Spingitter

Tja, soweit die Turingmaschinen. Mit Physik hat das ganze aber erst mal nicht viel zu tun und es ist auf den ersten (oder zweiten oder auch zehnten) blick nicht gerade offensichtlich, dass man die Eigenschaften von physikalischen Systemen mit Turingmaschinen oder gar dem Halteproblem in Verbindung bringen kann. Und tatsächlich ist die Verbindung in der Arbeit, um die es hier geht, auch ziemlich kompliziert – ich habe zugegebenermaßen selbst nicht alles im Detail verstanden, hoffe aber, dass ich die grobe Idee einigermaßen wiedergeben kann. Falls euch die physikalischen Modelldetails nicht so interessieren, könnt ihr jederzeit auf die dritte Seite des Artikels springen, wo ich mir ein paar gedanken mache, was das Ganze eigentlich bedeutet.

Das System, mit dem wir uns beschäftigen, ist ein Spingitter. Stellt euch ein regelmäßiges zweidimensionales Gitter vor, wie beispielsweise ein Schachbrett (oder ein zweidimensionales Kristallgitter). In jedem Feld des Schachbretts sitzt ein physikalisches Objekt (so etwas wie ein Atom). Dieses Objekt kann in verschiedenen Zuständen vorliegen. Der einfachste Fall wäre, dass es zwei Zustände gibt. Quantenmechanisch kann man sich darunter zum Beispiels Spins vorstellen – also die Drehimpulse von Teilchen wie Elektronen, die in zwei Zuständen vorliegen können, meist einfach als Spin rauf und Spin runter bezeichnet. (Mehr über den Spin findet ihr hier, mehr über quantenmechanische Zustände hier.) So etwa könnte das aussehen (das zweidimensionale Feld ist hier ein bisschen perspektivisch gezeichnet):

ising_tinfty

Spingitter sind ziemlich schicke Dinger und man kann sie nutzen, um damit alle möglichen Phänomene in der Physik zu veranschaulichen. Für uns heute ist nur die Energie eines Spingitters wichtig. Nehmen wir wieder den einfachsten Fall, wo wir nur zwei Spins haben (rauf und runter). Wenn es energetisch günstig ist, wenn die Spins in benachbarten Schachbrettfeldern (oder Gitterplätzen) gleich ausgerichtet sind und energetisch ungünstig, wenn sie entgegengesetzt ausgerichtet sind, dann ist der energetisch günstigste Zustand der, wo alle Spins in dieselbe Richtung zeigen (rauf oder runter, das ist egal). Ein solches Modell ist ein Ising-Modell, man kann mit ihm zum Beispiel verstehen, wie Magnete funktionieren und warum Materialien bei hohen Temperaturen ihre ferromagnetischen Eigenschaften verlieren. Mehr über das Ising-Modell und sein Verhalten bei unterschiedlichen – und sogar negativen – Temperaturen könnt ihr hier nachlesen.

Nach den Regeln der klassischen Physik ist jeder Spin entweder “rauf” oder “runter” – die Zahl der Möglichkeiten für einen Spin ist also endlich. Das bleibt auch so, wenn wir mehr als einen Spin an jedem Punkt haben oder wenn jeder Spin mehr als eine Möglichkeit hat (beispielsweise rauf runter recht links) – in beiden Fällen brauche ich nach den Regeln der klassischen Physik nur eine natürliche Zahl, um den Spin zu beschreiben (1-rauf 2-runter usw.).

In der Quantenmechanik ist die Sache aber komplizierter. Hier können unsere Spins nicht nur einfach die beiden Zustände “rauf” und “runter” haben, sondern auch in einem Üerlagerungszustand sein, sozusagen 73,7% rauf und 26,3% runter. Um einen Quantenzustand zu kennzeichnet, genügt also nicht ein einziges Bit (0 oder 1 für rauf oder runter), sondern man braucht eine reelle Zahl. In diesem Sinn enthält ein einzelner Quantenzustand also unendlich mehr Informationen als ein klassischer Zustand. Das Problem dabei ist, dass man diese Zahl nicht direkt auslesen kann – wenn man den Zustand tatsächlich zu messen versucht, bekommt man auch in der QM immer entweder Null oder Eins als Ergebnis. Trotzdem kann man die Extra-Information ausnutzen, das ist genau das, was z.B. Quantencomputer tun oder was bei der Quantenverschränkung passiert. Details findet ihr in der Serie “Quantenmechanik verstehen” (siehe rechts bei den Artikelserien) – aber Details sind heute wie gesagt nicht so wichtig, heute geht es um das große Ganze.

Die Turing-Maschine auf dem Spin-Gitter

Als nächstes bastelt man eine Turingmaschine in unser System. Das tut man mit Hilfe der Energie, oder vornehm gesagt, des Hamilton-Operators. Der Hamilton-Operator ist in der Qm eine Rechenvorschrift, mit der ich aus dem aktuellen Zustand meines Spingitters die Energie des Spingitters berechnen kann. (Naja, das war jetzt wieder etwas vereinfacht, macht aber nix.) Im einfachen Fall des Ising-Modells von oben ist der Hamilton-Operator sehr simpel, er besagt einfach: Betrachte alle paare von nächsten Nachbarn auf dem Gitter und multipliziere die Spinwerte (die als -1 oder +1 geschrieben werden) miteinander. Summiere das auf und nimm das Negative davon. Da minus mal minus plus ist, ist das Produkt benachbarter Spins plus 1, wenn beide gleich sind, und minus 1, wenn sie ungleich sind. (Bei Überlagerungszuständen tragen dann beide Werte passend bei, aber auch das sind wieder Details…) Und weil wir am Ende noch mal das Negative nehmen, ist die Energie am niedrigsten, wenn alle Spins gleich sind.

Wie haben ja im Abschnitt über Turingmaschinen gesehen, dass es für jede Turingmaschine eine Zahl T gibt, die diese Maschine kennzeichnet. Diese Zahl T wird jetzt in die Rechenvorschrift für den Hamilton-Operator eingebaut. Dazu genügt es allerdings nicht, wenn die Spins an jedem Punkt nur zwei mögliche Werte haben – man braucht hier ein System mit deutlich höherer Dimension. Wie groß diese Dimension genau ist, wird im paper nicht vorgerechnet, entscheidend ist aber, dass man zeigen kann, dass es einen endlichen Wert d gibt, der immer ausreicht, das System wird also nicht bereits an einem Punkt unendlich komplex.

Hier verwendet man implizit die Quanteneigenschaft des Systems. Klassisch kann ich – wenn ich jeweils d Spins an jedem Ort habe – die Energie des Systems für alle denkbaren Kombinationen benachbarten Spins als Tabelle angeben – das sind dann d² Zahlen. Ich kann also nie mehr Information speichern, als ich in diesen d² Zahlen schreiben kann. In der QM ist das wegen der Überlagerungen aber anders, dort können die Wechselwirkungen beliebig kompliziert werden.

O.k., ich tue jetzt nicht mal so, als hätte ich im Detail verstanden, wie diese Codierung des Hamilton-Operators durch eine Turingmaschine funktioniert. Die Grundidee ist aber die folgende: Nehmt an, die Turingmaschine würde durch die natürliche Zahl T gekennzeichnet. T kann beliebig groß werden, was Probleme mit sich bringt, denn dann wird es schwierig, am Ende Energien zu berechnen, die eine obere Grenze haben (was aber für den Beweis notwendig ist). Man baut deshalb aus der Zahl T eine Zahl zwischen Null und eins. Dazu schreibt man T als Binärzahl. Wäre T zum Beispiel 14, dann gilt 14= 8+4+2=1 * 2³+ 1 * 2² + 1*21+0*20. Die Binärdarstellung von 14 ist also 1110. Wir kehren diese Zifernfolge jetzt um und setzen ein 0, davor, also wird aus 14 die Zahl 0,011100000…. Diese Zahl können wir jetzt als binäre Zahl zwischen Null und 1 interpretieren. Auf diese Weise kann man jede natürliche Zahl als Zahl zwischen Null und Eins schreiben. Die entsprechende neue Zahl wird also in den Hamilton-Operator eingebaut.

Eine Turing-Maschine durchläuft ja eine Reihe von Zuständen, sie hat sozusagen eine Dynamik. In unserem Quantensystem gibt es so eine Dynamik nicht, wenn wir die Energien angucken, denn es ist eine Eigenschaft von Quantensystemen, dass Zustände mit definierter Energie statisch sind, sich also mit der Zeit nicht ändern. (Abgesehen von einem für uns hier mal wieder unwichtigem Phasenfaktor – schreibe ich nur hin, damit ich nix falsches sage.) Um die gesamte Berechnungsgeschichte einer Turing-Maschine trotzdem ins Quantensystem zu bekommen, konstruiert man jetzt den Grundzustand des Systems aus einer Überlagerung von lauter Einzelzuständen, von denen jeder einen momentanen Zustand der Turingmaschine darstellt. Der Hamilton-Operator wird also gerade so konstruiert, dass er genau diesen Grundzustand hat, und zwar genau für die Berechnungsgeschichte der Turingmaschine mit der Zahl T (die wir über das Binärcodierungsverfahren in den Hamilton-Operator reinbekommen.)

Was man als Ergebnis bekommen möchte, ist ein System, das folgende Eigenschaft hat: Wenn die Turingmaschine T hält, dann hat unser System eine Energielücke – die Energie des ersten angeregten Zustandes ist um einen endlichen Betrag größer als die des Grundzustandes (und dieser Betrag ist unabhängig von der Größe unseres Spingitters). Wenn die Turingmaschine nicht hält, dann gibt es ein kontinuierliches Energiespektrum, der Grundzustand und der erste angeregte Zustand liegen also beliebig dicht beieinander.

Um diese Eigenschaft korrekt einzubauen, wird die Sache noch weiter verkompliziert. Dazu betrachtet man jetzt lokale Bereiche innerhalb des Gitters und die Zustände innerhalb dieser Bereiche. Man verwendet dazu quasi-periodische Kachelungen. Die funktionieren so, dass man nur Kacheln aneinander legen darf, deren Kanten farblich zusammenpassen. Hier ein Beispiel für solche Kacheln:

Wang tiles.png
Wang tiles“. Licensed under Public Domain via Commons.

Mit diesen Kacheln kann man jetzt versuchen, die Ebene zu überziehen. (Die Kacheln dürfen dabei nicht gedreht werden, sonst wäre es zu einfach.) Das geht, aber das Ergebnis ist nicht periodisch, es gibt also kein sich immer wieder wiederholendes Muster:

Wang tesselation.svg
Wang tesselation” by Claudio RocchiniOwn work. Licensed under CC BY-SA 3.0 via Commons.

Es ist bekannt, dass es nicht vorhersagbar ist, ob ein gegebener Satz solcher Kacheln in der Lage ist, die Ebene zu überziehen – das ganze ist mathematisch äquivalent zum Halteproblem.

Wir können jetzt so eine Kachelung in unser Quantensystem einbauen. Dazu ordnen wir (ich hoffe, ich habe das richtig verstanden) jeder möglichen Kachel einen Zustand der Teilchen auf unserem Spingitter zu (wenn es 13 Kacheln gibt, brauchen wir also 13 Zustände). Die Regel, dass benachbarte Kacheln immer passende Farben haben, können wir in eine Energie übersetzen: Wenn an einem Gitterplatz z. B. die Kachel oben links sitzt, die an der rechten Seite grün ist, dann bekommt die Energie einen positiven Wert, wenn die Kachel rechts daneben nicht passt (also auf der linken Seite nicht grün ist). Da der Grundzustand der Zustand mit der niedrigsten Energie ist, kann man so erzwingen, dass im Grundzustand alle Kacheln perfekt passen. (Hier habe ich ein kleines Problem, weil eine Kachelung beliebig viele Kacheltypen enthalten darf, wenn ich es richtig verstehe; für den Beweis ist es aber wichtig, dass die Zahl der Zustände an jedem Gitterpunkt eine obere Grenze hat. Ist mir nicht klar, wir das zusammenpasst.)

Am Schluss werden die beiden Bestandteile zusammengefüht – der Hamilton-Operator hat also zwei Terme, einen für die Kachelung und einen, der das Verhalten der Turing-Maschine abbildet. Und dann ergibt sich das gewünschte Resultat: Das Energiespektrum des Systems hat im Grenzfall, dass man das Gitter unendlich groß macht, genau dann eine Lücke, wenn die Turingmaschine T hält. Da das Halteproblem nicht durch einen Algorithmus entschieden werden kann, kann auch die Frage, ob ein solches physikalisches System eine Energielücke hat, nicht durch einen Algorithmus entschieden werden.

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Kommentare (83)

  1. #1 Dr. Webbaer
    26. Dezember 2015

    Die Physiklehre (vs. ‘Pysik’) ist ‘unentscheidbar’, weil die (Außen-)Welt von erkennenden Subjekten mit ihren (teilweise geteilten (wird sinnhaft geteilt, findet eine Fachsprache statt etc. – dann wird’s auch Wissenschaft genannt (idealerweise: moderne skeptizistische))) Innenwelten nur näherungsweise, ausschnittsartig und an Interessen (!) gebunden erfasst werden kann wie in der Folge nur näherungsweise, ausschnittsartig und an Interessen (!) gebunden theoretisiert wird.

    Die Tegmark-Hypothese hilft hier insofern bei, weil sie (leicht erkennbar) weder falsi- noch verifizierbar ist und insofern sozusagen perfekte Metaphysik [1] darstellen könnte.

    Rein mathematische Systeme sind (für bestimmte Zwecke) immer entscheidbar, ansonsten gäbe es mathematische Zufallsgeneratoren.

    HTH
    Dr. W (der für den (wie so oft: ganz ausgezeichneten [2]) WebLog-Artikel dankt, sehr spannend, vielleicht auch noch auf einzelne Punkte zurückkommen wird, kommentarisch, und insgesamt eine Nähe zum Weihnachtsfest, äh, festzustellen vermag)

    [1]
    Das Höhlengleichnis war auch sehr gut, war aber sparsamer als die hier bearbeitete ToE.

    [2]
    Sofern Dr. Weihnachtswebbaer hier der Richtige ist, natürlich nur.

  2. #2 Dr. Webbaer
    26. Dezember 2015

    Bonuskommentar hierzu:

    Dass die Mathematik unentscheidbare Aussagen enthält, ist ja seit Gödel bekannt, aber Tegmark hat bisher – laut Wikipedia – gesagt, dass es ja denkbar ist, dass nur solche Systeme auch existieren, die entscheidbar sind.

    Gödel bezog sich auf bestimmte mathematische Systeme, in concreto: auf die Arithmetik, in denen Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit nachgewiesen werden kann, diese werden denn auch gerne ‘hinreichend mächtig’ genannt.
    Ein wenig blöd bleibt halt, dass diese hinreichende Mächtigkeit genau dann “hinreichend mächtig” wird, wenn Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit nachgewiesen werden kann.
    Die Forderung also rekursiv bleibt.

    Mathematiken müssen also insofern nicht derart ausgelegt sein, auch Algorithmen nicht; das sogenannte Halteproblem spielt in der Praxis insofern auch keine besondere Rolle, wenn defensiv kodiert (“programmiert”) worden ist.

    Korrekt bleibt, dass Mathematiken wie beschrieben minderleistend und problematisch werden können, Algorithmen ebenfalls, dass sie dies aber nicht sein müssen und wenn sie es doch sind, weitergehend Nutzen seitens der erkennenden und verwendenden Subjekte (sog. Erkenntnissubjekte bleiben gemeint) gezogen werden kann, wenn sie sozusagen angemessen kritisch, auch defensiv (s.o.) mit derartiger Mathematik und derartiger mathematischer Implementation umgehen.

    Die Welt als Turingmaschine bleibt ein spannender Gedanke, die Sache mit dem seehr langen Lochstreifen und den beiden Stationen, die ausgeben wie neu nachdrucken, hat ihren Charme.
    Die Welt könnte tatsächlich derart stattfinden, wie physisch repräsentiert sein, wenn sie umfänglich determiniert und serialisierbar (das Fachwort) wäre.
    Was nicht entschieden werden kann, aus Weltteilnehmersicht (vs. Betreibersicht – und auch dort eher: vorsichtig, denn der Betreiber ist immer vermutlich auch Teilnehmer).

    MFG
    Dr. W

  3. #3 Dr. Webbaer
    26. Dezember 2015

    Bonus-Bonus-Kommentar hierzu:

    Und auch wenn man sich fragt, wie zum Geier es eigentlich die Natur selbst schafft, dass sich alles an die [N]aturgesetze hält, wird’s in meinen Augen knifflig.

    Sogenannte Naturgesetze sind Theoretisierungen der Physiklehre(r) [1], die sozusagen besonders stabil sind oder vielleicht besser: so erscheinen, bei denjenigen, die i.p. Theoretisierung und Messung der Natur hinreichend begabt sind, also bei bestimmten erkennenden Subjekten oder Erkenntnissubjekten.

    Schwächere sozusagen weniger stabile Theoretisierungen der Naturlehre werden idR nicht Naturgesetze genannt.

    Unendlichkeiten gibt es in der Physik natürlich überall – nicht nur bei Systemen, die unendlich groß sind, sondern auch anderswo.

    ‘Unendlichkeiten’ können schlecht gemessen werden, in der Natur, ganz ähnlich wie übrigens auch die Bestimmung von Fakten [2] (besser vielleicht: wohl bestätigter Datenlagen – der Apfel muss nicht immer nach unten fallen, die dbzgl. gegensätzliche Annahme ist aber nicht nur “Newton-stabil”, sondern sozusagen unendlich stabil, metaphorisch) sozusagen unendlich zu sein scheint, aber eben doch per se ausschnittsartig, näherungsweise und an Interessen (!) der Erfassenden gebunden einer Messtheorie folgt.

    In etwa so wie nichts in der Natur ‘wahr’ ist, ist nichts in der Natur ‘unendlich’. [1]

    [1]
    Aussagen zu einer Sache oder zu einem diesbezüglichen Verhalt sind aus Sicht des Systematikers zuvörderst als Aussagen zu einer Sache oder zu einem diesbezüglichen Verhalt einer Person(enmenge) zur Kenntnis zu nehmen und in der Folge bedarfsweise zu bearbeiten.
    Dies ist die konstruktivistische Sicht, die immer den Konstrukteur und so benötigt wie die zu bearbeitende Handgabe.
    Direkt plausibel könnte diese Sicht schon dadurch werden, dass ‘wahr’ und ‘unendlich’ adjektivistisch genau dann genutzt werden können, wenn derart nutzende Erkenntnissubjekte bereit stehen, die derartige Begrifflichkeit pflegen.
    Dasselbe gilt natürlich auch für den alten Einstein-Jokus ‘Existiert der Mond auch dann, wenn keiner hinsieht?’.

    [2]
    Vgl. :
    -> https://www.ditext.com/russell/rus1.html (Looky for ‘table’)

  4. #4 Dr. Webbaer
    26. Dezember 2015

    *
    Handhabe (vs. Handgabe) heißt es wohl

  5. #5 Jazzpirate
    26. Dezember 2015

    @Dr. Webbaer:
    “Die Physiklehre (vs. ‘Pysik’) ist ‘unentscheidbar’, weil…” <- In deiner Argumentation benutzt du nirgends die mathematische Definition von "unentscheidbar", sie ist also unsinn. Frag mal Wikipedia, was Entscheidbarkeit in der Mathematik heißt, wenn dieser Artikel dir nicht geholfen hat.

    "Rein mathematische Systeme sind (für bestimmte Zwecke) immer entscheidbar, ansonsten gäbe es mathematische Zufallsgeneratoren." <- non sequitur und falsch – siehe Peano Arithmetik.

    "Gödel bezog sich auf bestimmte mathematische Systeme" <- sind BESTIMMTE mathematische systeme etwa keine "reinen mathematischen Systeme"? Und wie erhalte ich aus der Peano-Arithmetik einen Zufallsgenerator?

    "Ein wenig blöd bleibt halt, dass diese hinreichende Mächtigkeit genau dann “hinreichend mächtig” wird, wenn Unvollständigkeit oder Widersprüchlichkeit nachgewiesen werden kann." <- Falsch. "P und nicht P" ist widersprüchlich, aber nicht hinreichend mächtig. "aRb" (für eine beliebige Relation R) ist unvollständig, aber nicht hinreichend mächtig.
    Hinreichend mächtig bedeutet: "Erlaubt die codierung von endlichen Folgen von Individuen als Individuen selbst". In der Arithmetik geht das über die Eindeutigkeit der Primfaktorzerlegung, in der Mengenlehre darüber, dass endliche Folgen von Mengen selbst Mengen sind.

  6. #6 Dr. Webbaer
    26. Dezember 2015

    @ Jazzpirate :

    Dann eben: ‘Die Physiklehre ist wegen ihrer Semantik unentscheidbar.’ und ‘Bestimmte rein mathematische Systeme sind immer entscheidbar, …’

    Gödels Unvollständigkeitssatz sollte nicht verallgemeinert werden, wie es gerne getan wird, aber nicht im Artikel.
    Das mit dem ‘hinreichend mächtig’ bezog sich auf diesen Satz, zu dem in der d-sprachigen Wikipedia zurzeit so angemerkt wird: ‘Der Satz zeigt die Grenzen der formalen Systeme ab einer bestimmten Leistungsfähigkeit auf. Er weist nach, dass es in hinreichend starken Systemen, wie der Arithmetik, Aussagen geben muss, die man weder formal beweisen noch widerlegen kann.’

    MFG
    Dr. W (der natürlich nur philosophisch ein wenig Feedback eingereicht hat)

  7. #7 Jazzpirate
    26. Dezember 2015

    “Die Physiklehre ist wegen ihrer Semantik unentscheidbar.” <- mir ist nicht klar, was du damit meinst, aber mit mathematischer Unentscheidbarkeit scheint das nichts zu tun zu haben…

    "Gödels Unvollständigkeitssatz sollte nicht verallgemeinert werden, wie es gerne getan wird" <- auch hier ist mir nicht klar, was du mit "verallgemeinert werden" genau meinst… dass gerade im populären Bereich viel Unfug mit den Unvollständigkeitssätzen getrieben wird ist ja nichts neues, aber mir ist nicht klar, was das gerade mit der Thematik zu tun haben soll…

    Kurz: Mir ist gerade nicht klar, welche Semantik in dem was du so schreibst stecken soll…

  8. #8 Dr. Webbaer
    26. Dezember 2015

    @ Jazzpirate :

    Jeder ist nicht nur fast überall Ausländer, sondern jeder ist fast überall nur interessierter Laie oder Dilettant (hier in pos. Konnotation verwendet).

    Ihr Kommentatorenfreund hat einige Anmerkungen zum WebLog-Eintrag beigebracht – im WebLog-Eintrag ging es Herrn Dr. Bäker erkennbar um eine bestimmte physikalische Arbeit, die er vor dem Hintergrund der bekannten Unentscheidbarkeit bestimmter mathematischer Systeme zu bearbeiten wie zu erklären gewusst hat -, und insofern ist Feedback beigesteuert worden.

    Feedback ist per se Sekundärinhalt, es darf dort auch interdisziplinär und randseitig ergänzt werden.
    Dass die Physiklehre auch Mathematik zu nutzen hat, die i.p. Gödels Unvollständigkeitssatz leidet, könnte klar sein; wobei derartige Mathematik nicht zwingend entstehen muss, aber evolutionär sozusagen entstanden ist. Die Mathematik (“Kunst des Lernens”) wird ja gerade auch vor dem Hintergrund möglicher Anwendung gepflegt, sie muss erst einmal: leisten. [1]

    Die Physiklehre, und jetzt wird sich auf die Artikel-Überschrift bezogen, ist alleine schon wegen ihrem Naturbezug unentscheidbar, wegen ihrer Semantik, sie “leidet” zudem mit der Mathematik mit, ist kompatibel (“mitleidend” (wörtlich)).

    MFG
    Dr. W (der nichts gegen die Anrede in der Dritten Person Plural hätte, wenn diese besondere Form schon bereit steht im Deutschen)

    [1]
    ‘Mathematics is the door and key to the sciences.’

  9. #9 Volker Birk
    https://blog.fdik.org
    26. Dezember 2015

    Entscheidbarkeit ist eine Eigenschaft von Problemen. “Die Physik” müsste also als Problem formuliert sein, wollte man sie auf ihre Entscheidbarkeit hin prüfen.

    Entsprechend wird im verlinkten Artikel auch ein Problem benannt, und dessen Entscheidbarkeit diskutiert: das “spectral gap problem”.

    Mit Gödels Unvollständigkeitssatz hat das zunächst wenig zu tun. Der beschreibt nämlich eine Eigenschaft von Prädikatenlogik höherer Ordnung. Wer glaubt, den Satz verstanden zu haben, kann sich selbst leicht prüfen: Gödel hat nämlich einen ganz ähnlichen Vollständigkeitssatz formuliert. Wer den Unterschied erklären kann, liegt vermutlich gut 😉

    Alle genannten Dinge haben jedoch mit einer ganz wesentlichen Sache wiederum nichts zu tun: nämlich damit, inwiefern Physik und Metaphysik (mithin die Ontologie) zusammen hängen. Dort bleibt Kant einschlägig mit seinen Folgerungen in der KdRV, dass nicht transzendent geschlossen werden kann.

  10. #10 Jazzpirate
    26. Dezember 2015

    “Ihr Kommentatorenfreund hat einige Anmerkungen zum WebLog-Eintrag beigebracht ” <- Falls sich deine (ich mag das förmliche "Sie" in einer Unterhaltung wie der diesigen einfach überhaupt nicht, aber wenn du darauf bestehst wechsel ich natürlich wenn es unbedingt sein muss) Kommentare auf vorherige Kommentare beziehen, scheinen diese wohl verschwunden zu sein. In dem Fall fehlt mir vermutlich etwas Kontext – ich habe die kommentare isoliert betrachtet und darauf bezogen sich meine Kommentare.

    "Feedback ist per se Sekundärinhalt, es darf dort auch interdisziplinär und randseitig ergänzt werden." <- oh ja, selbstverständlich. Wie Sie allerdings bereits anmerkten wird z.B. der Unvollständigkeitssatz gerne ungerecht verallgemeinert – wenn Sie plötzlich (ohne für mich erkennbaren helfenden Kontext) von Unentscheidbarkeit und Subjektivität reden, scheint mir Sie tun genau das; nämlich den mathematisch formal definierten Begriff "Unentscheidbarkeit" so verallgemeinern, dass seine Bedeutung nicht mehr viel mit dem formalen Begriff zu tun hat. Das sollte dann natürlich zumindest entsprechend bemerkt werden 😉

    @Volker "Der beschreibt nämlich eine Eigenschaft von Prädikatenlogik höherer Ordnung." <- ERSTER Ordnung reicht 😉

    "Wer glaubt, den Satz verstanden zu haben, kann sich selbst leicht prüfen: Gödel hat nämlich einen ganz ähnlichen Vollständigkeitssatz formuliert. Wer den Unterschied erklären kann, liegt vermutlich gut" <- Just for fun: Der Vollständigkeitssatz bezieht sich auf den Hilbert-Kalkül (und äquivalente Kalküle) mit Henkin-Semantik, der UNvollständigkeitssatz (je nach Interpretation) auf erweiterte Kalküle mit eingeschränkter Semantik (i.e. genau einem Modell) oder (mit Henkin-Semantik) auf die notwendige Existenz von Nichtstandard-Modellen bestimmter Theorien.

  11. #11 Dr. Webbaer
    26. Dezember 2015

    Gödel sagt ja:
    1.) Jedes hinreichend mächtige, rekursiv aufzählbare formale System ist entweder widersprüchlich oder unvollständig.
    2.) Jedes hinreichend mächtige konsistente formale System kann die eigene Konsistenz nicht beweisen.

    Wobei er dies auf die Arithmetik bezieht und die “hinreichende Mächtigkeit” nur meinen kann, dass sie genau dann vorliegt, wenn wie von ihm bestimmt festgestellt werden kann.

    Was nicht unproblematisch ist, dezent formuliert.

    Der Schreiber dieser Zeilen hat den mathematischen Begriff der Unentscheidbarkeit vor diesem Hintergrund eingeordnet, Systeme mit den von Gödel beschriebenen Mängeln, sollten es welche sein, sind hier als (partiell) ‘unentscheidbar’ verstanden worden.

    MFG
    Dr. W (der sich nun einstweilen ausklinkt)

  12. #12 Jazzpirate
    26. Dezember 2015

    “Wobei er dies auf die Arithmetik bezieht” <- oder z.B. die Mengenlehre…
    "und die “hinreichende Mächtigkeit” nur meinen kann, dass sie genau dann vorliegt, wenn wie von ihm bestimmt festgestellt werden kann." <- die "hinreichende Mächtigkeit" it relativ klar formuliert in seiner Arbeit (dazu muss man halt die Arbeit oder jede andere moderne formale Ausführung des Beweises lesen): Das System muss in der Lage sein, Formeln und den betrachteten Beweiskalkül zu codieren. Dazu braucht es eigentlich nur eine (berechenbare) Codierung von endlichen Folgen und bestimmten Relationen zwischen den Elementen. "hinreichend mächtig" heißt eben NICHT "genau SO mächtig, dass die Folgerung trivial wird", entsprechend sehen ich nicht, was daran "nicht unproblematisch" sein soll.

    Man kann etwas informell und entsprechend inexakt auch sagen: "hinreichend mächtig" ist ein System genau dann, wenn es ausdrucksstark genug ist um über Aussagen selbst zu reden. Aber das ist eben nur eine informelle Beschreibung der KONSEQUENZ des formalen Kriteriums.

  13. #13 Chemiker
    27. Dezember 2015

    Es gibt doch auch andere physikali­sche Systeme, die nicht wirk­lich defi­niert sind.

    Da fällt mir z.B. das elektro­stati­sche Potential eines Kristalls ein. Das ist die Summe aller An­ziehun­gen und Ab­stoßungen, die alle Ionen eines Ionen­kristalls an einem bestimmten Punkt im Kristall entfalten.

    Denkt man sich: Das ist ja ganz einfach, da sum­mie­ren wir einfach über alle Ladungen an den Gitter­plätzen, bestimmen den Grenz­wert für Gitter→∞ und fertig. Nur, daß dieser Grenz­­wert im all­gemei­nen Fall gar nicht existiert. Die Summe ist nämlich bedingt kon­vergent, und je nach­dem, in welcher Reihen­folge man summiert, konvergiert das Ding zu jeder beliebigen Zahl. Bei endlichen Kristallen würde man für jede mögliche makro­skopische Form des Brockens andere Potential­werte bekommen.

    Das ist den Kristallen aber völlig egal, sie verhalten sich ganz brav und so, als ob sie von bedingter Konvergenz noch nie etwas gehört hätten. Weil es immer irgendwelche Dreck­effekte (z.B. Ober­flächen­adsorption) gibt, die dafür sorgen, daß Kristalle desselben Stoffs immer dieselben Eigen­schaften haben, egal wie sie geformt sind.

    Das Problem entstand also nur aus der Idealisierung, daß man zunächst einen perfekten Kristall ohne Ober­fläche denkt. Und dabei so tut als ob unendlich und makro­skopisch ein und dasselbe wäre.

    Irgendwie sieht es für mich so aus, als ob das Spingitter-Problem zwar viel komplizierter, aber im Grund ähnlich ist.

  14. #14 Karl-Heinz
    27. Dezember 2015

    Gibt es noch andere unentscheidbare Probleme in der Physik?

    mfg Karl-Heinz

  15. #15 MartinB
    27. Dezember 2015

    @Chemiker
    Aber auch das Ionengitter-Problem kann man doch physikalisch motiviert lösen – letztlich summiert man ja eine unendliche Reihe – und das muss man so machen, dass die Ionenblöcke, die hinzukommen, selbst nicht beliebig große Ladiungen tragen (so erinnere ich mich jedenfalls an das, was im Ashcroft steht).
    Und diese unendliche Reihe ist zwar streng mathematisch nicht wohldefiniert (wird es aber durch die zusätzliche physikalische Forderung), das ist aber ja nicht dasselbe wie wie mathematische Unentscheidbarkeit (die ja darauf beruht, dass es eine Antwort gibt, es aber keinen Weg gibt, sie zu berechnen).

    @Karl-Heinz
    Das einzige, was ich noch mal gehört habe, ist aus spekulativen Theorien der Quantengravitation. Es ist nicht möglich, einen Algorithmus zu finden, der alle denkbaren 4dimensionalen Mannigfaltigkeiten auflistet, wenn ich mich richtig erinnere (ist schon sehr lange her, dass ich das gelesen habe). Universumstheorien die also einen Quantenschaum annehmen, in dem alle denkbaren Universen entstehen, dürften damit auch ein Problem haben ähnlich zu dem hier im Artikel beschriebenen. Solche Theorien sind aber ja sehr spekulativ, während Spingitter zumindest als Idalisierung existierender physikalischer Systeme durchaus real sind.

  16. #16 Dr. Webbaer
    27. Dezember 2015

    @ Jazzpirate :

    Hmja, ja, vielen Dank für Ihre Nachricht, nur ergänzend angemerkt:
    1.) Die Mathematik ist, basierend auf: Axiomatiken (das Fachwort genannt, dieses hier in diesem Feedback-Strang: erstmalig) darauf angelegt praktischen Nutzen zu zeitigen und andererseits darauf angelegt Kohärenz sicher zu stellen.
    Wobei das Zweitgenannte dem Nutzen unterliegen darf.
    2.) Es ist in diesem Sinne nicht erforderlich bzw. kann explizit (“definitorisch”) [1] ausgeschlossen werden, dass Axiomatik sich an sich selbst zu prüfen hat.
    Rekursiv, denn Axiomatik ist (bedarfsweise und nach ihrem besten Wissen (und Gewissen womöglich auch) Setzung.
    3.) Das hier – ‘Man kann etwas informell und entsprechend inexakt auch sagen: “hinreichend mächtig” ist ein System genau dann, wenn es ausdrucksstark genug ist um über Aussagen selbst zu reden.’ – müsste edel-mopsig [2] sein.
    4.) Setzungen der hier gemeinten Art, Axiomatiken meinend wie bestimmte Rechen- und Kodierungsvorschriften sind Bedarfshandlung, vgl. auch ‘Kunst des Lernens’ (“Mathematik”) und ‘Mathematics is the gate and key of the sciences.’, meinend, sind Veranstaltung.

    MFG + ein frohes Neues schon einmal,
    Dr. W

    [1]
    Das Denken in Schichten ist hier gemeint, Axiomatik meint Grund-Aussagemengen, die nicht unbedingt wie sozusagen gewöhnliche Aussagen rekursiv und auf sich selbst bezogen zurückgeführt werden können oder müssen, ‘dürfen’ wäre vielleicht das beste Verb.

    [2]
    ‘Mops’ = ‘möglicher Klops’ – lautmalerisch, landwirtschaftlich und nett gemeint

  17. #17 Dr. Webbaer
    27. Dezember 2015

    *
    denn Axiomatik ist (bedarfsweise und nach ihrem besten Wissen (und Gewissen womöglich auch)) Setzung.

  18. #18 Joseph Kuhn
    27. Dezember 2015

    @ MartinB:

    “Letztlich stellt sich also die Frage, ob physikalische Größen wirklich unendlich sein können”

    Danke für den interessanten Beitrag, auch wenn ich vieles nicht verstehe. Was die zitierte Frage angeht: In welche Richtung tendierst Du im Moment?

  19. #19 Alderamin
    27. Dezember 2015

    @Martin

    Wenn aber physikalische Systeme mathematisch unentscheidbar sein können, dann wird es in meinen Augen noch schwieriger sich vorzustellen, wie das eigentlich gehen soll und wie die Natur denn nun wirklich funktioniert.

    Nö, wieso? Um mal beim Halteproblem zu bleiben: diese besagt ja, dass es unentscheidbar ist, ob eine Turingmaschine angesetzt auf eine bestimmte Eingabe hält oder nicht. Aber eine jede Turingmaschine wird angesetzt auf eine bestimmte Eingabe irgendwann halten oder eben nicht, egal, ob wir das entscheiden können oder nicht. Die Maschine selbst funktioniert sehr einfach und vollkommen deterministisch, die hat kein Problem, zu funktionieren. In der Natur hat man es mit einer hochgradig paralleleln Maschine zu tun, die zusätzlich auch noch Zufallselemente enthält und teilweise chaotisch ist (Mehrkörperproblem). Um so etwas mathematisch zu beschreiben, ist mancher Kunstgriff nötig und manche Berechnungen sind nur näherungsweise oder auf statistischer Basis für große Mengen von Partikeln möglich, aber das muss das einzelne Partikel ja nicht kratzen – beim Mehrkörperproblem bewegen sich alle Objekte einfach in die Richtung der sich ergebenden Kräfte (oder entlang der sich aus der Raumkrümmung ergebenden Geodäten), in etwa so, wie Wasser ein Gebirge herunter läuft – es findet immer seinen Weg ins Tal, ohne dass es den Weg vorher weiß. Und bei einem radioaktiven Zerfall kann man sich vorstellen, dass im Kern die Teilchen zufällig herumzittern, bis eines mal zufällig einen Satz macht, der es die Potenzialbarriere durchtunneln lässt – die Energieunschärfe macht’s möglich. Man kann den Zeitpunkt nicht vorhersagen, aber die Verteilung genau angeben und hat dann für große Mengen von Teilchen eine Halbwertszeit als statistischen Erwartungswert.

    Sprich: ob wir die Natur berechnen oder entscheiden können, ist der Natur egal. Das ist keine notwendige Voraussetzung für ihr Funktionieren.

  20. #20 Jazzpirate
    27. Dezember 2015

    @Dr. Webbaer: Ihrer Terminologie nach vermute ich, dass Sie Philosoph sind? Das würde erklären, warum ich mich so schwer tue zu verstehen, was Sie mir (oder anderen) eigentlich genau mitteilen möchten – an so Begriffen wie “Axiomatik” oder “Setzung” liegt das nicht; mit denen fühle ich mich als Mathematiker äußerst wohl. Aber was Sie mit “bestimmte Rechen- und Kodierungsvorschriften sind Bedarfshandlung” oder “Veranstaltung” sagen möchten ist mir schleierhaft… oder was “edel-mopsig” heißen soll (ich betone nochmal, dass die “Definition”, die ich von “hinreichend mächtig” gegeben habe informell war und eher einer logischen Konsequenz der EIGENTLICHEN formalen Definition entspricht. In keinster Weise sollte man diese als gültig betrachten; eher als anschaulicher Versuch, worauf es bei der “Mächtigkeit” ankommt 😉 )

  21. #21 Karl-Heinz
    28. Dezember 2015

    Coole Sache:

    Doch die Methoden der Mathematik ließen keine eindeutige Aussage über die spektrale Lücke des quantenphysikalisch vollständig bekannten Materials zu.

    Ich nehme an, dass die Natur (beim Versuchsaufbau) selbst schon sagt:
    …Na Hallo ich habe ein/keine spektrale Lücke:-)

  22. #22 MartinB
    28. Dezember 2015

    @Joseph
    Da ziehe ich es im Moment vor, einfach zu sagen “Ich habe keinen Schimmer” und es dabei bewenden zu lassen.

    @Alderamin
    Der Witz ist hier aber doch, dass unser Quantensystem – anders als eine Turingmaschine – keine Dynamik hat. Es werden ja nicht im laufe der Zeit immer andere Zustände durchlaufen. Die spektrale Lücke ist da oder sie ist nicht da – und im Rahmen der Mathematik ist dies nicht entscheidbar. Da stellt sich für mich schon die Frage, wie genau das mit der “mathematischen” Natur funktioniert.

    Im ausführlichen paper wird ja folgendes bewiesen:
    “For any consistent formal system with a recursive set of axioms, there exists a translationally-invariant nearest-neighbour Hamiltonian on a 2D lattice with local dimension d and algebraic entries for which neither the presence nor the absence of a spectral gap is provable from the axioms.”
    Es gibt also schlicht kein mathematisches Verfahren, egal wie wir es drehen. Und das heißt in meinen Augen schon, dass die Natur entweder nicht mathematisch ist oder solche Systeme wie die hier schlicht nicht zulässt. (Letzteres ist ja durchaus denkbar, denn man braucht ja bei den Koeffizienten etc. unendliche Präzision – die Menge aller Spingittertheorien, die unentscheidbar sind, dürfte ja eine Nullmenge im Vergleich zur Menge aller Spingittertheorien sein.)

  23. #23 MartinB
    28. Dezember 2015

    @Jazzpirate
    “Das würde erklären, warum ich mich so schwer tue zu verstehen, was Sie mir (oder anderen) eigentlich genau mitteilen möchten ”
    Das hat beim Webbär System – meist versteht niemand genau, was er eigentlich sagen will, und wenn man es doch versteht, dann wünscht man sich, man hätte nicht…
    Es gibt einen Grund, warum dem Webbär selten geantwortet wird (ich lese seine Kommentare gar nicht mehr).

  24. #24 Alderamin
    28. Dezember 2015

    @MartinB

    Vielleicht ist “quantencomputerberechenbar” ja doch eine echte Obermenge von “turingberechenbar”, denn die Ordnung einer Berechnung ist ja auf dem Quantencomputer auch eine andere als auf der Turingmaschine, wenn ich das richtig verstanden habe. Vielleicht sind solche speziellen Probleme ja nur quantenberechenbar.

    Gibt’s hier zufällig jemand, der aktuell Informatik studiert oder lehrt und uns da auf den neuesten Stand bringen könnte? Angeblich wurde neulich ja ein funktionierender Quantencomputer vorgestellt (obwohl eine der letzten Ausgaben von “Bild der Wissenschaft” noch damit haderte, ob solche überhaupt möglich seien) und er soll laut Sascha Lobo im Spiegel 100 Millionen mal schneller sein als unsere heutigen digitalen Maschinen. Die Geschwindigkeit steigt dabei mit der Länge der Qubit-Worte, denn jedes Qubit mehr bedeutet eine Verdopplung der gleichzeitig verarbeiteten Datenmenge, denn der Quantencomputer rechnet auf allen mit dieser Länge darstellbaren Worten gleichzeitig. Deswegen wird er mit der Wortlänge exponentiell schneller. Das hieße aber, wenn ich das richtig verstehe, wenn die Eingabemenge höchstens exponentiell größer wird, wächst die Rechenzeit nicht einmal an, man braucht nur mehr Qubits. Das leistet kein gewöhnlicher Rechner.

  25. #25 Karl-Heinz
    28. Dezember 2015

    @ Alderamin

    Die gleiche Frage habe ich mir auch schon gestellt.
    Aber laut Wikipedia kann ein Halteproblem auch auf einen Quantencomputer nicht gelöst werden.

    Lg Karl-Heinz

  26. #26 Jazzpirate
    28. Dezember 2015

    “Aber laut Wikipedia kann ein Halteproblem auch auf einen Quantencomputer nicht gelöst werden.”
    Jeder Quantencomputer kann von einem klassischen Computer simuliert werden und umgekehrt. Offensichtlich ist ein klassischer Computer bei entsprechenden Problemen deutlich langsamer, aber was ein Quantencomputer (theoretisch) lösen kann, kann ein klassischer Computer auch 😉

  27. #27 rolak
    28. Dezember 2015

    neulich

    Falls sich das auf die D-Wave bezieht, Alderamin, die Maschine heißt nur so. Abgesehen davon können Quantencomputer aus bisherigen Modellierungen anstehende Probleme bestenfalls schneller lösen als klassische Rechner, haben jedoch keinen anderen Anwendungsraum.
    Ansonsten ist ‘für eine Handvoll QuBits’ und ansatzweises Lösen von TeilProblemen (Gatter-Level) Stand der Technik.

    laut Wikipedia

    moin Karl-Heinz, das Halteproblem ist prinzipiell unentscheidbar, also insbesondere unabhängig von der Technologie.

  28. #28 Alderamin
    28. Dezember 2015

    @Karl-Heinz

    Ah, danke für den Hinweis auf Wikipedia. Also, die Klasse der berechenbaren Probleme ist die gleiche, aber die Komplexitätsklasse der lösbaren Probleme vermutlich (aber nicht bewiesen) verschieden. Meine Annahme ist damit zwar richtig, aber das Argument dennoch hinfällig.

  29. #29 Alderamin
    28. Dezember 2015

    @rolak

    Na ja, aber die “handvoll” Qubits stellt gleichzeitig so viele Bits dar, wie die Wortlänge zulässt. Mit 64 Bits ist man dann der Speicherkönig (2^64 parallele Zustände).

  30. #30 rolak
    28. Dezember 2015

    gleichzeitig so viele Bits dar, wie die Wortlänge

    Irrelevant, Alderamin, einerseits meinte ‘Handvoll’ ein krass limitierendes O(1), andrerseits muß zumindest die größte benutzte Zahl darstellbar sein – was aktuell zB dazu führt, daß im Labor mit Shor immerhin schon 15 faktorisiert werden kann.

  31. #31 Alderamin
    28. Dezember 2015

    @rolak

    Laut BdW vom Dezember, S. 90, kann ein Team um Rainer Blatt in Innsbruck bereits 14 Qubits kontrollieren. Man hofft,min 5 Jahren auf 40 zu kommen. Das Ziel wären einige tausend, die man in 12-50 Jahren zu erreichen gedenkt (je nachdem, wen man fragt).

    Ob “kontrollieren” bedeutet, dass sie damit auch rechnen können, vermag ich allerdings nicht mit Sicherheit zu sagen.

  32. #32 Karl-Heinz
    30. Dezember 2015

    @MartinB

    Was wäre wenn der unentscheidbarer Zustand hochgradig instabil wäre.

    Durch eine kleine Änderung (Störung durch ein fremdes Atom) der unentscheidbarer Zustand in einen entscheidbarene Zustand überführt wird ?

  33. #33 MartinB
    30. Dezember 2015

    @karl-heinz
    Dazu habe ich ja am ende von Kommentar 22 schon etwas geschrieben. Aber wie gesagt, für Dinge wie die tegmark-Hypothese hilft das nichts…
    (Sorry fuer die späte Antwort, aber ich liege seit ein paar Tagen krank im Bett. ..)

  34. #34 Karl-Heinz
    31. Dezember 2015

    @MartinB
    Danke für die Antwort.
    Gute Besserung und allen einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht
    Karl-Heinz

  35. #35 Keno
    5. Januar 2016

    Ich bin gerade stecken geblieben, welches Spinmodell hier äquivalent zum Halteproblem ist. Am Anfang war vom Ising-Modell (2 Zustände) in der Ebene (2 Dimensionen) die Rede. Ist mit dieser Parzellierung jetzt ein anderes Modell gemeint oder eine spezielle Realisierung des 2d-Ising-Modells?
    Ich frage deshalb, weil Onsager bereits Mitte des 20. Jahrhunderts das 2d-Ising-Modell (mit und ohne externem Feld) gelöst hat. Er hat ganz konkret die freie Energie angegeben. Ist das oben behandelte Modell nun ein spezielles Ising, dann ist ja wohl die hier etablierte Äquivalenz falsch.
    Da ich aber nicht glaube, dass den Forschern oder irgendeinem Reviewer ein solcher Patzer unterlaufen würde, habe ich wohl etwas falsch verstanden.
    Grüße
    Keno

  36. #36 MartinB
    5. Januar 2016

    @Keno
    Nein, das Ising-Modell war nur eine Veranschaulichung, was ein Spinmodell ist. Die Modelle, die man hier braucht, haben sehr viel mehr Variablen pro Spin.
    Steht kurz im zweiten Absatz des Abschnitts
    Die Turing-Maschine auf dem Spin-Gitter

  37. #37 Thomas Stör
    9. Januar 2016

    Sehr interessantes Thema und sehr guter Blog!

    Zu #22: ““For any consistent formal system … there exists a … Hamiltonian … for which neither the presence nor the absence of a spectral gap is provable …”
    Es gibt also schlicht kein mathematisches Verfahren, egal wie wir es drehen. Und das heißt in meinen Augen schon, dass die Natur entweder nicht mathematisch ist oder solche Systeme wie die hier schlicht nicht zulässt.”

    Entweder übersehe ich etwas, oder ich habe die Aussage bzgl. Turingmaschinen, Halteproblem, usw. noch nicht verstanden.

    Für jede einzelne Turingmaschine verhält es sich ja zunächst so, dass diese entweder anhält oder nicht, unabhängig davon ob dies nun beweisbar ist. Übertragen auf das quantenmechanische Problem würde das doch bedeuten, dass ein bestimmtes quantenmechanisches System immer entweder eine Energielücke hat oder nicht hat, unabhängig davon, ob wir dies mittels des Hamiltonoperators H im gegeben formalen System S berechnen können.

    Damit könnte dieser Hamiltonoperator H tatsächlich das Verhalten dieses quantenmechanischen Systems beschreiben, allerdings würde die Natur selbst nicht “diesen Hamiltonoperator H algorithmisch im gegebenen formalen System S anwenden”.

    Die gegeben Beschränkung aufgrund von H und S kann man ja dadurch eliminieren, dass man entweder H fallen lässt, d.h. dass “die Natur solche Systeme wie die hier schlicht nicht zulässt”, oder dass statt S ein mächtigeres System S’ angewandt werden muss. Letzteres bedeutet jedoch nicht, “dass die Natur nicht mathematisch ist”; sie ist lediglich nicht im System S formalisiert.

    In einem umfassenderen System S’ wäre die Existenz einer Energielücke von H möglicherweise entscheidbar.

    Ja, in einem umfassenderen System S’ gäbe es wiederum unentscheidbare Probleme, allerdings wären dies andere Probleme als die in diesem konkreten H kodierten, und diese wären evtl. physikalisch in unserem Universum irrelevant.

  38. #38 MartinB
    9. Januar 2016

    @Thomas Stör
    “Ja, in einem umfassenderen System S’ gäbe es wiederum unentscheidbare Probleme”
    Und das ist in meinen Augen der Knackpunkt, gerade wennman an sowas wie die Tegmark-Hypothese denkt. Dann muss die Natur nämlich ein Verfahren haben, um zu entscheiden, ob ein bestimmtes System realisiert werden darf oder nicht. Und das Verfahren selbst ist dann soweit ich sehe auch wieder anfällig für Turing und Gödel.

    Solange man sichauf ein konkretes Universum beschränkt, hast du recht – man kann sich so aus der Affäre ziehen.

  39. #39 Thomas Stör
    9. Januar 2016

    Natürlich, dann sind wir uns einig.

    Es gibt natürlich schon spannende Auswirkungen. Z.B. ist es denkbar, dass selbst bei exakter Kenntnis eines Hamiltonians einer “theory of everything” die wesentlichen Fragen nicht entscheidbar sind. Z.B. besteht bereits in der QCD die Möglichkeit, dass das berühmte “Millenium price problem” bzgl. Confinement nicht entscheidbar ist. Generell besteht m.E. die Möglichkeit, dass für einen gegebenen Hamiltonian nicht entscheidbar ist, ob er entscheidbar ist! Denn dies würde auf den Existenzbeweis einer unitären Transformation hinauslaufen, die den Hamiltonian auf eine bestimmte Klasse abbildet, von der die Entscheidbarkeit bekannt wäre.

  40. #40 Thomas Stör
    9. Januar 2016

    Zu #15 und den Riemannschen 4-dim. Mannigfaltigkeiten: es verhält sich so, dass ab Dim > 3 keine eindeutigen Differenzierbarkeitsstrukturen auf Mannigfaktigkeiten mehr existieren, dass also topologisch äquivalente Mannigfaltigkeiten bzgl. der Differentialstruktur inäquivalent sind. Genau für Dim = 4 ist bekannt, dass die Menge der inäquivalenten Differenzierbarkeitsstrukturen überabzählbar ist.

  41. #41 MartinB
    9. Januar 2016

    @Thomas
    Ja, das mit der QCD wurde auch in allen Artikeln um Thema erwähnt – ich zweifle aber, ob es wirklich praktische Relevanz hat, denn am Ende wird die QCD eh ne effektive Theorie von was anderem sein und die Grenzübergänge haben keine Bedeutung.

    “Genau für Dim = 4 ist bekannt, dass die Menge der inäquivalenten Differenzierbarkeitsstrukturen überabzählbar ist.”
    Ah, das wusste ich nicht.

  42. #42 Name auf Verlangen entfernt
    9. Januar 2016

    @ Martin Bäker: “Er beruht darauf, dass unser Vorhersageprogramm ja selbst auch als eine Turingmaschine beschrieben werden kann.”

    Mit diesem Satz ist die Schallmauer schon durchbrochen. Er gilt universell für jede Metaphysik und ist auf der philosophischen Ebene die Widerlegung Kants, der ja glaubt, er sei die einzige T-Maschine weit und breit. Deswegen hat man die Phänomenologie entdeckt. Willkommen in der Philosophie!

  43. #43 Thomas Stör
    10. Januar 2016

    Ich frage mich gerade, ob die Aussage, dass die Quantenmechanik unentscheidbare Probleme enthält, nicht einfach aus folgenden Tatsachen folgt:
    1) bzgl. der Berechenbarkeit unterscheiden sich Turingmaschinen, klassische Computer sowie Quantencomputer nicht
    2) Quantencomputer basieren auf der Realisierung bestimmter quantenmechanischer Systeme
    3) Quantenmechanische Systeme basieren auf separablen Hilberträumen, Operatoralgebren sowie einem ausgezeichneten Hamiltonoperator
    4) Alle separablen Hilberträumen sind isomorph.
    Daraus würde ich die Existenz nicht berechenbarer Probleme im Rahmen der QM folgern.

    Den Autoren gebührt Respekt, da sie ein sehr konkretes Problem (Hamiltonian, spectral gap) direkt mit einer Turingmaschine verknüpft haben, d.h. letztlich keinen abstrakten Existenzbeweis sondern eine konkrete Konstruktion präsentieren.

  44. #44 MartinB
    11. Januar 2016

    @ThomasStör
    Vielleicht hast du recht, aber bei so allgemeinen Überlegungen bin ich immer skeptisch, ob man nicts übersieht.

  45. #45 Dr. Webbaer
    12. Januar 2016

    @ Jazzpirate :

    Ihrem Kommentatorenfreund geht es u,a. darum, dass diese Aussage verstanden wird:

    Setzungen der hier gemeinten Art, Axiomatiken meinend wie bestimmte Rechen- und Kodierungsvorschriften sind Bedarfshandlung, vgl. auch ‘Kunst des Lernens’ (“Mathematik”) und ‘Mathematics is the gate and key of the sciences.’, meinend, sind Veranstaltung.

    Mathematik oder die Kunst des Lernens ergibt sich über erkennende Subjekte, die ihre Umgebung bearbeiten, Bedarfen folgend, eben: mathematisch, die Mathematik als Basis-Kunst des Verstehens ist gemeint.

    Diese Anmerkung ist natürlich auch der Artikel-Überschrift – Ist die Physik unentscheidbar? – entgegenstehend, jedenfalls insofern, dass nicht eine Natur entscheidbar oder unentscheidbar sein kann, sondern nur das Bemühen um diese.

    Es lag also eine grundsätzliche und der Nachricht des hiesigen werten Inhaltegebers nicht en dé­tail und irgendwie gegenredende Nachricht des Schreibers dieser Zeilen vor, sondern Ergänzung, auch die Bitte das Wesen der Mathematik genau zu verstehen zu suchen.

    MFG
    Dr. W

  46. #46 Matthias Urlichs
    Nürnberg
    16. Januar 2016

    Mal was ganz Anderes: diese aperiodische Parkettierung mit 13 Wang-Tiles finde ich faszinieren. Gibt es irgendwo ein Programm, das das tut? Wieviel Entscheidungsfreiheit habe ich bei der Auswahl von Tiles, wenn mehrere passen, und wie weit muss ich maximal rekursiv zurückgehen wenn ich mich verrenne und nicht weitermachen kann?

  47. #47 MartinB
    17. Januar 2016

    @Matthias
    Hab ich leider keine Ahnung, wie da die Algorithmen funktionieren.

  48. #48 Bullet
    19. Januar 2016

    Ich hab den Artikel jetzt erst gesehen. Ziemlich hartes Brot, btw. 😉
    Aber:

    Ist es vielleicht denkbar, dass wir alle unsere physikalischen Theorien letztlich auf das Wirken endlich vieler Objekte (die auch Raum und Zeit beinhalten müssten) zurückführen können, von denen jedes nur in endlich vielen Zuständen existieren kann? Die Zahl dieser Objekte und Zustände müsste natürlich gigantisch sein, damit wir trotzdem unsere kontinuierlich aussehende Welt herausbekommen können.

    Hatte sich nicht schon der olle Aristoteles einen ziemlichen Splitter eingezogen, als er postulierte, Materie wäre kontinuierlich?
    Unsere, wie du schreibst, “kontinuierlich aussehende Welt” is doch gar nicht kontinuierlich, wenn ich solch faszinierende Konstrukte wie die Planck-Länge einbeziehe (und hoffentlich richtig verstehe). Verbietet sich da nicht von selbst die unendliche Präzision, zumal die allseits beliebte Heisenberg-Unschärfe ja schon in viel makroskopischeren Dimensionen haufenweise dicke Steine in unsere schmalen Wege wirft? Vielleicht gibt es irgendwo ein “Abbruch-Zeichen” in physikalischen Formeln (genauer gesagt, in den Zahlen, die erstmal unendlich viele Stellen nach dem Komma zu haben scheinen), weil zu genaue Zahlen in der echten Welt keine Entsprechung mehr haben, so wie man ja auch nicht den Abstand zweier Städte voneinander in Nanometern angeben kann.

  49. #49 MartinB
    19. Januar 2016

    @rolak
    Sowas wie die Planck-Länge hat aber ja z.B. keine Auswirkungen auf die Werte von Wellenfunktionen oder Feldern – die dürfen ja auch beliebige werte annehmen.
    Und wenn das ganze irgendwie endlich begrenzt sein soll, dann muss man natürlich auch fragen, was passiert, wenn ich zwei Größen addiere, die knapp an der Grenze für maximale Werte liegen (die müsste es dann ja eigentlich auch geben). Gibt’s dann nen overflow error? Oder gibt es zwar immer eine maximal mögliche Zahl, die ist aber zeitlich variabel, passend zum aktuelle Zustand der Welt oder so? Sich das alles konsistent auszubasteln, sieht für mich schon knifflig aus.

  50. #50 rolak
    19. Januar 2016

    @rolak

    Und schon wieder eine Sockenpuppe enttarnt, MartinB – das kann doch nicht so weitergehen…

  51. #51 Matthias Urlichs
    19. Januar 2016

    @MartinB Die meisten Größen haben ja eingebaute Grenzen. Atome werden zu Plasma, Atomkerne fliegen auseinander, Geschwindigkeiten werden relativistisch, die Energie eines Feldes wird groß genug dass sich interessante Teilchen bilden und einen Teil davon mitnehmen … insofern ist die Frage nach der Obergrenze, so allgemein gestellt, irgendwie sinnfrei.

  52. #52 MartinB
    20. Januar 2016

    Autsch, sorry Bullet und rolak, das kommt, wenn man es eilig hat…

    @Matthias
    “insofern ist die Frage nach der Obergrenze, so allgemein gestellt, irgendwie sinnfrei.”
    Sehe ich nicht ganz so deutlich. Im Moment haben wir viele Größen, die nicht klar nach oben begrenzt sind, z.B. im Zusammenhang mit Schwarzen Löchern oder das E-Feld beim Annähern an eine lokalisierte ladung (und theoretisch kann man ne Ladung ja sehr stark lokalisieren).
    Hinzu kommt, dass wir alle Größen als reelle Zahlen beschreiben. Damit wirklich alles endlich bleibt, müsste man auch annehmen, dass es sozusagen für jede physikalische Größe einen kleinsten gemeinsamen Nenner gibt.
    Ist alles denkbar, aber simpel ist das in meinen Augen nicht.

  53. #53 Alderamin
    20. Januar 2016

    @MartinB

    Im Moment haben wir viele Größen, die nicht klar nach oben begrenzt sind, z.B. im Zusammenhang mit Schwarzen Löchern oder das E-Feld beim Annähern an eine lokalisierte ladung (und theoretisch kann man ne Ladung ja sehr stark lokalisieren)

    Ist das wirklich so? Bei den Schwarzen Löchern kann man das so definitiv ohne Theorie der Quantengravitation doch gar nicht sagen – bei der Stringtheorie gäbe es keine Punktmassen und bei der Schleifen-Quantengraviation wäre der Raum gequantelt, also könnte man nicht beliebig nahe herankommen (was dann analog für Ladungen gelten müsste). Beide Theorien könnten natürlich falsch sein, aber so wie ich’s verstanden habe müsste eine Quantengravitation auf jeden Fall das Problem der Singularitäten lösen, wo sich RT und Quantenphysik nicht vertragen.

    Ich denke, diese Aussage ist ein wenig verfrüht.

  54. #54 MartinB
    20. Januar 2016

    @Alderamin
    Deswegen schrieb ich ja “nicht klar begrenzt” – wissen wir halt nicht. Und die Frage ist für mich auch, wie so eine Obergrenze realisiert ist – wie stellt die Natur sicher, dass sich nicht zwei Größen, die dicht an der GRENZE sind, addieren, weil die Objekte zusammenkommen?
    Und andersherum – wenn es nur Brüche gibt, keine reellen Zahlen, wie wird jede physikalische Größe so quantisiert, dass nichts kleiner als der kleinste mögliche Wert sein kann?
    Im Moment sehe ich eigentlich nur dann eine Möglichkeit, wenn man annimmt, dass es endlich viele Objekte in endlich vielen möglichen Zuständen im Universum gibt – aber wie man das mit unserer kontinuierlichen Physik zusammenbringt, sehe ich nicht.

  55. #55 Matthias Urlichs
    Nürnberg
    20. Januar 2016

    Dazu kommt: Klar kann ich bei beliebig kleiner Entfernung ein beliebig großes Feld produzieren (unter der Annahme von punktförmigen Ladungen), aber dafür muss ich auch beliebig viel Energie aufwenden. Und schon habe ich statt zwei Teilchen vier oder mehr.

    Ich weiß, dass diese Sichtweise ein bisschen naiv ist, aber wie @Alderamin geschrieben hat, ist die Idee, dass es so etwas wie “beliebig nahe kommen” überhaupt gibt, bei näherem Hinsehen auch naiv.

    Ein schönes Beispiel dafür ist ein Bose-Einstein-Kondensat, in dem die einzelnen Atome gar nicht mehr unterscheidbar sind, sondern als eine einzige Atomsuppe vorliegen und die Frage nach dem Abstand somit überhaupt keinen Sinn ergibt. Ich kann mir vorstellen, dass Ähnliches auch in anderen Situationen passiert, d.h. vor dem Herausfinden der Antwort erst einmal die Frage richtig zu stellen ist.

  56. #56 Alderamin
    20. Januar 2016

    @MartinB

    wie stellt die Natur sicher, dass sich nicht zwei Größen, die dicht an der GRENZE sind, addieren, weil die Objekte zusammenkommen?

    Z.B. wie die RT sicherstellt, dass man zur Lichtgeschwindigkeit nichts addieren kann.

    Temperaturobergrenze: Teilchen können nicht mit mehr als Lichtgeschwindigkeit schwingen. Wellenlängen von Strahlung können nicht kürzer sein als die Plancklänge.

    Energieobergrenze: Teilchen kollabieren zu Schwarzen Löchern hinter einem Ereignishorizont, auch wenn man sie auf eine genügend hohe relativistische Masse beschleunigt (oder?)

    Energiedichte: Raum expandiert inflationär und senkt die Dichte bei Überschreitung einer Dichte, bei der sich die Grundkräfte vereinigen (der Symmetriebruch von Gravitation und den anderen Kräften wird als möglicher Auslöser der kosmologischen Inflation angesehen, las ich mal irgendwo).

    Nur Dimensionen (Raum und Zeit) scheinen unbegrenzt sein zu dürfen (ist das korrektes Deutsch? 😉 )

  57. #57 MartinB
    20. Januar 2016

    @alderamin
    “Z.B. wie die RT sicherstellt, dass man zur Lichtgeschwindigkeit nichts addieren kann.”
    Aber dafür können andere Größen ja trotzdem beliebig wachsen (Impuls, Energie etc.)

    “Temperaturobergrenze: Teilchen können nicht mit mehr als Lichtgeschwindigkeit schwingen.”
    Aber die Schwingungsenergie kann beliebig groß sein und Temperatur ist 1/2 kT pro Freiheitsgrad.

    “auch wenn man sie auf eine genügend hohe relativistische Masse beschleunigt ”
    Ne, das geht so nicht, denke ich. Sonst müsste es ja immer ein Bezugssystem geben, indem eine Masse als SL wahrgenommen wird. Oder ich verstehe dich gerade falsch?
    Und so oder so könnte ich immer noch fragen, was passiert, wenn zwei SL an der Energieobergrenze kollabieren (es sei denn, die Obergrenze ist größer als die Gesamteenergie im Univesum).

    Also ganz so einfach sehe ich das nicht.

  58. #58 MartinB
    20. Januar 2016

    @Matthias
    “Ich kann mir vorstellen, dass Ähnliches auch in anderen Situationen passiert”
    Klar. Ich kann mir sowas auch prinzipiell vorstellen – aber zwischen “kann ich mir vorstellen” und echter Physik klafft halt immer eine gewisse zu schließende Lücke (außer bei einigen der Möchte-Gern-Genies, die hier so gelegentlich auftauchen…)

  59. #59 Alderamin
    20. Januar 2016

    @MartinB

    Aber dafür können andere Größen ja trotzdem beliebig wachsen (Impuls, Energie etc.)

    Zumindest sei die bekannte Physik bei der Planck-Temperatur am Ende, sagt Wikipedia.

    Ne, das geht so nicht, denke ich. Sonst müsste es ja immer ein Bezugssystem geben, indem eine Masse als SL wahrgenommen wird.

    Ich meine von Niels mal gelernt zu haben, dass der Energie-Impuls-Tensor den Raum krümmt und da steckt dann auch die Bewegungskomponente drin.

    Und so oder so könnte ich immer noch fragen, was passiert, wenn zwei SL an der Energieobergrenze kollabieren

    Dann entsteht ein SL, das größer ist. Die Masse wird (von außen gesehen) hinter einem größeren Ereignishorizont verborgen. Was begrenzt wird, ist dann eigentlich die Dichte.

  60. #60 MartinB
    20. Januar 2016

    @Alderamin
    “Zumindest sei die bekannte Physik bei der Planck-Temperatur am Ende”
    Sicher – aber bisher wissen wir eben nichts von einer echten Grenze, über die nichts wachsen kann.

    “Ich meine von Niels mal gelernt zu haben, dass der Energie-Impuls-Tensor den Raum krümmt und da steckt dann auch die Bewegungskomponente drin. ”
    Ja, aber es kann ja keine bezugssysteme geben, wo der eine ein Sl (nicht) sieht und der andere was anderes. Hab irgendwo mal was gutes dazu gelesen, aber das beste was ich gerade finde ist das hier
    https://physicsfaq.co.uk/Relativity/BlackHoles/black_fast.html

    “Die Masse wird (von außen gesehen) hinter einem größeren Ereignishorizont verborgen.”
    Ja, aber die Masse (=Energie) wäre dann eben größer als der zulässige Maximalwert. Nimm einfach an, die zulässige höchstmasse wäre 100 Sonnenmassen, dann haue ich zwei SL mit 90 SM zusammen und habe ein Problem. (Mir ist klar, das es so simpel nicht ist, sooll nur verdeutlichen, wo ich das Problem sehe).

    Um es nochmal klar zu sagen: Ich habe prinzipiell kein Problem damit, zu sagen, dass in Wahrheit alles endlich ist und es für jede physikalisch relevante Größe sowohl einen kleinsten als auch einen größten möglichen Wert ist (so dass man alle denkbaren Zustände des Universums abzählen kann, und zwar endlich). Ich sehe halt nur, dass eine solche Physik ziemlich weit weg von dem ist, was wir normalerweise tun, und frage mich, wie man die Verbindung zwischen beiden schaffen könnte.

  61. #61 Alderamin
    20. Januar 2016

    @MartinB

    Danke für den Link.

  62. #62 Krypto
    20. Januar 2016

    Im Grunde wird ja schon da, wo es sinnvoll ist, ein mathematischer Riegel in Form eines Geltungsbereiches vorgeschoben.
    Vlt. ist es auch ein entscheidendes Problem in der Physik, dass man nach allgemeingültigen Formeln ohne Geltungsbereich sucht, obwohl die Natur das nicht so vorsieht…

  63. #63 MartinB
    20. Januar 2016

    @Krypto
    Aber es muss ja schon Gesetze geben, deren Geltungsbereich das ganze Universum umfasst (und bei Stringtheorien das ganze Multiversum und bei tegmark alle mathematisch mögichen Universen)…
    Einen Zustand mit begrenzten geltungsbereichen haben wir ja gerade (Standardmodell, ART), aber so richtig zufrieden ist damit niemand, oder?

  64. #64 Krypto
    20. Januar 2016

    @Martin:
    Diese Unzufriedenheit teile ich natürlich auch,
    aber man darf die Möglichkeit nicht ausschließen, dass sich das Universum bzw. dessen Gesetze mit unserer derzeitigen Mathematik nicht beschreiben lässt.
    Da fällt mir analog zu Geltungsbereichen ein Programm mit bedingten Prozeduren ein.

  65. #65 Matthias Urlichs
    20. Januar 2016

    @Krypto Dazu brauchst du nicht mal Geltungsbereiche. Es sollte ja bekannt sein, dass es in jedem mathematischen Axiomystem Theoreme gibt, die sich in diesem System weder beweisen noch widerlegen lassen.

    Es kann gut sein, dass sich das nicht nur auf die “reine” Mathematik bezieht, sondern auch auf die durch sie beschriebene Realität. Tja, und dann braucht man halt “willkürliche” Zusatzannahmen, die diese Lücke(n?) schließen.

    So wie in der Geometrie mit den Parallelen: ob es zu einer Geraden und einem Punkt keine, eine, oder unendlich viele Parallelen gibt, entscheiden nicht die übrigen geometrischen Sätze, sondern der Raum, in dem die Geometrie angewendet werden soll.

  66. #66 MartinB
    21. Januar 2016

    @Krypto
    “Da fällt mir analog zu Geltungsbereichen ein Programm mit bedingten Prozeduren ein.”
    Das Problem sehe ich zum einen darin, dass es ja immer auch Fälle gibt, in denen sich die Geltungsbereiche überschneiden (so wie bei QM und ART), zum anderen darin, dass Geltungsbereiche ja immer auch Näherungen sind (Newton gilt für v klein gegen c – aber was heisst “klein”? Das hängt von deiner Messgenauigkeit ab.) Geltungsbereiche sind ja in gewisser Weise eine reine Bequemlichkeit (für diese oder jene spezielle Fragestellung kann ich Effekt X vernachlässigen). Sah man ja eigentlich auch sehr schön bei der “Teilchen-fliegt-von-A-nach-B”-Serie.

    Ich sehe nicht, wie das in der Natur umgesetzt sein kann, die Phänomene der Natur selbst sind ja immer exakt.

    @Matthias
    “Es kann gut sein, dass sich das nicht nur auf die “reine” Mathematik bezieht, sondern auch auf die durch sie beschriebene Realität. ”
    Darum geht’s ja auch im Artikel. Bei sowas wie Tegmark hilft das meiner Ansicht aber nicht weiter – weil auch das neue System ja wieder Lücken hat.
    Für unser Universum ist natürlich denkbar, dass es einfach 123 Axiome gibt, mit denen sich alles beschreiben lässt.

  67. #67 StefanL
    21. Januar 2016

    Es sollte ja bekannt sein, dass es in jedem mathematischen Axiomystem Theoreme gibt, die sich in diesem System weder beweisen noch widerlegen lassen.

    Das ist so schlicht falsch. In Bezug auf Gödels Unvollständigkeitssatz ist ja die hinreichende Reichhaltigkeit ( e.g. Peano Arithmetik, Gödelnummerisierbarkeit) Bedingung.
    Das Beispiel der Geometrieaxiome erfüllt dies bspw. nicht ( daher ist dort durchaus widerspruchsfreie Vollständigkeit zu finden) und das Parallelenaxiom ist schlicht ein unabhängiges Axiom zu den anderen. Die anderen (euklidischen) Geometrieaxiome beinhalten den Begriff “Parallele” ja gar nicht und so ist das Parallelenaxiom gar keine (syntaktisch-semantische) Aussage der anderen Axiome.
    Etwas anderes ist e.g. die Kontinuumshypothese. Dies ist eine (im Rahmen des Axiomensystems) unentscheidbare Aussage die sich durchaus syntaktisch-semantisch aus den anderen ( der Einfachheit wegen: ZF+ AA) Axiomen ergibt.
    Gemeinsam ist beiden Fällen, daß die widerspruchsfreie Betrachtung der Alternativen ( affine od. projektive Räume; Existenz bestimmter Kardinalitäten) benutzt wird um die Unabhängigkeit (des “neuen” Axioms) zu zeigen.

  68. #68 MartinB
    21. Januar 2016

    @StefanL
    ” In Bezug auf Gödels Unvollständigkeitssatz ist ja die hinreichende Reichhaltigkeit ( e.g. Peano Arithmetik, Gödelnummerisierbarkeit) Bedingung.”
    Aber jede Mathematik, die unser Universum beschreibt, muss diese Mächtigkeit doch sicherlich haben, oder nicht?

  69. #69 Matthias Urlichs
    21. Januar 2016

    @MartinB Vielleicht gibt es da eine zu hohe Schwelle zwischen den darunterliegenden Naturgesetzen, die vielleicht relativ einfach sind, und den von uns beobachtbaren Effekten, die das alles ziemlich kompliziert aussehen lassen.

    Makroskopisch kann man diesen Gedanken vielleicht am Drei-Körper-Problem veranschaulichen. Das Gesetz der Schwerkraft ist ja hinreichend bekannt, aber trotzdem gibt es für n>2 keine allgemeine geschlossene Lösung. Nun stelle man sich vor, jemand sieht nur einmal pro Jahrzehnt eine unscharfe Momentaufnahme von fünf wild umeinandertanzenden Sternen – und soll daraus F=G×m₁×m₂ ∕ r² ableiten.

  70. #70 Matthias Urlichs
    21. Januar 2016

    @StefanL OK, nächstes Mal schreibe ich vor jedes Beispiel “Vorsicht, wahrscheinlich unzulässigerweise vereinfacht”, wenn’s hilft. Das ändert aber nichts am Grundproblem. Genau wie die Geometer jahrhundertelang der Meinung waren, das Parallelenaxiom müsse doch verdammtnochmal aus den anderen irgendwie herleitbar sein — bis jemand auf die Idee gekommen ist, dass mit anderen Grundannahmen ganz andere Geometrien herauskommen und die Form des Raumes eben nicht durch die Spielregeln vorgegeben wird, sondern umgekehrt die Struktur des Raums die Axiome vorgibt, die du für geometrische Betrachtungen in diesem Raum eben brauchst.

    Niemand garantiert mir, dass sich die Gesetze, die den realen 3D-plus-Zeit-Raum beschreiben, nicht ähnlich verhalten. Zusätzliche Schwierigkeit: der Geometer sieht wenigstens alle Parameter. In der Physik dagegen gibt es, wenn die Stringtheorie(n) in die richtige Richtung gehen, noch ein paar Dimensionen mehr, an die wir so schnell nicht rankommen werden.

  71. #71 MartinB
    21. Januar 2016

    @Matthias
    Bezieht sich das auf meinen letzten Kommentar? Dann sehe ich das mit der Schwelle nicht – für Gödel-Unvollständigkeit reichen ja im wesentlichen die Peano-Axiome, also letztlich die Tatsache, dass man zählen kann…

  72. #72 StefanL
    21. Januar 2016

    Aber jede Mathematik, die unser Universum beschreibt, muss diese Mächtigkeit doch sicherlich haben, oder nicht?

    Warum? In Abwandlung eines anderen Bonmots: das ganze Universum ist Geometrie und alles andere ist menschengemacht. Es erleichtert manches, aber notwendig?
    Eines der dabei wesentlichen Axiome ist dann ja das Uendlichkeitsaxiom.
    Ohne dieses würde sich doch auch die Frage nach der Terminierung eines Algorithmuses nur noch für Periodizitäten stellen … also quasi dann die Frage nach der Existenz eines terminierenden Schleifenzählers?
    Umgekehrt, wenn dies( Unendlichkeit) tatsächlich eine inherente Grundbedingung des Universums ist ( ggfs. deutet ja Dunkle Energie als ewig( = endlos) ausdehnungstreibende Entität genau dahin?), wird es ja problematisch mit “kleinsten Einheiten” (e.g. elementaren Raumzeit-quanten/-simplizes(resp. Rotationsellipsoide) / Planck-größen). Damit ( imho) folgt sofort die Problematik “Diskret vs. Kontinuum” – wenn die Zahlenarithmetik(Peano) der natürlichen Zahlen gilt ergibt sich selbst eine Struktur wie die Komplexen Zahlen quasi von selbst. Obwohl, die Unschärferelation “verschmiert” das ganze doch sowieso und erzeugt dies so nicht ein (topologisch- metrisches) Kontinuum?
    Das ist im übrigen ein Punkt den ich auch als unbefriedigend geklärt bei Tegmarks CUH ( Computable Universum Hypothesis) sehe.
    BTW – die (Struktur der) natürlichen Zahlen läßt sich auch als Logik-struktur 1.ter Ordnung konstruieren und umginge so den Unvollständigkeitssatz, allerdings nur mit Hilfe (sogenannter) unendlicher Schemata ( etwa kurz: jeder Nachfolger wird explizit “konstruiert”).

    Das Hauptproblem bei der Vergleichbarkeit eines mathematischen Axiomensystemes und der physikalischen Ausprägung unseres Universums ist, so scheint es mir zumindest, das es gar nicht klar ist, welches denn die minimale Menge physikalischen ( und ggfs. sonstiger ) Axiome ist, die tatsächlich das (Multi-)Universum hinreichend beschreibt/erzeugt. Erst wenn dies vorliegt, könnte doch erst entschieden werden ob dies tatsächlich ein im Sinne des Unvollständigkeitssatzes hinreichend mächtiges System wäre.
    Das “mächtigere” Systeme dabei so erfolgreich sind kann dabei unbenommen an dem Bereich( Domäne) liegen in dem sie zur Anwendung kommen – das heißt aber nicht notwendig, daß sie grundlegend für die Existenz einer solchen Domäne sind.

  73. #73 StefanL
    21. Januar 2016

    @Matthias Urlichs

    …nächstes Mal schreibe ich vor jedes Beispiel “Vorsicht, wahrscheinlich unzulässigerweise vereinfacht”,…

    Ehmm – nein. Das ist nicht der Punkt. Es gibt (zumindest sehe ich es so) Unterschiede beim Typus der nicht entscheidbaren Aussagen bzgl. eines Axiomensystems. Das eine sind Aussagen die außerhalb des durch die Axiome vorgegeben Rahmens liegen wie das Parallelenaxiom ggüb. den anderen Axiomen der (euklidischen) Geometrie und das andere sind Aussagen die sich semantisch-syntaktisch aus den gegebenen Axiomen bilden lassen aber nicht ( mit dem zur Verfügung stehenden Kalkül) ableitbar sind (Gödel).
    Ich versuch mal ein physikalisches Beispiel ( bei dem ich hoffentlich nicht zu viel Blödsinniges schreibe): Man nehme ein elektro-magnetisches Universum. Quark/ Neutrino flavour ist nichts was sich aus dem Elektro-magnetismus ergibt und ist eine Erweiterung ähnlich dem Parallelenaxiom. Anders eine Zerlegung in Elektron/Positron/Neutrino – zwar durch (die Theorie des) Elektro-magnetismus nicht verifizier-/beweisbar aber formulierbar – und somit (sofern wir dies als Axiom betrachten) etwas vergleichbar der Kontinuumshypothese.

  74. #74 MartinB
    22. Januar 2016

    @StefanL
    “Eines der dabei wesentlichen Axiome ist dann ja das Uendlichkeitsaxiom.”
    Ja, hatte ich ja oben geschrieben – wenn das Universum aus endlich vielen Objekten mit endlich vielen möglichen Zuständen besteht, sind alle diese Probleme hinfällig. Dass das schwierig ist, schreibst du ja selbst im zweiten Absatz.

    “das es gar nicht klar ist, welches denn die minimale Menge physikalischen ( und ggfs. sonstiger ) Axiome ist, die tatsächlich das (Multi-)Universum hinreichend beschreibt/erzeugt”
    Nein – aber unsere momentane Physik verwendet auf jeden Fall ein System, das mächtig genug ist, immerhin stecken reelle Zahlen, Infinitesimalrechnung etc. drin.

    Wie gesagt, ich finde beides schwierig – ein Universum mit endlich vielen Zuständen ist weit weg von dem, was wir im Moment physikalisch beschreiben, aber die vielen Unendlichkeiten, die man bei reellen Zahlen undderen Funktionen hat, sind konzeptionell auch nicht gerade einfach.

  75. #75 Jessi
    24. Januar 2016

    Ihr seid echt coole Nerds

    hab versucht euren Dialog zu folgen und nachzuvollziehen – danke bin wohl doch nicht so gut in Physik…

    ohne euch wäre doch alles nicht möglich also streitet euch nicht!

    Gruß Jessica

  76. #76 MartinB
    24. Januar 2016

    @Jessi
    Eigentlich streitet sich hier niemand, soweit ich sehe – wir diskutieren mit unterschiedlichen Meinungen, aber es geht doch alles ganz sachlich zu.
    Du kannst auch gern nachfragen, wenn es beim Folgen des Dialogs irgendwo klemmt.

  77. #77 Jessi
    24. Januar 2016

    Ich wollte niemanden zu nahe treten. Martin ich finde deine Abhandlung über die Raum-Zeit Krümmung sehr interessant, für dir größere Bandbreite würde ich Comic-Figuren oder ähnliches verwenden (zur Darstellung), eigentlich war “streiten”auch nett gemeint.
    Es ist sehr nett von dir mir anzubieten euch fragen zu dürfen, leider scheitert es schon bei mir bei der Formel F=G×m₁×m₂ ∕ r² . Allerdings teile ich eure Meinungen zu den Paralleluniversen, was mich nun beschäftigt ist – und dann.. was ist dahinter?

  78. #78 MartinB
    25. Januar 2016

    @Jessi
    “Ich wollte niemanden zu nahe treten. ”
    Hab ich auch nicht so aufgefasst. Ich wollte nur deutlich machen, dass es bei Diskussionen in der Wissenschaft oft so aussieht, als ob sich Leute verbal die Köpfe einschlagen, ohne dass da irgendwelche negativen Gefühle im Spiel sind.

    ” für dir größere Bandbreite würde ich Comic-Figuren oder ähnliches verwenden”
    Ja, das wär toll. Leider kann ich zwar schreiben, aber nicht besonders gut zeichnen.

    “leider scheitert es schon bei mir bei der Formel F=G×m₁×m₂ ∕ r²”
    Hmmm – kannst du sagen, wo genau du da ein Problem hast? Eigentlich sagt die Formel doch nur:
    Die Gravitationskraft ist um so größer, je schwerer die beteiligten Körper sind, und sie nimmt mit dem Abstand ab, und zwar so, dass sie auf ein Viertel abfällt, wenn man die Entfernung verdoppelt.

    Würde mich wirklich interessieren, wo genau dein Problem steckt – ist es einfach die generelle Mathe-Scheuklappe, die die meisten in der Schule bekommen (beim Blick in manche Schulmathebücher wundert mich das nicht)? Oder ist es etwas spezielles an dieser Formel? Oder an der Interpretation?
    Wenn du mir ein bisschen was dazu sagen kannst, warum du so eine Formel schwierig findest, nehm ich das gern zum Anlass, mal einen Blogtext “Wie lese ich Physikformeln?” zu schreiben.

    “Allerdings teile ich eure Meinungen zu den Paralleluniversen”
    Ich bin mir nicht sicher, ob da bei allen Beteiligten hier dieselbe Meinung herrscht – ich finde Paralleluniversen doof (mega-wissenschaftliches Statement, ich weiß) und finde nicht, dass sie viele Probleme lösen.

  79. #79 StefanL
    25. Januar 2016

    @MartinB

    …aber unsere momentane Physik verwendet auf jeden Fall ein System, das mächtig genug ist,…

    Ein entschiedenes “Jein” 🙂 .
    Ich verweis hier mal auf die englische wiki ( da sind die eingefügten links brauchbarer als in der deutschen Version). Der wesentliche Punkt ist, dass die Axomatisierungen in der Logik 1. Ordnung die “Menge der Natürlichen Zahlen” nicht hergibt. Pragmatisch-philosophisch etwa so formuliert: es interessiert die Natur(das Universum) nicht im geringsten eine Quantifizierung( im Sinne von Quantoren anzuwenden) über alles ( hier: für alle natürlichen Zahlen) instantan zu machen es reicht völlig jeden auftretenden Fall entscheidbar/quantifizierbar zu haben. D.h. Zählen ist auch logisch konsistent ohne Peano-Axiomatik. 🙂
    So als mögliches Beispiel (ugs.): völlig unerheblich das alle Primzahlen nur durch “1” und sich selbst teilbar sind es reicht völlig dies für jede einzelne Zahl entscheiden zu können. ( Und das dann “umständlich” als “es existiert nur eine Partion( ungleich der Zahl selbst) mit lauter gleichen Summanden und zwar nur mit dem Summand 1”.)

    Das andere (in Wiki) genannte Beispiel über endliche Körper erlaubt ja auch das “normale Rechnen”. Solch “endliche Körper” können ja beliebig groß , aber eben nur endlich, sein.

    Wir müssen einfach in Kauf nehmen, dass wenn wir Modelle in höherer Logik formalisieren mit Aussagen zu rechnen haben, die im zugrunde gelegten Formalisierungssystem nicht entscheidbar sind und so Alternativmodelle(/erweiterungen) möglich sind. Entsprechende Erweiterungen machen derartige Aussagen ja dann auch wieder entscheidbar.
    Nehmen wir mal die Kontinuumshypothese, und da finde ich Tegmarks MUH durchaus reizvoll: In einem Multiversum spricht (per se?) nichts dagegen ein Universum zu haben in dem sie gilt und ein anderes in dem sie nicht gilt. Jedes Universum “entscheidet” für sich, sofern es entsprechende Objekte mit entsprechender Eigenschaft enthält, für die eine oder andere Realisierung ( oder eben auch für “weder noch” wenn es derartige Objekte gar nicht enthält).
    Völlig unberührt bleibt dabei die Konsistenz der 1.Order Logik – als tatsächlich fundamental.

    Für eine Entscheidung darüber ob “die Physik” unentscheidbar ist oder nicht ist es wohl zu kurz gedacht nur aus den (erfolgreich!) angewendeten Formalismen ( als Bestandteile von Logiken höherer Ordnung) schon darauf zu schließen, daß diese Modellierungen auch notwendig sind. Erst wenn für den notwendigen/fundamentalen Satz(Menge/Liste) von Axiomen keine Reduktion auf eine Formulierung in 1.Order-Logik möglich ( bzw. die Gödelisierung unabdingbar) ist, läßt sich das wohl entscheiden.

    Aber selbst andernfalls, wenn sich eine “unentscheidbare” Modellierung als notwendig ergebe, wäre das nicht eher ein Hinweis darauf, daß man ein unvollständiges System betrachtet? Und dann einfach (philosophisch) subsummiert zu: Wenn ein Ereignis stattfindet findet es statt. Nicht mehr und nicht weniger.
    Oder um den so gestarteten infiniten Progress ( wir wollen ja die Widerspruchsfreiheit nicht aufgeben) vielleicht (hoch spekulativ) fassbarer zu machen: Eine Multi-(uni)versale Viele-Welten Evolution bedingt durch realisierte Axiomen-Universen.(?)

    Pragmatisch bin ich da voll bei Dir. Nehmen wir das Beispiel von Differenzialgleichungen, das den Zusammenhang von Jäger- und Beutepopulationen beschreibt. Es ist einfach lästig wenn da stets nur mit Differenzengleichungen zu hantieren wäre.
    Als ein anderes Beispiel mag auch durchaus die QM dienen. Die Betrachtung separabler Hilberträume wird durch maßtheoretische Bedingungen ja auch wieder auf endlich viele Wahrscheinlichkeitsbereiche ( ungleich 0 ) beschränkt.
    Oder auch Infinitesimalrechnung – als “standard” Beispiel “Achill und die Schildkröte”. Schon schick die Konvergenz unendlicher Reihen – aber rein experimentell in jedem Einzelfall( in Abhängigkeit von der Länge der Strecke) ergibt sich stets ein finites Ergebnis. ( auch: Ober- und Untersummen mit hinreichend genauer endlicher Zerlegung)
    Oder auch die analytische Geometrie macht die euklidischen Axiome ja keineswegs obsolet.

    Also (imho) im Prinzip schert sich das Universum überhaupt nicht um unsere Modellvorstellungen folgt aber sehrwohl den logischen Prinzipien…

  80. #80 MartinB
    25. Januar 2016

    @StefanL
    “Für eine Entscheidung darüber ob “die Physik” unentscheidbar ist oder nicht ist es wohl zu kurz gedacht nur aus den (erfolgreich!) angewendeten Formalismen ( als Bestandteile von Logiken höherer Ordnung) schon darauf zu schließen, daß diese Modellierungen auch notwendig sind.”
    Ja, das war letztlich das, was ich mit “unsere Physik” ausdrücken wollte – so wie wir im Moment Physik betreiben, nehmen wir eben Dinge wie natürliche und reelle Zahlen als gegeben an. Ob das wirklich notwendig so ist, ist aber nicht gezeigt (das Beispiel mit der Populationsdynamik finde ich sehr schön zur Illustration). Insofern denke ich, dass wir uns inhaltlich schon einig sind.

  81. […] einem Buch die Verkaufszahlen. Dass das so ist, wurde mir neulich ganz drastisch bewusst, als ich diesen Kommentar las – es lesen also Leute selbst komplizierte Artikel auf meinem Blog, werden aber von […]

  82. #82 Ockham
    Berlin
    22. März 2017

    In einem kreationistischen Buch ist folgendes zu lesen:

    Die gödelschen Sätze der Unvollständigkeit werden in der Theorienbildung nicht berücksichtigt und unentscheidbare Aussagen ignoriert. Ein typisches Beispiel ist die Meinung in der Main-Stream-Biologie, alle evolutiven Phänomene auf der Basis des ontologisch monomodalen (mit “monomodal” ist hier anscheinend gemeint, dass es nur “eine Erklärung” gibt) mit Paradigmas der Materie durch Mutation und Selektion rein mechanistisch erklären zu können.

    Ich zweifle an, dass das Beispiel der “unentscheidbaren Aussagen” auf die Evolution übertragen werden kann (damit soll ja offensichtlich Raum für einen Schöpfer geschaffen werden).
    Allerdings hätte ich gerne einen Grund gewusst, was an dieser Übertragung zu kritisieren wäre.

    Ein weiteres Beispiel aus der kreationistischen Literatur zum Thema Axiomatik und Pseudozufall:

    Wenn es erklärungsmässig in der Evolutionstheorie eng wird, hört man oft den Satz “der Zufall ist gar nicht so wichtig”. Der Zufall ist ein Axiom der Evolutionstheorie als ziel-, plan- und geistloser Auslöser einer Wirkung. Wenn in einem evolutiven Prozess von Zufall und Notwendigkeit der Anteil nicht (so) wichtig ist, dann wird automatisch der deterministische Anteil wichtiger. Das induziert deterministische Aspekte mit Ziel und Plan und es kommen zwangsläufig teleologische Orientierung zum Tragen. Diese sind aber in der Evolutionstheorie der Main-Stream-Biologen verboten, weil sie ihr axiomatisches System massiv stören und teilweise zerstören.

    Nun geht es darum, dass der Zufall weder gesetz- noch regellos ist:

    Der Zufall ist ein Basisphänomen im axiomatischen System der Evolutionstheorie und die Wahrscheinlichkeitstheorie seine adäquate Beschreibung. Das Phänomen Pseudozufall begründet wissenschaftlich stringent, dass selbst der Zufall die oben genannten Schrecken der Evolutionisten bezüglich einer “zielortentierung und geistvollen Evolution” nicht eliminieren kann. Die Stochastik lehrt, dass hinter einem zufälligen Prozessgeschehen streng deterministische Algorithmen stehen und einen Pseudozufallsprozess steuern können, der innerhalb beliebiger endlicher Beobachtungszeiträume (Periodendauer), also in der Praxis, von einem echten Zufallsprozess nicht unterschieden werden kann. Von Pseudozufall liest man in der evolutionistischen Literatur zwar nie etwas, obwohl dieses Phänomen evolutionistische Mechanismen an entscheidenden Stellen erkenntnistheoretisch grundsätzlich in Frage stellt. Manchmal stösst man in der Literatur auf Antizufall. Dies ist aber kein Fachbegriff sondern ein desinformativer laienhafter Ausdruck, ein Unbegriff. Wenn also in der Evolution des Lebens zufällige Ereignisse oder Prozesse beobachtet werden, kann man wissenschaftlich objektiv und intellektuell redlich nicht entscheiden, auf keinen Fall mit Sicherheit, ob diese von einem echten Zufallsprozess mit deterministischer Hintergrundstruktur, die nach einem mit Ziel und Plan bewusst gestalteten deterministischen Algorithmus erzeugt wurde.

    Wenn der Autor schreibt, man höre in der Evolutionstheorie, der Zufall wäre nicht wichtig, ist das meiner Ansicht nach falsch, denn damit will er lediglich auf die Wichtigkeit der Determination (durch Gott verursacht) verweisen.
    Ernst Mayr schreibt dazu: Bei der Erzeugung von Variation dominiert Zufall, während die Selektion selbst vorwiegend der Notwendigkeit entsprechend wirkt. (Quelle: Das ist Biologie, Ernst Mayr, S. 250)

    Wie der Autor selbst schon eingesteht, konnte auch ich in der Literatur über Evolution nichts über “Pseudozufall” und “Axiomatik” finden.
    Was gibt es dazu zu sagen? Sind sie auf die Evolutionsbiologie anwendbar?

  83. #83 MartinB
    23. März 2017

    @Ockham
    Sorry, aber mein Blog ist nicht dafür da, unsinnige kreationistische Ideen zu kritisieren. Dass aber die Gödelschen Sätze (die unter strengen formalen Regeln in Systemen gelten, die unendlich viele Elemente haben) in der Bilogie offensichtlich nicht anwendbar sind, ist wohl ziemlich klar.
    Lies lieber weniger kreationistische Bücher und tu was Sinnvolles…