Bienen sind sehr geschickte Flieger, aber zu den allerschlausten Tieren gehören sie ja eher nicht. Wie schaffen sie eigentlich ihre Flugmanöver? Und kann man sich davon vielleicht etwas abgucken?

Ein Problem, mit dem Bienen ziemlich häufig konfrontiert sind, besteht darin, auf Blumen zu landen um leckeren Nektar zu schlürfen (und daraus ekligen Honig zu machen, ein Zeug, das man allenfalls in homöopathischen Dosen im Schokomüsli ertragen kann…):

Bee-landing-on-flower-0a.jpg
By AdamantiosOwn work, CC BY-SA 3.0, LinkBekanntlich ist ja der Landeanflug beim Fliegen besonders schwierig, also ist es schon interessant zu sehen, wie die Bienen das ohne Landecomputer auf die Reihe bekommen.

Um auf einer Blume oder ähnlichen Fläche zu landen, müssen die Bienen (anders als unsere Flugzeuge, die ja am Boden noch ewig lange bremsen müssen) ihre Geschwindigkeit in der Luft immer weiter drosseln, bis sie quasi direkt vor der Blüte zum Stehen kommen. Ein internationales Team von WissenschaftlerInnen hat diese Frage jetzt untersucht und eine erstaunlich simple Antwort gefunden. Mit dabei war übrigens auch Emily Baird, die wir schon von der Milchstraßennavigation der Mistkäfer kennen.

Um das Landeverhalten der Bienen im Detail zu untersuchen, wurden sie darauf trainiert, Futter in der Mitte von senkrecht stehenden Scheiben mit 60 cm Durchmesser zu suchen, die mit unterschiedlichen Mustern versehen werden konnten (das wird gleich noch wichtig werden).

Als erstes bekamen die Bienen ein Schachbrettmuster zu sehen; nicht, weil Bienen Schach so toll finden – die sind ja nicht so schlau, s.o. – sondern weil das eine schön deutlich zu erkennende Oberflächenstruktur hat. Die Bienen nähern sich den Scheiben auf einigermaßen gerader Bahn, wie dieses Bild hier zeigt (Oben die vertikale, unten die horizontale Ansicht der Flugbahn; “das Ziel liegt links”, wie mein Navi sagen würde. Die durchgezogene Linie ist der Mittelwert.):

bee1

Aus Baird et al., s.u.

Dabei bremsen sie immer weiter ab, je näher sie der Scheibe kommen, das zeigt dieses Bild hier (aufgetragen ist die Geschwindigkeit in mm/s gegen den Abstand, die Tiere fliegen also in diesem Bild auch von rechts nach links):

bee2

Aus Baird et al., s.u.

Ihr seht, dass die Geschwindigkeit ungefähr proportional zur Entfernung zunimmt, je näher die Bienen dem Ziel kommen, desto langsamer werden sie also.

Um herauszubekommen, welche optischen Hinweise die Bienen nun genau benutzen, wurden unterschiedliche Muster ausprobiert. Ein “Zielscheibenmuster” funktionierte auch ganz prima:

bee2b

Aus Baird et al., s.u.

Große Schwierigkeiten hatten die Bienen allerdings mit einem radialen Muster wie hier:

bee2c

Aus Baird et al., s.u.

Ihr seht, dass die Anfluggeschwindigkeit höher ist und die Streuung der Kurven ist deutlich gestiegen – das radiale Muster scheint die Bienen also zu verwirren. (Ich habe mich gefragt, wie das bei  einfarbigen Blumen mit vielen schmalen radial nach außen zeigenden Blütenblättern ist – aber für Bienen sind solche Blumen ja oft nicht einfarbig, weil die Blumen noch UV-Muster haben. Nette Idee, aber eine Mail-Anfrage bei Emily Baird (wieder einmal großartig, wie schnell man Antwort auf solche Fragen bekommt, vielen Dank!) ergab, dass das eher unwahrscheinlich ist, weil Bienen für die Bewegungsdetektion beim Fliegen vermutlich nur den Grünkanal nutzen. Ganz eindeutig iklar ist das aber nicht, weil es neuere Ergebnisse für Hummeln gibt, die auch den Blaukanal nutzen. Alternativ können die Bienen einfach die Berandung der größer werdenden Blüte selbst verwenden – die Scheiben im Experiment aren mit 60cm Durchmesser ja vergleichsweise groß.)

Das Besondere an einem radialen Muster ist, dass es sich ja nicht ändert, wenn man ihm näher kommt.  Das spricht dafür, dass die Bienen die Ausdehnung des Bildmusters (genauer gesagt, die Winkelgeschwindigkeit) als Hinweis verwenden, um die Landegeschwindigkeit zu kontrollieren. Wie kann man das überprüfen? Dazu hatte das Team eine – wie ich finde – bestechend einfache Idee: Sie verwendeten Spiralmuster und ließen die Spiralen unterschiedlich schnell rotieren.

Wenn die Biene einer Spirale näher kommt, dann ändert sich das Bild wie auch beim Schachbrettmuster oder bei den Ringen und die Biene landet ganz normal. Wenn sich die Spirale aber dreht, dann scheint sie ja beim Anflug entweder schneller oder langsamer größer zu werden, je nachdem, wie herum sich die Spirale dreht. Und siehe da, die Bienen nähern sich dann ihrem Ziel entweder mit überhöhter Geschwindigkeit (rechts) oder deutlich zu langsam (links). Aufgetragen ist jeweils die Geschwindigkeit gegen den Abstand, die Farbe gibt die Drehgeschwindigkeit der Spirale an (Schwarz: keine Drehung, rot: schnellste Drehung):

bee3a

Aus Baird et al., s.u.

Berechnet man aus den Daten (das paper enthält auch ein einfaches mathematisches Modell des Ganzen, ich gebe aber zu, dass ich mir das nicht im Detail angeguckt habe), wie schnell der Biene die Vergößerung des Musters erscheint, dann ergibt sich für alle Fälle immer ein etwa konstanter Wert:

bee3b

Aus Baird et al., s.u.

Aufgetragen ist jeweils die von der Biene wahrgenommene (Winkel-)Geschwindigkeit der Mustervergrößerung. Die gepunktete Linie gibt an, wie sich das Muster vergrößern würde, wenn die Biene mit konstanter Geschwindigkeit fliegen würde; dann wird das Muster beim Näherkommen immer größer, bis es das gesamte Gesichtsfeld ausfüllt.

Die Bienen fliegen also so, dass die Vergrößerung des Musters, das sie beim Anflug sehen, eine konstante Geschwindigkeit hat. Damit werden sie beim Anflug automatisch langsamer, und zwar ohne dass sie den Abstand zu ihrem Ziel kennen müssen; die Geschwindigkeit wird automatisch reduziert, je näher die Biene dem Ziel kommt. Dieser simple Trick könnte eines Tages auch für Flugroboter wie zum Beispiel für Roboter-Bienen (Bild ist leider nicht frei verfügbar) oder andere Fluggeräte nützlich sein.

Vielleicht können die Flugführer also tatsächlich etwas von den Bienen abgucken.

                                   

PS: Ich merke gerade, dass Arbeiter-Bienen ja immer weiblich sind. Deswegen habe ich den Titel nochmal editiert…

Emily Baird, Norbert Boeddeker, Michael R. Ibbotson, and Mandyam V. Srinivasan
A universal strategy for visually guided landing
www.pnas.org/cgi/doi/10.1073/pnas.1314311110

 

Kommentare (4)

  1. #1 rolak
    5. Februar 2014

    Immer wieder erstaunlich, wie einfach (im positiven Sinne) manche Problemstellungen gelöst werden können…

  2. #2 rolak
    6. Februar 2014

    Gestern vergessen: Wie es die heilige Koinzidenz will, wird anderswo ebenfalls über schräge Effekte optischer Wahrnehmung bei Insekten geschrieben.

  3. #3 MartinB
    6. Februar 2014

    @rolak
    Ziemlich lustig.

  4. […] Hier Wohnen Drachen beschreibt eine Studie, in der untersucht wurde, wie Bienen ihren Landeanflug organisieren. […]