Eine Forschungsfrage von Ricarda und hier eine Expertenantwort
von ScienceBlogger Dr. Florian Freistetter:

Die Anforderung an ein “gutes Modell” ist zunächst, dass es die Realität innerhalb der gewünschten Rahmenbedingungen hinreichend genau beschreiben kann. Das bedeutet, dass bei unterschiedlichen Problemen unterschiedliche Modelle gut sind.

Will ich wissen, wie sich die Bahnen der Planeten in den nächsten Jahrmillionen entwickeln, dann ist die Newtonsche Gravitationstheorie ein gutes Modell und beschreibt mir die Realität hinreichend genau. Will ich eine Raumsonde zum Mars schicken, dann brauche ich allerdings ganz andere Modelle, um die nötige Genauigkeit zu erhalten.


Dieses Modell käme der Realität zwar näher als das von Newton – im ersten Fall würde man es aber trotzdem nicht einsetzen, weil es hierfür viel zu kompliziert wäre. Ein gutes Modell braucht der Realität also immer nur so nahe wie gerade nötig kommen.

Weitere Antworten und Diskussionen sind erwünscht!

 » Dr. Florian Freistetter ist Astronom und bloggt bei Astrodicticum Simplex i-c66df4677014542642eb2fafa2f9d5bd-Florian_Freistetter_45.jpg

Kommentare (21)

  1. #1 Ludmila Carone
    Juli 2, 2009

    Schöne Antwort. Gefällt mir 😉

  2. #2 Arnd
    Juli 2, 2009

    Ist Newton wirklich genug um eine Jahrmillionen-Vorhersage zu treffen? Du wirst es wissen als Astrophysiker, ich als Laie würde denken dass sich über so lange Zeiträume vielleicht doch die winzigen relativistischen Effekte aufschaukeln, oder nicht?

  3. #3 Jörg Friedrich
    Juli 2, 2009

    Wenn der Planet “Merkur” heißt, dann wird man mit der Newtonschen Theorie wohl kaum hinkommen, denn die Perihel-Anomalie des Merkur, die schon vor 150 Jahren bekannt war, kann man nur mit der allgemeinen Relativitätstheorie erfassen.

    “Die Newtonsche Gravitationstheorie ist ein gutes Modell” das impliziert die Gleichsetzung von Theorie und Modell – zumindest bedeutet das, dass Theorien Modelle sind. Das ist eine mögliche Bedeutung des Begriffs Modell. Meist handelt es sich um einen eingeschränkten Teil einer Theorie, der aufgrund einfacher Randbedingungen und Anfangsbedingungen überschaubar ist. Das Zweikörper-Problem und das mathematische Pendel sind Modelle innerhalb der Newtonschen Theorie.

    Oft ist ein Modell aber etwas anderes. Kugeln, die an Drähten und Federn befestigt sind (für Moleküle), Körper, die in Flüssigkeiten schwimmen, Kugeln, die in einem Zylinder durcheinanderfliegen (für Gase)…

    Die neueste Art dieser Modelle sind Computersimulationen. Sie sind quasi eine Vereinigung der ersten und der zweiten Art.

    Modelle sollen in einem gewissen Sinne der realität gar nicht nahe kommen, Modelle sind ja nur sinnvoll, wenn sie gerade nicht so sind wie die Realität. Wenn das Sonnenfleckenmodell der Realität wirklich nahe käme, wäre es in dem Computer, der es berechnet, ziemlich heiß, und die Luft in einem Klimamodell wird man nie atmen können.

    Man muss also erstmal sagen, welche Teile der Realität man gerade nicht im Modell haben will. Ein Wettermodell, in dem die Prozesse das gleiche Tempo haben wie in der Realität, ist unnütz, wenn man damit Wetter vorhersagen will, aber vielleicht sinnvoll, wenn man die Entstehung eines Gewitters genau erforschen will – weil es in einem Computer nicht wirklich blitzt.

    Ein Modell, das der Realität so nah wie möglich kommt, ist niemals ein gutes Modell, es ist genauso langsam wie die Wirklichkeit, genauso komplex und unverständlich. Wenn man konkrete Vorhersagen will, dann muss man in Kauf nehmen, dass man das Modell genauso wenig versteht wie die Wirklichkeit – das ist z.B. bei Wettermodellen der Fall. Aber wenigstens muss das Modell dann viel schneller sein als die Wirklichkeit. Wenn man ein bestimmtes Phänomen verstehen will, dann ist das Modell immer viel einfacher als die Realität – dafür darf es dann auch (manchmal) ein bisschen langsamer sein.

  4. #4 Florian Freistetter
    Juli 2, 2009

    @JF: “Wenn der Planet “Merkur” heißt, dann wird man mit der Newtonschen Theorie wohl kaum hinkommen, denn die Perihel-Anomalie des Merkur, die schon vor 150 Jahren bekannt war, kann man nur mit der allgemeinen Relativitätstheorie erfassen.”

    War der Satz “Das bedeutet, dass bei unterschiedlichen Problemen unterschiedliche Modelle gut sind.” so unverständlich?

    “Modelle sollen in einem gewissen Sinne der realität gar nicht nahe kommen, Modelle sind ja nur sinnvoll, wenn sie gerade nicht so sind wie die Realität.”

    ??? Entweder das ist ganz großer Unsinn oder sie werden schon wieder einmal falsch verstanden. Selbstverständlich probiert die Wissenschaft, die Realität so gut wie möglich zu beschreiben. Und das tut sie u.a. mit Modellen.

  5. #5 Jörg Friedrich
    Juli 2, 2009

    Sie haben definitiv geschrieben, dass die Newtonsche Gravitationstheorie ausreicht um die Bahnen “der Planeten” auf “Jahrmillionen” hinreichend genau zu bestimmen – und ich wollte nur darauf hinweisen, dass das zumindest für Merkur nicht stimmt. Welchen weiten Begriff von “hinreichend” man braucht, damit ihr Beispiel wenigstens für die anderen Planeten stimmt, können Sie wahrscheinlich besser ausrechnen als ich. Ich denke, es ist einfach ein schlechtes Beispiel, da dies hier eine “Expertenantwort” ist, sollte man es korrigieren und z.B. “Jahrmillionen” durch “Jahrhunderte” und “die Planeten” durch “alle Planeten außer Merkur” ersetzen, dann könnte man an dem Beispiel sogar besonders gut demonstrieren, was Sie eigentlich meinen, indem man fortsetzt “Für Merkur bräuchte man jedoch, spätestens wenn man XXX jahre in Betracht zieht, ein anderes Modell.”

  6. #6 Florian Freistetter
    Juli 2, 2009

    @JF: “Sie haben definitiv geschrieben, dass die Newtonsche Gravitationstheorie ausreicht um die Bahnen “der Planeten” auf “Jahrmillionen” hinreichend genau zu bestimmen – und ich wollte nur darauf hinweisen, dass das zumindest für Merkur nicht stimmt”

    Das hängt dann davon ab, was sie unter “hinreichend genau” verstehen. Ich bin Himmelsmechaniker; das ist mein Spezialgebiet und ich habe selbst auch schon Rechnungen zu Merkur angestellt. Je nachdem was sie machen wollen, kann die Newtonsche Theorie durchaus ausreichen.

    “”Für Merkur bräuchte man jedoch, spätestens wenn man XXX jahre in Betracht zieht, ein anderes Modell.”

    Das habe ich deswegen nicht geschrieben, weil es nicht stimmt. Wie gesagt – es gibt genügend Anwendungen, bei denen die Periheldrehung irrelevant ist. Und nur hier versagt die Newtonsche Theorie. Gerade wenn es um sehr lange Zeiträume geht, sind solche kurzfristigen Effekte wie die Periheldrehung vernachlässigbar.

  7. #7 miesepeter3
    Juli 3, 2009

    Wie sieht es denn mit Modellen in der Praxis aus? Nehmen wir doch einmal die Spielzeugwelt. Auch hier gibt es Modelle, die die Praxis darstellen oder imitieren sollen. Ist ein Auto gewünscht, dass lediglich auf der Anlage für die elektrische Eisenbahn dekorativ rumstehen soll, so reicht ein kleines Plastikgebilde, hohl ohne Motor und Beleuchtung im Maßstab H0. Sind es Sammlerstücke für die Vitrine, so sollten schon Türen und Motorhauben zum Öffnen und Sitze sowie eine Motornachbildung enthalten sein. Dann gibt es die Extremsammler, da müssen die Sitze aus dem Originalleder sein, ein richtiger kleiner Verbrennungsmotor voll funktionsfähig sind ebenso notwendig, wie eine möglichst naturgetreue Beleuchtung. Diese Modelle 1:43 oder größer können schon die Preisklasse von richtigen Gebrauchtwagen erreichen. Und dann gibt es noch größere Modelle als Tretautos oder mit Rasenmähermotoren in allen denkbaren Stadien des naturgetreuen Nachbaus. Jedes dieser Modelle ist anders und dient einem anderen Zweck, es müssen aber immer die Originalvorlagen erkennbar sein. Und so stelle ich es mir auch in der Wissenschaft vor. Will ich einer Schulklasse die Umlaufbahn des Mondes erklären, reicht dazu ein verhältnismäßig einfaches Modell. Will ich die Abweichung von der Normalumlaufzeit des Mondes für die nächsten zwei Mill Jahre berechnen, so ist das (theoretische) Modell schon ein klein wenig aufwendiger. Insofern stimme ich der Aussage zu, die da sagt, dass bei unterschiedlichen Problemen unterschiedliche Modelle gut sein können. Streiten könnte man höchstens über welche Ausstattung die Modelle für welches Problem brauchen.

  8. #8 Ludmila Carone
    Juli 3, 2009

    @Jörg Friedrich:

    “Für Merkur bräuchte man jedoch, spätestens wenn man XXX jahre in Betracht zieht, ein anderes Modell.”

    Falsch. Wäre es echt zuviel verlangt, erst mal was nachzuschlagen, bevor man versucht einem Himmelsmechaniker vorzuschreiben, was er zu sagen und zu schreiben hat? Egal, was Sie sonst noch so schreiben, mit solchen Böcken, die Sie mit schöner Regelmäßigkeit schießen, machen Sie sich unglaubwürdig. Merken Sie das eigentlich nicht?

  9. #9 Jörg Friedrich
    Juli 3, 2009

    @Ludmila Carone:
    Angenommen, Sie nehmen zwei Modelle, eins rechnet nach Newtonschen Gleichungen, eines relativistisch. Sonst sind die Randbedingungen und Modellbestandtteile gleich. Wenn Sie mit diesen beiden Modellen die Entwicklung der Planetenbahn von Merkur für die nächsten “Jahrmillionen” berechnen, steht Merkur dann in beiden Modellen am Ende mit hinreichender Genauigkeit an der gleichen Stelle?

    (Wenn Sie meine Frage, aus welchen Gründen auch immer, für “provokativ” halten, dann könnten Sie oder Florian Freistetter auch einfach die Nachfrage von Arnd beantworten)

    Ich verstehe nicht viel von Himmelsmechanik. Ich denke aber, wenn durch die relativistische Abweichung bei der Perihelbewegung dieses sich bei jedem Umlauf auch nur um den Bruchteil einer Bogensekunde woanders befindet als nach Newtonscher Rechnung, dann müsste das über Jahrmillionen zu einer andern Position des Planeten führen. Und wenn das nicht so ist, wüsste ich gern, warum. Wer korrigiert die Abweichung?

  10. #10 Florian Freistetter
    Juli 3, 2009

    @Arnd: “Ist Newton wirklich genug um eine Jahrmillionen-Vorhersage zu treffen? “

    Im Moment ist nichts gut genug, um eine solche Vorhersage treffen zu können. Bzw. kommt es darauf an, was du unter “Vorhersage” verstehst. Will ich wissen, wie sich allgemein die Eigenschaften der Bahnen entwicklen (bleiben sie stabil? werden sie chaotisch?), dann reicht Newton. Will ich genau wissen, wo sich ein Planet befindet, dann kann ich das weder mit Newton, noch mit Einstein über solch langen Zeiträume machen.

    “Wenn Sie mit diesen beiden Modellen die Entwicklung der Planetenbahn von Merkur für die nächsten “Jahrmillionen” berechnen, steht Merkur dann in beiden Modellen am Ende mit hinreichender Genauigkeit an der gleichen Stelle?”

    1) “hinreichende Genauigkeit” hängt davon ab, was sie untersuchen wollen.
    2) im Artikel hab ich von den “Bahnen der Planeten” geschrieben, nicht vom Planeten selbst. Bei der Langzeitdynamik geht es darum, wie die Bahnen selbst sich ändern, nicht wo der Planet entlang dieser Bahn gerade steht.

    “Ich verstehe nicht viel von Himmelsmechanik. Ich denke aber, wenn durch die relativistische Abweichung bei der Perihelbewegung dieses sich bei jedem Umlauf auch nur um den Bruchteil einer Bogensekunde woanders befindet als nach Newtonscher Rechnung, dann müsste das über Jahrmillionen zu einer andern Position des Planeten führen.”

    Wie gesagt – bei der Untersuchung von sehr langen Zeiträumen ist es fast egal, wo entlang der Bahn sich der Planet befindet. Diese Information kann sowieso mit keiner Theorie genau gewonnen werden. Die relativistische Periheldrehung führt nur dazu, dass sich die Bahn des Merkur etwas schneller dreht als rein mit Newton. Das ist bei einer Untersuchung, die Millionen oder gar Milliarden Jahre umfasst, nicht relevant (zumindest in den meisten Fällen).

  11. #11 Ludmila Carone
    Juli 3, 2009

    @Jörg Friedrich: Das Maß, mit dem Sie Planetenmodelle berechnen wollen, ist schlicht irrational genau. Es ist so, als ob Sie verlangten, einen Messwert mit einer Apparatur auf 1000 Stellen nach dem Komma genau zu berechnen. So eine Genauigkeit ist nicht realistisch und braucht auch kein Mensch.

    Wollen Sie heute eine Sonde starten, die in 2 Millarden Jahren den Merkur erreichen soll? Das ist so ziemlich die einzige Fragestellung, die mir einfällt, in der das, was Sie mal eben so vollmundig zum Maß der Dinge erklären, auch nur irgendeinen Sinn macht.

    Und selbst dieser Fall ist streng genommen
    a) hirnrissig. Wer plant den bitte für 2 Milliarden Jahre im voraus?
    b) schlicht nicht machbar. Dazu sind die Bahnen zu chaotisch.
    c) Folgt aus b. Sie wissen aufgrund der intrinsischen chaotischen Verhaltens noch nicht mal, ob der Planet überhaupt noch da ist. Und in dem Fall hat sich das Ganze, Newton oder Einstein hin- oder her, schlicht von selbst erledigt. Ok, die Wahrscheinlichkeit ist gering, dass der Merkur uns innerhalb von 2 Milliarden Jahren abhaut, aber sie ist auch nicht so gering, dass man es vernachlässigen kann.

    Und um das festzustellen, hätte eine kurze Recherche in Florians Blog ausgereicht:
    https://www.scienceblogs.de/astrodicticum-simplex/2009/06/weltuntergang-reloaded-jacques-laskar-und-seine-kollidierenden-planeten.php

    Mann, mann, mann. Was mich wirklich auf die Palme bringt, ist nicht, dass das alles an Ihnen vorbeigegangen ist. Unwissenheit ist an sich kein Makel. Aber Sie rauschen regelmäßig irgendwo rein, legen Ihr gesundes Halbwissen dar, dann erklärt man Ihnen das mal und dann stellen Sie sich immer noch auf stur. Da fühl ich mich regelmäßig verarscht und dass so eine Haltung von einem Scienceblogger kommt, ist echt seltsam.

  12. #12 Ludmila Carone
    Juli 3, 2009

    Nachtrag: Natürlich brauchen die Messenger-Ingenieure des NASA, um den Merkur zu treffen, die Perihel-Drehung. In dem Sinne macht das auch Sinn und das ist genau das, was Florian die Ganze Zeit sagt: Es kommt darauf an, was man haben will. Die Fragestellung bestimmt, welches Modell man braucht und wie genau das zu sein hat.

    Und man muss eben auch damit leben und auch erkennen können, dass gewisse Fragestellungen mit reinem Determinismus nicht lösbar sind, dass man aber dennoch andere Fragestellungen damit lösen kann. Dann kriegt man auch oft “nur” Wahrscheinlichkeitsaussagen. Aber streng genommen, ist jede wissenschaftliche Aussage eine Wahrscheinlichkeitsaussage. Daher ist das auch nicht schlimm.

  13. #13 Georg Hoffmann
    Juli 3, 2009

    @Ludmilla

    Da fühl ich mich regelmäßig verarscht und dass so eine Haltung von einem Scienceblogger kommt, ist echt seltsam.

    Ehemaligen Scienblogger.
    Ich macj mal was verruecktes, ich verteidige Joerg Friedrich.
    .
    .
    .
    Die Punkte nur um die Stille zu veranschaulichen, die sich ploetzlich im Raum einstellt.
    Es gibt Anwendungen, und zwar beim Klima.
    Wir haben bei Klimaläufen fuers Teriaer etc schon das Problem, dass wir nichtmals die Eckzentrizitaet geschweige denn das Datum des Perihel etc richtig angeben koennen.Soweit ich weiss (habe es selbst nie gemacht) nimmt man einfach heutige Bahnparameter und fängt dann an die Kontinente zu verscieben und das CO2 zu erhoehen etc etc.

  14. #14 Jörg Friedrich
    Juli 3, 2009

    @Ludmila Carone: Jetzt ist’s genug. Nicht ich hatte von einem Modell, mit dem man berechnen kann “wie sich die Bahnen der Planeten in den nächsten Jahrmillionen entwickeln” geschrieben, sondern Florian Freistetter. Darauf hatte schon Arnd etwas irritiert reagiert und die erste Antwort von Florian Freistetter an mich war nicht eben hilfreich.

    Nun hat Florian Freistetter erläutert, dass es ihm nicht um die konkreten Bahnen sondern um deren allgemeine Eigenschaften ging. Das war für einen Außenstehenden vorab nicht zu erkennen, ist aber nun geklärt. Was Sie aber nun “auf die Palme bringt” ist mir ehrlich gesagt unklar.

  15. #15 Florian Freistetter
    Juli 3, 2009

    @JF: “Nun hat Florian Freistetter erläutert, dass es ihm nicht um die konkreten Bahnen sondern um deren allgemeine Eigenschaften ging.”

    “Position eines Planeten” ungleich “konkrete Bahn”.

    Mein Satz “Will ich wissen, wie sich die Bahnen der Planeten in den nächsten Jahrmillionen entwickeln, dann ist die Newtonsche Gravitationstheorie ein gutes Modell und beschreibt mir die Realität hinreichend genau.” ist immer noch richtig – und eigentlich auch nicht missverständlich. Sie reden hier immer nur von der Positionsbestimmung des Merkur. Das ist etwas ganz anderes.

  16. #16 Ludmila Carone
    Juli 3, 2009

    @Georg Hoffmann: Worauf willst Du hinaus? Dass es für einige Anwendungen wie die Paläoklimatologie, nicht das eine super-duper-Modell gibt, welches die Fragestellung am besten beschreibt, sondern eher eine ganze Schar davon? Die man mit verschiedenen Wahrscheinlichkeiten versehen kann, innerhalb der Unsicherheiten der Parameter?

    Zu Deinem konkreten Szenario:
    Hmm, könnte man das Problem nicht lösen, indem man verschiedene Szenarien durchprobiert und schaut, welcher Parameter wie wichtig sind? Selbst beim heutigen Klima ist es ja schon so, dass die Neigung der Planetenachse zu Jahreszeiten führt. Das Argument des Perihels scheint dagegen im Jahresverlauf eine eher untergeordnete Rolle zu spielen. Inwiefern sich die Situation in der Vergangenheit durch eine andere Verteilung der Kontinente und Ozeane und Strömungen ändert, weiß ich aber nicht.

    Und da man die Exzentrizität nicht genau angeben kann, bleibt wohl nichts anderes übrig, als verschiedene mögliche Szenarien mit verschiedenen e-Werten durchzurechnen. Es gibt ja schon eine gewisse Grenze, innerhalb dessen das e schwanken kann.

    Das steht aber nicht völlig in Widerspruch mit Florians Antwort, sondern zeigt nur, dass es auf diese scheinbar einfache Frage, keine wirklich einfache Antwort gibt.

  17. #17 Georg Hoffmann
    Juli 3, 2009

    @Ludmilla
    Na die erste Reaktion auf Joerg Friedrichs uebliches Getrolle ist ja: Das will doch ueberhaupt keiner wissen (also wo ist der Merkur am 24 April vor 2 Millionen Jahren).
    Die etwas ueberraschende Antwort ist, an sich wuerden wir (die Palaeoklimatologen) das schon gerne wissen. Bestimmte Effekte wir das Zusammenspiel aus Obliquitaet, Eckzentrizitaet und das Vorhandensein von Eisschilden sind sehr nicht-linear (so gab es vor 1 Millionen Jahren praktisch nur Obliquitaets Schwakungen im Klima und ploetzlich tauchen die beruehmten 100.000 Jahresschwankungen auf.) Kurz, es wuerde helfen, die Position der Erde in diesem Sinne genau zu bestimmen. Man kann sich aber (das das leider fuer die Kreidezeit nicht moeglich ist, siehe Lasker) mit genau solchen Annahmen, die du vorgeschlagen hast, helfen.
    Ich sehe auch keinen Widerspruch zu Florians Aussage. Ich wollte nur sagen, dass es tatsaechlich zumindest eine praktische Anwendung fuer Friedrichs wie immer absichliches Fehlverstehen gibt.

  18. #18 Ludmila Carone
    Juli 3, 2009

    @Georg Hoffmann:

    Die etwas ueberraschende Antwort ist, an sich wuerden wir (die Palaeoklimatologen) das schon gerne wissen. Bestimmte Effekte wir das Zusammenspiel aus Obliquitaet, Eckzentrizitaet und das Vorhandensein von Eisschilden sind sehr nicht-linear (so gab es vor 1 Millionen Jahren praktisch nur Obliquitaets Schwakungen im Klima und ploetzlich tauchen die beruehmten 100.000 Jahresschwankungen auf.)

    Schockschwerenot, echt? Habt Ihr denn überhaupt die Gezeiten entsprechend drin? Der Mond war ja vor 1- 2 Milliarden Jahren näher dran und die Erddrehung anders und die Gezeitenberge stärker und und und… Arrgh.

    Andererseits, hmm, mal sehen, was so die Literatur dazu hergibt. Hört sich jedenfalls nach einer nichtrivialen und schon spannenden Herausforderung an. Also zumindest für mich.

    Es hat halt nur immer noch nichts mit Merkurs Periheldrehung oder Einstein zu tun.

  19. #19 Georg Hoffmann
    Juli 3, 2009

    @Ludmilla
    “Unser” Haus-Astronom, der im Dienste der Klimaforschung versklavt und ausgebeutet wird, ist ja Andre Berger:https://www.astr.ucl.ac.be/index.php?page=berger%23HomePage
    Er hat mir mal versichert, dass er in alle Rechnungen die allg. Relativitaet mit reinnimmt und dass es fuer die Strahlungsfluesse an der Oberen Atmosphaere ab ca (aus der Erinnerung) 1 Millionen Jahre wichtig sei. Und, richtig, Merkur kommt nirgendwo vor, aber mindestens Jupiter und Saturn und vielleicht noch ein paar andere Planeten (in Bergers Rechnungen). Mit der eigentlichen und (wie ich finde) voellig klar beantworteten Frage hier hat das sowieso alles nichts zu tun.

  20. #20 Andrea N.D.
    Juli 3, 2009

    Ich habe jetzt noch einmal über die Frage, Antwort und sämtliche Kommentare nachgedacht und habe doch noch einen Erkenntnisgewinn errungen. Ich konnte zuerst nicht mitreden, weil ich weder weiß, wo Merkur ist, noch je die Relativitätstheorie (so richtig) verstanden habe. Ich glaube aber jetzt festgestellt zu haben, dass die Diskussion wieder einmal an Begriffsbestimmungen scheiterte. Jörg Friedrich sprach nicht von Modell sondern von “Modellbau”:

    Zitat: “Oft ist ein Modell aber etwas anderes. Kugeln, die an Drähten und Federn befestigt sind (für Moleküle), Körper, die in Flüssigkeiten schwimmen, Kugeln, die in einem Zylinder durcheinanderfliegen (für Gase)… Die neueste Art dieser Modelle sind Computersimulationen. Sie sind quasi eine Vereinigung der ersten und der zweiten Art.”

    Bei einer derartigen Definition mag es sinnvoll sein, dass das Modell der Realität nicht nahekommt – es ist ein Abbild, keine (wissenschaftliche) Erklärung. Ich habe keinen Begriff für dieses Problem parat, aber hier wird es klar: Wenn Jörg Friedrich davon spricht, dass eine Computersimulation der Realität gerade nicht nahekommen soll, weil ja sonst der Computer heiß werden müsste, wenn man Entsprechendes simuliert, dann befindet sich Jörg Friedrich hier eben wieder auf der “Modellbauebene”, in der 1:1 simuliert werden soll, wie es in der Realität sein könnte (was natürlich Blödsinn ist, und was hier auch moniert wurde). Somit gelangt Jörg Friedrich gar nicht auf die begriffliche Ebene des Modells als Theorie und kann deshalb auch nicht behaupten, dass “Ein Modell, das der Realität so nah wie möglich kommt, ist niemals ein gutes Modell”.

    Was hier sehr schön wieder “modellhaft” vorexerziert wurde, war die begriffliche Unschärfe, mit der Jörg Friedrich arbeitet oder die ständige Vermischung von verschiedenen Ebenen, und wie sich andere Kommentatoren inhaltlich daran abarbeiten, während es eigentlich “nur” eine Formalie ist – eine Formalie, die zugegebenermaßen ziemlich nervt. Habe ich Euch jetzt wiederholt oder könnte es so sein?

  21. #21 Thilo Kuessner
    Juli 3, 2009

    Ich glaube, die Diskussion ist schon an einem viel einfacheren Mißverständnis gescheitert. Florian hatte geschrieben, daß man mit Newton wissen kann “wie sich die Bahnen der Planeten in den nächsten Jahrmillionen entwickeln”. Das war, wie sich ja sowohl aus der Formulierung als auch aus seinem nächsten Satz ergibt, qualitativ (z.B. ob die Bahnen stabil sind) und nicht quantitativ gemeint. JF hat das offensichtlich anders verstanden (im 2. Kommentar behauptet er: “Sie haben definitiv geschrieben, dass die Newtonsche Gravitationstheorie ausreicht um die Bahnen “der Planeten” auf “Jahrmillionen” hinreichend genau zu bestimmen”) und bekämpft dann entschieden den von ihm aufgebauten Strohmann.