Wer populärwissenschaftlich schreibt, steht immer vor einem Problem: Wer genau ist die Zielgruppe? Wie viel Vorwissen darf ich voraussetzen, wie komplex dürfen Argumente sein, wie viel Abstraktionsvermögen und wie viel Bereitschaft, sich anzustrengen, bringen meine Leserinnen mit?

Auslöser für diese Überlegung war dieser Tweet von Florian:

Ich kenne das Buch, um das es geht nicht, und ich würde diesen Satz auch so nicht schreiben, bin mir aber trotzdem nicht sicher, ob ich ihn als den schlimmsten Satz bezeichnen würde, den man in einem populärwissenschaftlichen Buch schreiben kann. Darf es in einem populärwissenschaftlichen Buch Stellen geben, die einige oder sogar viele Leserinnen nicht ohne weiteres verstehen können?

Ich erzähle mal von ein paar Beispielen aus meiner persönlichen Leseerfahrung:

Eins der bekanntesten populärwissenschaftlichen Bücher ist sicher Hawkings “Kurze Geschichte der Zeit”. Habt ihr es gelesen? Wenn ja, erinnert euch mal an die Lektüre. Hand aufs Herz: Habt ihr da wirklich alles verstanden? Wie funktionierte das beispielsweise mit der imaginären Zeit, die dafür sorgt, dass es “eigentlich” irgendwie keinen Urknall gab, weil die Raumzeit da ausgerundet wurde wie der Südpol einer Kugel? (So war die Erklärung, wenn ich mich recht entsinne, ist schon über 20 Jahre her…). Ich habe das Buch irgendwann während des Studiums (ich weiß nicht mehr ob kurz vor oder kurz nach meinem Diplom) gelesen und habe viele Dinge schlicht nicht verstanden, auch nach mehrfachem Lesen. Entweder bin ich also besonders doof oder einige Teile des Buches sind extrem schwer zu verstehen. Andere, die ich gefragt hatte und die das Buch gelobt haben, sagten, dass sie bei einigen Teilen des Buches auch nicht mitgekommen sind.

Wir können daraus also zumindest schließen, dass Bücher auch dann populär werden und hochgelobt werden können, wenn die Durchschnittsleserin nicht alles versteht.

Als Teenager habe ich mehrfach im Jahr (in den Ferien, wo das Buch im Regal stand) immer das Buch “Im Zaubergarten der Mathematik” gelesen, zum ersten mal vermutlich, als ich so 12 oder 13 war. Das Buch gibt einen (aus heutiger Sicht in vieler Hinsicht etwas verstaubten, und ja, auch stellenweise rassistischen und sexistischen) Überblick über die Mathematik, von den Grundbegriffen der ganzen Zahlen über Unendlichkeiten bis hin zur Infinitesimalrechnung. Ich habe es wie gesagt sehr sehr oft gelesen. Jedes Mal gab es eine Stelle, an der ich ausgestiegen bin – allerdings jedes mal etwas später im Buch. Immer wenn ich das Buch in die Hand nahm, kam ich ein Stück weiter im Verständnis. Ich fand es damals weder überraschend, noch besonders schlimm, dass ich nicht alles verstehen konnte – ich habe es mehr als ein Buch gesehen, das ich genau deshalb immer wieder lesen kann und sozusagen als etwas, an dem ich wachsen kann (auch wenn ich das damals nicht so ausgedrückt hätte).

Ganz ähnlich ging es mir mit meinem absoluten Wissenschafts-Lieblingsbuch “Gödel, Escher, Bach”. (Kennt ihr nicht? Hört sofort auf, hier zu lesen, und bestellt es jetzt. Erledigt? Gut, ihr könnt euch später bedanken.) Da geht es um Logik, das menschliche Denken, Bewusstsein, die Gödelschen Sätze, Zen-Buddhismus, die Musik von Bach und die Bilder von Escher, den genetischen Code, künstliche Intelligenz und noch 1000 andere Dinge. Zwischendrin, bei der Erklärung formaler mathematischer Systeme und des Gödelschen Satzes, wird das Ganze sehr abstrakt. Auch dieses Buch habe ich mehrfach gelesen, und auch hier ging es mir ähnlich: Bei jedem Lesen kam ich etwas weiter im Verständnis, irgendwann verstand ich besser, wie das “arithmoquinieren” funktioniert und irgendwann hatte ich dann endlich den Beweis des Gödelschen Satzes (hoffentlich) wirklich verstanden. (Das Prinzip dahinter war beim ersten Lesen schon halbwegs klar, aber die Feinheiten der mathematischen Formulierungen nicht.)

“Gödel, Escher, Bach” ist generell kein leichtes Buch. Es wimmelt beispielsweise von Formeln (was ja angeblich bei populärwissenschaftlichen Büchern ganz schlimm ist) und ist wie gesagt an vielen Stellen hoch abstrakt. Es gibt aber zwischendrin immer wieder einfachere Passagen, die alles noch einmal auf etwas niedrigerem Niveau zusammenfassen, so dass ich zwar immer mal das Gefühl hatte, einzelne Teile nicht zu verstehen, trotzdem aber nie den Faden verloren habe. Und wie beim “Zaubergarten” habe ich das Buch als Herausforderung verstanden, bei jedem Lesen etwas weiterzukommen.

Übrigens geht es mir beim Lesen von wissenschaftlichen Arbeiten oder Lehrbüchern oft ähnlich – da überfliege ich oft die Formeln erstmal nur, vollziehe die Details nicht nach und störe mich auch nicht dran, nicht gleich alles zu verstehen, solange ich erstmal einen groben Eindruck bekomme. Dafür gibt es dann einen zweiten oder dritten Durchgang. Wiederholung gehört zum Lernen nun mal dazu.

Hier auf dem Blog habe ich deshalb ja auch keine Skrupel, manchmal sehr tief in die Abstraktionskiste zu greifen – neulich habe ich ja z.B. Penrose-Diagramme erklärt, die nun wirklich ziemlich abstrakt und extrem speziell sind. Glaube ich, dass jemand, der damit zum ersten Mal in Berührung kommt, die drei Artikel hintereinander runterlesen kann und schon ist alles klar? Eher nicht. Mag sein, dass es Leute gibt, die das hinbekommen (und ich gebe mir Mühe, so zu schreiben, dass es prinzipiell möglich ist), aber bei so abstrakten Themen ist es in meinen Augen völlig normal, dass man Dinge mehrfach lesen und drüber nachdenken muss.

Bei meinem Buch war es nicht anders – da habe ich deshalb versucht, aus der Not eine Tugend zu machen: Die Dialoge sind bewusst einfacher gehalten als die Erklärtexte dahinter, dafür aber auch nicht ganz so präzise. Und auch in den Erklärtexten gibt es einige Abschnitte, die sehr anspruchsvoll sind (zum Beispiel zum Energie-Impuls-Tensor) und andere, die man leichter versteht. Aus meiner eigenen Leseerfahrung heraus finde ich das vollkommen in Ordnung. Mal ganz ehrlich: Einstein hat etwa 8 Jahre gebraucht, um aus der speziellen RT die allgemeine zu entwickeln. Kann man da erwarten, dass sich das Ergebnis für Laien auf ein paar 1000 Seiten erklären lässt, ohne dass es an einigen Stellen auch schwierig wird?

Wie anspruchsvoll Bücher sein dürfen oder müssen, hängt natürlich vom Thema ab – ein Buch zum Beispiel über Dinosaurier ist sicher weniger abstrakt als zum Beispiel eins über die Relativitätstheorie (dafür muss man mit mehr Einzelfakten hantieren, wie so oft in der Biologie). Hinzu kommt die Frage, wie genau man die Erklärungen im Buch halten will – man kann auch die Relativitätstheorie sehr einfach erklären (auf twitter gab’s neulich den Link zu “RT für Babys” – das ist natürlich Quatsch), aber dann sind die Erklärungen auch weiter weg von dem, was in der RT wirklich passiert. Auch das habe ich hier auf meinem Blog ja schon des öfteren gemerkt: Dieser Text zur Quantenmechanik ist zum Beispiel viel einfacher als dieser hier, aber dafür ist der zweite auch sehr dicht dran an dem, was man in der Physik tatsächlich tut. Und je einfacher man die Erklärungen hält, desto problematischer werden sie dann auch (wie ich ja gerade hier erklärt habe).

Müssen populärwissenschaftliche Bücher so geschrieben sein, dass man alles beim ersten mal Lesen versteht? Oder das wirklich alle Leserinnen alle Teile verstehen? Ich glaube nicht, dass das wirklich notwendig ist. Die Bücher müssen natürlich alle Informationen bereitstellen, die Erklärungen müssen so gut und so einfach sein, wie es eben geht (und das ist sicher ein Grund, warum ich einen Satz wie den von Florian zitierten so nicht schreiben würde), aber es ist in meinen Augen vollkommen in Ordnung, wenn es Stellen gibt, die nicht von allen gleich verstanden werden können und die man mehrfach angucken muss. Das gehört meiner Ansicht nach zum Lernen einfach dazu – und populärwissenschaftliche Bücher haben ja nun mal das Ziel, Dinge beizubringen und dienen nicht bloß der Unterhaltung.

In meinen Augen gibt es deshalb keine klare und absolute Regel dafür, wie schwierig Erklärungen in populärwissenschaftlichen Büchern sein dürfen und es ist kein Problem, wenn ein Buch so konzipiert ist, dass man einzelne Abschnitte beim ersten Lesen nicht oder nur mit extrem viel Aufwand verstehen kann, solange nicht der gesamte rote Faden verloren geht.

Aber vielleicht seht ihr das ja ganz anders? Zeichnet sich ein gutes populärwissenschaftliches Buch dadurch aus, dass man sofort alles versteht? Und ist jeder Abschnitt, den man zweimal lesen muss, problematisch oder ein Zeichen dafür, dass die Erklärung nicht gut genug ist? Schreibt gern was dazu in den Kommentaren, ich bin gespannt.

PS: Da ich keine Lust mehr auf die immer gleichen, immer gleich dämlichen Kommentare zum Thema “generisches Femininum” habe, werde ich alle diesbezüglichen Kommentare hier löschen. Kommentiert beim Artikel zum Thema, rechnet aber nicht damit, dass ich auf die 1000te Wiederholung der immer gleichen falschen Argumente irgendwie eingehe.

Kommentare (39)

  1. #1 hto
    28. April 2019

    Da gibt es noch ein Buch, das sehr schwer zu verstehen ist, weshalb die Pfaffen nach dem Studium einfach sagen: Gottes Wege sind unergründlich, UND DAMIT DER KOMPLETTEN ABLEHNUNG DEN LEICHTFERTIGEN NÄHRBODEN BEREITEN. Doch gibt es auch Pfaffen, die erst weit nach dem Studium erkennen, dass die Wege Gottes sehr wohl ergründlich und logisch sind und ihr Priesteramt niederlegen – ich finde das immer sehr schade, denn erst dann beginnt der Kampf um die Wahrheit, und wenn diese deshalb aus ihrem Amt geworfen werden, hat das sehr viel mehr Ehr- und Glaubwürdigkeit, als die Kapitulation vor dem System der Unwahrheit und Bewusstseinsbetäubung!?

    Übrigens hat Hawking anhand eines schwarzen Loches und der darin stillstehenden Zeit gemeint bewiesen zu haben das es Gott nicht gäbe – da hat er nach meiner Erfahrung nur so weit recht, das Gott eine Metapher für das Zentralbewusstsein oder … ist.

  2. #2 MartinB
    28. April 2019

    @hto
    Hier geht’s aber um populärwissenschaftliche Bücher.

    Und Hawking war gut in Physik, in Philosophie eher weniger…

  3. #3 hto
    28. April 2019

    Martin B.: “Wer genau ist die Zielgruppe?”

    Da es bei Wissenschaft immer um wahrhaftiges Wissen und möglichst zweifelsfreie Wirklichkeit geht, sollte die Zielgruppe möglichst eindeutig informiert werden!?

    Wenn zu erwarten ist das destruktive Widerstände auftreten, dann ist es schlau zu verschlüsseln, wie bei der Bibel!?

  4. #4 MartinB
    28. April 2019

    @hto
    Verstehe nicht, was du mit “Die Zielgruppe muss eindeutig informiert werden” meinst.

  5. #5 bote19
    28. April 2019

    MartinB
    du sprichst mir aus der Seele. Ein Buch sollte eine Mischung aus Verständlichem sein und Wissen, dass man noch nicht verstanden hat. Nur so lernt man etwas dazu.

  6. #6 MartinB
    28. April 2019

    @bote19
    Verständliches und Wissen, das man hat oder nicht hat, sind aber zwei ganz unterschiedliche Kategorien.

  7. #7 hto
    28. April 2019

    @Martin B. #4

    SOLLTE habe ich geschrieben, nicht MUSS!

  8. #8 bote19
    28. April 2019

    MartinB,
    du hast schon verstanden was ich meine. Für alle anderen. Alles sollte verständlich sein, das was man schon weiß, und das Neue, dass es zu erforschen gilt.

    Ich war früher mit der Anschaffung von Lehrbüchern betraut. In Physik, Chemie, Mathematik und manchmal auch in Deutsch.
    Die Verlage in den einzelnen Bundesländern konkurrieren da miteinander. Und dabei muss man sich vorher klar werden was man will. Möchte ich ein lexikaartiges Werk mit viel Tabellen und viel Einzelheiten oder möchte ich ein Lehrbuch mit dem der Schüler selbständig arbeiten kann. Also ein Buch das am Erfahrungswissen eines Kindes ansetzt, dass viele praktische Vorsuche vorschlägt, and das aus diesen Erfahrungen dann Gesetzmäßigkeiten ableitet, Begriffe ableitet und erklärt, kurz ein Buch das spannend zu lesen ist. (Und mit dem auch der Lehrer arbeiten kann)

    Je nach Lehrkraft wird dann das eine oder andere Buch bevorzugt. Und es ist gut, dass es verschiedene Werke gibt. Und dabei kristalisieren sich dann die Standartwerke heraus. Meine Erfahrung ist, dass man die Engländer und Amerikaner lesen sollte. Z.B. Peter Atkins bei Chemiebüchern oder Jay O’Rear in Physik. Bücher für Berufsschulen stellen einen guten Kompromiss aus Theorie und praktischem Gebrauch dar.

  9. #9 Chemiker
    28. April 2019

    Ein gutes Buch muß man nicht beim ersten Mal Lesen ver­ste­hen. Aber es muß mög­lich sein, das Buch iterativ bis zur Selbst­konsi­stenz zu lesen, und der Autor ist dafür ver­ant­wort­lich, daß die Kon­ver­genz eintritt (guten Willen und hin­reichen­den Ver­stand beim Leser vor­aus­gesetzt). Gödel, Escher, Bach leistet das. Auch Deine Be­hand­lung des QFT-Vakuums oder die Raum­zeit­krüm­mungs-Serie haben ir­gend­wann einmal Sinn er­ge­ben und mir ein großes Aha-Er­leb­nis beschert, aber na­tür­lich nicht beim ersten Mal.

    Andererseits gibt es viele populäre Bücher, in denen der Autor ein ge­wis­ses sim­ples Ni­veau hal­ten möch­te und dann plötz­lich an einer Stelle ir­gend­etwas braucht, was er auf die­sem Level ein­fach nicht er­klä­ren kann. Manch­mal schla­gen ja kom­pli­zier­te Ef­fek­te zu, die selbst die ele­men­tar­sten Dinge ver­kom­pli­zie­ren. Histo­risch hat­te man oft die­ses Pro­blem, und mei­stens wurde das tem­porär so gelöst, daß man sich einen lustigen Namen da­für aus­gedacht hat. Dann konn­ten alle das Wort an­wen­den so tun, als ob sie es ver­stan­den hät­ten, bis viel­leicht ein Jahr­hun­dert später je­mand eine echte Er­klä­rung dafür ge­fun­den hat, oft aus einer un­erwar­te­ten Ecke.

    Stell Dir vor, ich will ein Buch über deskriptive Chemie der Haupt­grup­pen­ele­mente schreiben, für sehr am­bi­tio­nier­te Schüler. Die chemische Bindung soll darin im we­sent­lichen mit Elek­tro­nen­paaren und ohne Wel­len­funk­tio­nen be­schrie­ben werden, aber dafür sollen viele Sub­stan­zen in einer Art Zoo­füh­rung vor­gestellt wer­den, ganz sinn­lich mit Mo­le­kül­form, Farbe, Geruch und Ex­plo­­sions­neigung, etwa so wie in einer Einführungsvorlesung im 1. Semester.

    Da würden dann so simple Regeln drin vorkommen, wie z.B. daß die Oxidationszahl maximal bis zur Grup­pen­num­mer steigt. Allerdings lauert hier eine Tücke: Bei den schwe­ren Elementen ist die höchste Oxi­­da­­tions­­stufe nicht be­liebt, des­halb bilden z.B. CCl₄, SiCl₄ und GeCl₄ eine brave Reihe, beim Zinn kommt über­raschen­der­wei­se zum SnCl₄ noch ein stabiles SnCl₂ dazu, und beim Blei gibt es nur ein stabiles PbCl₂, während das PbCl₄ nur für Leute geeignet ist, die sich mit Nitro­glycerin langweilen.

    Wie erkläre ich das?

    (α) „Dieser Sachverhalt ist als inert pair effect be­kannt, und seine Er­klä­rung sprengt den Rah­men die­ses Buches“. Das ist nicht schön, und selbst wenn ich noch einen Witz über Fermat hinein­schumm­le, wird es die Lese­rin nicht be­frie­di­gen, an­derer­seits ist es we­nig­stens ehrlich.
    (β) Ich könnte Namedropping betreiben und ein oder zwei Ab­sätze lang über re­la­ti­visti­schen Mas­sen­zuwachs und Ortho­gona­li­tät der s-Orbi­tale schwa­dro­nie­ren, aber wenn nichts davon im Rest des Buches er­wähnt oder er­klärt oder ge­nutzt wird, läuft es auf eine Be­lei­di­gung der Lese­rin hinaus, denn eine solche Pas­sage kann sie nicht bis zur Selbst­kon­si­stenz iterie­ren. Diese Stra­te­gie ist es, ver­mute ich, die Florian kritisiert.
    (γ) Mit einem vierseitigen Einschub kann man das eini­ger­maßen sauber und ver­ständ­lich beschreiben, aber da wird der Lektor die Not­brem­se ziehen, mit dem richtigen Argu­ment, daß hier sehr viele Kon­zep­te ein­ge­führt wer­den, die nach den vier Seiten nie wieder vor­kom­men, und daß der Ein­schub daher den Ton des Buches stört.
    (δ) Wenn ich wirklich gut bin, dann finde ich eine knappe, ver­ständ­liche und richtige Erklärung, aber es ist eben nicht jeder ein Hofstadter.
    (ε) Vermutlich würde ich mich ungefähr so aus der Affäre tricksen: „Bei diesen schwe­ren Ele­men­ten be­we­gen sich die beiden aller­inner­sten Elektronen nahe am Kern mit sehr hohen Ge­schwin­dig­kei­ten; durch eine kom­pli­zier­te Kas­ka­de sub­tiler Ef­fek­te werden in Folge in jeder Schale zwei Elek­tro­nen näher an den Kern ge­zogen, als man es ei­gent­lich er­war­ten würde. Des­halb ver­liert das Blei zwei seiner vier Va­lenz­elek­tro­nen und ver­hält sich meist zwei­wer­tig“. Das ist nicht ganz falsch und passabel ver­ständ­lich, aber leider ist nichts an diesem Argu­ment nach­voll­zieh­bar und selb­stän­dig an­wend­bar, und daher muß die Lese­rin mir einfach glauben.

    Als Teenie habe ich in vielen Büchern solche Passagen ge­fun­den, und sie immer ge­haßt. Aber wie man es bes­ser machen kann, sehe ich auch nicht.

  10. #10 Joseph Kuhn
    28. April 2019

    Ich glaube, ein populärwissenschaftliches Buch ist gut, wenn die Leser/innen den Faden nicht durch zu lange schwierige Passagen verlieren und wenn der Autor oder die Autorin ein Gefühl dafür haben, wo sie auf vertiefende Literatur hinweisen sollten.

    Dass man zwischendurch mal was nicht versteht, tut dem Populärwissenschaftlichen nach meiner Meinung keinen Abbruch. Der von FF zitierte Satz ist trotzdem nicht so toll, weil er ziemlich überheblich rüberkommt. Auch wenn es sicher noch schlimmere Sätze gibt.

  11. #11 MartinB
    28. April 2019

    @bote19
    “du hast schon verstanden was ich meine.”
    Nein, sonst hätte ich nicht gefragt.

    @Chemiker
    Ein sehr schönes Beispiel. Wobei ich heutzutage angesichts der Hochverfügbarkeit von Informationen auch Variante 1 vollkommen o.k. finde, wenn man nen passenden Quellenverweis gibt. Ich persönlich bin bei sowas ja ein freund des langen Einschubs/Anhangs.

    “Wenn ich wirklich gut bin, dann finde ich eine knappe, ver­ständ­liche und richtige Erklärung”
    Klar, aber manchmal gibt es die schlicht nicht.

    @Joseph
    Ja, das mit dem faden verlieren finde ich auch entscheidend: Man muss halt das Gefühl behalten, dass man weiß, worum es gerade geht, auch wenn man nicht alle Details mitbekommt, dann kann man später wieder voll einsteigen.

  12. #12 Florian Freistetter
    28. April 2019

    Ich stimme deinem Artikel eigentlich zu, Martin. Aber mein Tweet war auch nicht unbedingt so gemeint wie du ihn interpretiert hast. Natürlich kann man nie ein Buch schreiben, das alle sofort verstehen. Das muss – wie du schreibst – auch nicht der Fall sein. Aber wenn man mit populärwissenschatflichem Anspruch schreibt, dann sollte man das so tun, dass man sich zumindest Gedanken darüber macht, wie und was die Leserschaft versteht. Wenn wirklich mal sehr komplexe Dinge dabei sind, kann man da zB anmerken “Ok, das ist jetzt wirklich knifflig. Aber nicht aufgeben, man KANN es verstehen, aber es gehört halt nicht zu den Dingen die man sofort versteht. Denken sie gerne ein bisschen drüber nach, es lohnt sich” (oder sowas halt). Oder wenn es was ist, was noch gar niemand weiß, schreibt man halt das hin: “Niemand weiß, warum das so ist! Wenn sie eine gute Idee haben, sagen sie bitte gerne Bescheid, vielleicht ist sie richtig!”.

    Aber so explizit zu schreiben: “Das ist halt so, da gibts keinen Grund. Denken sie nicht weiter nach und akzeptieren sie das einfach” ist genau das, was man nicht schreiben sollte. Denn damit sagt man der Leserschaft: “Denk nicht weiter drüber nach, das lohnt sich nicht” Und wenn man die Leserschaft nicht zum Nachdenken bringen will, soll man gefälligst keine populärwissenschaftlichen Bücher schreiben!

    P.S. Die Rezension zu dem Buch gibts am Dienstag in meinem Blog.

  13. #13 MartinB
    28. April 2019

    @Florian
    Ich kenne ja den Zusammenhang nicht – ich hatte es mir so vorgestellt, dass da eine längere Erklärung war, an deren Ende dann der zitierte Satz stand. Und da finde ich es prinzipiell nicht so schlimm, wenn man dann sagt “Wenn du das nicht verstanden hast, nicht so schlimm, das was jetzt kommt, ist wieder einfacher zu verstehen”. In meinen Vorlesungsskripten arbeite ich z.B. gern mit Vertiefungsabschnitten, da steht dann im haupttext “Das ist so”, und im vertiefungsabschnitt wird’s dann im Detail erklärt, und es wird explizit gesagt, dass man den auch überspringen kann und trotzdem im haupttext weiter klarkommt.

    Der Satz, den du zitierst, klingt natürlich sehr nach “So, hier ist sowas wie ne Erklärung, die versteht vermutlich keiner, aber ich habe zumindest so getan, als hätte ich es versucht…” und anscheinend war das im Zusammenhang auch genau so. Das geht nicht, da bin ich natürlich völlig einverstanden.

    Es war ja auch mehr so, dass mich dein Tweet zum Nachdenken gebracht hat; es war der Auslöser für diesen Text, aber es ging mir ja nicht exakt um dieses Beispiel, sondern mehr um die Frage, wie viel Nicht-Verstehen man generell zumuten darf und ob andere Leute erwarten, dass man populärwissenschaftliche Bücher so locker runterlesen kann wie nen Roman.

  14. #14 Laie
    28. April 2019

    Ich kann hier nur von mir ausgehen: Niemals (d.h. damals in meiner Jugendzeit) hätte ich bei Fachbüchern und populärwissenschaftlichen Büchern angenommen, sie müssten wie ein Roman zu lesen sein, sondern sind stellenweise immer wieder zu lesen – wenn etwas nicht verstanden wurde. Hoffe damit auch auf andere Leser schliessen zu können …

    Die Idee bei kniffeligen Fragen und Sachverhalten auf andere vertiefende Literatur oder Weblinks zu verweisen finde ich hilfreich.

    “Wenn Sie das gerade Gelesene nicht verstanden haben: kein Problem. Betrachten Sie es einfach als Tatsache” könnte man ev. ändern auf “Wenn Sie das … haben: dann kann es helfen, zu einem späteren Zeitpunkt den Abschnitt nochmals zu lesen, oder die folgenden vertiefende Sekundärliteratur / Weblinks zusätzlich zu lesen.

  15. #15 Christian Berger
    29. April 2019

    Ich denke der Knackpunkt ist, ob man den Leuten sagt “Ja, das kann man erklären, Sie haben meine Erklärung vielleicht nicht verstanden, das ist nicht schlimm”, oder man sagt “Nehmen Sie das einfach als von Gott gegebenen Fakt”. Ich fürchte das Buch geht eher in letzteres.

    Wissenschaft lebt vom Glauben daran, dass man im Prinzip alles erklären kann und sich alles Wissen prinzipiell aus Experimenten herleiten kann. Das ist auch das Schöne an “Isaac oder die Entdeckung der Raumzeit”. Man mag vielleicht Dinge noch nicht wissen, aber im Prinzip sind sie verstehbar.

  16. #16 MartinB
    29. April 2019

    @Christian
    Wobei ich
    “Ja, das kann man erklären, Sie haben meine Erklärung vielleicht nicht verstanden, das ist nicht schlimm”, auch zumindest schwierig finde, weil es irgendwie sagt, dass man seine Erklärung nicht auf die Zielgruppe abgestimmt hat. Wenn die sehr heterogen ist, mag das aber letztlich nicht anders gehen, man kann es aber vermutlich besser verpacken.

    Freut mich, wenn dir Isaac anscheinend gefällt 🙂

  17. #17 Dirk Freyling
    Erde
    29. April 2019

    Die „wirklichen“ Probleme mit populärwissenschaftlichen Artikeln existieren dann, wenn nachweisbar sehr unvollständige oder gar falsche Aussagen der Leserschaft vermittelt werden.

    Zwei Beispiele:

    i) Der Autor Robert Gast schreibt in dem Spektrum-Artikel »Krise im Kern des Protons« (https://www.spektrum.de/news/krise-im-kern-des-protons/1441599) u.a.: …“So rätseln Physiker seit Jahrzehnten, woher genau der Spin des Protons kommt. Diese quantenmechanische Eigenschaft, die man sich stark vereinfacht als Drehung um die eigene Achse vorstellen kann, …“

    Tatsache ist jedoch, daß der quantenmechanische Spin rein gar nichts mit einer physischen Drehung um die eigene Achse zu tun hat. Der quantenmechanische Spin ist ein mathematisches Konstrukt. Im Jahre 1927 formulierte Pauli einen Formalismus für den quantenmechanischen Spin des Elektrons. Mit Hilfe der Pauli-Matrizen konnte er Elektronen-Wellenfunktionen als 2-komponentige Spinoren darstellen. 1928 stellte Paul Dirac eine relativistische Bewegungsgleichung für das Elektron auf. Die nach ihm benannte Dirac-Gleichung beschreibt u.a. den halbzahligen quantenmechanischen Spin. In all diesen rein mathematischen Beschreibungen existiert keine realphysikalische phänomenologische Grundlage. Der quantenmechanische Spin entsteht aus keiner Bewegung, sondern aus dem Zusammenwirken eines räumlichen Vektors mit den Dirac-Matrizen in dem Raum ihrer vier abstrakten Dimensionen. Es wäre die Aufgabe eines Wissenschaftsmagazines, dies unmissverständlich klar zu stellen.

    ii) Jan Hattenbach schreibt in dem Artikel »Ein fast perfektes Modell vom Universum« (https://www.spektrum.de/magazin/ein-fast-perfektes-modell-vom-universum/1317147) „neben“ der Überschrift „Supercomputer errechnen eine Welt, die der echten zum Verwechseln ähnlich sieht und das Standardmodell der Kosmologie zu bestätigen scheint.“

    Äußerst bemerkenswert erwidern am 05. Januar 2015 Pavel Kroupa (Bonn), David Merritt (Rochester), Gerhard Hensler (Wien), Marcel Pawlowski (Cleveland), Sascha Trippe (Seoul), Jörg Dabringhausen (Concepcion), Fabian Lüghausen (Bonn) in Form eines »Leserbriefes« mit der Überschrift »Ist dieser Ansatz physikalisch überhaupt relevant?« U.a. folgendes:
    …“Aber der Artikel erwähnt nicht, dass es sich lediglich um ein verfeinertes numerisches Verfahren gegenüber etlichen vergleichbaren Simulationen handelt, dass … eine Vielzahl von wichtigen Resultaten des Modells im Widerspruch zu den beobachteten Galaxien steht. Einige dieser Widersprüche sind so gravierend, dass die physikalische Relevanz dieses gesamten Ansatzes angezweifelt werden muss….
    Der Originalforschungsartikel …dass die Bildung von Zwerggalaxien nicht konsistent reproduziert wird, verschweigt aber andererseits, dass viele Forschungsgruppen immer wieder festgestellt haben, dass die beobachtete scheibenartige Verteilung von Satellitengalaxien um große Galaxien der errechneten, eher runden Verteilung komplett widerspricht. Zudem verschweigt der Artikel, dass auch der Originalforschungsartikel diese Inkonsistenzen erkennt, …” Quelle: Siehe (einzigen) Leserbrief zum oben genannten Artikel.

    Insgesamt ist zu beobachten, daß das wissenschaftliche Niveau sehr bescheiden ist – um es moderat zu formulieren -. Es schreiben exemplarisch Damen und Herren wie Dagny Lüdemann (Biologin) und Sven Stockrahm (Wissenschaftsjournalist, der „sonst zu Seuchen, Gesundheit, Drogen und Sex schreibt) Artikel über Gravitationswellenmessungen. Wie infantil und informationsleer diese populärwissenschaftlichen Abhandlungen sind, kann sich jeder selbst vor Augen führen, siehe z.B. den ZEIT-online Artikel »Whoop, whoop, Nobelpreis! « Gravitationswellen nachgewiesen. Einstein hatte recht. Drei Physiker erhalten dafür jetzt den Nobelpreis. Warum war dieser Fiepston noch gleich die Jahrhundertentdeckung?

  18. #18 Ingo
    30. April 2019

    Wie ist denn die Meinung zu Youtube-Erklaervideos?
    Prinzipiell gelten dort ja die gleichen Regeln(?) bezueglich Verstaendlichkeit vs. Vollstaendigkeit.

    Youtube-Videos sind heute vermutlich noch eher die Quelle von populaerwissenschaftlicher Bildung als Buecher.

    * PBS Spacetime
    * physicminute
    * Three brown one blue
    etc etc

  19. #19 MartinB
    30. April 2019

    @Ingo
    Persönlich mag ich keine Videos (außer wenn es um Animationen für komplexe Zusammenhänge geht), deswegen kenne ich mich da nicht aus. Videos sind mir immer zu schnell oder zu langsam und ich kann wesentlich schneller lesen, als andere Leute sprechen können… Insofern kann ich da nichts empfehlen – aber Florian z.B. verlinkt ja öfters Videos, die sollten schon o.k. sein.

  20. #20 hto
    30. April 2019

    #15

    Glauben und Wissen

    “Wissenschaft lebt vom Glauben daran, … …, aber im Prinzip sind sie verstehbar.”

    Wenn das Prinzip IMMER der grundsätzlichen Wahrheit verpflichtet ist!?

  21. #21 Ingo
    30. April 2019

    Ich glaube der Hauptvorteil der Videos ist garnichtmal das Medium,- sondern die Verfuegbarkeit.

    Mit persoenlich geht es so dass ich manchmal einfach einen Impuls habe etwas wissen zu wollen.
    Dieser Impuls reicht lange genug um mir ein Video anzuschauen oder einen wikiepdia-Artikel zu lesen,- aber er reicht nicht lange genug um mir ein buch zu bestellen und dann 2 Tage zu warten bis das auch wirklich da ist.

    (Ich weiss, dass das jetzt keine positive Charaktereigenschaft ist,- aber ich denke es geht einigen Leuten so)

    Um sofort verfuegbar zu sein braucht man
    * eine gute Suchfunktion
    * online abrufbar
    * keine Paywall
    alles andere laesst den Wissensdurst-Impuls ins leere laufen.

  22. #22 MartinB
    30. April 2019

    @Ingo
    Ja, dafür nutze ich blogs oder ggf. arxiv…

  23. #23 hto
    30. April 2019

    Wenn Hawking ein “populärwissenschaftliches” Buch geschrieben hat, ging es ihm dann um eine nach außen verlagerte Problemlösung, oder war er dann eher der Künstler der ein Bild gemalt hat???

  24. #24 Anonym_2019
    30. April 2019

    @MartinB (30. April 2019) #19

    Persönlich mag ich keine Videos (außer wenn es um Animationen für komplexe Zusammenhänge geht)

    Das folgende Video zeigt eine populärwissenschaftliche Animation zur Massenanziehung aufgrund der gravitativen Zeitdilatation. Die Animation ist redundant zur Zeitachse. Wenn man das Diagramm nur als Bild in einem Buch sehen würde, wäre das wahrscheinlich trotzdem nicht so einfach verständlich:


    Das Video zeigt auch nicht die komplette Raumzeit-Krümmung, ist aber aus meiner Sicht realistischer als das Gummituchmodell mit den Kugeln.

  25. #25 MartinB
    1. Mai 2019

    @Anonym
    Man kann das mit der Anziehung durch Zeitdilatation problemlos grafisch darstellen, siehe mein Buch oder die Artikelserie “Von Einstein zu Newton”.

  26. #26 MartinB
    1. Mai 2019

    PS: Ich habe die Animation nicht komplett angeguckt, aber jetzt doch mal bei 2:30 mal reingeklickt, und halte sie für falsch: Die Erklärung scheint darauf zu beruhen, dass man diese hantel verfolgt und die beiden enden sich unterschiedlich “schnell” in der Zeit vorwärts bewegen. Erstens ist das mit der Bewegung “vorwärts in der Zeit physikalisch schwierig” (man betrachtet besser gleich Weltlinien), zweitens (und wesentlich schlimmer) kann diese Erklärung für Massenpunkte nicht funktionieren, die aber ja auch auf die Erde zufallen, das sagen die ja auch selbst.
    Ist in meinen Augen eher verwirrend als hilfreich.

  27. #27 Daniel Rehbein
    Dortmund
    9. Mai 2019

    Ich habe diesen Artikel gelesen und spätestens drei Absätze nach dem eingebetteten Tweet von Florian (also dem Satz “Wir können daraus also zumindest schließen, dass Bücher auch dann populär werden und hochgelobt werden können, wenn die Durchschnittsleserin nicht alles versteht”) habe ich mir gedacht: Ihr redet ja komplett aneinander vorbei.

    Ich habe den Satz von Florian nicht so verstanden, daß er damit sagen wollte, daß man populärwissenschaftliche Bücher immer sofort verstehen müsse. Sondern ich verstehe Florian so, daß er es einem Autor populärwissenschaftlicher Bücher ankreidet, sein Publikum für dumm zu halten.

    Denn dieser Satz “Wenn Sie das gerade Gelesene nicht verstanden haben: kein Problem. Betrachten Sie es einfach als Tatsache” bedeutet doch übersetzt: “Du bist eh zu dumm, das alles zu verstehen. Also nimm einfach hin, was ich als Wissenschaftler Dir zu sagen habe”.

    Natürlich kann gibt es auch in populärwissenschaftlichen Büchern Dinge, die ich nicht sofort oder vielleicht auch gar nicht verstehe. Fatal ist es aber, wenn der Verfasser mir zu verstehen gibt “Bemüh Dich gar nicht erst, Du kapierst das ohnehin nicht!”. Zwar verkleidet er das in einer Formulierung mit “wenn”, also einem Konjunktiv, aber das wirkt mehr wie eine Höflichkeitsfloskel. Der Verfasser sieht es zumindest als wahrscheinlich an, daß ich zu dumm bin für seine Ausführungen, und ich soll dann nicht weiter nachdenken, sondern einfach akzeptieren. Der Verfasser sagt damit auch, daß er sich bei seinen Erklärungen keine Mühe geben muß – es kapiert ja eh keiner.

    Und so muß ich Florian zustimmen, daß so ein Satz in einem populärwissenschaftlichen Buch (also ein Buch, das Laien Sachverhalte erklären soll) ein absolutes No-Go ist.

  28. #28 MartinB
    10. Mai 2019

    @Daniel
    Der Satz von Florian war ja auch nur der Anlass für mich, über das Thema generell nachzudenken.
    Aber wenn man das “wenn” in dem Satz ernst nimmt, dann kann man ja schon annehmen, dass gemeint war “Das ist nicht leicht zu verstehen, macht aber nichts, wenn Sie es nicht verstanden haben, das was jetzt kommt, wird wieder einfacher.” Dass es besser wäre, das so zu schreiben (wenn man es überhaupt schreiben will) ist ja keine Frage.

  29. #29 Panthauer
    10. Mai 2019

    Inhalt gelöscht, siehe das PS
    Martin B

  30. #30 Panthauer
    10. Mai 2019

    @M. Bäker
    “Wer genau ist die Zielgruppe?”
    Deine Zielgruppe sind eindeutig Frauen.

    Noch mehr “mimimi, ich fühl mich gar nicht mitgemeint, wenn ich ne weibliche Form lese”? Ernsthaft?
    MartinB
    PS: Schluss mit dem off-topic.

  31. #31 Panthauer
    10. Mai 2019

    Und Tschüss. MartinB

  32. #32 Anonym_2019
    10. Mai 2019

    @MartinB (1. Mai 2019) #26

    kann diese Erklärung für Massenpunkte nicht funktionieren, die aber ja auch auf die Erde zufallen

    Wobei ein klassicher Massepunkt auch ein falsches Bild wäre. Ein De Broglie-Materiewellenpaket ist räumlich ausgedehnt wie die Hantel und wird entsprechend abgelenkt. Es gibt dann die Wahrscheinlichtkeit vor, dass man einen Massepunkt in einem bestimmten Volumenelement messen könnte.

  33. #33 Daniel Rehbein
    Dortmund
    10. Mai 2019

    @MartinB

    Der Satz ist so formuliert, daß das “wenn” bloß als Höflichkeitsform daherkommt, nicht als wirklicher Konjunktiv.

    Wenn der Autor, so wie Du es formuliert hast, geschrieben hätte “Das ist nicht leicht zu verstehen” (mit Bezug auf einen ganz bestimmten Absatz), dann würde es schon ganz anders klingen. Und so ein Satz müsste vor dem schwierig zu verstehenden Sachverhalt stehen.

    Es macht einen deutlichen Unterschied, ob nach einer Erklärung quasi steht “Du hast das nicht verstanden” oder ob vor der Erklärung steht “Das ist ein komplizierter Sachverhalt”. Die erste Variante erklärt den Leser für dumm, die zweite Variante ist wesentlich diplomatischer.

    Ich habe vorhin etwas ähnliches in einem Text von Mely Kiyak gelesen. Sie schreibt über einen Witz, der sich darin begründet, Elemente der deutschen und der türkischen Sprache zu mischen. Und sie ist sich darüber bewusst, daß die meisten Leser das nicht nachvollziehen können und fügt deshalb eine längere Erklärung an, die endet mit den Worten “Immer noch nicht witzig? Bleiben Sie stark und halten Sie es bitte aus”. Das empfindet ich dann wieder als sehr versöhnliche Worte.

    https://kolumne.gorki.de/kolumne-103/

  34. #34 MartinB
    11. Mai 2019

    @Daniel
    Ich gebe dir (und Florian) ja recht, dass der Satz so, wie er formuliert ist, nichts taugt. Er war ja wie gesagt für mich nur der Anlass, um die dahinter stehende Frage “Muss man als Autorin immer so schreiben, dass man davon ausgeht, dass alle alles verstehen?” ein wenig zu beleuchten. In meinen Vorlesungsskrioten und Fachbüchern gibt es immer abgesetzte Abschnitte mit weiterführenden Infos, da weiß man dann gleich, dass man die überspringen kann. Manche Bücher arbeiten ja auch mit “Boxen”, in die die abgefahreren Sachen verbannt werden – ich finde das beim Lesen aber nicht so schön, weil das für mich den Lesefluss stört und so ein bisschen den Eindruck erweckt, die Autorin wusste nicht recht, wo das im Gesamttext hingehört. Bei meinem ART-Buch habe ich die ganz bösen Sachen deshalb in den Anhang verbannt, aber auch der Haupttext ist schon stellenweise ziemlich anspruchsvoll.

  35. #35 Daniel Rehbein
    Dortmund
    11. Mai 2019

    Florian hat ja mittlerweile das Buch beschrieben, in dem der Satz vorkommt. Da hat sich der Autor wohl generell keine Mühe gegeben.

    https://scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2019/04/30/schlechtes-flirten-mit-den-sternen-und-die-spannende-anthropologie-in-der-bibel-die-buchempfehlungen-vom-april-2018/

    Der Gedanke, daß weiterführende Informationen in Textboxen stehen, kam mir auch schon. So lese ich das zum Beispiel populärwissenschaftlichen Artikeln in Fachzeitschriften. Da werden dann Sachverhalte, die als Grundlage für den Artikel dienen, im Text des Artikels lediglich erwähnt, die genauen Erklärungen dieser Sachverhalte kann man sich dann separat in den Textboxen anlesen. Ich finde diese Vorgehensweise ganz gut. Wenn alles passend formuliert ist, hat man auch nicht den Eindruck, daß der Text aus der Box eigentlich in den Artikeltext hineingehören würde. Insofern stört das dann auch nicht den Lesefluß.

  36. #36 Daniel Rehbein
    Dortmund
    11. Mai 2019

    Huch …

    In der URL von Florians Blogpost steht tatsächlich die Jahreszahl 2018. Dann bin ich doch nicht der einzige, der sich mit dem Datum noch vertut. 🙂

    Ich habe neulich Urlaubspostkarten vor dem Einwerfen noch korrigieren müssen, weil ich versehentlich beim Datum noch “2018” draufgeschrieben hatte.

  37. #37 MartinB
    11. Mai 2019

    @Daniel
    Ja, diese Boxen sind sehr beliebt. Wie gesagt, bei einer Box finde ich es immer schwer zu wissen, wan ich die lesen soll. (Im Gravitation-Buch Misner/Thorne/Wheeler z.B. kommen die Boxen zum Teil irgendwo im Text und gehen über mehrere Seiten und dann muss man sich merken, wo man war und ggf. vor- oder zurückblättern, um wieder in den haupttext einzusteigen.) Deswegen bevorzuge ich die in den text einbezogenen Vertiefungen. In meinen Skripten steht dann im Haupttext sowas wie
    “Eine detaillierte Analyse zeigt X” und dann kommt die Vertiefung, in der X gezeigt wird und die man halt auch überspringen kann, wenn man es nicht wissen will. Die Idee dazu habe ich im TeX-Buch von Knuth geklaut.

  38. #38 Anonym_2019
    5. Juni 2019

    Die Videoanimation mit der Hantel im obigen Kommentar “Anonym_2019 30. April 2019 #24” könnte, mit kleinen Modifikationen, auch gut das homogene Schwerefeld in einem absolut beschleunigten Bezugsssystem erklären (durch “gravitative” Zeitdilatation raumzeitlich verbogene Geodäten statt Newton’sche Fliehkraft). In dem Video müsste man die Erde weglassen und den Lauf der Uhren an ein homogenes Schwerefeld anpassen.

    Dis folgende Videoanimation erklärt aus meiner Sicht zusätzlich didaktisch gut, warum in einem nach “oben” beschleunigten Aufzug im Weltraum eine an der Decke des Aufzugs befestigte Uhr schneller läuft als eine am Boden des Aufzugs befestigte Uhr:



    Eine an der Aufzugdecke befestigte Lampe sende in konstanten Zeitabständen Lichtblitze nach unten. Am Aufzugboden werden kürzere Zeitabstände zwischen den empfangenen Lichtblitzen gemessen, weil sich während den Lichtbewegung nach unten die Geschwindigkeit ständig erhöht, mit der sich der Aufzugboden dem Lichtstrahl entgegen bewegt (aus Sicht eines intertialen Beobachters). Eine Uhr am Aufzugboden muss also langsamer laufen, damit in der längeren “1 Sekunde” mehr Lichtblitze empfangen werden.

    Diese “gravitative” Zeitdilatation wurde von A. Einstein 1908 näherungsweise berechnet, s. §18 “Raum und Zeit in einem gleichförmig beschleunigten Bezugssystem” auf Seite 454:

    https://www.itp.kit.edu/~slava/Einstein_Ueber_das_Relativitaetsprinzip.pdf

    Ich halte es für didaktisch sinnvoll, dass jemand erst die Schwerepotential-abhängige Zeitdilatation in einem beschleunigten Bezugssystem und deren Einfluss auf Geodäten verstanden haben muss, bevor ihm auf dem Umweg über das Äquivalenzprinzip die (kompliziertere) ART erklärt wird.

  39. #39 MartinB
    https://scienceblogs.de/hier-wohnen-drachen
    6. Juni 2019

    @Anonym_2019
    “Ich halte es für didaktisch sinnvoll, dass jemand erst die Schwerepotential-abhängige Zeitdilatation in einem beschleunigten Bezugssystem und deren Einfluss auf Geodäten verstanden haben muss, bevor ihm auf dem Umweg über das Äquivalenzprinzip die (kompliziertere) ART erklärt wird.”
    Ich nicht, weil ich es für verwirrend halte und es die Sache nur unnötig verkompliziert, denn in einem Fall ist die Raumzeit tatsächlich gekrümmt, im anderen nicht. Den Unterschied dann wieder auseinanderzudröseln, macht es in meinen Augen nicht einfacher.

    Und generell halte ich es nicht immer für sinnvoll, auf Einsteins Erklärungen zurückzugreifen, schon gar nicht auf solche vor 1915 (als er noch keine ART hatte). Bei aller Genialität ist Einstein auch seiner Zeit und der entsprechenden Denkweise verhaftet, und manches kann man anders in meinen Augen einfacher erklären.