Viele Tiere sind ja in der Lage, ihre Farbe in irgendeiner Weise zu ändern und sich beispielsweise an die Umgebung anzupassen oder auf diese Weise Stimmungen auszudrücken. Einige meiner Aquarienfische können sich beispielsweise entfärben und ganz fürchterlich blass aussehen, wenn sie sich erschrecken. Unter den Wirbeltieren sind besonders die Chamäleons dafür bekannt. Ihre Farbwechsel sind schnell und oft spektakulär:

chamaeleon1

Aus Teyssier et al., s.u.

Auch dieses Video zeigt den Farbwechsel sehr schön (in Zeitraffer):

Die meisten Tiere die ihre Farbe ändern können, tun das mit Hilfe von Zellen, bei denen ein Farbstoff in der Zelle transportiert wird. Dieses Bild zeigt die Farbveränderung in einer Zelle eines Zebrafisches.

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Melanophore” by Rockpocket at English Wikipedia – Transferred from en.wikipedia to Commons.. Licensed under Public Domain via Wikimedia Commons.

Diese Farbwechsel sind aber vergleichsweise langsam und es wird dabei ein Farbstoff entweder gezeigt oder eben nicht. Bei den Chamäleons ist das anders – die nutzen auf raffinierte Weise die Gesetze der Optik aus, um ihre Farbe zu wechseln.

Licht besteht ja bekanntlich aus Wellen (jedenfalls im Bild der klassischen Elektrodynamik, wenn man genau hinguckt, besteht Licht aus Photonen, aber das können wir uns heute sparen). Wen eine solche Welle auf eine regelmäßige Struktur (ein “Gitter”) trifft, die das Licht teilweise durchlässt und teilweise nicht, dann kann das Licht abgelenkt (“gebeugt”) werden, so wie dieses Bild hier veranschaulicht:

 

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Beugungsgitter-erstes-Maximum“ von MiessenEigenes Werk. Lizenziert unter CC0 über Wikimedia Commons.

Dabei wird das Licht nur in der Richtung durchgelassen, bei der die Lichtwellen von benachbarten Öffnungen im Gitter im Gleichtakt schwingen (vornehm ausgedrückt: Konstruktiv interferieren). Weil Licht unterschiedlicher Farben unterschiedliche Wellenlängen hat, werden unterschiedliche Farben unterschiedlich stark abgelenkt. Das ist auch der Grund, warum ihr zum Beispiel ein Regenbogenmuster auf einer CD oder DVD sehen könnt – die hat nämlich Spuren im passenden Abstand in der Größe der Lichtwellenlänge.

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CD autolev crop“ von Ubern00bEigenes Werk. Lizenziert unter CC BY-SA 3.0 über Wikimedia Commons.

Beugungsgitter müssen aber nicht bloß eindimensional sein – man kann auch regelmäßige Strukturen in zwei oder drei Dimensionen haben, die Farben erzeugen. Dieses Bild hier (zum Vergrößern klicken) zeigt ein paar unterschiedliche Beispiele aus dem Tierreich:

pcColor

Sensors 2013, 13(4), 4192-4213; doi:10.3390/s130404192, Creative Commons Attribution license (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0/).

Schillernde Farben im Tierreich, egal ob bei Käfern, Schmetterlingen oder Pfauen, kommen also oft durch solche Beugungsgitter zu Stande, die man auch “photonische Kristalle” nennt (weil sie regelmäßig angeordnet sind wie Kristalle und mit Photonen ähnlich wechselwirken wie es metallische Kristalle mit Elektronen tun).

Welche Farbe ein photonischer Kristall erzeugt, hängt dabei natürlich vom Abstand der Beusteine ab. Und das machen sich die Chamäleons zu nutze. In ihrer Haut haben sie (das gilt übrigens nicht für alle Chamäleons, sondern nur für einige Arten) oben eine Schicht, die Nanokristalle enthalten :

chamaeleon2

Aus Teyssier et al., s.u.

Die kleinen weißen Kleckse sind Guanin-Kristalle (Guanin ist das Zeug, das auch ein Bestandteil der DNA ist), die Maßstabsbalken haben eine Größe von 200 Nanometern (Lichtwellenlängen liegen zwischen 400 und 800 Nanometern). Wie ihr seht sind die Kristalle in den beiden Bildern unterschiedlich weit voneinander entfernt – und das ist auch genau der Trick, den die Chamäleons ausnutzen: Indem sie den Abstand zwischen den Kristallen ändern, ändern sie sie Reflexion des Gitters und damit eben auch die Farbe.

Dass das tatsächlich so funktioniert, ließ sich auch im Labor-Experiment nachweisen: Dazu hat man die entsprechenden Zellen genommen, und den Abstand der Kristalle künstlich geändert, indem man den Zellen Wasser entzogen hat. Dabei veränderten sie ihre Farbe genau wie erwartet. (Mit Hilfe von Computerberechnungen hat man auch ausgerechnet, welche Kristallabstände zu welcher Farbe führen sollten, damit alles passt.) Wie die Chamäleons selbst es genau anstellen, die Kristallabstände zu steuern, ist noch nicht klar.

Unterhalb der Farbschicht haben die Chamäleons übrigens noch eine zweite Schicht aus licht-reflektierenden Zellen. Die reflektieren besonders stark im Infrarotbereich – das könnte den Tieren helfen, bei großer Sonneneinstrahlung nicht zu überhitzen.

                      

Teyssier, Jérémie, et al. “Photonic crystals cause active colour change in chameleons.” Nature communications 6 (2015).

Kommentare (12)

  1. #1 MG
    29. Mai 2015

    Können Chamäleons eigentlich Farben sehen? Eigentlich schon, sie sollten doch erkennen können ob sie gerade grün oder rot sind oder ?

  2. #2 Alderamin
    29. Mai 2015

    @MG

    Können Chamäleons eigentlich Farben sehen?

    Wahrscheinlich schon, wenn man der Wikipedia glaubt.

    Eigentlich schon, sie sollten doch erkennen können ob sie gerade grün oder rot sind oder ?

    Na ja, das Chamäleon wird seine Farbe kaum bewusst regeln (wie im Text beschrieben ist der Hauptzweck die Kommunikation mit Artgenossen), aber die Erkennung des Untergrunds dürfte hilfreich sein, wenn doch mal die Tarnung gefragt ist.

  3. #3 MartinB
    29. Mai 2015

    Chamäleons sollten als Reptilien vier Farbrezeptoren besitzen (wir haben ja nur drei, und zwei davon sind sehr dicht beieinander, was die Absorption angeht.) Die Geschichte des Farbsehens haben ich ja vor langer zeit schon mal erzählt:
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen/2011/02/21/warum-die-dinosaurier-wahrscheinlich-an-der-farbenblindheit-schuld-sind/

  4. #4 fsd@fsd.net
    29. Mai 2015

    Hallo, würdest du mal einen Artikel über die Militarisierung des Weltraums/Wettrüsten im Weltraum machen? https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/05/28/wettlauf-mit-russland-usa-wollen-sich-eigentums-rechte-fuer-den-mond-sichern/

    Interessant auch Waffensysteme (ink. Nuklearwaffen im Weltraum):
    https://dipbt.bundestag.de/dip21/btd/15/013/1501371.pdf

    Florian löscht alle Kommentare dazu.

  5. #5 fsd@fsd.net
    29. Mai 2015

    Von daher wäre es cool, wenn man einer von den science blogs dieses Thema ein bisschen in die Öffentlichkeit bringt.

  6. #6 SFA
    Am PC
    30. Mai 2015

    Sorry, aber ich poste, bevor ich den Artikel gelsen habe; nun, mir fällt bei der Artikelüberschrift ein, dass mich das Farbadaptive Verhalten von Kraken interssieren würde – kann mir dazu jemand Links empfehlen?! WP ist da ein wenig dürftig, AFAIR.

  7. #7 SFA
    Immer noch am PC
    30. Mai 2015

    “Indem sie den Abstand zwischen den Kristallen ändern, ändern sie sie Reflexion des Gitters und damit eben auch die Farbe.”

    “Wie die Chamäleons selbst es genau anstellen, die Kristallabstände zu steuern, ist noch nicht klar.

    Schade 🙁

  8. #8 MartinB
    30. Mai 2015

    @fsd
    Ist nicht mein Thema, ich kenne mich da nicht aus, deswegen werde ich darüber auch nicht bloggen.

    @SFA
    Das paper (das ja frei verfügbar ist) enthält dazu ein paar Quellen.

  9. #9 felix
    30. Mai 2015

    @alderamin
    Chamäleons ändern ihre Farbe nicht zwecks Tarnung sondern um ihren Gemütszustand kund zu tun.
    Dazu brauchen sie also nicht farbig sehen zu können.

  10. #10 MartinB
    30. Mai 2015

    @felix
    Doch, müssen sie, denn sonst können die anderen Chamäleons ja den Gemütszustand nicht ablesen…

  11. #11 Alderamin
    30. Mai 2015

    @felix

    Ich kann mich an Forschungsendungen erinnern, da nahmen die Tiere ungefähr die Farbe des Untergrundes an. Wurde jedenfalls so erklärt. Trifft vielleicht nicht für alle Arten zu und ist auch nicht die Hauptfunktion des Farbwechsels. Dieses Verhalten wäre aber sicher nicht ganz uneffektiv (und damit von evolutionärem Vorteil), wenn man diesen Farbtrick schon drauf hat.

    @Martin

    *Handvordiestirnklopf* Au Mann, hätte ich auch drauf kommen können…

  12. #12 rolak
    31. Mai 2015

    Forschungsendungen

    wikis “nicht in erster Linie der Tarnung, sondern vor allem zur Kommunikation mit Artgenossen” läßt da auch genügend Spielraum, Alderamin.