Immer wieder werden wir als Bürger mit Umfragen konfrontiert. Wir müssen Auskunft geben über unsere politische Meinung, unseren bevorzugten Weingeschmack, unseren Stromanbieter oder unser Haustier. Aber wie funktionieren diese Umfragetechniken und was passiert mit den ausgewerteten Daten? Wie wirken sich die ausgewerteten Statistiken auf Politik, Medien und Sozialstruktur aus?

i-e6fa51cf90f72693cef5b2d8c79090ec-Statistik2010.jpgVon Gina Fuhrich

Um Antworten auf diese Fragen zu finden, wurden in der Sektionsveranstaltung von Malte Zierenberg, Bernhard Fulda, Christiane Reinecke, Kerstin Brückweh sowie Anja Kruke Publikumsforschung, Umfragetechniken, Auswertung und Verwendung der Daten und der Markt für Meinungsforschung genauer analysiert.


Der Mediennutzer als Forschungsgegenstand

In seinem Vortag beschrieb Malte Zierenberg den Zuschauer im 21. Jahrhundert als alltägliche Erscheinung und zugleich als Forschungsgegenstand. Die Wissenschaft beschäftigte sich intensiv damit, wie Medien auf Zuschauer wirken und was ihre Aufmerksamkeit erregt. Beispielsweise wurden Filme und das Fernsehen an sich in den 1940er Jahren auf ihre Wirkung getestet. Später folgte auch die telefonische Befragung, um eine Verbesserung des Fernsehprogramms zu erhalten und Kundennähe zu demonstrieren. Die Forschung fokussierte sich also auf das Verhalten der Zuschauer und versuchte diese zu professionalisieren.

i-7512d7e93ea2c8d9257aa23a0e1b0718-George_Gallup.jpgMan bediente sich hierfür umfangreicher Statistiken und Typisierungen verschiedener Zuschauergruppen und schuf somit Vergleichsräume durch die öffentliche Diskussion der gesammelten Daten. So wurden soziale Unterschiede nun durch erhobene Daten aufgezeigt, beispielsweise schaute statistisch ein Hilfsschüler in der Woche wesentlich mehr fern als ein Abiturient. Überdies lag ein besonderes Augenmerk auf der Aktivität und Passivität des Zuschauers. So entstanden viele Sendungen mit Zuschauerabstimmung, wie die ZDF-Hitparade oder die TED-Abstimmungen. Durch die Marktforschung entstanden transnationale Aufmerksamkeitsökonomien. Es bestehen aber durchaus nationale Unterschiede aufgrund unterschiedlicher Techniken zur Erfassung der Daten.

Umfragenforschung

Bernhard Fulda beschäftigt sich mit dem Markt der politischen Meinungen. Allgemein kann man sagen, dass politische Meinungsumfragen zurückgehen, da sie zu teuer sind, so Fulda. Deshalb muss man sich auch immer fragen, was für ein Interesse die Umfrageführer haben, die solche Kosten tragen. Die Meinungsumfragen gehen auf Dr. George Gallup (Foto oben rechts) mit seinem Konzept der Probeabstimmung „straw poll” in den 1930er Jahren zurück.

Der Durchbruch für die Demoskopie kam 1936 mit der richtigen Prognose des US-Präsidentschafts-Wahlergebnisses.

Durch diese Umfragen und die Darstellung der Daten in Statistiken verzeichneten die Zeitungen mehr Aufmerksamkeit und damit auch mehr Leser. Daraus ergab sich dann die Bemühung, die Kosten zu reduzieren und die Umfragen in einer höheren Frequentierung durchzuführen. Gallup verhalf seiner Methode bei den amerikanischen Präsidentschaftswahlen 1936, bei denen er den Wahlsieg für Roosevelt richtig prognostizierte, zu internationaler Geltung. Nun wurden Meinungsforschungsinstitute in der gesamten Welt eröffnet.

Vor allem politische Meinungsumfragen wie Wahlprognosen bekamen am meisten Aufmerksamkeit. In diesen Umfragen wurden allerdings zuerst nur gebildete und wahlberechtigte Personen befragt. Deshalb kam es zur Ausgrenzung von Randgruppen, da alle Minderheiten wie beispielsweise Indigene in den USA oder Brasilien keine politische Stimme in den Umfragen und somit auch keine Aufmerksamkeit bekamen. Ebenso wurden politische Themen wie Rassismus oder Judenfeindlichkeit vermieden sowie Umfragen, die das Vertrauen der Befragte in die Umfragen zeigen sollten.

Meinungsforschung in West- und Ostdeutschland

Frau Reinecke verglich in ihrem Vortrag die Meinungsforschung in der DDR und BRD. In der DDR wurde vor allem das Konsumverhalten der Bevölkerung abgefragt. Die Umfragedaten wurden nicht öffentlich in den Medien diskutiert, sondern nur einer kleinen Gruppe der Parteielite der SED zugänglich gemacht. Die Umfrageergebnisse spiegelten folglich meist die vorherrschende Ideologie wieder. Zugleich waren sie für die Partei ein Test für die Stabilität der DDR und lieferten Angaben für die Planung der Produktion und den zu erwartenden Konsum.

In der BRD gab es hingegen eine permanente Inszenierung der Wissenschaftlichkeit der Umfragen, die in der DDR aufgrund der staatlichen Abhängigkeit der Wissenschaft nicht gegeben war. Die Umfragetechniken sollten hingegen in Westdeutschland völlig transparent vorliegen und wissenschaftlich fundiert sein. So konnte man die Aussagen der Umfragen als sachlich und wahr betrachten. Desweiteren gab es kein starres Gesellschaftsmodell wie in der DDR, sondern es existierten verschiedene Milieus nebeneinander. Es gab einen permanenten Austausch von Wissenschaft, Medien und Bevölkerung.

In dem folgenden Vortrag von Kerstin Brückweh wurde die Kartographie sozialer Unterschiede in Großbritannien durch die erhobenen Umfragedaten erläutert. So werden Bürger aufgrund ihres Wohnortes klassifiziert. Frau Brückweh beschäftigte sich mit geodemographischen Techniken. Mitte des 19. Jahrhunderts wurden Karten angelegt, die Regionen beispielsweise nach Wohlstand oder Todesraten analysierten. Später wurden die Armutsforschung und Volkszählung mit der Marktforschung verbunden. Bei dieser Technik werden die Bürger in verschiedene Gruppen beziehungsweise Typen unterteilt, z.B. der Typ „happy family” oder „middle class” mit dazu passenden Lifestyle-Charakteristiken. Die erhobenen Daten werden nicht offengelegt, sondern an andere Firmen verkauft. Überdies werden die Daten und Verfahren nicht wissenschaftlich überprüft. Das heißt, der Fokus liegt ganz deutlich auf dem wirtschaftlichen Gewinn.

Eurobarometer

Im letzen Beitrag von Frau Kruke wurde die Entwicklung des Eurobarometers dargestellt. In den sechziger Jahren legte die EU wenig Wert auf die Meinung der Bürger zu Europa. Erst in den 70er Jahren begann eine regelmäßigere Datenerhebung. Allerdings spielten Umfragen bis in die 90er Jahre nur eine untergeordnete Rolle, da die europäische Kommission nicht auf die Umfragewerte angewiesen war. Der Eurobarometer wurde nun zweimal jährlich durchgeführt. Da aber die Umfrageauswertung knapp drei Monate betrug, waren die dann erscheinenden Ergebnisse veraltet und in der aktuellen Politik nicht mehr nutzbar. Eine wöchentliche nationale Umfrage wäre eindeutig hilfreicher, so Kruke. In den 1990er Jahren wurden dann eine Reform und eine Überholung des Eurobarometers vorgenommen.

(Redaktion: KP/MS)

Kommentare (2)

  1. #1 stag sprey
    Mai 25, 2012

    Worten: Ich versuchte eine Teilchenkollision. Ich Teilchen düste also mit hoher Geschwindigkeit ins Rheinland,

  2. #2 geciktirici sprey
    Mai 25, 2012

    von Frau Kruke wurde die Entwicklung des Eurobarometers dargestellt. In den sechziger Jahren legte die EU wenig Wert auf die Meinung der Bürger zu Europa. Erst in den 70er Jahren begann eine regelmäßigere Datenerhebung. Allerdings spielten Umfragen bis in die 90er Jahre nur eine untergeordnete Rolle, da die europäische Kommission nicht auf die Umfragewerte angewiesen