört haben. Und Du wirst mir sicherlich erklären, daß er insbesondere als Chef des BMWi keinesfalls davon tangiert worden ist.

  21. #23 RainerO
    4. Juli 2020

    @ Joseph Kuhn
    Die Themen werden sich schwerlich trennen lassen.
    Damit sich die Tönnies dieser Welt die passenden Gesetze kaufen können, braucht es die von uns gewählten Politiker, die das zulassen.
    Wie man das durchbrechen kann? Keine Ahnung. Vielleicht liegt es auch mit daran, dass der Typ Mensch, der es in politische Entscheidungspositionen schafft, es mit der Moral oft nicht so genau nimmt. Vielleicht habe ich aber auch nur zu viel House of Cards geschaut. Frank Underwood ist Gabriel jedenfalls nicht.
    Als Konsument kann ich aber zumindest versuchen, die allzu offensichtlich minderwertigen Dinge zu vermeiden. Ich könnte hinterfragen, ob das tägliche Stück Fleisch, oder das wöchentlich neue T-Shirt wirklich sein muss. Und wenn ich nur jeden zweiten Tag Fleisch esse und nur einmal im Monat ein neues T-Shirt kaufe *), kann ich mir gute Qualität auch mit schmalem Geldbeutel eher leisten.
    Ich weiß schon, dass solche Aussagen die Beobachterinnen dieser Welt auf die Matte holen, die mir die alleinerziehende Dreifach-Mutter mit Vierfachjob um die Ohren hauend werden. Ausnahmen, warum dies und das nicht geht, werden sich aber immer und überall finden lassen.
    ========================
    *) Ich habe in Wahrheit keine Ahnung, wie oft man sich ein neues (€ 2,- Bangladesh-)T-Shirt kauft. Meine letzten sind über ein Jahr her. Die verwendeten Zeiträume dienen nur der Veranschaulichung.

  22. #24 noch'n Flo
    Schoggiland
    4. Juli 2020

    @ JK:

    Aber ist deswegen Tönnies keiner und Gabriel ein ehrbarer Kaufmann?

    Strohmann.

  23. #25 uwe hauptschueler
    4. Juli 2020

    @Rainer0
    Sie, als Diskutant, tricksen auch nicht besser als Tönnies. Um Ihr Argument, 1,99/kg, zu stützen, wechseln Sie flugs das Produkt, obwohl Sie bei ihrem Einkauf auch die Schnitzelpreise hätten nachschauen können. Tönnies verarbeitet meines Wissens keine Hühner.

  24. #26 RainerO
    4. Juli 2020

    @ uwe hauptschueler
    Ach Uwe, ich habe doch bereits geschrieben, dass ich übertrieben habe. Schnitzel kann man meines Wissens nach auch aus Hühnerfleisch machen. Ich war übrigens nicht bei Penny (dort kaufe ich nicht ein), sondern habe nur ein Prospekt aus dem Altpapier gefischt.
    Des weiteren habe ich auch schon geschrieben, dass ich den Archetyp meine und nicht Tönnies persönlich.
    Ich trickse ganz sicher nicht besser als Tönnies. Aber im Gegensatz zu ihm beute ich nur meine 12 Jahre alte Tastatur aus, anstatt sie endlich in den Ruhestand zu entlassen.

  25. #27 Viktualia
    4. Juli 2020

    “Leute wie Tönnies nehmen vermutlich mehr Einfluss auf Gesetze als die Verbraucher.”
    Oh ja, wie wahr: https://www.welt.de/wirtschaft/article158898865/Toennies-schreibt-mit-der-Wurst-Luecke-Rechtsgeschichte.html Sie ist nun geschlossen die Lücke – https://de.wikipedia.org/wiki/Wurstl%C3%BCcke.
    und vielleicht schliesst sich bald die nächste mit den Werkverträgen.

    Netter Kommentar von einem Landwirt:
    “Das der Gabriel da Aushilft ist überhaupt kein Skandal. Der eigentliche Skandal ist, dass die Klöckner es nicht tut!”
    Wobei ich annehme, dass er meint, Frau Klöckner solle nicht nur Herrn Tönnies helfen, sondern den Landwirten, die Schweine züchten und vermehren oder mästen. Beim Umgang mit der verarbeitenden Industrie (über deren Absatzmöglichkeiten) – wenn sie schon nicht beim Umgang mit den hiesigen Verbrauchern hilft.

    So ne Rolle hat ja meist auch ne Achse, um die sie sich dreht….

    #11 – wir brauchen keine moralischen Engel-Automaten, nur ein Hirn mit weniger Respekt vor den Buchstaben und mehr Sinn für deren Bedeutung.

    @Joseph Kuhn, was sie mit der “Qualia” haben, hab ich noch nicht ganz verstanden, ich nehme an, was deterministischeres als in meiner Welt.

    “Der” Verbraucher” ist nicht das Gleiche wie “die” Verbraucher. Als Verbraucherin hab ich Einfluss auf meine Moral, aber nicht auf den Markt. Ob der “Markt” einen Einfluss auf die Moral hat – die Millionen, die in “Werbepsychologie” und Verpackung fliessen sprechen für sich – und, um den Bogen zu schliessen, sie fliessen auch in Beraterverträge mit Erzengeln.

    Und bevor es wieder zu “qualia-sektoriellen” Missverständnissen kommt: ich meine nicht das Fressen, das vor der Moral kommt, ich meine die Erwartungen, die man meint, ans Leben haben zu können, wenn man seine “Sektoren” an Werbung oder am “Markt” misst.
    Und was das mit dem Bild von “Verantwortung” macht, das man sich, Qualia hin oder her, in seinem Kopf macht.

    • #28 Joseph Kuhn
      5. Juli 2020

      @ Viktualia:

      “was sie mit der “Qualia” haben, hab ich noch nicht ganz verstanden”

      Es geht um nichts “Deterministisches”, sondern um unvertretbare Erfahrungen. In dem Zusammenhang wird über “Qualia” intensiv in der Analytischen Philosophie gestritten. Den Begriff habe ich hier aber nur als Assoziaton eingeworfen, für die, die das Thema kennen. Zur Orientierung, um was es geht, können Sie den verlinkten Wikipedia-Artikel lesen, in die Qualia-Diskussion selbst sollten wir hier aber bitte nicht einsteigen. Hier reicht das Bonmot von Maxim Gorki (das, um im Bild zu bleiben, gegen Qualia sprechen würde).

  26. #29 Gerald Fix
    5. Juli 2020

    #22
    a) Februar 2020
    b) Nein, Landwirtschaftsbetriebe gehören zum Bereich Landwirtschaftsministerium, da hält sich der Wirtschaftsminister raus.

  27. #30 RainerO
    5. Juli 2020

    @ Gerald Fix
    Gabriel hat diesen im Februar 2020 noch “ehrbaren Kaufmann” 2015 als “Schande für Deutschland” bezeichnet (also damals sehr wohl gewusst, was dort so ablief), aber im Februar diesen Jahres dann kein Problem, für ihn zu arbeiten. Was gibt es da zu verteidigen? Gabriel ist nur ein weiterer Fähnchen-in-den-Wind-Hänger.

  28. #31 Karl Mistelberger
    mistelberger.net
    5. Juli 2020

    > #7 Joseph Kuhn, 4. Juli 2020
    > Würde man Leuten wie Tönnies den Einsatz von Zwangsarbeitern erlauben, würden sie auch das ausnutzen, mit dem Argument, “legal ist legal”, und dem nicht ausgesprochenen Zusatz, “dass es legal ist, dafür haben wir gesorgt”.

    Das ist eine ausgesprochen sportliche Behauptung. Details zu ihrer Unterstützung wären sinnvoll.

    Im übrigen: Noch lieber als preiswertes Fleisch esse ich gratis Fleisch. Der Veranstalter hatte zum Abschluss einer mehrwöchigen Reise ein Steakessen vorgesehen. Die Portionen bestanden internationalem Standard entsprechend aus ca. 350 g Rinderfilet.

    Meine Verdauung war etwas angegriffen und der Magen daher leer. Neben meiner eigenen Portion putzte ich noch weitere drei weg von den Mitreisenden, die keinen Appetit auf Steak hatten. Diese natürliche Art der Behandlung wirkt garantiert und ist z.B. dem Schlucken von Imodium unbedingt vorzuziehen.

  29. #33 Wetterwachs
    5. Juli 2020

    “Nur die SPD kann ihre Rolle nicht wechseln. Sie verliert, indem ihre Führungsleute beständig aus der Rolle fallen, immer weiter an Glaubwürdigkeit und Stimmen. Und niemand ist da, der ihre Rolle übernehmen könnte.

    Die SPD kann ihre Rolle (Maske, Funktion, Kernbefugnis?) – ‘Vertreterin von sozialdemokratischen Prinzipien’ – nicht wechseln, weil sie dann keine sozialdemokratische Partei mehr wäre.

    Dass viele SPD-Führungsleute ihre Rolle kontraproduktiv verkörpern, und damit dazu beitragen, dass Sozialdemokratie an Vertrauen verliert bei den Menschen, die auf eine soziale Demokratie angewiesen sind, ist offensichtlich. Genauso kontraproduktiv ist aber der (um im Bild zu bleiben) Theaterkritiker mit seinem „spielt sowieso keine Rolle mehr“, ist „aus der Zeit gefallen“, darf vielleicht grade noch als „gute alte Tante SPD“ gesehen werden und ein amüsantes aber nicht systemrelevantes Nebenröllchen spielen. So einem eklektischen läppischen Gerede aus der nicht-sozial-affinen grün-linken Ecke sollten Sozialdemokraten widersprechen, damit es nicht zu einer self-fulfilling prophecy wird.

    Was macht jemand (wenn er Sozialdemokrat ist), der niemanden sieht, der die Rolle der SPD verkörpern könnte? Weinen? Sich damit abfinden, dass es dann eben unsozialdemokratisch weitergeht und man eben daraus das Beste machen muss?
    Die Vorstellung von dieser Gesellschaft ohne eine SPD ist mir ein Graus. Ich nehme zwar ein paar sozialdemokratische Kompetenzen außerhalb der SPD wahr, aber selbst wenn es die wirklich gibt, reichen sie allein nicht als Baustein für eine soziale Demokratie. Dafür ist die SPD ist schon wirklich unverzichtbar.

  30. #34 Alisier
    5. Juli 2020

    Die Krise der SPD den Linksgrünversifften anzulasten, weil diese die Überbringer der schlechten Nachricht sind, bringt wahrscheinlich nicht besonders viel, Wetterwachs.
    Was genau würde sich eigentlich Deiner Meinung nach ändern, wenn die jetzige SPD nicht mehr da wäre?
    Ich bin gespannt.

  31. #35 Wetterwachs
    5. Juli 2020

    Ich habe ausdrücklich nicht von linksgrünversifften gesprochen. Wenn ich mich nicht klar ausgedrückt haben sollte: mit “nicht-sozial-affin” meine ich die Teile der Grünen und der Partei die Linke sowie die nicht organisierten Sozial-Linken und Grünen, deren Priorität nicht auf “sozial” als Gestaltungsmerkmal für eine Demokratie liegt.

    Wenn die SPD nicht mehr da wäre, wenn der sozialdemokratische Aspekt keine Stimme mehr im Parlament hätte, hätten alle armen, unterpriviligierten, ungerecht bezahlten, arbeitslosen Menschen überhaupt keine Vertretung mehr. Wo sollen sie hin? Würden noch mehr von Ihnen die AfD wählen? Was ist mit den Gewerkschaften, können die gleich mit weg?
    Was ist mit den Menschen, die nicht am eigenen Leib von der Diskriminierungsform Klassismus betroffen sind, aber an realistischen wissenschaftlichen, künstlerischen, infrastrukturplanenden, bildungspolitischen usw. Modellen arbeiten, die mehr Gleichheit schaffen könnten?

  32. #36 noch'n Flo
    Schoggiland
    5. Juli 2020

    @ Alisier:

    Dass der Überbringer schlechter Botschaften für diese zur Rechenschaft gezogen wird, hat doch jahrhundertelange Tradition.

    @ Wetterwachs:

    Wo sollen sie hin?

    Wofür stand noch gleich die Linkspartei laut Eigendarstellung?

  33. #37 Alisier
    5. Juli 2020

    Nun Wetterwachs, ich bin mir unsicher, ob deine Antwort nun bitterböse Satire war oder nicht.
    Die SPD ist also die Vertretung der Armen und Unterprivilegierten im Parlament. Lasse ich dann mal so stehen.

  34. #38 Wetterwachs
    5. Juli 2020

    Nein, das sollte so nicht stehen bleiben. Du reduzierst bitterböse das, was ich geschrieben habe.

    Die SPD ist die einzige sozialdemokratische Partei im Parlament. Dass sie ihre Kernkompetenz in letzter Zeit dürftig eingebracht und unter Schröder verraten hat, ändert daran nichts. Sie soll nicht totgesagt werden, sie soll besser gemacht werden.

    Findest Du eigentlich, dass die Partei SPD obsolet ist oder ist für Dich die Sozialdemokratie für Dich völlig aus der Zeit gefallen und verzichtbar?

  35. #39 Joseph Kuhn
    6. Juli 2020

    Zumindest sollte man nicht darauf hoffen, dass sich die Grünen in größerem Maße für soziale Fragen einsetzen würden. Das passt nicht zu ihrem Profil als FDP mit Dosenpfand.

  36. #40 Alisier
    6. Juli 2020

    “……., sie soll besser gemacht werden,”
    Von wem denn?
    Und was “die” Sozialdemokratie sein soll, weiß ich ebenfalls nicht.

  37. #41 Alisier
    6. Juli 2020

    @ JK
    Wie schon gesagt: durch Grünen-bashing wird die SPD auch nicht sozialdemokratischer.
    Wenn man sich darauf beschränkt zu betonen was andere nicht können ohne die eigenen Stärken sichtbar werden zu lassen, so wirkt das nicht im Geringsten überzeugend.

    • #42 Joseph Kuhn
      6. Juli 2020

      @ Alisier:

      “ohne die eigenen Stärken sichtbar werden zu lassen”

      Ich dachte, meine eigenen Stärken seien gut sichtbar: Jeder Partei das ihr zustehende Maß an Kritik teilwerden zu lassen? 😉

      Um den Grünen noch etwas mehr zukommen zu lassen: Neben Marianne Tritz, die vorübergehend mal zur Zigarettenindustrie ging, wäre Matthias Berninger (erst Mars, dann Bayer/Monsanto) ein schöner Aufhänger für Glaubwürdigkeitsdiskussionen in dieser Partei. Auch über Rezzo Schlauch und seinen Einsatz für eine grüne Kernenergie bei EnBW könnte man gut ein paar Worte verlieren. Aber hier ging ja um die SPD und die müsste in der Tat selbst für ihre Glaubwürdigkeit sorgen.

  38. #43 Stephan
    6. Juli 2020

    Unter welchen Bedingungen halten die anderen Tönniesse dieses Landes ihre Lohnarbeiter? Und warum?

  39. #44 Alisier
    6. Juli 2020

    @ Joseph Kuhn
    Es war nicht gegen Dich gerichtet, aber Deine Kritik oder Dein Wohlwollen hat dennoch Schlagseite.
    Wobei die Wahrnehmung wahrscheinlich hauptsächlich daran liegt, dass ich mit der SPD im jetzigen Zustand herzlich wenig anfangen kann und nun mal sehr grünennah bin.
    Und Du bist wahrscheinlich nicht besonders SPD-fern wenn es um die klassischen sozialen Themen geht, für die die SPD sich anno dunnemals zuständig fühlte.
    Heutzutage sollten sich aus vielen Gründen alle Parteien zuständig fühlen. Ok, das macht sie weniger unterscheidbar, aber est albern, kontraproduktiv und manchmal richtig schlecht, wenn sich für das Soziale lediglich anderthalb Parteien zuständig fühlten.
    Aber dass die FDP mit ihrem völlig überholten antisozialen Gerede gar nicht mehr ankommt ist schon mal ein ermutigendes Zeichen.

  40. #45 Uli Schoppe
    6. Juli 2020

    Kommt vor @Alisier, ich kann mit den Grünen in ihrem jetzigen Zustand auch nichts (mehr) anfangen. Kann man ja mal kurz drüber nachdenken… 🙂

  41. #46 Wetterwachs
    6. Juli 2020

    @ Joseph Kuhn #42

    “Ich dachte, meine eigenen Stärken seien gut sichtbar: Jeder Partei das ihr zustehende Maß an Kritik teilwerden zu lassen? “

    In der Verteilung von Kritik alle Parteien gerecht zu behandeln, ist eine Ihrer Stärken und nicht zu übersehen. Mit dem Zwinkerköpfchen versehen kommt sogar die Beurteilung, was ein zustehendes Maß an Kritik ist, zumindest charmant rüber. Das können Sie sich das leisten.

  42. #47 Joseph Kuhn
    6. Juli 2020

    Zum Weiterlesen:

    1. Upton Sinclair: Der Dschungel. Roman über die Schlachthöfe in Chicago, 1906.

    2. Wolfgang Schorlau: Am zwölften Tag. Krimi über die Fleischindustrie in Deutschland. 2014.

    3. Michael Pollan: Das große Schlachten. Bericht über die Fleischindustrie in den USA in den Blättern für deutsche und internationale Politik 7/2020. Pollan schreibt z.B., dass Trump Fleisch unter Rückgriff auf ein Gesetz aus dem Koreakrieg “zu einem für die Landesverteidigung essentiellen knappen und kritischen Material” erklärt hat, um Betriebsschließungen in der Fleischindustrie zu verhindern. Die Beschäftigten sind zugleich gezwungen, ohne ausreichende Sicherheitsvorkehrungen an ihre Arbeitsplätze zu gehen.