Aber vielleicht habt Ihr ja noch andere hübsche Beispiele für kleine oder große Gemeinheiten in wissenschaftlichen Veröffentlichungen (irgendwo hat das ja auch Tradition – Goethe hat über Newton in seiner Farbenlehre auch nicht so sehr nett geschrieben, wenn ich mich recht entsinne). Wenn ja, könnt ihr sie gern in den Kommentaren hinterlassen (also die Zitate, keine eigenen Gemeinheiten bitte, hier ist ja normalerweise der Teletubbie-Schmuse-Blog).

                      

W. E. Lamb Jr. “Anti-Photon”, Appl. Phys. B 60, 77-84 (1995)

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Kommentare (11)

  1. #1 Bjoern
    27. März 2013

    Aus eigener Erfahrung kenne ich eher den “Schmusekurs”:

    Ich hatte mal eine Methode gefunden, um etwas zu berechnen, von dem jemand anders vorher behauptet hätte, es ginge nicht. In der Veröffentlichung wollte ich dementsprechend etwas in der Art schreiben: “contrary to the claims by …, it is possible to…” Dazu meinte mein Chef, das könne ich doch so nicht schreiben, da würde sich der arme Mensch doch persönlich angegriffen führen…

  2. #2 Name auf Verlangen entfernt
    27. März 2013

    @ Bjoern: das schreibt man auch nicht. Vielmehr schreibt man – den britischen guten Ton respektierend: “corrective to”, oder – gänzlich höflich – “adding, additional to … ” – selbst, wenn es nicht 100% der Wahrheit entspricht. Man nennt das in der Welt “gesichtswahrend”.

  3. #3 NWO-Agent
    27. März 2013

    Da hätte ich auch ein -relativ- aktuelles Beispiel. Schreibe gerade an einer Arbeit über die Effekte gewalthaltiger Videospiele. Die Autoren* der aktuellsten und umfangreichsten Metaanalysen zum Thema vertreten entgegengesetzte Positionen und zoffen sich deshalb ganz ordentlich, vor allem in den Repliken, die sie sich im Folgenden gegenseitig um die Ohren gehauen haben. Das harmloseste waren da noch (sinngemäße) Vorwüfe wie “man habe wohl nicht verstanden, wie man eine Metaanalyse überhaupt durchführt”, “man habe wohl bewusst der eigenen Hypothese widersprechende Literatur ausgelassen” oder “man habe wohl keinen Schimmer von sozial-kognitiven Theorien”. Später gab es dann noch so schöne ad-hominem Angriffe à la “kein Wunder dass er gewalthaltige Videospiele verteidigt, immerhin bilden sie einen wichtiger Teil seiner Identität bzw. wird er von der Videospielindustrie bezahlt.”
    Großes Popcorn-Kino wie ich finde =)

    * wens interessiert: Ferguson&Kilburn einerseits, Anderson et al andererseits

  4. #4 MartinB
    28. März 2013

    @Bjoern
    Ja, so kenne ich das auch, man schreibt sowas gaanz vorsichtig und höflich (man weiß ja auch nie, wer das paper zum Reviewen bekommt). Aber ich bin natürlich auch kein Nobelpreisträger…

    @NWO-Agent
    Das ist ja schon ziemlich heftig – warum lässt man sowas denn durch den Review-Prozess?

  5. #5 Alexander
    28. März 2013

    Ein aktuelles Beispiel aus der Biologie: Forscher aus dem ENCODE Großprojekt stellen Behauptungen auf, die nicht stimmen können und eigentlich mit Lehrbuchwissen widerlegt werden können. Leider bedeutet ENCODE=viel Geld, viel PR, also viele Leute, die erreicht werden und die Aussagen nicht einordnen können. Viele Wissenschaftler haben sich aufgeregt, gerade in den Blogs hat es die Runden gemacht. Und Prof. Graur und Kollegen haben vor ein paar Wochen ihrem Ärger in einem Paper Luft gemacht, das prall gefüllt ist mit Sarkasmus. Drüben auf Panagrellus ist die Geschichte schön zusammengefasst.

  6. #6 Volker Distelrath
    Waakirchen
    28. März 2013

    @ martin
    Wenn ich mich da so an einige Kommentare zu Deinem Artikel “Quantenmechanik und Realität “vom Oktober 2012 erinnere, da habe ich mich schon mächtig gewundert, wie sich offensichtlich wissenschaftlich geschulte und erwachsene Menschen beharken können. Da ist doch einiges unter der wissenschaftlich anständigen Gürtellinie durchgegangen. das ist ja oft so, wenn das Wissen oder zumindest die fundierten Theorien oder Meinungen ausgehen…….

  7. #7 Volker Distelrath
    28. März 2013

    Übrigens: Es gibt doch sicherlich eine Bohr-biographische Forschung. Hat er nun danach eigene QM Rechnungen durchgeführt oder nicht. Wenn ja, dann ist Lambs Bemerkung unnötig, aber immerhin wahrheitsgemäß. Wenn nicht, dann eben nur die Krähe, die doch hackt. Man soll immer die Wahrheit sagen, man muss sie aber auch nicht immer sagen, man kann ja auch mal das Maul halten.

  8. #8 MartinB
    28. März 2013

    @Alexander
    Dass es um ENCODE viel Ärger gibt, wusste ich zwar, aber dass sich das auch so in Publikationen niederschlägt, war mir neu. Danke für den Link.

    @Volker
    Ja, aber in den Kommentaren eines Blogs gelten auch andere Spielregeln – blogs sind ja per definitionem “persönlich”.

    Ob Bohr selbst Rechnungen durchgeführt hat, weiß ich nicht – es würde mich aber schon wundern, wenn nicht (und selbst wenn die Postdocs die Kärrnerarbeit machten, hat Bohr die Rechnungen sicher genau nachvollzogen und kontrolliert).

  9. #9 NWO-Agent
    28. März 2013

    @NWO-Agent
    Das ist ja schon ziemlich heftig – warum lässt man sowas denn durch den Review-Prozess?

    Das wüsste ich allerdings auch sehr gern. Das einzige was mir dazu einfällt ist die Vermutung, dass die Reviewer ähnlich emotional involviert sind (erlebt man beim Thema Videospiele ja -gefühlt- häufiger) und deshalb beide Augen zugedrückt haben. Würde natürlich nicht gerade für sie sprechen und wirft m.E. auch kein allzu gutes Licht auf die veröffentlichenden Jounale.

  10. #10 MX
    29. März 2013

    A propos ENCODE: Streit gibt es auch bei PREFERE: https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00120-013-3156-y#page-1
    Leider ist der Artikel nicht vollständig zugänglich, aber auf der zweiten Seite sieht man schon, wie es weitergeht.

  11. #11 MartinB
    29. März 2013

    @MX
    Was wieder einmal zeigt, dass auch WissenschaftlerInnen nicht so objektiv sind, wie sie es sein sollten. Ansonsten müsste man ja auch eigentlich erwarten, dass Gegner und Befürworter einer These X jeweils mit gleicher Wahrscheinlichkeit Veröffentlichungen schreiben, die X stützen oder widerlegen. Meist ist es aber ja anders…