Tyrannosaurus und andere große Raubsaurier zählen ja zu den beliebtesten Urzeit-Tieren überhaupt. (Und kein Zeitungsartikel, der irgendwie mit Dinos zu tun hat, darf ohne Nennung des Namens “Tyrannosaurus” veröffentlicht werden, das ist quasi ein ungeschriebenes Gesetz.) Die Vorstellung eines etwa 13 Meter langen und 6 oder mehr Tonnen schweren Raubtiers ist ja auch beeindruckend (und Dank Jurassic Park auch optisch inzwischen sehr vertraut) und ein bisschen furchteinflößend. In Wahrheit waren Tyrannosaurier aber möglicherweise noch ein wenig schrecklicher.

Darauf deuten jedenfalls Fußspuren hin, die man vor ein paar Jahren in British Columbia gefunden hat. Sie gehören nicht zum berühmten T. rex, sondern zu einem seiner etwas kleineren Verwandten, die auch ein wenig früher lebten als T. rex selbst – wie etwa Albertosaurus, Gorgosaurus und Daspletosaurus, der etwa so aussah:

Lebendbild von Daspletosaurus torosus
Von ru:Creator:Dmitry Bogdanov}.
Der ursprünglich hochladende Benutzer war ДиБгд in der Wikipedia auf Russisch (Creator:Dmitry Bogdanov) – Übertragen aus ru.wikipedia nach Commons durch FunkMonk mithilfe des CommonsHelper.
(Originaltext: dmitrchel@mail.ru), CC BY-SA 3.0, Link

Fußspuren von Tyrannosauriern (also der Gruppe, zu der T. rex, Daspletosaurus et al. gehöreten – ich mache mir hier nicht die Mühe, den feinen Unterschied zwischen Tyrannosauriden und Tyrannosaurinen zu beachten…) sind selten. Man kennt einige einzelne Fußabdrücke,  Fährten mit mehreren Fußabdrücken kannte man hingegen gar nicht. (Mehr über Dino-Fußspuren findet ihr übrigens hier und hier.)

Das hat sich mit den neuen Funden jetzt geändert. Sie besteht aus drei Fährten, die auch noch zueinander parallel verlaufen und zu mehreren Tieren gehörten:

tyrannotrack

Aus McCrea et al.

Am Maßstab seht ihr schon, dass die Spuren nicht gerade klein sind – die einzelnen Fußabdrücke haben eine Länge von etwa 50 Zentimetern. Da man hinreichend viele Skelette von Tyrannosauriern kennt, kann man daraus abschätzen, wie groß die Tiere etwa gewesen sein dürften (die detaillierte Analyse dazu findet ihr im paper): Bei vollkommen gestrecktem Bein dürfte die Hüfthöhe etwa bei 2,80Metern gelegen haben. Etwas kleiner als bei einem T. rex, aber immer noch groß genug…

Aus der Hüfthöhe und dem Abstand der einzelnen Abdrücke wiederum kann man die Geschwindigkeit abschätzen, mit der sich die Tiere bewegt haben. Das funktioniert, weil man bei höheren Geschwindigkeiten ja längere Schritte macht (Details dazu habe ich vor sehr langer Zeit in einer kleinen Artikelserie mal erklärt…). Wie ihr an Hand der einigermaßen dicht liegenden Spuren aber schon vermuten könnt, war die geschätzte Geschwindigkeit eher moderat, sie betrug etwa 6,5-8,5 Kilometer pro Stunde, also ein gemütliches Spaziertempo für Tiere mit derart langen Beinen. (Auf Fußspuren von mit Höchstgeschwindigkeit laufenden Tyrannosauriern, die die Frage nach der Maximalgeschwindigkeit klären könnten, werden wir wohl vergeblich warten, zum einen, weil Tiere ja nur selten mit Höchstgeschwindigkeit laufen, zum anderen, weil ein Boden, auf dem Fußabdrücke gut erhalten bleiben können, meist schlammig und feucht ist und nicht gerade der Untergrund, auf dem ein 6-Tonnen-Tier Geschwindigkeitsrekorde brechen möchte, denn das endet dann vermutlich auch mit einem Rekord-Bachklatscher…)

Im paper findet ihr weitere Details zu den Fußspuren, einschließlich einer genauen Analyse, wie die Füße jeweils in den Boden eingedrungen sind und wieder herausgezogen wurden. Diese Details sind aber vermutlich eher für die ExpertInnen interessant (beispielsweise wurde der Fuß nicht einfach nach oben rausgezogen, sondern bewegte sich dabei etwas nach hinten).

Interessant ist aber auf jeden Fall, dass wir hier drei Fußspuren haben, die direkt parallel zueinander verlaufen. Diese Spuren sind sich auch in ihren Details ähnlich, so dass man davon ausgehen kann, dass sie etwa gleichzeitig entstanden sind. (Wäre zwischen den einzelnen Abdrücken eine Zeit verstrichen, dann hätte der Boden z.B. durch Austrocknen seine Konsistenz geändert und das könnte man den Spuren ansehen.) Die drei Tiere sind also etwa zur gleichen Zeit in der gleichen Richtung gegangen. Da andere Spuren überlagert sind, die quer zu den Tyrannosaurier-Spuren liegen (z.B. bei der Spur A in der Mitte), dürfte es auch keine besonderen geographischen Hindernisse (Seeufer o.ä.) gegeben haben, die die Tiere in die gleiche Richtung drängten.

Die Vermutung liegt also nahe, dass die drei Tiere sich als Gruppe bewegt haben. Und wenn sie das taten, dann ist es plausibel, dass sie auch in Gruppen gejagt haben – und wenn die Vorstellung von einem Tyrannosaurier, der einem auf den Fersen ist, schon beängstigend ist, dann sind drei oder mehr davon, die einem nachstellen, noch besseres Alptraum-Material. Spekulationen zum Rudelverhalten von tyrannosauriern gibt es natürlich schon länger, aber bisher gab es keinerlei Daten, die ein solches Verhalten bestätigten.

Für ein Rudel aus Tyrannosauriern gibt es übrigens auch einen speziellen Namen – eine Gruppe Delfine heißt ja “Schule”, im Englischen ist eine Gruppe von Krähen “a murder of crows” (ein Begriff, der durch eine gewisse Fantasy-Serie (über deren Qualität ich mich mal nicht äußere) bekannt wurde), und eine Gruppe von Tyrannosauriern ist entsprechend “A terror of Tyrannosaurs” – so übrigens auch der Titel der Arbeit.

                   

McCrea, Richard T., et al. “A ‘Terror of Tyrannosaurs’: The First Trackways of Tyrannosaurids and Evidence of Gregariousness and Pathology in Tyrannosauridae.” PloS one 9.7 (2014): e103613.

Kommentare (13)

  1. #1 Chemiker
    15. August 2014

    Ich fühle da eher emotionale Ent­war­nung: Wenn drei Tyranno­saurier gemein­sam auf die Jagd gehen, dann haben sie be­stimmt nicht das Ziel, ewas 50–100 kg Schweres zu erbeuten.

    Kann man raten, welche Beutetiere da in Frage kommen? Hadro­saurier? Sauro­poden? Immerhin brauchen die ja etwas im Gegen­wert von ein paar hundert Rechts­anwälten pro Jahr.

  2. #2 Alderamin
    15. August 2014

    @Chemiker

    Die Klassiker-Beute aus Fantasy-Filmen ist doch der Triceratops (und die gehörnte Verwandtschaft). Die Hörner und Knochenpanzer werden schon einen Grund gehabt haben.

  3. #3 Zhar The Mad
    15. August 2014

    na, ich bin zwar nicht bereit das paper zu lesen, aber das hindert ja die wenigsten total-amateure arogante behauptungen auszusprechen.. wo war ich? ach ja:
    von drei parallelen spuren in zeitlicher nähe, ich nehme mal an einigen stunden in der nacht bei nebel wohl auch mehr, gleich von rudelverhalten zu spechen ist doch sehr gewagt. Natürlich ist es spannend, aber deswegen halt noch nicht wahr, da müsste dann schon etwas mehr kommen. Mir fallen als ausgebildeter wenigwisser gleich mehrere möglichkeiten ein warum ein tier am tag mehrmals die gleiche strecke nimmt. sei es ein wasserloch zu patrouillieren, artfremde konkurenten vom kadaver zu verjagen, oder übermäßiger alkoholkonsum und orientierungsschwäche auf dem nach-hause-weg.
    wollt ich nur mal so wenig konstruktiv loswerden 😉

  4. #4 MartinB
    15. August 2014

    @Chemiker
    Auch Hyänen jagen im Rudel und erbeuten trotzdem gern Gnu-Kälber und ähnliche eher kleine Tiere. Ein junger Hadrosaurier oder Sauropode (als Beutetier durchaus plausibel) dürfte drei Tiere schon für ein paar tage sättigen. Man weiß, dass Tyrannosaurier auch ausgewachsene Triceratopse und Hadrosaurietr angegriffen haben (durch Bissspuren an den Knochen, die zum teil auch verheilt sind) – aber ich denke, auc damals war das Motto: “Der Fleischfresser kämpft um die nächste Mahlzeit, der Pflanzenfresser um sein Leben”, entsprechend dürften die Raubsaurier lieber eine Übermacht ausgespielt haben.

    @Zhar
    Aus den drei Spuren zu schließen, dass die Tyrannosaurier im Rudel gejagt haben, ist natürlich Spekulation (wird das im Artikel nicht deutlich genug)? Um artfremde Konkurrenten von einem Kadaver zu verjagen, scheinen mir drei parallele Spuren nicht so plausibel; ein Wasserkloch patroullieren ist denkbar – aber enn drei unterschiedliche Tiere auf derselben Route ein Wasserloch patroullieren, dann haben die vermutlich auch etwas miteinander zu tun, oder nicht?
    Für Alkoholkonsum sind die Spuren zu geradlinig 😉

  5. #5 Chemiker
    15. August 2014

    @MartinB

    Das leuchtet mir schon alles ein. Ein junger Hadrosaurier wäre sicherlich lecker, und da die ja in Herden lebten, ist ein Angriff im Schreckens­rudel schon sinnvoll. Verwirrung stifen, Jungtiere abtrennen, und dann gemeinsam verschnabulieren.

    Meine etwas launige Bemerkung bezog sich darauf, daß Du meintest, das Rudel­verhalten mache die Tyrannosaurier noch furcht­einflößen­der. Ich kann mir kaum vorstellen, daß die an irgendetwas unter einem Zentner Interesse gehabt hätten; also muß ich mich persönlich wohl nicht fürchten.

    @Alderamin

    Der Kampf zwischen Triceratops (oder Toro­saurus oder Nedo­ceratops) befüllt die Dino-Bücher (auch ich habe als Kind den berühmten Was-ist-Was-Band gelesen). Trotz­dem bin ich nicht ganz überzeugt, daß ein Raub­tier ohne große Not ein doppelt so schweres, stämmig gebautes und hörner­bewehrtes Beutetier angreift.

    Nashörner lebten ja auch ziemlich ungefährdet, bis der Mensch die Feuer­waffen erfunden hat.

  6. #6 Stefan K.
    15. August 2014

    @Chemiker
    Ein Zentner ist soweit ich weiß 100 Pfund also ungefähr 50 kg, also fällt mit dieser untergrenze fasst jeder Mensch ins Beuteschema 😉
    UNd selbst wenn du eigentlich zu klein fürs Beuteschema bist: Sollte die tyrranosaurusgruppe hungrig genug sein, werden sie wohl auch mal mit was kleinerem als Snack zufrieden sein.
    Also beim nächsten Tardis-ausflug in die Kreide(oder Jura, so genau kenn ich mich nicht aus) doch eher auf Tyrannosaurus gruppen achten 😉

  7. #7 Alderamin
    15. August 2014

    @Chemiker

    So ein Ceratöpschen fing ja auch mal klein an. Und wurde irgendwann einmal alt und krank. Dann war es verwundbar. Wenn es jerwachsen und gesund war, dann war es sicherlich gut geschützt und nicht unbedingt die erste Wahl als T.-Rex-Mahlzeit. Wobei das bei einer Rudeljagd schon wieder anders ausgesehen haben mag, wer weiß.

  8. #8 Chemiker
    15. August 2014

    @Stefan K.

    Ein Zentner ist soweit ich weiß 100 Pfund also ungefähr 50 kg, also fällt mit dieser untergrenze fasst jeder Mensch ins Beuteschema

    >

    Es mag ja sein, daß man in Deutschland so rechnet, aber in Öster­reich gilt man mit einem Zentner als hoch­gradig über­gewichtig.

  9. #9 Stefan K.
    16. August 2014

    Interessant, wusste gar nicht, dass wir das Zentner in Österreichs mit 100 kg sogar gesetzlich(sic!) festgelegt haben. Und ja, ich bin selber Österreicher (und sogar Jurist) als gleich doppelt Asche über mein Haupt 😉

  10. #10 MartinB
    16. August 2014

    @Chemiker
    Mag sein, dass ein Mensch nicht so ganz ins Beuteschema passt, aber sicher wäre ich mir da nicht, insbesondere, wenn Tyrannosaurier eine niedrigere Stoffwechselrate hatten als Säugetiere. Wenn du einem vor der Nase rumhüpfst, könnte er schon mal testen, ob Chemiker genau so lecker sind wie Rechtsanwälte, denke ich.
    Aber so oder so: Auch wenn ich nicht ins Beuteschema passe, fände ich die Vorstellung, irgendwo durch die Kreidezeitlandschaft zu streifen und mich gleich vor einem ganzen Terror von Trexen verstecken zu müssen, durchaus noch etwas furchteinflößender…

  11. #11 Liebenswürdiges Scheusal
    16. August 2014

    Hätt ich einen Knopf zum zurückzeitreisen, fände ich die Idee ausgesprochen interessant 😉 .

  12. #12 Chris
    Keller
    17. August 2014

    Hmm,
    für die TRexe gibts ja sogar eine Patrone zum Jagen (wobei halt niemand weiss ob da eine reicht) aber bei den Aussichten muss man das Verteidigungssystem für die nächsten Ausflüge in die vergessene Welt wohl etwas nach oben anpassen. 😉

  13. […] über das Verhalten der Dinos ablesen. (Mehr über Dinospuren findet ihr auch hier, hier, hier, hier, hier und meinen eigenen kleinen Forschungsbeitrag hier – hmm, anscheinend finde ich […]