Schildkröten zählen ja zu den best-geschützten Tieren überhaupt. Mit ihrem starren Knochenpanzer sind sie vor Angriffen von Raubtieren ziemlich sicher; eine Überlebensstrategie, die seit über 200 Millionen Jahren verlässlich funktioniert. Bisher war ihre Technik, die Rippen zu einem Panzer umzubauen, ziemlich einzigartig, aber zu Beginn des Erdmittelalters gab es anscheinend eine andere Tiergruppe, die ein ähnliches Prinzip verfolgte.

Das neue Fossil gehört zur Gruppe der Hupehsuchia, die in der unteren Trias lebte, also zu Beginn des Zeitalters der Dinosaurier (aber noch vor dem Auftauchen der ersten echten Dinos), kurz nach dem großen Massenaussterben am Ende des Perms (des Erdaltertums). Falls ihr noch nie von den Hupehsuchia gehört habt – das ist nicht verwudnerlich, es ist eine kleine, ziemlich unbekannte Gruppe von Meeresreptilien zu der nur wenige Gattungen zählen. Hier ein Bild von Hupehsuchus

 

Hupehsuchus.jpg
By SmokeybjbOwn work, CC BY-SA 3.0, Link

Ihr seht, dass Hupehsuchus ein Merresräuber ist, der sich vermutlich mit seinem langem Schwanz fortbewegte, aber auch flossenartige Extremitäten hatte. Hupehsuchus ist etwa einen Meter lang und könnte eventuell mit den Ichthyosauriern (den Fischsauriern) verwandt sein, das ist aber nicht wirklich klar.

Hupehsuchus hatte einen Panzer aus Knochenplatten auf dem Rücken und hatte – wenn ich es richtig sehe – schon relativ breite Rippen. Das ist allerdings nichts im Vergleich zu seinem neu entdecktem Verwandten, dem Parahupehsuchus. Hier im Vergleich der Rumpf von Parahupehsuchus (oben) und von Hupehsuchus (unten):

parahupehsuchus

Aus Chen et al., s.u.

Oben im Bild seht ihr (zum Vergrößern ggf. klicken) die kompakt zusammengebauten Rippe des Parahupehsuchus – der Kopf wäre links, ist aber leider nicht erhalten geblieben. Wie stark die Rippen tatsächlich zusammenhängen, zeigt dieses Bild hier noch etwas übersichtlicher (generell sind ja Skizzen übersichtlicher als echte Fossilien und die Natur hätte uns auch wirklich den Gefallen tun können, Knochen beim Versteinern passend einzufärben…):

parahupehsuchus2

Aus Chen et al., s.u.

Ganz oben seht ihr in rot die knöchernen Panzerplatten auf dem Rücken, darunter kommen die Wirbel (ns steht für “neural spine”), und dann kommen in blau die Rippen selbst. Diese überlappen einander und jede Rippe ist gleich an zwei Wirbeln festgemacht. Zusätzlich gibt es auf der Unterseite noch Bauchrippen (“Gastralia”, im Bild lg und mg abgekürzt), wie man sie auch bei Krokodilen und anderen Reptilien findet. Alles zusammen bildet also einen ziemlich festen knöchernen Zylinder.

Parahhupehsuchus ist übrigens ein ziemlich langweiliger Name für ein so merkwürdiges Tier – Hupeh steht für eine Provinz in China, “suchus” heißt einfach nur “Krokodil” und wird gern für alle möglichen Urzeit-Reptilien als Endung verwendet, und “para” heißt einfach nur “neben” oder auch “nahe bei”. Etwas mehr Fantasie wäre doch vielleicht angezeigt – wie wäre es mit “Osseotuba mirabilis” (wundersames Knochenrohr) oder etwas in der Art gewesen? Die Zahl der Para-Irgendwasse in der Urzeitwelt ist eh schon viel zu groß…

Anders als bei Schildkröten lag der Knochenpanzer allerdings nicht ganz außen am körper – Schildkröten haben ja ihren Bauplan so umgestülpt, dass ihre Schulter- und Hüftgelenke innerhalb der Rippen sitzen, so dass auch de Muskeln innen und gut geschützt sind. Aber auf dem Rücken – wo Parahupehsuchus die meisten Muskeln hatte – saßen ja noch Knochenplatten in der Haut, die diesen Bereich zusätzlich geschützt haben, so dass das Tier vermutlich trotzdem ganz gut vor Räubern geschützt war. Das ist insofern interessant, weil es zeigt, dass es bereits kurz nach dem Ende des Perms schon wieder hinreichend große Raubtiere gegeben haben musste, vor denen Parahupehsuchus sich schützen musste.

Die Knochenröhre war allerdings ziemlich starr. Entsprechend verwendete Parahupehsuchus vermutlich vor allem den Schwanz zum Schwimmen, ähnlich wie das heutige Krokodile machen. Und weil die Röhre so starr war, konnte Parahhupehsuchus wohl auch nicht atmen wie wir – der Brustkorb war einfach nicht dehnbar genug. Vermutlich bewegte sich die Leber vor und zurück, um Luft in die Lunge zu bekommen (auch heutige Krokodile verwenden diese Atemtechnik – allerdings haben Krokodile sehr fortschrittliche Lungen).

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Kommentare (2)

  1. #1 CM
    2. Mai 2014

    Lehrreicher Text – danke.

    Eine Alternative zur Reviewer-forderte-Erklärung ist die Student-hat-gemacht-Erklärung: Bei dieser (so ist es mir auch mal passiert) führt ein Autor Messung durch, fängt an das Paper zu schreiben und der PI kickt einige Absätze wieder raus in der Hoffnung noch ein Paper generieren zu können. Eiliges Schreiben und mangelhafte Reviews tun ein Übriges …

  2. #2 MartinB
    2. Mai 2014

    @CM
    Denkbar, aber da müsste der PI aber schon sehr komisch drauf gewesen sein – die ersten beiden Abästze hängen wirklich gar nicht mit dem rest zusammenund zitieren auch – wenn ich es richtig sehe – drei paper derselben Arbeitsgruppe, das ist schon verdächtig…