Die Physik des Higgs-Teilchens ist ziemlich verrückt: Es bremst andere Teilchen, so dass sie eine Massebekommen, das Vakuum ist voller Teilchen, einige Teilchen werden von anderen gefressen, ach ja, Tachyonen spielen auch noch eine Rolle dabei.

Im ersten Teil haben wir gesehen, dass das Higgsteilchen den Materieteilchen ihre Masse verleiht. Dazu muss aber das ganze Vakuum mit dem Higgsfeld angefüllt sein. Wie das geht? Das – und noch einiges mehr – schauen wir uns jetzt an.

Das Higgs-Vakuum
“Vakuum ist, wenn da gar nichts ist, und wenn man ne Maus reintut, sie trotzdem drin krepiert.” So eine Definition, die ich irgendwann vor ewigen Zeiten mal im Fernsehen gehört habe. Wenn wir alles weggeräumt haben, was sich wegräumen lässt, dann bleibt Vakuum übrig.

Vakuum ist aber nicht leer – dank der seltsamen Quanteneffekte passieren im Vakuum ständig irgendwelche Dinge, es bilden sich für Bruchteile von Sekunden beispielsweise Teilchen-Antiteilchen-Paare. Im Vakuum steckt immer auch eine gewisse Energie, oft als Nullpunktsenergie bezeichnet – die kann man allerdings dem Vakuum nicht entziehen, auch wenn euch windige Pseudowissenschaftler etwas anderes erzählen wollen, das klappt nur in der Science Fiction.

Damit wir überall ein Higgs-Feld haben, muss das Vakuum also mit diesem Feld angefüllt sein – wir denken, dass es Vakuum ist, aber in Wahrheit ist noch jede Menge Higgs drin. Aber wo soll die Energie für das Higgs-Feld herkommen?

Auch dafür haben sich die Physiker etwas einfallen lassen: Das Higgs-Feld hat eine höhere Energie, wenn es gleich Null ist. Das häufig hierzu gezeigte Bild sieht so aus:

Mecanismo de Higgs PH.png
By Gonis from es, CC BY-SA 3.0, Link

Man spricht auch oft vom “Sombrero-Potential” (oder “mexican hat”). Aufgetragen ist hier nach oben die Energie gegen den Wert des Higgs-Feldes. Das Higgs-Feld hat hier zwei Komponenten, deswegen ist das Bild dreidimensional. In der Mitte, wo das Feld gleich Null ist, ist die Energie höher als in der “Rinne” der Hutkrempe. Ein Feldwert gleich Null ist also instabil, genau wie eine Kugel, die ihr auf die Mitte des Sombreros setzt. Die Kugel würde ja bei der leichtesten Störung herunterrollen und schließlich irgendwo in der Hutkrempe liegen bleiben. (Weil der Hut mit Kugel in der Mitte symmetrisch ist, aber mit Kugel in der Krempe nicht mehr, spricht man oft auch von einer “spontanen Symmetriebrechung”).

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Ein solches Verhalten lässt sich relativ leicht in eine Quantenfeldtheorie einbauen, man muss nur ein einziges Vorzeichen in der zentralen Formel umdrehen, nämlich da, wo die Masse steht. Genau gesagt wird aus einem +m2 ein -m2.

Was das bedeutet? Das bedeutet, dass das Higgs-Feld ein Feld ist, bei dem das Massenquadrat negativ ist. Und damit wird die Masse selbst mathematisch imaginär (denn wenn m2 negativ sein soll, dann geht das nur, wenn m ein Vielfaches der imaginären Einheit √(-1) ist). Das Higgs-Feld ist deshalb kein gewöhnliches Feld – das klingt jetzt wie Science Fiction, ist es aber nicht -: es ist tachyonisch. Tachyonen sind ja hypothetische Teilchen, die überlichtschnell fliegen können; das habe ich neulich ausführlich diskutiert. Dort habe ich allerdings den Aspekt, auf den es hier ankommt, nicht so stark betont: Ein einfaches Tachyon-Feld ist instabil.

Das sehen wir ja an dem Sombrero-Bild oben: Dadurch dass das Vorzeichen am Massenterm negativ ist, ist der Sombrero direkt am Nullpunkt nach unten gekrümmt – wieder nach oben krümmt er sich wegen weiterer Terme, die die Wechselwirkung des Higgsfeldes mit sich selbst beschreiben. (Mathematisch sind das höhere gerade Potenzen des Higgsfeldes, also z.B. hoch 4.)

Aus irgendeinem Grund, der mir absolut nicht klar ist, wird dieser Aspekt bei Diskussionen des Higgs-Mechanismus selten hervorgehoben. Es ist aber nicht daran zu rütteln: Das ursprüngliche Higgsfeld ist ein Tachyon-Feld.

Aber bevor ihr jetzt anfangt, euer überlichtschnelles Telefon zu planen oder die erste Zeitmaschine zu konstruieren (oder das CERN zu verklagen, weil finstere Forscher dort eine Zeitmaschine bauen), hier die schlechte Nachricht: Tachyonen habt ihr nur, solange das Higgsfeld verschwindet und euer Vakuum noch am Nullpunkt in der Mitte des Sombreros sitzt.

Wenn nämlich das Higgsfeld im Sombrero in die Krempe gerollt ist, dann krümmt sich dort ja alles ganz regulär nach oben:

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Sobald sich also das endliche Higgsfeld im Vakuum ausgebildet hat, ist es vorbei mit den Tachyonen – wenn ihr jetzt das Feld anregen wollt, dann tut ihr das ja um den momentanen Wert, die Energie erhöht sich also bei der Anregung, und damit ist die Masse, die ihr für eure Anregung messt, ganz normal positiv.

Man muss also begrifflich ziemlich aufpassen (und vermutlich habe ich irgendwo in diesem Text auch geschlampt): Das Higgsfeld ist das ursprüngliche Feld, das sich vor der Symmetriebrechung (wenn wir noch im Mittelpunkt des Sombreros sind) wie ein Tachyon benimmt und dabei instabil ist. Nach der Symmetriebrechung hat das Higgsfeld einen bestimmten Wert, der überall im Vakuum derselbe ist. Energetisch hat es jetzt sein Minimum angenommen. Es ist die Wechselwirkung mit diesem Feld, die den Teilchen ihre Masse verleiht.

Wenn ihr dieses Feld jetzt anregt, dann hat diese Anregung eine höhere Energie, entspricht also einem Teilchen mit positiver Masse. Dieses Teilchen ist das Higgsteilchen, das man am Cern zu finden versucht. Es entspricht einer Bewegung der Kugel um die aktuelle Mimimumslage herum in Richtung auf die Mitte zu oder von der Mitte weg – in der Richtung ist die Kurve brav nach oben gekrümmt und das Higgsteilchen hat deswegen eine positive Masse. Ihr seht damit auch, dass uns die Masse des Higgsteilchens etwas über die Form des “Sombreros” verrät – deswegen ist sie ein wichtiger Parameter im Standardmodell, den man gern kennen würde.

“Aber Moment mal – man könnte doch auch in der Hutkrempe entlang rollen, das kostet dann doch gar keine Energie?”

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Gute Frage. (Und wie jeder weiß bedeutet “gute Frage” zumindest bei Vorträgen auf Deutsch entweder “Ich hatte gehofft, dass das jemand fragt, weil ich jetzt zeigen kann, dass ich darauf ne schlaue Antwort habe” oder “Ich hatte gehofft, dass das niemand fragt, weil ich darauf keine schlaue Antwort habe”. Heute trifft hoffentlich der erste Fall zu.)

Das Rollen entlang der Hutkrempe ist eine Änderung des Higgs-Feldes ohne Energieänderung. Es entspricht einem masselosen Elementarteilchen und ist ursprünglich ein Grund dafür gewesen, warum man das Higgs-Feld überhaupt eingeführt hat. Aber dazu muss ich nochmal wieder etwas ausholen. (Allgemeines Aufseufzen bei der Leserschaft…)


Die Masse der Eichbosonen

Erinnert ihr euch an die W- und Z-Bosonen aus dem ersten Teil? Das sind die, mit denen der ganze Ärger losging, weil die nur an die linkshändigen Teilchen koppeln und nicht an die rechtshändigen.

W- und Z-Boson selbst haben aber auch eine Masse, sogar eine ziemlich große. Und auch das ist eigentlich gar nicht zulässig.

W und Z werden auch als “Eichbosonen” bezeichnet, weil man sie mit Hilfe von so genannten “Eichtheorien” beschreiben kann (die ich auch mal erklärt habe, ich bin ja der Erklärbär). Die Wechselwirkungsteilchen in Eichtheorien müssen – ähnlich wie die Materieteilchen im letzten Teil – auch masselos sein. Für das Photon stimmt das, nicht aber für das W- und Z-Teilchen, denn die haben eine Masse. Und das führt leider wieder zu einer Menge Ärger: In einer Eichtheorie mit massiven Eichbosonen werden alle möglichen Größen bei der Berechnung unendlich und – noch schlimmer – Wahrscheinlichkeiten addieren sich nicht mehr zu Eins auf (vornehm sagt man dazu “Verletzung der Unitarität”, weil das besser klingt als “Die Theorie ist so mies, dass nicht mal die einfachsten Sachen stimmen.”)

Für diese Teilchen können wir aber nicht denselben Mechanimus verwenden wie für unsere Materieteilchen und sie einfach ans Higgsfeld koppeln lassen. Das hängt wieder mit der Helizität (oder Chiralität, ich bleibe schlampig und unterscheide das nicht) zusammen.

Ähnlich wie die Materieteilchen haben Photon, W und Z auch einen Spin, man kann sich also auch bei ihnen vorstellen, dass sie sich wie kleine drehende Kugeln verhalten. Ihr Spin hat aber einen anderen Wert – während die Materieteilchen Spin 1/2 haben (in Einheiten von ? (“h-quer”), was die Physiker aber aus Faulheit nie dazu sagen), haben die Eichbosonen einen Spin von 1.

Der Spin eines Photons hängt mit einer Größe zusammen, die ihr vielleicht aus dem Alltag kennt, nämlich mit der Polarisation von elektromagnetischen Wellen. In einer elektromagnetischen Welle zeigen das elektrische und das magnetische Feld ja immer senkrecht zur Ausbreitungsrichtung – es gibt zwei unabhängige Polarisationsrichtungen, beispielsweise E-Feld nach oben/unten oder E-Feld nach vorn/hinten. (Und das kann man zum Beispiel ausnutzen, um 3D-Filme ins Kino zu bringen.)

Man kann sagen, dass Photonen des einen Polarisationstyps linkshändig sind, die des anderen rechtshändig.1 Photonen haben also – wie unsere Materieteilchen – zwei mögliche Helizitäten.

1Damit das sauber passt, braucht man zirkular polarisiertes Licht, aber das ist jetzt nur eine technische Feinheit, die ihr ignorieren dürft, ich schreibe das hier nur hin, damit die Experten nicht nörgeln.

Massive Teilchen mit Spin 1 wie das W und das Z haben aber drei mögliche Werte für die Helizität – man kann sie vereinfacht als rechtshändig, linkshändig und Null bezeichnen.

Und das bringt jetzt ein Problem mit sich: Wenn wir nämlich den Higgs-Mechanismus aus dem ersten Teil verwenden wollten, um ursprünglich masselose Eichbosonen mit einer Masse zu versehen, dann fehlt denen eine Möglichkeit für die Helizität – nur durch den Higgsmechanismus könnten sie zwar eine Masse bekommen, aber keinen zusätzlichen Helizitätswert (man spricht auch vom “Freiheitsgrad” – das häufig verwendete Physikerwort für Zahl von Möglichkeiten). Mit dem einfachen Higgsmechanismus können wir keine massiven Teilchen mit Spin 1 aus masselosen Teilchen mit Spin 1 bekommen, denn die könnten nie eine Helizität von Null haben.

Reale W’s und Z’s können das aber – das weiß man aus der alten Theorie der V-A-Kopplung, die ich letztes Mal kurz erwähnt habe. Mit nur zwei Werten der Helizität würden die Vorhersagen der Theorie nie mit dem Experiment übereinstimmen.

Da wir zwei W-Bosonen (mit + und -) und ein Z-Boson haben, fehlen uns also drei Freiheitsgrade, um aus masselosen Ausgangs-Teilchen “unsere” W’s und Z’s zu machen. Wo sollen wir die nun wieder hernehmen?

Die aufopferungsvollen Higgsteilchen
Na klar, das Higgs bringt die Rettung. Denkt noch mal an den Sombrero von eben. Wir hatten uns gefragt, was mit dem Rollen entlang der Krempe ist. Das kostet keine Energie und entspricht deshalb einem masselosen Teilchen. Dieses Teilchen ist eigentlich überflüssig, denn es gibt in unserer Welt kein Teilchen, dass einer solchen Anregung des Higgsfeldes entspricht. Wir haben also hier ein Teilchen zu viel. Dieses Teilchen hat keinen Spin und damit nur einen Freiheitsgrad.

Hmm – erst hatten wir drei Freiheitsgrade zu wenig bei den W’s und Z’s, hier haben wir einen Freiheitsgrad zu viel. Und jetzt beginnt die große Trickserei, die mathematisch deutlich weniger weit hergeholt aussieht, als sie jetzt in der Erklärung klingen wird.

Aus einem masselosen Boson (mit zwei Freiheitsgraden) und einem ebenfalls masselosen Sombrero-Hutkrempen-Entlangroll-Teilchen mit einem Freiheitsgrad können wir ein massives Vektorboson mit 3 Freiheitsgraden zusammenbauen (2+1=3). Dass das tatsächlich funktioniert, klingt erstmal ziemlich weit hergeholt, aber es ist so. Man sagt auch, dass das Boson ein masseloses Higgsteilchen “frisst” und so eine Masse bekommt. (Sehr schöne Bilder und eine ähnliche Erklärung wie hier findet ihr bei Quantumdiaries.)

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Was bei diesem “Fressen” passiert, kann man grob so umschreiben: Das Higgsfeld wechselwirkt mit den Bosonen. Wenn es einen von Null verschiedenen Wert bekommt, dann lassen sich die Formeln, die das Verhalten des masselosen Higgsfeldes und des bis jetzt noch masselosen Bosons so umschreiben, dass sie aussehen wie die Formel für ein Boson mit Masse, wobei der Higgsterm wegfällt. Beide Beschreibungen sind also gleich gut. (Genauso wie wir im ersten Teil zwei Möglichkeiten hatten, die Masse der Materieteilchen zu beschreiben: Mit einem Propagator mit Masse oder mit einem Propagator ohne Masse und den vielen Kringeln.)

Weil wir aber drei Bosonen haben, die eine Masse bekommen sollen, müssen wir drei masselose Higgsteilchen haben, die sich fressen lassen, eins für das Z und je eins für das W+ und das W. Dazu müssen wir unseren Sombrero um zwei Dimensionen erweitern, was dann etwas schwer zu zeichnen ist. Ihr müsst euch vorstellen, dass ihr entlang der Hutkrempe in drei senkrechte Richtungen rollen könnt.

Wir fangen an mit einem Higgsfeld mit vier Komponenten (die nenne ich jetzt nicht Higgs-Teilchen, weil der Name ja schon belegt ist), die alle gleich Null sind. Zwei der Higgsfeld-Komponenten sind elektrisch geladen (eine positiv, eine negativ, die werden nachher von den beiden W’s gefressen), zwei sind elektrisch neutral (eine verfuttert das Z, aus der anderen wird unser gutes altes Higgs-Teilchen).

Und wir fangen an mit vier masselosen Bosonen. Vier? Wieso vier und nicht drei? Das vierte Boson wird unser Photon werden, das bekommt aber keine Masse weil es kein Higgs zum Fressen abbekommt. Zwei der Bosonen sind neutral (die werden Photon und Z), zwei sind geladen, das werden die W’s.

Unser Higgsfeld mit seinen vier Komponenten kann mit diesen vier Bosonen wechselwirken (und tut das in Form einer Eichtheorie). Aber das Higgsfeld mit seinem Wert von Null ist instabil, weil es ja ein Tachyonfeld ist.

Das ursprüngliche Vakuum mit Higgsfeld Null geht deshalb in ein Vakuum über, in dem der Higgsfeld-Wert ungleich Null ist, so wie die Kugel in die Krempe rollt. Das Vakuum verändert sich also (deshalb auch der Titel dieses Textes.) In unserem vierdimensionalen Sombrero gibt es jetzt nicht eine, sondern drei Richtungen entlang der Hutkrempe, also drei masselose Teilchen. Zwei davon sind geladen und werden von den beiden W’s gefressen.

Eine der beiden anderen neutralen Higgs-Komponenten verbindet sich mit einem der beiden neutralen Bosonen und bildet das Z-Boson. (Das ist etwas vereinfacht, in Wahrheit ist das Z-Boson eine Mischung aus den beiden ursprünglichen neutralen, und das Photon ebenfalls – deswegen nennt man das ganze auch “elektroschwache Theorie”, weil Elektromagnetismus – das Photon – und schwache Kernkraft – die Bosonen – gemeinsam auftreten.) Die andere Higgs-Komponente ist die in radialer Richtung, bei der sich die Energie ändert (also die, die nicht in der Krempe läuft, sondern senkrecht dazu). Die ist jetzt das Higgs-Teilchen, das man am CERN gern finden möchte.

In Summe haben wir also angefangen mit 4 masselosen Bosonen (8 Freiheitsgrade) und 4 Komponenten des Higgsfeldes (macht zusammen 12 Freiheitsgrade). Am Ende, nachdem die Bosonen ihre Higgse gefressen haben, haben wir drei massive Bosonen (9 Freiheitsgrade), ein Photon (2 Freiheitsgrade) und ein massives Higgs-Teilchen (kein Spin, also 1 Freiheitsgrad). Macht wieder 12, die Summe stimmt also.

Ist das nicht ziemlich weit hergeholt?
Das klingt nun wirklich alles ziemlich konstruiert, oder? Das Vakuum ist voll von Higgs, Bosonen fressen andere Higgsfelder, Materieteilchen bekommen ihre Masse durch Wechselwirkung mit dem Higgs-Vakuum – sieht schon arg an den Higgsen herbeigezogen aus, oder?

Ist es auch. Und ich stimme mit jedem überein, der sagt, dass schöne physikalische Theorien anders aussehen. Deswegen hat es wohl auch so lange gedauert, bis das Standardmodell in dieser Form fertig war – diese ganzen Mechanismen, die ich hier so nett beschreibe, müssen ja alle sauber mathematisch hergeleitet und in ihren Konsequenzen überprüft werden. (Das nur als kleiner Hinweis für die, die mir jetzt mails schicken wollen, in denen sie ihre persönlichen Raumzeit-Oszillations-Vakuolen-Theorien oder was auch immer anpreisen wollen – rechnet’s durch, sonst taugt es nichts – und nein, ich habe keine Lust, für euch eure tolle Idee mathematisch zu berechnen. (Ja, solche mails bekommt man als Blogger…))

Gibt es denn irgendwelche Hinweise darauf, dass das alles so stimmt?

Zunächst mal gibt es ein paar indirekte Hinweise: Die so aufgestellte Theorie stimmt extrem gut mit den Beobachtungen überein. Man hat auf der Basis dieser Theorie die Existenz der Z-Teilchen vorhergesagt und z.B. – wie von der Theorie gefordert – festgestellt, dass das Z schwerer ist als die W’s. Auch einige Eigenschaften des Zs wurden richtig vorhergesagt. Außerdem löst das Higgsteilchen noch ein anderes kleines Problem: Berechnet man die Wahrscheinlichkeit für bestimmte Teilchenreaktionen, bei denen W-Teilchen entstehen (nämlich die Erzeugung eines W+-W-Paares aus einem Elektron und einem Positron) dann ergibt sich rechnerisch bei hohen Energien Unsinn – gibt es dagegen das Higgs-Teilchen, so kommt ein vernünftiger Wert heraus.

Trotzdem sind das alles nur indirekte Hinweise auf das Higgsteilchen. Und weil es einerseits ein zentraler Bestandteil der Theorie ist, aber andererseits auch konzeptionell schon ziemlich kompliziert, sind solche indirekten Hinweise natürlich zu schwach. Deswegen sucht man ja am LHC auch nach dem Higgsteilchen. Wenn derartig involvierte und raffinierte Konzepte (spontane Symmetriebrechung, nicht-verschwindender Feldwert eines tachyonischen Feldes im Vakuum, Massen durch Feldkopplung) rein theoretisch abgeleitet und dann experimentell bestätigt werden können, wäre das sicherlich ein Triumph der theoretischen Physik.

Wenn es dagegen nicht gefunden wird, dann wird man ins mächtig Grübeln kommen. Wahrscheinlich wird man nach Variationen des Standardmodells suchen (vielleicht solchen, in denen das Higgsfeld etwas anders funktioniert), aber vielleicht muss man auch deutlich mehr an theoretischer Physik über Bord schmeißen – am Ende könnte das Standardmodell oder das ganze Konzept der Eichtheorie sich als zwar brauchbare Näherung, aber konzeptionell als fehlerhaft erweisen.

Das Higgs-Teilchen zu finden ist also durchaus einige Anstrengungen wert. Wenn es gelingt, belegt das das Konzept der Eichtheorien, gibt uns eine Antwort auf die Frage, wie die Materie einen Teil ihrer Masse bekommt (die Masse von Protonen und Neutronen ist zu einem guten Teil auch durch die Bindungsenergie festgelegt), und wir verstehen die Natur des Vakuums besser. Die Suche nach dem Higgs lohnt sich also auf jeden Fall.


Das Higgs und die Strings
Aus aktuellem Anlass hier noch eine kleine Nachbemerkung: In der aktuellen Ausgabe von “Nature” kann man (neben einem leicht fragwürdigen Ausflug in die Traditionelle Chinesische Medizin) einen Artikel lesen, nach dem das Higgs-Teilchen aus der Stringtheorie vorhergesagt werden kann, und zwar in genau dem Massenintervall, in dem auch die Werte vom CERN liegen. Nun ja – ich bin sehr skeptisch. Es ist ja schon erstaunlich, dass die Stringtheoretiker seit Jahrzehnten versuchen, Teilcheneigenschaften vorherzusagen und dass es ihnen genau in dem Moment gelingt, wo tatsächlich ein neues Teilchen (möglicherweise) gefunden wurde. Einen ziemlich bösartigen Text zum Thema könnt ihr bei Peter Woit (einem der schärfsten Gegner der Stringtheorie) lesen.

Kommentare (94)

  1. #1 Johannes K.
    22. Dezember 2011

    Wieder mal ein guter Beitrag ;). Das Sombrero Potential ist zwar nicht sehr Weihnachtlich, bereitet aber immerhin Fernweh zu Ländern mit höheren Temperaturen. 🙂

  2. #2 IsabellaP
    23. Dezember 2011

    Und wie passen in dieses Konzept die masselosen Gluonen?
    Für diese würde ja kein Freiheitsgrad mehr übrig bleiben?

  3. #3 badhofer
    23. Dezember 2011

    .
    Eigentlich ist alles ganz banal!
    .
    Das grenzenlose Vakuum hat einen Fehler. Dieser Fehler, ein Impuls, der im Vakuum keinen Widerstand findet, kann nicht enden. Das Vakuum hat diesem Impuls nichts entgegen zu setzen, um ihn zu beenden. Das Vakuum kann seinen Fehler nicht beheben.

    So wie das Vakuum einen Fehler beinhaltet, so wird auch aufgrund der fraktalen Entwicklung alles Folgende einen Fehler beinhalten. Auch in der Allwissenheit wird dieser Fehler vorhanden sein, nämlich das Unwissen darüber, warum und was da eigentlich pulsiert. Im Gegensatz zum Vakuum, das nur in der Theorie vorhanden ist und deshalb auch absolut unendliche Eigenschaften haben kann, ist der Fehler im Vakuum in der Praxis vorhanden und kann daher nur relativ unendliche Eigenschaften haben.

    Und dann geschah etwas, das nach Murphys Gesetz irgendwann geschehen musste: Der Fehler nimmt sich selbst wahr und verändert dadurch seine Eigenschaften (Urknall). Er nimmt sich selbst wahr. Er erkennt, „dass er ist“, er erkennt jedoch nicht, „was er ist.“ Auf der Suche nach dem „was er ist“ spaltet sich der Ursprung (Vakuum/Fehler) fraktal in nahezu unendlich viele Eigenschaften auf. Schritt für Schritt, jeweils nur um eine Ausnahme, bis zum Denken, dem Gedanken, der Intelligenz. Wir nennen das „Evolution“.

    Das Denken steht nun an der Spitze dieser Entwicklung. Durch die Intelligenz hat der endlose Impuls nun auch die Möglichkeit, nicht nur zu erkennen, dass er ist, sondern auch zu erkennen, was er ist, nämlich nur ein ganz banaler Fehler im Vakuum, der schon immer da war, sich jedoch nicht wahrgenommen hatte.

    Im Leben ist der Ur-Impuls im Herzschlag enthalten. Könnte das Vakuum seinen Fehler besingen, es würde einen Text von Andre Heller verwenden: „Wie mein Herzschlag gehörst zu mir“

    Auszug aus https://www.physik.as
    .

  4. #4 MartinB
    23. Dezember 2011

    @IsabellaP
    Die sind ja masselos, deswegen sind sie unproblematisch. Ich habe hier nur den elektroschwachen Teil des Standardmodells angeguckt – die starke Wechselwirkung mit den Gluonen hat mit dem Higgsfeld nichts zu tun, das Higgsfeld wechselwiirkt nur mit den Eichbosonen, aber nicht mit den Gluonen. Wenn man alle Freiheitsgrade im Standardmodell zusammenzählt, dann kommen die Gluonen und die Fermionen natürlich noch dazu.

    @badhofer
    Ich hatte es ja geahnt, deswegen oben der Hinweis “für die, die mir jetzt mails schicken wollen, in denen sie ihre persönlichen Raumzeit-Oszillations-Vakuolen-Theorien oder was auch immer anpreisen wollen”.
    Durchrechnen, nicht faseln!

  5. #5 badhofer
    23. Dezember 2011

    @MartinB
    Wenn du dir von Zeit zu Zeit dein Leben in der Zukunft durchgerechnet hast, dann wirst du im nachhinein erkannt haben, dass immer alles etwas anders gekommen ist, als wie du es errechnet gehabt hast. Rechnen ist sehr viel, jedoch nicht alles!

  6. #6 MartinB
    23. Dezember 2011

    @badhofer
    Au mann, noch’n Klischee bitte – in der Physik wird gerechnet, das heißt ja nicht, dass man als Physiker alles berechnet.

  7. #7 badhofer
    23. Dezember 2011

    @MartinB
    Die Wissenschaft steht im Dienste der Menschheit. Wissenschaftliche Abhandlungen würden wesentlich populärer sein, wenn ein Bezug zum täglichen Leben hervorgehoben wird. Unser Leben wird ja dominiert von physikalischen Gesetzen, der Zusammenhang ist für die meisten aber meist nur schwer erkennbar.

    Wenn du dir die symbolische Geschichte mit dem Schneemann, ganz am Anfang auf https://www.physik.as , durchliest, dann erkennst du vielleicht eine Möglichkeit, wie du ab Morgen eventuell etwas anderes machen kannst, auch wenn es für dich nur ein Gefasel ist, wobei rein physikalisch gesehen du ja auch recht hast.

  8. #8 IsabellaP
    23. Dezember 2011

    @MartinB: Sorry, ich kenn deine Antwort auf meine Frage bezüglich der Gluonen nicht ganz einordnen. Sie seien kein Problem, weil sie ja masselos sind. Aber du schreibst im Artikel auch über die Photonen, die ja ebenfalls masselos sind:

    > Und wir fangen an mit vier masselosen Bosonen. Vier? Wieso vier und nicht drei? Das
    > vierte Boson wird unser Photon werden, das bekommt aber keine Masse weil es kein
    > Higgs zum Fressen abbekommt. Zwei der Bosonen sind neutral (die werden Photon und
    > Z), zwei sind geladen, das werden die W’s.

    In diesem Zusammenhang war meine Frage gemeint: Wo bleiben die Gluonen in diesem Modell?

  9. #9 MartinB
    23. Dezember 2011

    @IsabellaP
    Das Photon müssen wir deshalb mitnehmen, weil Photon und Z im Modell zusammenhängen – die beiden masselosen Bosonen, mit denen wir anfangen, überlagern sich sozusagen, eins wird das Photon, eins wird das Z. Deswegen spricht man ja auch von der “elektroschwachen” Theorie, weil die vermischt werden, wenn das eine neutrale Higgs “gefressen” wird. Das sollte die Anmerkung in der Klammer
    “(Das ist etwas vereinfacht, in Wahrheit ist das Z-Boson eine Mischung aus den beiden ursprünglichen neutralen, und das Photon ebenfalls – deswegen nennt man das ganze auch “elektroschwache Theorie”, weil Elektromagnetismus – das Photon – und schwache Kernkraft – die Bosonen – gemeinsam auftreten.) ”
    andeuten.

    Urpsrünglich (kurz nach dem Urknall) gab es also zwei masselose neutrale Bosonen, die beide an das Higgsfeld koppelten. Dann wurde das eine neutrale Higgs von denen gefressen, und übrig bleibt ein Photon (das gar nicht ans Higgs koppelt) und das Z (das ans Higgs koppeln kann).

    Die Gluonen haben damit wie gesagt nichts zu tun, weil sie gar nicht an das Higgs koppeln.

  10. #10 IsabellaP
    23. Dezember 2011

    Danke, Martin, jetzt hab ich’s verstanden.

  11. #11 Niels
    23. Dezember 2011

    @MartinB
    Schöner Artikel.
    Da hast du dir aber richtig Mühe gegeben. Einführungen zum Higgs-Mechanismus sind normalerweise sehr schwer zu verstehen.

    Vielleicht könnte man nochmal ausdrücklich erwähnen, dass das Higgs-Teilchen gerade nicht wie sonst üblich das direkt zum Higgs-Feld gehörende Teilchen ist.
    (Sondern nur eine Anregungen einer bestimmten Komponente dieses Feldes ist bzw eine Anregung um den für die Massen verantwortlichen speziellen Grundzustand herum).
    {Ist das eigentlich so richtig formuliert? Da kenne ich mich nicht wirklich aus.}

  12. #12 Ralph Ulrich
    23. Dezember 2011

    Ich finde es toll, wie Martin Bäker sich nicht als perfekten alles wissenden Wissenschaftler in seinen Artikeln darstellt sondern als forschenden – von Neugier getriebenen Menschen, der auch Fehler machen darf, wenn er mutig versucht zu komplizierte Prozesse für uns Laien bildhaft zu vereinfachen!

    Was ich an dem Higgs Modell für TrägeMasse-Inertia nicht verstehen kann:
    Wenn ein Großteil dieser Energie für Protonen/Neutronen in der Bindungsenergie der starken Kernkraft gespeichert ist und nichts mit dem Higgs-Äther-Feld zu tun haben soll:
    Wie kann es dann kommen, dass es bei der TrägenMasse zu absolut korrekten Verhältnissen kommt in Bezug auf

    – Trägheit
    – Energie
    – und sogar Gravitation

    Der letzte Punkt ist auch noch gar nicht angesprochen nur in Bezug auf das Higgsfeld! Wenn das Higgsfeld keine Koppelung an die einsteinsche Raumkrümmung der Gravitation hat, ist nicht zu erklären, wieso es dort zu absolut schönen, gleichmäßigen und entsprechenden Werten kommt.

  13. #13 MartinB
    23. Dezember 2011

    @Niels
    “Vielleicht könnte man nochmal ausdrücklich erwähnen, dass das Higgs-Teilchen gerade nicht wie sonst üblich das direkt zum Higgs-Feld gehörende Teilchen ist.”
    Steht das nicht mehrfach im text, z.B. direkt unter dem 2. Sombrero-Bild? Oder ist das immer noch missverständlich?

    @Ralph
    “Wie kann es dann kommen, dass es bei der TrägenMasse zu absolut korrekten Verhältnissen kommt in Bezug auf
    – Trägheit
    – Energie
    – und sogar Gravitation”
    Gute Frage 😉

    Zunächst mal gilt nach Einstein ja, dass Masse gleich Energie ist – wenn etwas Energie enthält, dann hat es auch Masse und damit Trägheit. Insofern ist die träge Masse hier eigentlich nicht das Problem.

    Nimm als Beispiel einen Atomkern, der sich aus Protonen und Neutronen zusammensetzt (und wir ignorieren mal, dass die aus Quarks bestehen und betrachten die als massive Kugeln). Wegen der Bindungsenergie der Kernteilchen ist die Energie des Atomkerns kleiner, als wenn ich die vier Teilchen röumlich getrennt hätte. Damit ist automatisch auch die Masse kleiner und entsprechend hat der Atomkern auch die zu dieser kleineren Masse passende Trägheit.

    Was die Kopplung an die Gravitation angeht: Da sind zwei Aspekte zu berücksichtigen. Wenn Teilchen sich im Schwerefeld bewegen, dann ist das ja äquivalent zur Trägheit, und dass die kein Problem ist, habe ich eben schon versucht zu erklären. (Denn wie in meiner ART-Serie zu lesen, ist die Schwerkraft ja eigentlich eine “Illusion”, Teilchen folgen .)

    Der andere Aspekt ist, dass massive Teilchen ja auch die Raumzeit krümmen. Auch da ist es aber so, dass es nicht die Masse ist, die entscheidend ist, sondern die Energie (Formal steht in den Einsteingleichungen der Energie-Impuls-Tensor drin). Auch hier ist es also z.B. beim Atomkern so, dass er die Raumzeit weniger krümmt, weil er wegen der Bindungsenergie weniger Energie enthält.

    Für die ganzen Higgs-Überlegungen gilt das jetzt ganz genauso: Wenn ein Elektron ans Higgsfeld koppelt und dadurch ne Masse bekommt, dann entspricht der eben auch eine Energie, die die Raumzeit krümmt.

    Wobei die Details, wie Elementarteilchen ganz genau mit der Raumzeitkrümmung wechselwirken, nicht so ganz klar sind – sollte ich die verstehen, könnt ihr das in nature oder meiner dann bald folgenden Nobelpreisrede nachlesen 😉

    “der auch Fehler machen darf”
    Ich sach ja immer: “Wer viiel arbeitet, macht viele Fehler, wer wenig arbeitet, macht wenig Fehler, und wir bemühen uns nach Kräften, Fehler zu vermeiden.”

    Fehler gehören dazu und sind wichtig, finde ich. Man kann ja nicht alles können und wissen und gleich im ersten Anlauf richtig machen – und wenn einen Leute beim Fehler machen erwischen, dann nimmt ihnen das gleich ein bisschen unnötigen Autoritätsrespekt (besonders bei Doktoranden wichtig, die sind dann “erwachsen”, wenn sie sich trauen, einem zu sagen, dass man gerade Müll erzählt).

  14. #14 MartinB
    23. Dezember 2011

    Nachtrag:
    Eine ganz andere Frage ist natürlich die, wie der nicht-verschwindende Wert des Higgsfeldes mit der Gravitation wechselwirkt – wenn die Raumzeit kurz nach dem Urknall einen viel höheren Energiegehalt hatte, weil das Higgsfeld noch Null war, dann müsste die Symmetriebrechung auch drastische Auswirkungen auf die Raumzeitkrümmung haben. Das fällt aber sicher auch unter das Quantengravitationsproblem (auch die Vakuumfluktuationen aller anderen Quantenfelder müssten eigentlich die Raumzeit massiv krümmen, tun sie aber nicht).

  15. #15 MartinB
    23. Dezember 2011

    Nochn Nachtrag: Da ist im ersten Text was verloren gegangen
    “Teilchen folgen .)”
    sollte natürlich heißen
    Teilchen folgen Geodäten, also der kürzesten Verbindung zweier Punkte in der gekrümmten Raumzeit.)

  16. #16 badhofer
    23. Dezember 2011

    Jahrelang hat man Texte, die man lesen musste oder wollte, solange gelesen, bis man auf den ersten Fehler gestoßen ist. Dann hat man den Text verworfen. Die Erkenntnisse sind inzwischen so weit fortgeschritten, dass, wenn man etwas liest, was auch nur an einer Stelle richtig ist, einen Schritt weiter bedeuten kann.

  17. #17 BastiSito
    23. Dezember 2011

    Beide Teile gelesen.
    Mehrfach.

    Ich starte nochmal von vorn – auf dem für mich halbwegs sicheren Terain von Feynman.
    😉

  18. #18 roel
    23. Dezember 2011

    @MartinB immer nur loben ist langweilig, aber einfach nur Abo reinschreiben auch. Wenn du aus deinen Physik-Beiträgen kein Buch machst, mache ich das eines Tages.

    Was ich an den Higgs so interessant finde ist, dass die kleinen Biester sich, trotz der ganzen Theorie anscheinend so gut verstecken können.

  19. #19 Ralph Ulrich
    24. Dezember 2011

    MartinB sagte:”Nimm als Beispiel einen Atomkern, der sich aus Protonen und Neutronen zusammensetzt (und wir ignorieren mal, dass die aus Quarks bestehen und betrachten die als massive Kugeln). Wegen der Bindungsenergie der Kernteilchen ist die Energie des Atomkerns kleiner, als wenn ich die vier Teilchen röumlich getrennt hätte. ”

    Da ist das Problem. Ich sehe es genau anders herum:
    Ein gebundener Atomkern hat mehr Energie als seinen Einzelteile. In einem gebundenem Atomkern gibt es die Bindungsenergie/starke Kernkraft, die nicht mit dem Higgsfeld wechselwirkt.
    Der Atomkern müsste schwerer sein als einzelne Quarks.
    Und wie kommt es dann, dass diese schwerere Schwere genau proportional zum Energiegehalt schwerer ist in ihren Auswirkungen auf Inertia/Trägheit und Gravitation wie Teilchen, die nur durch Higgs ihre Trägheit bekommen. Um eine genau proportionale Beziehung hinzubekommen müsste die starke Kernkraft etwas mit dem Higgsfeld zu tun haben!

  20. #20 MartinB
    24. Dezember 2011

    @roel
    “Wenn du aus deinen Physik-Beiträgen kein Buch machst, mache ich das eines Tages. ”
    Hmm, das klingt nicht gut, sondern eher nach guttenberg.

    @Ralph
    “Ein gebundener Atomkern hat mehr Energie als seinen Einzelteile.”

    Das ist verführerisch, so zu denken, aber leider falsch. Wichtige Regel: Bindungsenergie sind *immer* negativ, wenn man sie mit dem ungebundenen System vergleicht.

    Ich erkläre es mal mit nem anderen Beispiel: Nimm zwei Materieklumpen, die sich anziehen (entweder elektrisch oder gravitativ, das ist egal). Wir starten mit den beiden Klumpen sehr weit weg voneinander. Das System hat jetzt eine bestimmte Energie.
    Dann lassen wir die beiden Klumpen los. Sie stürzen aufeinander zu. Kurz bevor sie aufeinanderprallen haben sie beide eine Geschwindigkeit, die sie vorher nicht hatten. Die Energie dafür kommt aus der potentiellen Energie (woher sonst), die muss also kleiner sein als vorher – Bindungsenergien sind negativ.

    Das ist ja auch der Trick bei der Kernfusion: Wenn ich vier Protonen zu einem Heliumkern und ein bisschen Extra-Zeugs zusammenbacke, dann wird Energie frei, weil der Heliumkern weniger Energie hat.

    Wenn Bindungsenergie positiv wären, dann wäre es für das System ja energetisch “günstig” (mit allen notwendigen Vorbehalten beim Thema Energieminimierung, hier ist das aber o.k.), in seine Bestandteile zu zerfallen – ganz ähnlich wie bei dem Sombrero oben wäre das gebundene System instabil. Vielleicht sollte ich mal nen Text über Energieerhaltung, Energieminimerung und so schreiben – da denkt man als Physiker immer, dass das ja völlig klar ist, aber neulich gab’s ja auch schon ne Diskussion dazu…

    “Und wie kommt es dann, dass diese schwerere Schwere genau proportional zum Energiegehalt schwerer ist in ihren Auswirkungen auf Inertia/Trägheit und Gravitation wie Teilchen, die nur durch Higgs ihre Trägheit bekommen.”

    Jedes System hat eine Gesamtenergie E. Nach Einstein ist E=mc2, und dieses m ist dabei die Masse, und zwar sowohl die schwere als auch die träge Masse. Es ist dabei vollkommen egal, wo die Energie herkommt: Ein Elektron, das mit hoher Geschwindigkeit fliegt, hat (in meinem Bezugssystem) eine höhere Trägheit, weil es eine höhere kinetische Energie hat (und die Regeln der SRT sorgen dafür, dass das in allen Bezugssystemen konsistent bleibt).

    Ein Elektron in Ruhe bekommt seine Masse durch Wechselwirkung mit dem Higgsfeld. Dem entspricht eine bestimmte Energie, und diese Energie sorgt für die Trägheit. Ein Atomkern bekommt seine Masse durch die starke Kernkraft, dem entspricht auch wieder ne Energie, und die sorgt für die Trägheit.

    Ist ein bisschen so wie bei der Einkommenssteuer – es ist egal ob du dein Geld als Physiker, Lastwagenfahrer oder Krankenpfleger verdienst, die Einkommenssteuer richtet sich nach dem Geld, das du bekommst, unabhängig davon, woher es kommt.

  21. #21 badhofer
    24. Dezember 2011

    @MartinB
    >> unabhängig davon, woher es kommt.
    Würdest du die Frage beantworten, woher es kommt? z.B. von A, hättest du nur eine neue Frage eröffnet, nämlich: „Wie ist es nach A gekommen? Die Antwort: Nach A ist es von B gekommen, würde wieder nur eine neue Frage eröffnen, nämlich: Wie ist es nach B gekommen? usw. (Matrjoschka Puppen) Die Frage kann doch nicht sein, woher die Energie kommt oder aus welchem Versteck sie wirkt, sondern, was machen wir aus der Tatsache, dass sie da ist.

    Der Vergleich mit der Einkommenssteuer ist hervorragend. So wie auch der Jesus (unabhängig davon, ob es den überhaupt wirklich gegeben hat oder nicht) nur in Vergleiche zitiert wird. Um den Mikrokosmos zu erfassen, sucht man sich eine vergleichbare Situation aus unserem wahrnehmbaren Bereich und stellt einen Vergleich dazu her. Dann wir die Situation wesentlich bildlicher erfassbar. Jetzt muss ich eine Stelle aus dem von dir als Faselei bezeichneten Text von https://www.physik.as zitieren: „Man wir sowohl im Makrokosmos als auch im Mikrokosmos keine Situation finden können, die man nicht auch in unserem wahrnehmbaren bereich finden kann“ Die Physik wird wesentlich leichter durchschaubar, erfassbar und vermittelbar, wenn man Vergleiche dazu herstellt.

    >> Jedes System hat eine Gesamtenergie!
    So aus, fertig. Die Frage ist jetzt: „Was machen wir damit.“ Nützen wir sie zum vereinen oder zum spalten.? Die Frage, woher sie kommt überlassen wir lieber den Matrjoschka`s beantworten.

    Die fähigsten Leute der Welt beschäftigen sich mit der Matrjoschka-Frage, woher wir kommen und lassen die Frage, was machen wir aus der Tatsache, dass wir da sind, den Politikern (um nicht zu sagen, den größten Trotteln) über. Na, bravo!

  22. #22 roel
    24. Dezember 2011

    @MartinB Guttenberg hatte einige Probleme, die ich nicht habe, er hatte dutzende von Datenträgern, von dutzenden von Quellen und hat die paar Worte, die er selber geschrieben hat, nicht mehr wieder finden können. Ausserdem hat er dann noch fürchterlich mit den Quellenangaben geschlampt… Ich habe nicht vor, ihn irgendwie zu imitieren.

  23. #23 MartinB
    24. Dezember 2011

    @roel
    Naja, wenn *du* meine texte als Buch rausbringst, dann könntest du eventuell doch ein Problem bekommen – und nein, meine Bemerkung war nicht so ganz ernst gemeint.

  24. #24 Ralph Ulrich
    24. Dezember 2011

    Ok, dass Bindungenergie immer negativ ist
    – darüber hatte ich noch nie nachgedacht – ich dachte immer nur Energie ist positiv=Masse –
    klingt logisch, weil andersrum die Dinge auseinanderfliegen würden, weil es EntropieEnergetisch günstiger wäre.

    Aber warum dann die Behauptung:
    “Ein Atomkern bekommt seine Masse durch die starke Kernkraft”

    Das ist doch positiv gemeint, oder gibt es neben negativer Energie auch negative Masse?
    Ist die starke Kernkraft Bindungsenergie? Dachte ich doch so, oder was ist sie?

    Wenn diese “Masse durch starke Kernkraft” nicht mit dem Higgsfeld interagiert und sie nicht als Trägheit durch Higgs definiert ist, dann ist doch verwunderlich, dass überhaupt etwas korreliert. Und dann korreliert das alles noch so ungemein genau und auf allen Ebenen!

    Das wollte ich sagen: Obwohl Higgs und starke Kernkraft zwei Welten sind, die angeblich nichts miteinander zu tun haben, haben die beiden aber genau den gleichen Geschmack.

  25. #25 MartinB
    24. Dezember 2011

    @ralph Ulrich
    “Ein Atomkern bekommt seine Masse durch die starke Kernkraf”
    Ja, da habe ich mich mal wieder schlampig ausgedrückt: Die Masse des Atomkerns ist gleich der Masse der Protonen + Neutronen minus der Bindungsenergie. Und die Protonen und Neutronen bekommen ihre Masse im wesentlichen durch die Starke kernkraft. Ich klaue mal bei Wiki:
    “Weniger als 5 % der Masse des Protons kommt von den Valenzquarks, der Rest stammt von der Bewegungs- und Bindungsenergie zwischen Quarks und den Gluonen, wobei letztere als Kraft-Austauschteilchen die starke Kraft zwischen den Quarks vermitteln”
    Und jetzt sagst du – zu recht – dass ich eben doch behauptet habe, wenn die Bindungsenergie positiv wäre, dann würde das gebundene Gebilde zerfallen.

    Das ist aber bei Protonen und Neutronen nicht so, weil die starke Kernkraft mit der Entfernung zunimmt – ein Proton hat bereits die kleinstmögliche Energie, die eine Ansammlung von drei Quarks haben kann, wenn man versucht, die Quarks rauszureißen, dann kostet das Extra-Energie. Das ist die sogenannte “asymptotische Freiheit”, die ist schon sehr speziell und tritt nur bei der starken Kernkraft auf.

    “Wenn diese “Masse durch starke Kernkraft” nicht mit dem Higgsfeld interagiert und sie nicht als Trägheit durch Higgs definiert ist, dann ist doch verwunderlich, dass überhaupt etwas korreliert”
    Wie gesagt, dass liegt daran, dass es der Trägheit vollkommen egal ist, woher die Energie kommt. Die Energie ist sozusagen der “gleiche Geschmack”.

  26. #26 Aveneer
    26. Dezember 2011

    Der Nachteil von Diskussionen in einem Blog ist nach meinen Beobachtungen der, dass schon nach wenigen Tagen keiner mehr „reinschaut“ – Ich hoffe trotzdem, dass jemand die Frage beantworten wird/kann:

    Bewegungsänderungen bei masselosen Teilchen erfolgen ja (meines Wissens) immer Instantan. „Photonen werden nicht Beschleunigt“

    Erfolgen nun auch bei massebehafteten Teilchen (behaftet passt ja nun ganz gut :-)) Bewegungsänderungen Instantan?

    Gruß
    Aveneer

  27. #27 Harleaquin
    27. Dezember 2011

    Welche Auswirklungen hat der Higgs-Mechanismus, sollte er denn tatsächlich existieren, auf die Kosmologie? Besonders auf die Kosmogenese?
    Das Problem bei solchen “arg konstruiert” wirklenden Mechanismen ist ja die Frage nach ihrer Entstehung. Und da hab ich als Laie Probleme beim gesamten Standardmodell.
    Wilde Spekulationen über einen Bärtigen Weltenbauer mal ausgeklammert, sollte ja der Beginn von Allem möglichst simpel gewesen sein. Aber simpel stelle ich mir den Urknall an der Spitze des Sombrero Hutes nicht gerade vor. Dürfte einiges an Mathematischer Komplexität hinzufügen, als vereinfachen. Hmmm.. Irgendwie würde mir glaube ich ein tatsächlicher Fund des Higgs Teilchens nicht gefallen…

  28. #28 MartinB
    27. Dezember 2011

    @Aveneer
    Keine Bange – durch das “neuste Kommentare-Feld” links sehe ich meistens, wenn jemand was schreibst, selbst wenn es zu alten Texten wie den Maxwellgleichungen ist. Falls ich mal ne Frage ignoriere, schick mir einfach ne mail und beschwer dich.

    Das mit der “instantanen” Beschleunigung ist so nicht ganz korrekt, glaube ich. Nehmen wir mal einen Prozess, bei dem ein Photon ausgesandt wird: Im Bild der Feynman-Diagramme (ich verweise mal wieder auf meinen alten Text dazu) musst du ja über alle denkbaren Zeitpunkte und Orte summieren, und der Gesamtprozess ergibt sich als Summe aus all denen. In der Sprache der normalen Quantenmechanik würde man mit der Unschärferelation argumentieren – so oder so ist der Zeitpubnkt, zu dem ein Photon entsteht, normalerweise nicht exakt bestimmt, deswegen muss man mit dem Begriff “Beschleunigung” vorsichtig sein.

    Bei massebehafteten Teilchen ist das ähnlich – da kommt jetzt noch hinzu, dass man die vielen Möglichkeiten, mit einem, zwei, drei… Kringeln im Diagramm alle berücksichtigen und aufaddieren muss. Und da kann dann – z.B. in einem elektrischen Feld – in der Summe ein ganz normales Bechleunigungverhalten herauskommen (wobei ich nicht weiß, ob das schon mal jemand explizit ausgerechnet hat).

    @Herlaquin
    “Aber simpel stelle ich mir den Urknall an der Spitze des Sombrero Hutes nicht gerade vor”
    Ist insofern aber “einfach”, weil dieser Zustand vollkommen symmetrisch ist. Was “Einfach” ist, ist aber Geschmackssache – Supersymmetrie- und Superstringanhänger finden es total schick und einfach, anzunehmen, dass alle Elementarteilchen in einer einzigen mathematischen Gruppe (zum Beispiel das “Monster E8” – ruhig mal googeln) zusammengefasst werden, und dass man dafür ein paar Hundert neue Elementarteilchen postulieren muss, stört die gar nicht. Mein Geschmack ist anders.

    Und wer sagt schon, dass das Universum “einfach” sein muss – gerade die Multiversumsanhänger würden das vermutlich nicht annehmen – das es viel mehr möglichkeiten gibt, komplizierte Universen als einfache zu bauen, wäre unsers statistisch gesehen höchstwahrscheinlich kompliziert.

    Was die genauen Auswirkungen auf die Kosmogenese angeht, da bin ich im Detail überfragt. Sicherlich muss das Higgs-Vakuum irgendwann kurz nach dem Urknall vom symmetrischen in den gebrochenen Zustand übergehen, aber was da genau passiert ist und welche Auswirkungend as auf die Raumkrümmung etc. hatte (oder ob das vor, während oder nach der Inflation passierte) weiß ich spontan nicht. Könnte sein, dass Floorian darüber mal geschrieben hat, der ist ja unser Kosmologe.

  29. #29 Aveneer
    29. Dezember 2011

    Hallo MartinB,

    Wenn ich dich richtig verstehe, kann man aufgrund der „Unschärfe/Gesamtprozess “ nicht ausschließen, dass das Photon durch die Zwischenschritte nicht doch eine Art Beschleunigung erfährt? Finde ich nicht schlecht. Nur dachte ich aus der Erinnerung heraus, dass andere Überlegungen dies irgendwie ausschließen (ggf. RT…). Zudem hatte mir den Gedanke recht gut gefallen, dass alles was man braucht, ist sich von Higgsfeld „abzukoppeln“ um c zu erreichen/Ruhemasse „abzuwerfen“. Da kommen doch einem gleich neue Antriebskonzepte in den Sinn ;-).
    Spaß bei Seite: Grundsätzlich würde man aber so doch eine Beschleunigung des Photons ausschließen können (als unnötig erachten), da es nicht mit dem Higgsfeld wechselwirkt und daher instantan c besitzt. Anders ausgedrückt: Indem Moment indem ein Teilchen nicht mehr mit dem Higgsfeld wechselwirkt besitzt es c. Indem Moment indem aus zwei Photonen ein Teilchenpaar entsteht besitzen sie Ruhemasse und sie erreichen instantan ein v

  30. #30 MartinB
    29. Dezember 2011

    @Aveneer
    Das Problem mit deiner Vorstellung ist, dass du das Photon als Teilchen ansiehst und sozusagen einen einzigen Feynman-Graphen mit einem exakten Raumzeitpunkt der Photonentstehung im Kopf hast. In jedem einzelnen Graphen wird das Photon natürlich instantan auf c gebracht. In der Summe aller Graphen – wenn man also das Feld betrachtet – wird es aber schwierig, ein Konzept wie die Beschleunigung eines Photons überhaupt zu definieren (letztlich eine Form des Welle-Teilchen-Dualismus). Man hat ja immer eine Art Wellenpaket, das macht die eindeutige Definition von Geschwindigkeit (und beschleunigung) schwierig – und in der QFT sind Photonen ja nicht auf v=c festgelegt, sondern dürfen davon abweichen (das nennt man dann meist “virtuelle teilchen”, aber der Begriff ist mit Vorsicht zu genießen – kommt im nächsten Teil der QFT-Serie dran, falls ich mich mal von den ganzen tollen Dino-Artikeln und anderen Ablenkungen losreißen kann, um den endlich fertig zu machen…)

  31. #31 Harleaquin
    30. Dezember 2011

    Hmm..
    Gehen wir mal von der Korrektheit des Higgs Mechanismus aus. Und nehmen wir nun an er würde nicht irgendwann nach dem Urknall eintreten. Dann könnte man sich den Verlauf des Urknalls recht langweilig vorstellen.
    Ein Haufen Energiequanten, die sich mit Lichtgeschwindigkeit “ausbreiten”. Alle voneinander weg, also gänzlich ohne Interaktion miteinander.
    Das ergäbe eine recht langweilige statische, glatte Raumzeit. Jede Weltlinie eines Energiequants ist aus seiner sicht gleich. Und da es ja keine “Draufsicht” aufs Ganze gibt, öhh, für die Quanten keine Zeit vergeht (dank Lichtgeschwindigkeit), kann man weder von der Existenz von Raum, noch von Zeit sprechen.
    Die Beschreibung dieses Universums wäre denke ich recht simpel.

    Erst mit dem Higgs und dem Abbremsen bestimmter Energiepaketchen, kommen unterscheidbare, individuelle Weltlinien ins Spiel. Und somit dann erst Raum und Zeit. hmm..

    Bin ich da prinzipiell auf dem Holzweg, oder könnte man so argumentieren?

  32. #32 MartinB
    30. Dezember 2011

    @Harleaquin
    Ich finde das unglücklich – mit dem Higgsmechanismus bewegen sich ja auch alle Teilchen in ihren Feynmandiagrammen mit Lichtgeschwindigkeit, und effektiv sehen wir etwas anderes.

    Oder nehmen wir Quarks in Nukleonen – soo anders würden Nukleonen vermutlich gar nicht aussehen, wenn Quarks masselos wären; ein Verbund von drei Quarks wäre immer noch stabil.

    SIcher wäre eine Welt aus lauter masselosen Teilchen anders als unsere – aber dass man dort keine Zeit und keinen Raum definieren kann, sehe ich nicht. Letztlich hätte man ja trotzdem eine Feldtheorie, mit Feldwerten (bzw. deren quantenmechanische Überlagerung) an den jeweiligen Raumzeitpunkten.

    Wen ich es richtig verstehe, macht z.B. Penrose die Lichtkegel zu den fundamentalen Objekten in seiner Twistor-Theorie – trotzdem sollen da am Ende Raum und Zeit wie bekannt rauskommen. Ich glaube, ganz so einfach ist es also nicht.

  33. #33 Harleaquin
    30. Dezember 2011

    Wärs so einfach, wären ja auch schon klügere Menschen als ich darauf gekommen, wie alles Begann 🙂

    Aber ich mag solche was-wäre-wenn Gedanken. Und solche Artikel sind da immer sehr inspirierend.

    Andersrum spekuliert, was wäre wenn Licht eine Masse hätte, findet sich übrigens in “The Clockwork Rocket” von Greg Egan. Um mal einen nachweihnachtlichen Buchtipp zum Besten zu geben.

  34. #34 MartinB
    30. Dezember 2011

    Ja, spekulieren ist immer gut (so lange man weiß, dass es einen Unterschied zwischen “ich spekuliere wild in der Gegend rum” und “Ich habe gerade die Welterklärungstheorie gefunden und die muss richtig sein” gibt.)

    Licht mit Masse – hmm, dann hätte die elektromagnetische Kraft ne endliche Reichweite und würde exponentiell abnehmen. Was heißt denn das für die Maxwell-Gleichungen?

  35. #35 badhofer
    1. Januar 2012

    Jede Forschung beinhaltet Phasen wilder Spekulation. Wenn ich meinen Schlüssel in der Wohnung verlege und er überall dort, wo er sein könnte, nicht aufzufinden ist, dann suche ich auch an Stellen, wo er sicher nicht sein kann.

    Wie kann man etwas entdecken, wenn man nur eingetretene Pfade geht?

    Wie oft fällt beim Fußball ein Tor aus einer Situation, die nie zu einem Tor führen kann. Wie oft muss ein Fußballspieler daneben schießen, bis er ein Tor erziehlt?

  36. #36 Stefan
    11. Juli 2012

    Besonders gut hat mir hier die kleine Seitendiskussion abseits des HIGGS-Themas gefallen, naemlich zu dem Punkt: Energie-Erhaltung (global) und Energie-Minimierung (lokal). Philosophisch gesprochen haben wir hier zwei Welt-Prinzipien die zueinander in einer “dialektischen Spannung” stehen (denn man kann ja nicht ueberall gleichzeitig die Energie minimieren derweil die Gesamtenergie doch konstant sein soll), aus welcher dann zeitlich-dynamisch alle “Bewegung” (wiederum philosophisch gesprochen) der Welt hervorgeht. Gaebe es nur eines dieser beiden Prinzipien, dann waere unsere Welt ziemlich schnell ziemlich tot. Ich freue mich schon auf MB’s angekuendigten Blog-Artikel zum Thema Energie-Erhaltung und Energie-Minimierung 🙂

  37. #37 Uwe Bussenius
    Saarbrücken
    11. September 2012

    Leute,
    ich finde es ja toll, was ihr da alles so schreibt, aber zählt mal all die unterschiedlichen Begriffe auf, die ihr da für eure “Welterklärung” verwendet. Hat sich von euch schon jemand mal Gedanken gemacht, was das metaphyische Grundmaterial all dieser wundersamen Begriffe ist/sein könnte? Es gibt doch auch unter Physikern eine Menge Monisten, denen muß es doch sauer aufstoßen bei all den unterschiedlichen Teilchen, Feldern, Vakua, Raumzeiten und sonstigen Bestandteilen eurer Welt.

  38. #38 MartinB
    11. September 2012

    @Uwe
    Teilchen und Felder sind in der Physik letztlich dasselbe, die Vakua sind zustände der felder, also eigentlich haben wir nur Quantenfelder, die sich in einer Raumzeit befinden, mehr ist da nicht – die anderen Konzepte sind eigentlich nur vereinfachte Modellvorstellungen.
    Im übrigen fragt man als Physiker ja nicht, welche Theorie einem am wenigsten sauer aufstößt, sondern welche die Welt am besten beschreibt.

  39. #39 Uwe Bussenius
    13. September 2012

    @ MartinB
    das hab ich mittlerweile verstanden. Physik beschreibt Beobachtungen, nicht das das Beobachtete Erzeugende. Physik beruht auf Informationen und deren Deutung, Informationen erhält (mißt) sie über Wirkungen (Impulse).
    Hier ist die Grenze zwischen Philosophie und Physik: Physik beschäftigt sich mit Wirkungen, Philosophie mit dem Wirkenden selbst. Und nun kann man doch mal versuchen, sich ein Wirkendes auszudenken und dieses so zu modellieren versuchen, daß sich damit empirisch gemessene Wirkungen erklären lassen. Sonst kommt man nie zu einem monistischen Weltmodell.
    Ich hab das mal versucht, Wirkendes und Wirkungen unter einen Hut zu bekommen, natürlich nicht wissenschaftlich, sondern “physissophistisch”, also auf eine bisher noch nicht vorexerzierte Art und Weise. Und das Resultat ist m.E. diskussionswürdig. https://uwebus.de

  40. #40 MartinB
    13. September 2012

    @Uwe
    Nein, das Ergebnis ist nicht mal im Ansatz diskussionswürdig (der Spin als Ergebnis der Impulserhaltung bei einer Oszillation, au weia, von den Äußerungen zur Energieerhaltung gar nicht zu reden), sondern nur eine weitere Privat-Weltsicht, die mit Physik nur wenig zu tun hat (und seit ich diesen Blog schreibe, bekomme ich so etwas etwa alle 1-2 Monate).

    Warum sind es eigentlich fast immer Ingenieure, die meinen, sie könnten mit ein paar Begriffsjonglagen die Welt erklären? Weil solche pragmatischen “Ich weiß nicht genau, wie es funktioniert, aber ich wende es mal an”-Ansätze in der Ingenieurwissenschaft gut klappen.

  41. #41 rolak
    13. September 2012

    /Warum fast immer/ Um das ‘fast’ zu festigen, MartinB: Nebenan wurde auch gerade einer durchgereicht.

  42. #42 MartinB
    13. September 2012

    @rolak
    Den Professor Kröplin von dieser Idee hier
    https://www.weltimtropfen.de/
    kenne ich sogar persönlich. (Der ist übrigens sehr nett.)
    Bezeichnend ist dieser Satz
    “Unsere Forschung “Welt im Tropfen” führen wir inzwischen außerhalb der Universität mit Wissenschaftlern und interessierten Mitarbeitern weiter.”

  43. #43 Uwe Bussenius
    13. September 2012

    @MartinB
    Selbstverständlich ist es eine Privatweltsicht, die auf der Annahme beruht, daß es nur ein metaphysisches monistisches Grundelement der Natur gibt. Es kann ja auch 5 geben oder 5000, aber dann wird es halt philosophisch problematisch. Stell dir mal vor, der Vatikan ginge von einer Vielgötterwelt aus, dann wäre er wieder im griechischen Götterhimmel angelangt und damit wäre der ganze Schöpfungsgedanken, der ja eng mit eurer Urknallidee verknüpft ist, im Eimer.
    Und zur Energie- und Impulserhaltung, die läßt sich nun mal in einem 3-dimensionalen Objekt nur mittels Oszillation und Drehimpuls darstellen, denn es braucht 3 experimentell darstellbare Teilvektoren xyz, um eine Bewegung ausreichend darzustellen.
    Aber mein Ziel war eigentlich ein ganz einfaches: Ich wollte mir erklären, warum ein Apfel vom Baum fällt und weil das bis heute kein Physiker und kein Philosoph erklären kann, habe ich mir mein Modell gebaut, welches zumindest dieses Phänomen empirieverträglich erklärt. Daß dabei dann noch andere Kompatibilitäten entstanden sind, hat sich halt so ergeben. Ob dies gefällt oder nicht ist mir so ziemlich egal, ich will ja keine Handys bauen, sondern meinem Enkel erklären können, warum es ihn auf den Boden drückt und er nicht fliegen kann.

  44. #44 rolak
    14. September 2012

    /sogar persönlich/
    moin MartinB, solche Begegnungen finde ich jedesmal wieder sehr erhellend – schon deswegen, weil die Wirkung des Behaupteten im erlauchten Kreise ganz anders rüberkommt als beim trockenen Textdurchwühlen. Mir ist er bisher nur als unermüdlich repetierte Zusatzreferenz im Emoto-Dunstkreis untergekommen. Klar ist der Satz schön: Universität? Da sind wir schon längst drüber hinaus…

    /sehr nett/ Laß es mich aufteilen: Selbstverständlich ist es schon aus evolutionären Gründen aufgrund der schieren Masse potentieller Verkünder naheliegend, daß nur besonders überzeugende, also charismatische Menschen sich durchsetzen zu einer größeren Anhängerschaft.
    Und bei abgeschalteter Vernunft wirkt das auch bei mir – bis derart viel Sand im Getriebe ist, daß die Abschaltung sich nicht mehr aufrecht erhalten läßt. Insbesondere krasse Unkenntnis in Psychologie (bias & co) sowie Physik und speziell das typische ungemein wortreiche Nichtantworten auf gestellte Fragen führen zuverlässig zu diesem Wahrnehmungsbruch.
    Der auch das nett/freundlich regelmäßig zu einem aufdringlich/einschleimend umschlagen läßt.

    Ist halt so wie bei gewissen Verwandten, Kollegen oder entsprechend unausweichlichen Kontakten: Sehr nett, angenehmer Umgang – aber unbedingt die Themen a b c.. vermeiden.

  45. #45 MartinB
    14. September 2012

    @rolak
    Aber das sehr nett meinte ich auch fachlich – man konnte mit ihm über sein Fachgebiet (Materialsimulation) ganz prima und vernünftig diskutieren (auch wenn er dort eine eigene Methode vertrat, von der wohl nur er überzeugt war).
    Aber die Welt im Tropfen ist schon klasse – das wäre eigentlich ne schöne Aufgabe für ein Wissenschafts-Theorie-Seminar: Finde alle denkbaren confounder in den Experimenten und überlege, wie man sie ausschließen könnte.

    @Uwe
    Bitte den Enkeln keinen Unsinn erzählen, die können nichts dafür. Und nein, das, was in dem text steht, ist keine “Erklärung” für irgendwas, auch wenn es so aussehen mag.

  46. #46 rolak
    14. September 2012

    Och, daß das ‘nett’ auch fachliche Bereiche einschließt, woltte ich nicht abweisen, MartinB – nur umfaßts für mich bei solchen Menschen halt nicht die Bereiche, in denen sie surreal unterwegs sind. In diesem Fall insbesondere, daß er mit seinen Tropftests den obskursten Objekten und Herstellerbegierden Funktionalität und Berechtigung attestiert.

    Bei ihm fand ich das Zeppelin-Mobilfunkantennen-Projekt recht hübsch, aus CargoLifter-Zeiten noch, hatte was von Hans Dominik – würde er vielleicht heutzutage nicht mehr befürworten, da er doch gar erschröckliche Auswirkungen des pöhsen Handys ertropft hat.

    Und bitteschön, bewundernswert ist die Chuzpe, nach der Erkenntnis der Nichtreproduzierbarkeit seiner Verdunstungsbilder ein wenig in sich zu gehen und hastdunichtgesehen, mit dem bekannten “It’s no bug, it’s a feature” ein Abbilden des aktuellen mentalen Zustandes von der agierenden Person zu postulieren. Respekt.

  47. #47 Uwe Bussenius
    14. September 2012

    @ MartinB
    Was ist denn eine Erklärung? Eine Wirkung auf ein Wirkendes zurückführen. Und da die Physik sich nun mal nur mit Wirkungen beschäftigen kann, weil nur die meßtechnisch nachweisbar sind, kann sie überhaupt keine Erklärungen des Universums abgeben.

    Nur mal zur Reflexion: Physik passiert im Kopf eines bewußten Lebewesens, also ist Bewußtsein die Voraussetzung jeder Wissenschaft. Bewußtsein wird aber von der Physik überhaupt nicht hinterfragt, sondern a priori vorausgesetzt. Will ich das Universum erklären, muß ich die Bewußtwerdung der Physis, die ja z.B. in unsrer Denkerbse erfolgt, zu erklären versuchen. Und da nützen mir keine Raumzeitmodelle, da Bewußtsein in diskreten Daseinsformen vorliegt, während die Raumzeit und der dieser übergestülpten Theorien Gravitation und Elektromagnetisnus keine diskreten Modelle sind, da ihre Reichweiten bis “unenendlich” reichen.

    Also warum sollte ich die Physik als Erklärungsmodell der Welt akzeptieren, solange sie von einer falschen Grundannahme ausgeht?

  48. #48 MartinB
    14. September 2012

    @Uwe
    “kann sie überhaupt keine Erklärungen des Universums abgeben.”
    Natürlich nicht. Das ist auch nicht das Ziel der Physik, das Ziel ist, die Welt zu beschreiben. Erklärungen sind letztlich eine Fiktion (und wenn ein Physiker “erklären” schreibt, meint er deswegen “Zurückführen auf eine Theorie”).

    Es ist wenig hilfreich, diese Dinge zu vermischen, und es ist gar nicht hilfreich, “Theorien” aufzustellen, in denen eine Größe wie der Spin auf oszillierende Kügelchen zurückgeführt wird – das ist einfach nur Unsinn. Ihr “Modell” ist so weit weg von jeder Realität (Elementarteilchen beschreibt man mit Quantenfeldern, nicht als “Partikel”), dass es nicht mal falsch ist.

  49. #49 Uwe Bussenius
    15. September 2012

    @ MartinB
    Ich will hier keine Diskussion anfangen, aber mein Modell geht von endlichen Quantenfeldern aus, deren Größe ich aus empirischen Daten der Erde sowie aus einigen Meßwerten der Physik ermittelt habe. Ich arbeite nicht mit Kügelchen, sondern mit Feldern, die unterteilt sind in “Materie” (reactio) + Vakuum (actio), und das scheint zu funktionieren.
    Generell gilt hier: eine endliche Energiemenge kann nur eine endliche Wirkung verursachen, das ist ein grundsätzlicher Unterschied zur herkömmlichen Physik, die von unendlichen Wirkweiten endlicher Entitäten ausgeht.
    Aber darüber streite ich schon seit mehr als 10 Jahren ohne Erfolg, da die Raumzeit der RT sich als Dogma in den Köpfen der Physik eingenistet hat. Schon der Begriff Raumzeit enthält einen Denkfehler, da es keine physische Zeit gibt, Zeit (Delta t) wird in einem Gedächtnis aus der Dynamik des Universums erzeugt. Aber über den Begriff Zeit streiten sich Physiker und Philosophen seit Anbeginn und sind bis heute zu keinem Ergebnis gekommen. Das ist ja die Crux an der Wissenschaft (und auch an der Philosophie), daß sie das mks-System bis heute nicht zusammenhängend modellieren kann, wobei dieses System nun mal das Maßsystem aller Technik ist und man es deshalb auch als technisches Modell entwickeln sollte. Solange ich mit einem Maßsystem arbeite, dessen Begriffe unerklärt sind, komme ich im Verständnis der Natur nicht weiter.
    Ich wünsche euch viel Erfolg bei eurer Arbeit, aber sie hilft mir nicht, mich als bewußtes Wesen in die Natur zu integrieren. Und ohne einen Zusammenhang herzustellen zwischen mir und dem mich erzeugenden und beherbergenden Universum ist alle Physik letzendlich nur ein Hilfsmittel zur Entwicklung von Technik. Das mag ja Physikern reichen, ich jedoch möchte mich nicht als Zufallsfurz im Universum betrachten, sondern meinem Dasein einen Sinn zuordnen. Und das geht nun mal nur philosophisch, wenn man wie ich Atheist ist. Deshalb betreibe ich Physissophie, ein Eigenprodukt.

  50. #50 MartinB
    15. September 2012

    Au weia. Was soll den ein endliches Quantenfeld sein, das man in Materie und Vakuum unterteilt. Wissen Sie eigentlich, was ein Quantenfeld ist?
    Aber ja, wir sind alle Dogmatiker.
    Das MKS-System modellieren? Was soll das denn bedeuten? (Aber um ehrlich zu sein, ich will es gar nicht wissen.)

    ” sie hilft mir nicht, mich als bewußtes Wesen in die Natur zu integrieren”
    Das tut mir Leid – aber warum sollte die Physik das tun? (Was immer es bedeuten soll, sich in die Natur zu integrieren…) Vielelicht hilft ja auch dieser Text weiter, eventuell sind das die Fragen die Sie eigentlich meinen:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2011/05/20/eine-lanze-fur-die-spiritualitat/

    “meinem Dasein einen Sinn zuordnen”
    Ach so. Tja, dabei wird die Physik nicht helfen können. Einen Sinn muss jeder selbst in seinem Leben finden (wobei die Frage nach dem Sinn oft verwechselt wird mit der Frage nach der Endlichkeit des Lebens – “wenn ich irgendwann sterbe, war dann nicht alles sinnlos?” Antwort: “Nein, genauso wenig, wie jetzt alles sinnlos ist, nur weil ich nicht gleichzeitig in Braunschweig und Australien bin.”)

  51. #51 Uwe Bussenius
    15. September 2012

    @MartinB
    Meine Arche ist ein Feld mit dem Energieinhalt E0=h/s. Deshalb nenne ich es Quantenfeld, weil es einem Planckschen Wirkungsquantum äquivalent ist.
    Und das mks-System in übergeordneten Begriffen heißt
    Raum-Masse-Zeit, also muß ich ein Modell erstellen, in dem einer endlichen Masse eine endliche Zeit und ein endliches Volumen zugeordnet werden müssen. Da nun Zeit eine geistige Ableitung aus der Felddynamik ist, muß dieses Feld eine bestimmte Dynamik aufweisen.

    Wenn man das modelliert, kommen merkwürdige Übereinstimmungen mit physikalischen Meßwerten dabei heraus und zwar auf unterschiedlichen Gebieten der Physik. D.h. mit diesem Modell kann man den Raum, der ja die Summe aus Vakuum und Materie ist, größenmäßig bestimmen und so u.a. die Gravitation erklären. Aber das interessiert Physiker merkwürdigerweise überhaupt nicht, da sie von einer krümmbaren Raumzeit ausgehen, ohne überhaupt eine Vorstellung davon zu haben, aus was sich diese Raumzeit konstituiert.

    Wie schon gesagt, die Physik arbeitet mit nicht kompatiblen Modellen: Im Bereich ihrer Teilchentheorien geht sie von diskreten Größen aus, im Bereich des Elektromagnetismus und der Gravitation von “Unendlichkeiten”. Und das paßt nun mal nicht zusammen mit der Folge, daß es bis heute keine Erklärung der Gravitation gibt. Und genau das hat mich gereizt, mir zu erklären, warum ein Apfel vom Baum fällt, und das weiß ich heute.

    Und zum Sinn: Da ihr anscheinend nicht begreift, daß vor jeder Erkenntnis sich erst einmal Bewußtsein bilden muß, kann man dem Universum ja den Sinn unterstellen, Bewußtsein zu bilden, weil das die einzige Möglichkeit ist, daß überhaupt etwas erkannt werden kann. Ohne Bewußtsein keine Erkenntnis. Und da wir Menschen nun mal da sind und es in einem Universum, welches aus einer endlichen Zahl unterschiedlicher Teilchenarten gebildet wird und jede diskrete Daseinsform aus einer endlichen Zahl solcher Teilchen aufgebaut ist, ist der Mensch nun mal das Ergebnis relativen Zufalls und folglich im Universumsprogramm enthalten wie ein Sechser im Lotto. Es gibt im Universum aufgrund der endlichen Zahl unterschiedlicher Teilchenarten keine absoluten Zufälle, das sagt zumindest die Wahrscheinlichkeitsrechnung. Also sind wir “im Programm”, d.h.das Universum arbeitet teleologisch.

    Es lohnt sich darüber eimal nachzusinnen.

  52. #52 MartinB
    16. September 2012

    @Uwe
    “nenne ich es Quantenfeld,”
    Klar, es macht die Sache sicher wesentlich einfacher, einen bereits vergebenen Namen für etwa svollkommen anderes nochmal zu verwenden…

    Abe bei “Zeit als geistige Ableitung” weigern sich meine Neuonen ohnehin, weiterzulesen.

    Sorry, Ihre Ideen haben mit Physik nur scheinbar etwas zu tun, tut mir Leid. Weitere Kommentare werde ich – da sinnlos – nicht beantworten.

  53. #53 Uwe Bussenius
    16. September 2012

    Zur Zeit:
    Bild der Wissenschaft, Ausgabe 1-2008
    “Zeit ist nur eine Illusion.
    Warum Physiker nicht mehr mit ihr rechnen.”

    Zeit (Delta t) wird im Gedächtnis erzeugt, Aristoteles wußte das schon vor 2500 Jahren, Physiker begreifen es mittlerweile auch langsam.

  54. #54 Niels
    17. September 2012

    Besagten Artikel findet man übrigens frei lesbar bei Focus Online:
    https://www.focus.de/wissen/bild-der-wissenschaft/tid-8332/physik_aid_229939.html

    Ich finde ihn übrigens nicht lesenswert und glaube eher nicht, dass der Autor wirklich verstanden hat, worüber er da schreibt.
    Im Wesentlichen werden auch nur ziemlich zusammenhanglos um paar Grundlagen der SRT aufgezählt.

    Mit der seltsamen Privat”physik”, die Uwe Bussenius vertritt, hat der Artikel aber nichts zu tun.

  55. #55 MartinB
    17. September 2012

    @Niels
    Das ist lustig, ich habe gestern einen Artikeln zum Blockuniversum geschrieben – wird die Tage freigeschaltet, wenn ich wieder von der Konferenz zurückbin, zu der ich gerade fahre.
    Natürlich bedeutet auch das Blockuniversum nicht, dass Zeit im Gedächtnis erzeugt wird.

  56. #56 Alderamin
    17. September 2012

    @Niels

    Danke für den Artikel. Er beschreibt im wesentlichen das, was auch Brian Greene über den Zeitfluss in “Der Stoff aus dem der Kosmos ist” beschreibt. Die wesentlichen Punkte sind:

    – verschieden schnell bewegte Beobachter haben verschiedene “Gegenwarten”; was für den einen Beobachter jetzt passiert, liegt für einen anderen in der Zukunft. Alle diese “Gegenwarten” sind gleich “real”. Folglich erscheint die Raumzeit in der Summe aller Blickwinkel als ein starres Gerüst.

    – Der Zeitpfeil ergibt sich aus der Richtung, in der die Entropie steigt. Man könnte sich die Welt als eine Folge von Zuständen vorstellen, zwischen denen Übergänge stattfinden können (er hat nicht von einer Markoffkette gesprochen, aber dieses Modell fiel mir beim Lesen dazu ein). Grundsätzlich gibt es keinen vernünftigen Grund, warum die Zeit in einer bestimmten Richtung verlaufen sollte, lediglich gibt es mehr Folgezustände in der Richtung, die wir “Zukunft” nennen als in derjenigen, die wir “Vergangenheit” nennen; da das Universum in einem Zustand geringer Entropie begonnen hat, gibt es von dort aus mehr Folgen von Zuständen, die zu höherer Entropie hin verlaufen als in umgekehrter Richtung.

    – Da das Gehirn den gleichen Prozessen unterliegt wie der Rest der Natur, empfindet es eine Zeitrichtung in Richtung zunehmender Entropie. Das Vergehen der Zeit entsteht demnach erst im Kopf.

    Die Idee erschien mir nicht so abwegig.

    Florian hat das Buch mal ausführlich rezensiert. Hier der Einstieg in das entsprechende Kapitel (es folgen noch zwei weitere zum Thema Zeit). Ich hab’ vermutlich auch nicht richtig verstanden, worüber ich hier schreibe, aber Greene traue ich selbiges durchaus zu.

  57. #57 Niels
    17. September 2012

    @MartinB
    Sehr schön. Freu mich schon drauf.

    @Alderamin
    Nur mal als Anmerkung:
    Ich kenne die Blockuniversum-Idee und habe mit ihr keine Probleme. Sie ist absolut nicht abwegig.
    Der verlinkte Artikel erklärt die Sache meiner Meinung nach aber nicht besonders gut, einige Stellen sind teilweise eher fragwürdig, außerdem ist das Ganze ziemlich unstrukturiert und darüber hinaus wird mit zu vielen aus dem Zusammenhang gerissenen Zitaten um sich geworfen.
    Vielleicht bin ich hier aber auch übertrieben kritisch?

    Ich finde, es macht jetzt wenig Sinn, dazu hier noch etwas Ausführlicheres zu schreiben. Wenn MartinB sowieso in Kürze einen Artikel veröffentlicht, kann man das dort nämlich dann mit Sicherheit deutlich ausführlicher erklärt und besser formuliert nachlesen, als wenn ich hier auf die Schnelle etwas hinstümpere.

    Wir können dann gerne unter dem neuen Artikel weiterdiskutieren. 😉

  58. #58 Alderamin
    17. September 2012

    @Niels

    Ach so, es ging Dir mehr um die Form als den Inhalt des von Dir zitierten Artikels, das war aus Deinem Post nicht gleich zu erkennen.

    Dass die Journalisten, die den Wissenschaftsteil von Fokus, Spiegel und dergleichen schreiben, des öfteren nicht ganz verstanden haben, über was sie da schreiben, den Eindruck hatte ich allerdings auch schon.

    Ich bin auch auf Martins Artikel gespannt.

  59. #59 Uwe Bussenius
    17. September 2012

    Alderamin: “Das Vergehen der Zeit entsteht demnach erst im Kopf.”

    Eben! Das Universum IST ein sich ständig veränderndes Ereignis. Es ist also ständig GEGENWÄRTIG. Das HIrn/Gedächtnis speichert Informationen unterschiedlicher Gegenwärtigkeiten und durch Vergleich zweier solcher Gegenwärtigkeiten entsteht das, was man Zeit (Delta t) nennt. Ohne Gedächtnis keine Speicherwerte und ohne Speicherwerte keine Zeit.

    Nun ändert sich die Dynamik des Universums örtlich, also ändern sich örtlich auch die “Zeitablaufgeschwindigkeiten” äquivalenter dynamischer Vorgänge, was Physiker dann als Relativität der Zeit bezeichnen.

    Es vergeht also keine physische Zeit, sondern das Universum ist ein dynamischer Prozeß, den ein gedächtnisdotiertes Bewußtsein in Form von Zeit NACHEMPFINDEN kann. Zeit wird empfunden durch sich ständig verändernde Gegenwart. Und ein Physiker sollte in der Lage sein, Empfindung von Dynamik unterscheiden zu können. Aber das scheint wohl für manchen zu schwer zu sein.

    Deshalb nochmal ein Beispiel für Kinder: Betrachte den Sekundenzeiger einer Uhr, du brauchst 2 Stellungen, um Zeit (Delta t) zu erzeugen, also brauchst du ein Gedächtnis, welches zwischen vorher und nachher unterscheiden kann. An der Uhr hat sich aber nichts geändert, die ist ständig gegenwärtig, also der Zeiger von vorher und nachher IST immer der gleiche.

    Und nun kehr ich wieder zu meiner Weltsicht zurück, die ist zehnmal vernünftiger als eure gesamte Physik.

  60. #60 Erik Ihle
    https://www.facebook.com/erik.ihle?ref=tn_tnmn
    18. September 2012

    Wenn Zeit in seinen verschiedenen Formen beschrieben wird, dann nehmen wir sie nur als Wirkung auf Energie war. Sie verhält sich wie ein Gedanke, der sich in unserem Gehirn nur spiegeln kann. Die “Substanz” von Zeit und Gedanken werden wir nie messen können, vorstellen können wir sie uns schon.
    Mathematik kann die “Substanz” Zeit beschreiben, Gedanken wird sie nie beschreiben können.

    Wieder ein “unlesbarer” Text von Erik dem Unlesbaren. Woran liegt es, das ich verstehe worüber ich schreibe. Oder gibt es Bewusstsein, welches verstehen kann was ich schreibe?

  61. #61 Erik Ihle
    18. September 2012

    @MartinB
    Freue mich auf ihren post zu den Blockuniversen. Ich kann mir vorstellen, das die Ordnung, wie sich Quanten und deren Verschränkung organisieren mit der Ordnung der Blockuniversen gut “vertragen”. Quasi eine Ordnung die im “Kleinen” und im “Grossen” wirkt.
    Ich mache dafür die übergeordnete “Substanz” Zeit verantwortlich. Bin gespannt welchen Begriff sie für den von mir gewählten Begriff “Substanz” Zeit wählen.

    . . . .. oder sie ignorieren einen heimlichen Verehrer wieder einmal . . . ..

  62. #62 volker
    Waakirchen
    20. Juni 2013

    Hallo Martin,
    wie Du Dich vielleicht erinnerst, bin ich der nicht professionell physikalisch gebildete Frager mit zuviel Zeit (höre ich da einen neidvollen Seufzer?).
    Ich habe nochmals Deine Beiträge über Higgs –Teilchen/Felder, und über Gravitation usw durchgelesen.
    Dazu stellen sich mir folgende Fragen:
    1. Wie und wann ist das Higgs-Feld nach dem Urknall (?) entstanden, wie hat es sich universal ausgebreitet, und wer sagt, dass es überall die gleiche Felddichte hat?
    2. Im Zusammenhang mit Gravitation spricht man nicht nur von gekrümmter Raumzeit, sondern auch von einem Gravitonen-Feld. Gleiche Fragen wie oben nach Entstehung, Ausbreitung und Gleichförmigkeit. Wer sagt, dass die Gravitationskonstante wirklich konstant über alle Raumzeiten ist?
    3. (Jetzt fängt er an zu spinnen!)
    Wenn z.B. das Higgs-Feld zu früheren Zeiten andere Energiewerte und damit andere Kopplungsparameter hatte, und sich nach dem Urknall ausgebreitet hat, wäre es da nicht denkbar, dass in fernen Räumen unseres Universums z.B. andere Teilchenmassen existieren können.
    4. Könnte das nicht auch ein Denkansatz für die beobachtete beschleunigte Expansion unseres Universums sein (brauche ich da eine „dunkle Energie“)?
    5. Gibt es Physiker/innen, die bekanntlich schon mal in ähnliche Richtung gedacht haben, wenn ja, wer, oder ist das alles Quark mit Sosse?

  63. #63 MartinB
    20. Juni 2013

    @Volker
    Nach dem Urknall war der Wert des Higgsfeldes überall Null (also ein Vakuumzustand, so wie für alle anderen felder auch). Weil das kein stabiler Zustand war, ist der dann “umgekippt” und der Higgs-Erwartungswert hat sich herausgebildet. Soweit ich weiß, ist nicht vollkommen klar, ob das überall gleichzeitig passiert ist oder ob sich der Effekt – wie beim Sieden von Wasser oder anderen Phasenübergängen – von einigen Keimen ausgebreitet hat. (Stichwort dazu ist wohl “falsches Vakuum”, habe aber gerade nicht so schrekclich viel Zeit zum Nachgucken.)

    2. Gravitonen sind die Quanten der Raumzeitkrümmung. Da die keinen Vakuumerwartungswert haben, der von Null verschieden ist, brauchte sich da kein Effekt von irgendwo auszubreiten – wenn sich Raumzeit krümmt, sind “automatisch” Gravitonen im spiel, genauso wie immer Photonen im Spiel sind, wenn es ein elektrisches Feld gibt.

    3. Nur in Bereichen des Universums, die von unserem aus nicht zugänglich sind. Weil beim Phasenübergang ja Energie frei wird, breitet sich das Higgsfeld schnell aus. (Auch dazu ist das Stichwort wieder false vacuum).

    4. Nein, das passt nicht zusammen – die dunkle Energie ist ja überall gleichermaßen und beschleunigt die Expansion, soweit ich sehe, kann das Higgsfeld so etwas nicht.

    5. Ja, siehe oben. Generell gilt: wann immer sich ein Physik-Laie etwas ausdenkt, dann gibt es auch irgendwo Physikerinnen, die daran schon gedacht haben – meist ist das allerdings nicht publiziert, weil die Ideen nicht funktionieren. Es ist eben nicht soo schwer, sich irgendwelche Ideen der Art “X könnte doch mit Y zusammenhängen” auszudenken – aber die Konsequenzen zu durchdenken und eine Idee zu finden, die dem bekannten Wissen nicht widerspricht, das ist die Kunst…

  64. #64 stone1
    5. Februar 2014

    @MartinB:
    Ein Artikel mit einem schönen “Aha”-Effekt für mich, endlich habe ich eine etwas bessere Vorstellung von den Eichbosonen.
    Tatsächlich finde ich es viel schöner, hier im Blog über Physik zu lesen als im aktuellen Gerthsen, der jetzt zwar mit farbigen Illustrationen aber immer noch recht trocken im Schlafzimmer-Bücherregal vor sich hin verstaubt.
    Naja, gibt einem wenigstens ein beruhigendes Gefühl, dass man auch bei Online- oder Stromausfall mal was nachschlagen kann, sollte einem grad danach sein. Und man braucht mich auch nicht darauf hinweisen, dass das etwas nerdisch klingt, das weiß ich schon selber. 😉

  65. #65 MartinB
    5. Februar 2014
  66. #66 Anonym_2018
    18. Oktober 2018

    Zwei der Higgsfeld-Komponenten sind elektrisch geladen (eine positiv, eine negativ, die werden nachher von den beiden W’s gefressen)

    Bedeutet das, dass das Higgsfeld den W-Teilchen nicht nur Masse, sondern auch Ladung verleiht? Bekommen auch Elektron und Positron ihre Ladungen (und nicht nur ihre Massen) vom Higgs-Feld?

  67. #67 MartinB
    18. Oktober 2018

    @Anonym_2018
    Nein. Es vereint sich zum Beispiel beim W+ eine geladene Komponente des Higssfeldes mit den zwei geladenen Komponenten des ursprünglich masselosen Teilchens, so dass am Ende ein geladenes massives Teilchen mit 3 Komponenten (Helizitätszuständen) herauskommt. Man kann in der beschriebenen Weise nur Teilchen koppeln, die auch zusammenpassen. Die Teilchen sind also auch vorher schon geladen.
    Und mit den Ladungen von Elektronen und anderen teilchen hat das nichts zu tun.

  68. #68 Anonym_2018
    18. Oktober 2018

    Vielen Dank für die Antwort!
    Könnte eigentlich das Higgsfeld auch negative Massen verleihen?

  69. #69 MartinB
    18. Oktober 2018

    Glaube ich nicht, müsste aber die Formeln quälen, um sicherzugehen.

  70. #70 Anonym_2018
    18. Oktober 2018

    O.K. Ich habe nur gefragt, weil immer mal wieder über “exotische Materie” spekuliert wird, z.B. bei der Kosmologischen Konstante.

  71. #71 MartinB
    18. Oktober 2018

    Also das normale Higgsfeld kann das mit ziemlicher Sicherheit nicht, man könnte sich vielleicht ein zweites higgsartiges Feld vorstellen, das so etwas tut.
    Angesichts der Spekulationsfreudigkeit in der Physik gehe ich davon aus, dass das schon jemand gemacht hat, falls es geht…

  72. #72 alex
    18. Oktober 2018

    @Anonym_2018:
    Beim Higgs-Mechanismus entsteht die Masse der Fermionen durch eine Yukawa-Kopplung zwischen dem Higgs-Feld und den Fermion-Feldern. Und die Masse die man so erhält, ist das Produkt aus dem Vakuumerwartungswert des Higgs-Felds und einer (teilchenspezifischen) Kopplungskonstante. Insofern denke ich schon, dass man formal einen Term mit negativer Masse hinbekommen könnte; es müsste nur die Kopplungskonstante negativ sein. Aber wenn ich mich richtig erinnere, bewirkt das im Wesentlichen nur, dass Teilchen und Antiteilchen vertauscht werden. Also hätte das physikalisch keinerlei Auswirkungen.

  73. #73 Anonym_2018
    18. Oktober 2018

    Laut Harald Lesch gibt es das Higgs-Feld jetzt nicht mehr, sondern nur am Anfang des Universums (s.u., ab Zeitpunkt 1 Minute). Stimmt das?



  74. #74 MartinB
    18. Oktober 2018

    @Anonym_2018
    Ich schaue keine Videos, aber der Artikel oben erklärt es vermutlich eh wesentlich genauer als Lesch.

  75. #75 Anonym_2018
    18. Oktober 2018

    O.K. Meiner Interpretation nach muss das Higgs-Feld jetzt noch existieren, weil z.B. Elektronen nur eine Ruhemasse behalten, wenn sie ständig, also auch jetzt noch, mit dem Higgs-Feld wechselwirken.

  76. #76 MartinB
    18. Oktober 2018

    @Anonym_2018
    So ist es.

  77. #77 Anonym_2018
    18. Oktober 2018

    @ MartinB
    Ich habe nun doch Zweifel an meiner Interpretation in #75 bekommen:

    Wenn sich z.B. ein Elektron mit der Geschwindigkeit v bewegt und dann (hypothetisch) das Higgs-Feld abgeschaltet wird, dann muss das Elektron ja seine relativitische Energie E behalten und damit auch seine relativistische Masse E/c² behalten. Zur Erhaltung seines relativistischen Impulses muss dann auch seine Geschwindigkeit gleich v bleiben. Also muss es auch seine Ruhemanne m₀=m/γ beibehalten.

    D.h. eigentlich müsste es zum Behalten der Ruhemasse ausreichen, wenn das Elektron nur kurzzeitig während der Elektron-/Positron-Paarerzeugung mit dem Higgsfeld wechselwirkt.

  78. #78 alex
    18. Oktober 2018

    @Anonym_2018:
    Das Higgs-Feld abzuschalten, also seinen Wert auf Null zu drehen, erfordert jede Menge Energie. Ohne das berechnet zu haben, würde ich davon ausgehen, dass die Energie des Elektrons dabei nicht konstant bleibt. Wenn man das Higgs-Feld räumlich homogen herunterfährt, würde ich erwarten, dass der Impuls des Elektrons erhalten bleibt (auf den Impuls ist das Noether-Theorem ja dann noch anwendbar, auf die Energie nicht). Energie, Geschwindigkeit, und Masse würden sich entsprechend ändern.

  79. #79 Anonym_2018
    18. Oktober 2018

    @alex:

    Ohne das berechnet zu haben, würde ich davon ausgehen, dass die Energie des Elektrons dabei nicht konstant bleibt.

    Da das Elektron von dem Higgsfeld ja nur eine Masse der exakten Größe mₑ verliehen bekommen kann, sollte es aus Sicht des Elektrons nur 2 Möglichkeiten geben:

    1) Das “Elektron” verliert seine Ruhemasse wieder, dann muss es sich mit der Geschwindigkeit c bewegen und wegen der Impulserhaltung ändert sich dessen Masse dann auf v/c * (ursprüngliche relativistische Masse), mit v = ursprüngliche Geschwindigkeit. Dann muss es
    ∆E = c² * (1 – v/c) * (ursprüngliche relativistische Masse)
    ans Higgs-Feld abgegeben haben.

    2) Das Elektron behält seine Ruhemasse, dann hat es keine Energie mehr mit dem zusammenbrechenden Higgs-Feld ausgetauscht und behält auch die Geschwindigkeit v.

  80. #80 alex
    19. Oktober 2018

    @Anonym_2018:
    Wie gesagt gilt bei einem solchen Prozess nur die Impuls- aber nicht die Energieerhaltung. Also muss die überschüssige Energie des Elektrons nicht an das Higgs-Feld abgegeben werden.

  81. #81 MartinB
    19. Oktober 2018

    @anonym_2018, alex
    Man sieht ja auch im Sombrero-Modell, dass der momentane Wert des Higgsfelds ein Minimum ist. Um das Higgs-Feld zu ändern, muss man also zwangsläufig Energie aufwenden.

  82. #82 Anonym_2018
    19. Oktober 2018

    Ich interpretiere das jetzt so, dass es sich bei der Ruheenergie E₀=mₑ c² des Elektrons um potenzielle Energie aufgrund der Wechselwirkung mit dem Higg-Feld handelt.

    Um das Higgs-Feld zu ändern, muss man also zwangsläufig Energie aufwenden.

    Wenn man dem Higgs-Feld Energie hinzufügen will, dann geht das wahrscheinlich nur in ganzzahligen Vielfachen der Ruheenergie des Higgs-Teilchens. Das bekommt ein einzelnes langsames Elektron wohl nicht hin.

    Kann man dem Higgsfeld eigentlich soviel Energie hinzufügen, dass es wieder tachyonisch wird, wie am Anfang des Universums?

  83. #83 MartinB
    20. Oktober 2018

    @Anonym_2018
    “Ich interpretiere das jetzt so, dass es sich bei der Ruheenergie E₀=mₑ c² des Elektrons um potenzielle Energie aufgrund der Wechselwirkung mit dem Higg-Feld handelt.”
    Das ist zu klassisch gedacht. die richtige Interpreraton ist die mit Feynmandiagrammen, wie im Artikel erklärt.

    “Wenn man dem Higgs-Feld Energie hinzufügen will, dann geht das wahrscheinlich nur in ganzzahligen Vielfachen der Ruheenergie des Higgs-Teilchens. ”
    Nein. Die Energie des Higgsfeldes ist der Unterschied zwischen der Spitze und dem tiefsten punkt des Sombreros; die Masse des Higgsteilchens ist die Krümmung am tiefsten Punkt des Sombreros, die müssen nichts miteinander zu tun haben und die Energie des Higgsfeldes ist auch nicht quantisiert.

    “Kann man dem Higgsfeld eigentlich soviel Energie hinzufügen, dass es wieder tachyonisch wird, wie am Anfang des Universums?”
    Theoretisch sicher – wenn das Universum wieder kollabieren würde, würde am Ende wieder ein tachyonisches Higgsfeld da sein, denke ich.

  84. #84 Anonym_2018
    21. Oktober 2018

    @ MartinB (18. Oktober 2018 ) #67

    Und mit den Ladungen von Elektronen und anderen teilchen hat das nichts zu tun.

    Betrifft das nicht doch auch Ladungen von Elektronen, wenn es den Elektromagnetismus generell betrifft?

    Das elektroschwache Modell besagt, dass der Elektromagnetismus nur eine effektive Wechselwirkung bei niedrigen Energien ist, die nach einer spontanen Symmetriebrechung mittels des Higgs-Mechanismus übrig bleibt. Bei höheren Energien treten demnach zwei Wechselwirkungen an die Stelle des Elektromagnetismus und die elektrische Ladung wird durch die schwache Hyperladung und den schwachen Isospin ersetzt. Demnach kann die elektrische Ladung in gewissem Sinne als aus diesen beiden Ladungstypen zusammengesetzt betrachtet werden.

    Quelle:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Elektrische_Ladung#Quantencharakter

    Die elektrische Ladung ist mittels der schwachen Hyperladung und der dritten Komponente des schwachen Isospins durch die Beziehung
    Q = T₃ + ½ Yᴡ
    definiert. Dieser Zusammenhang ergibt sich durch die Brechung der elektroschwachen Symmetriegruppe, nach der diese Kombination von Ladungen das Quantenvakuum weiterhin annihiliert.

    Quelle:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Schwache_Hyperladung#Zusammenhang_zur_elektrischen_Ladung

  85. #85 MartinB
    21. Oktober 2018

    @Anonym_2018
    Natürlich hängen elektrische Ladungen damit zusammen, aber deine Frage oben war ja sehr spezifisch nach der Vereinigung der unterschiedlichen Komponentnen der Bosonen-Feldern, oder nicht?

  86. #86 Anonym_2018
    21. Oktober 2018

    aber deine Frage oben war ja sehr spezifisch nach der Vereinigung der unterschiedlichen Komponentnen der Bosonen-Feldern, oder nicht?

    In #66 hatte ich in der 2. Frage auch bzgl. Elektron und Positron gefragt.

  87. #87 Anonym_2018
    21. Oktober 2018

    CERN-Physiker beobachten den Zerfall des Higgs in zwei Bottom-Quarks

    Gleichzeitig bestätigen die Beobachtungen die Yukawa-Kopplung – die Kopplung des Higgs-Felds mit geladenen Elementarteilchen wie Quarks und Leptonen, durch die diese ihre Masse bekommen.

    Quelle:
    https://www.scinexx.de/wissen-aktuell-23097-2018-08-29.html

    Es wäre mal interessant, ob die durch die Higgs-Kopplung erzwungenen Massen von Up- und Down-Quark ganzzahlige Vielfache der Elektronenmasse (ca. 0,511 MeV) sind. Vielleich kann man das noch genauer herausfinden:

    Eine Forschergruppe um Peter Lepage von der Cornell University in Ithaca, New York, hat nun die Masse der drei leichtesten Quarks auf wenige Prozent genau bestimmt.

    Demnach besitzt das Up-Quark eine Masse von rund 2 Mega-Elektronenvolt (MeV), das Down-Quark annähernd 4,8 MeV

    Quelle:
    https://www.weltderphysik.de/gebiet/teilchen/news/2010/masse-von-leichten-quarks-praezise-berechnet/

  88. #88 MartinB
    22. Oktober 2018

    @Anonym_2018
    “Es wäre mal interessant, ob die durch die Higgs-Kopplung erzwungenen Massen von Up- und Down-Quark ganzzahlige Vielfache der Elektronenmasse (ca. 0,511 MeV) sind. ”
    Warum sollte das so sein?

  89. #89 Anonym_2018
    22. Oktober 2018

    Warum sollte das so sein?

    Dann könnten Quarks eventuell aus Elektronen (oder Positronen) entstehende Quasiteilchen sein. Bei Positronen müsste durch irgendeinen Mechanismus eine Zerstrahlung verhindert werden.
    siehe:
    “Störmer und Tsui entdeckten 1982 den sogenannten gebrochenzahligen oder fraktionierten Quanten-Hall-Effekt, den Laughlin im Jahr darauf theoretisch erklärte.

    Nach dieser Vorstellung kondensieren die Elektronen gewissermaßen zu einem Vielteilchensystem, das sich wie eine Flüssigkeit verhält.

    Als Ladungsträger fungieren nun Quasiteilchen, die sich wie Ladungsträger verhalten, die aber (für n = ⅓) nur ein Drittel der Elementarladung tragen.”
    Quelle:
    https://www.spektrum.de/magazin/neuartige-quantenfluessigkeit/825011

  90. #90 MartinB
    22. Oktober 2018

    @Anonym_2018
    Auch an dich die Bitte, in meinem Blog nicht irgendwelche halbgaren Spekulationen zu verbreiten. Wie sollen Quarks mit ner starken Wechselwirkung Quasiteilchen von Elektronen sein? Das widerspricht doch so ziemlich allem, was wir wissen oder gibt es dafür ne Referenz?

  91. #91 Anonym_2018
    22. Oktober 2018

    oder gibt es dafür ne Referenz?

    Eine Referenz dafür gibt es nicht. Das wäre eine Kombination aus zwei (sehr spekulativen) Ideen:

    1.

    Quark Confinement and the Fractional Quantum Hall Effect

    Moreover, by deriving a Hamiltonian of the system analogous to that of FQHE, we predict an energy gap for the ground state of a heavy three-quark system.

    Quelle:
    https://arxiv.org/ftp/arxiv/papers/0708/0708.3538.pdf

    2.

    Hinter der Vorstellung der Existenz von Präonen steht die Frage nach „noch elementareren“ Bausteinen der Materie, als es Leptonen und Quarks sind. Ein Ziel der Präonenmodelle ist auch eine Erklärung von ungelösten Fragen des Standardmodells, etwa warum drei Generationen vorhanden sind oder wie die Massen der Teilchen zustandekommen und allgemein der Festlegung der Parameter des Standardmodells. In vielen Präonenmodellen ist das Higgsboson ebenfalls zusammengesetzt.

    Quelle:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Pr%C3%A4on

  92. #92 MartinB
    22. Oktober 2018

    @Anonym_2018
    Wie gesagt, mein Blog ist nicht als Platz gedacht, ume infach irgendwelche super.spekulativen Ideen, die einem mal eben schnell einfallen, zu posten.

  93. #93 Anonym_2018
    22. Oktober 2018

    @MartinB #92
    O.K.

  94. #94 Anonym_2018
    22. Oktober 2018

    In der folgenden Beschreibung des Higgs-Mechanismus (CERN Summerschool 2018) wird übrigens noch ein anderer Aspekt genannt, warum die W- und Z-Teilchen eine Masse bekommen und dadurch die Reichweite der schwachen Wechselwirkung verkleinert wird. Durch das Higgs-Feld ist das Vakuum ein “Dischwachladikum” (polarisierbares Medium der Schwachen Wechselwirkung, analog zu “Dielektrikum”).
    Quelle (Seite 23):
    https://indico.cern.ch/event/685495/contributions/3032285/attachments/1689321/2717667/higgs_cernschool18.pdf