Nachdem schließlich am Wochenende nach der großen Hitze die Gewitter kamen und es deutlich kühler wurde, habt ihr vermutlich dasselbe gemacht wie ich: Alle Fenster aufgerissen, um Haus oder Wohnung wieder etwas herunter zu kühlen. Und genauso wie ich werdet ihr dabei vermutlich gemerkt haben, dass das erstaunlich wenig effektiv ist – man muss sehr lange lüften, damit ein Zimmer wieder auf halbwegs normale Temperaturen abkühlt. Sobald das Fenster auf ist, wird die Lift zwar kühl, aber macht man das Fenster wieder zu, ist es im Raum nach kurzer Zeit wieder (fast) so heiß wie vorher.
Ähnlich wie beim Schwitzen können wir auch das mit ein bisschen physikalischer Herumspielerei leicht verstehen. Entscheidend dafür ist die Wärmekapazität, also die Fähigkeit eines Materials, Wärmeenergie zu speichern.
Wasser hat eine Wärmekapazität von etwa 4200J/kg K (Joule pro Kilogramm und Kelvin – streng genommen müsste ich ne Klammer um kg K machen, aber so pingelig bin ich nicht.) – um also 1 Kilogramm Wasser um ein Grad (Celsius oder 1 Kelvin) aufzuwärmen, brauche ich 4200J (oder auch eine Kilokalorie). Euer Haus besteht aber vermutlich nicht aus Wasser, sondern aus Stein, die Wärmekapazität von Stein liegt etwas niedriger, laut dieser Seite hier so etwa bei 1000J/kg K. (Wie üblich kommt es mir auf ganz genaue Zahlen nicht an, sondern nur auf eine Abschätzung.)
Nehmen wir an (die ganze Schätzerei hier ist natürlich mal wieder ein Fermi-Problem), wir haben ein Zimmer mit einer Größe von 4×4 Metern, das 2,5 Meter hoch ist, Dann habe ich 4*4Meter*2,5Meter=40 Quadratmeter Wandfläche, zusätzlich noch 32 Quadratmeter Fläche für Decke und Boden. (Und Dinge wie Möbel stehen auch noch im Zimmer, vernachlässige ich hier mal wieder.) Macht also insgesamt so etwa 70 Quadratmeter Materialoberfläche. Eine typische Wand ist vielleicht so etwa 15 Zentimeter dick – aber da es ja nebenan auch noch ein Zimmer gibt, entfalle auf unser Zimmer nur die Hälfte davon, also etwa 7,5cm Dicke. Das macht alles zusammen 70m²*0.075m=5.25m³, also grob 5 Kubikmeter Material. Beton hat ne Dichte von etwa 2000kg/m³, also haben wir alles zusammen 10 Tonnen Stein, die auf dieses Zimmer entfallen. Hochgerechnet auf ein Einfamilienhaus mit so etwa 100 Quadratmetern, wo noch Dachstuhl und so weiter dazukommen, sollte man also als Hausmasse so irgendwo zwischen Hundert und 200 Tonnen rauskommen – was ganz gut zu dieser Rechnung hier passt. (Anscheinend bin ich nicht die einzige mit einer seltsamen Vorliebe für scheinbar sinnlose Zahlen.)
So, wir haben also 10 Tonnen Stein. Nehmen wir an, die sind durch die große Hitze auf 30°C aufgeheizt und wir wollen sie wieder auf 25°C bringen. Dann müssen wir 10000kg* 5K *1000J/kg K=50000000J, also 50 Millionen Joule an Wärme abführen – und das tun wir durch Lüften. (Real geht natürlich auch ein guter Teil der Wärme durch Abstrahlung von den Hauswänden verloren, ich tue hier so, als hätte ich ein Zimmer irgendwo im Inneren eines Hauses ohne Außenwände (und als theoretische Physikerin mache ich von meinem Recht Gebrauch, nicht darüber nachzudenken, wie dann die kühle Luft ins Zimmer kommt…).)
Luft hat eine Wärmekapazität von 1000J/kg K – also etwa dieselbe wie der Stein. Klingt seltsam, oder? So ein guter Wärmespeicher ist Luft ja nicht. Stimmt, aber Luft hat eben eine sehr niedrige Dichte, ein Kilogramm Luft ist ziemlich viel. Die Dichte von Luft ist (bei 20°C) nur 1,2kg/m³ (beide Zahlen hier habe ich übrigens nicht auswendig gewusst, sondern von Wikipedia). Unser Raum hat ein Volumen von 4*4*2,5m³=40m³, es passen also etwa 40*1,2=48kg Luft rein, also so etwa 50kg.
Nehmen wir an, beim Lüften strömt Luft mit einer angenehmen Temperatur von 20°C in unseren Raum. Die heizen wir jetzt auf 25°C auf, dann tauschen wir sie aus (real ist das Lüften natürlich ein kontinuierlicher Prozess, aber das sei mir gerade egal). Dabei nimmt die Luft also etwa 5K*50kg*1000J/kg K= 250kJ an Wärme auf. Wir müssen also zwei mal in dieser Weise Lüften (die Luft komplett austauschen), um eine halbe Million Joule abzuführen, oder 200 Mal, um die 50 Millionen Joule loszuwerden, die in unseren Wänden gespeichert sind.
Kommentare (26)